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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 12.12.2007
Aktenzeichen: 3 K 255/04
Rechtsgebiete: DBA Schweiz, EStG, FGO
Vorschriften:
DBA Schweiz Art. 15a Abs. 1 S. 2 | |
DBA Schweiz Art. 15a Abs. 2 S. 2 | |
DBA Schweiz Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 d | |
EStG § 32b Abs. 1 Nr. 3 | |
FGO § 100 Abs. 2 S. 2 |
Finanzgericht Baden-Württemberg
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob Einkünfte des Klägers nach Art. 15a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) und der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Schweiz) zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl. II 1972, 1021) i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 21. Dezember 1992 (BGBl. II 1993, 1886 --DBA-Schweiz--) der deutschen Besteuerung unterliegen.
Die Kläger sind Eheleute und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Ihr Familienwohnsitz befindet sich in F, Deutschland. Der Kläger ist seit 1. April 2002 als Oberarzt am Hospital (U) in B in der Schweiz nichtselbständig tätig (Hinweis auf den Arbeitsvertrag, Bl. 27 der Rechtsbehelfsakte --Rb--, der ergänzend auf die Verordnung betreffend die Anstellungsbedingungen der Assistenzärztinnen und Assistenzärzte und der Oberärztinnen und Oberärzte an staatlichen Spitälern und in Dienststellen der kantonalen Verwaltung, Bl. 104 ff. Rb, verweist). Er mietete zunächst in B ein Zimmer im Wohnheim des U und sodann ab 1. Juni 2002 eine 1-Zimmerwohnung in B.
Zwischen den Beteiligten ist nach Beweiserhebung durch den Berichterstatter im Erörterungstermin vom 16. November 2007, auf dessen Protokoll Bezug genommen wird, sowie aufgrund einer anschließenden tatsächlichen Verständigung unstreitig, dass der Kläger von den auf der Anlage Gre3 (Bl. 97 ff. Rb) bescheinigten 65 Tagen im Jahr 2002 (Streitjahr) an 7 Tagen (1. und Juli, 15. September, 3. Oktober, 15. Oktober, 21. Oktober, 19. November und 5. Dezember) aufgrund seiner Arbeitszeit und der sich anschließenden Fahrtzeiten zu weniger als 8 Stunden an seinem Wohnsitz in Deutschland anwesend sein konnte. Weiter ist unstreitig, dass der Kläger an 49 von 57 geltend gemachten Tagen Rufbereitschaft hatte. Bei der Zahl 49 sind die Tage, die bereits nach der sog. "8-Stunden-Regelung" erfasst wurden, nicht berücksichtigt. An den genannten Tagen übernachtete der Kläger aufgrund der genannten Umstände in seiner Wohnung in B und kehrte nicht an den Familienwohnsitz in F zurück.
Grundlage der Rufbereitschaft des Klägers (sog. "Pikett") ist die "Dienstanweisung Pikettdienst Wiederherstellende Chirurgie" des U vom 22. Juni 2002 (Blatt 87 der Gerichtsakte). Danach gilt als Pikett die angeordnete und auf die sofortige Abrufmöglichkeit beschränkte Einsatzbereitschaft, die außerhalb des angestammten Arbeitsortes und außerhalb der vereinbarten Sollarbeitszeit geleistet wird. Beim Pikettdienst halten sich die bzw. der diensttuende Oberarzt in der Regel außerhalb des Spitals auf und müssen innerhalb einer bestimmten Zeit einsatzbereit sein. Der Zeitraum für die Einsatzbereitschaft wird in der Dienstanweisung auf 30 Minuten festgelegt. Der Pikettdienst kann direkt nach oder vor einem regulären Dienst stattfinden. Es gelten nach dieser Anweisung als Arbeitszeit:
Einsatz am Arbeitsplatz
Wegzeit zu und von der Arbeit (pauschal 15 Minuten pro Weg). Bei einem Einsatz direkt im Anschluss an das Arbeitsende des regulären Dienstes oder vor Beginn des regulären Dienstes entfällt diese Wegpauschale
Telefongespräche zu Hause (effektive Zeit)
Während des Piketts tatsächlich erbrachte Dienstleistungen werden in Form entsprechender Freizeit kompensiert. Es besteht kein Anspruch auf Überstundenzuschläge.
Wegen der tatsächlichen Einzelheiten der Rufbereitschaft wird auf die Stempelkarten des Klägers (Bl. 76 ff. Rb), die Notfalldienstpläne (Bl. 50 ff. Rb) sowie die ausführlichen tatsächlichen Erläuterungen des Chefarzts des U im Erörterungstermin vom 16. November 2007 (Bl. 112 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr vom 29. März 2004 behandelten die Kläger die Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit beim U als nach Art. 15 DBA Schweiz steuerfrei; die Einkünfte seien lediglich im Rahmen des sog. "Progressionsvorbehalts" zu berücksichtigen. Als Werbungskosten des Klägers aus der Tätigkeit beim U machten die Kläger u.a. 125 Fahrten des Klägers zwischen Wohnung der Wohnung in F und der Arbeitsstätte in B und 50 Fahrten von der Wohnung in B zur Arbeitsstätte in B sowie die Mietkosten in B geltend. Zum Nachweis legten sie dem Beklagten (dem Finanzamt --FA--) u.a. den Lohnausweis des Klägers vor: In der Schweiz wurde danach vom Arbeitslohn des Klägers in Höhe von 104.298 CHF ein Quellensteuerabzug in Höhe von 24.876 CHF vorgenommen.
Das FA unterwarf demgegenüber im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr den vom U bezogenen Arbeitslohn in vollem Umfang der deutschen Besteuerung. Der Schweizer Arbeitslohn sei gemäß der Grenzgängerregelung des Art. 15a DBA-Schweiz in Deutschland steuerpflichtig, da vom Arbeitsort in B die tägliche Rückkehr an den ca. 75 km entfernt liegenden inländischen Familienwohnsitz in F zumutbar sei. Folglich stehe das Besteuerungsrecht Deutschland zu.
U.a. gegen diesen Bescheid legten die Kläger Einspruch ein und beantragten Aussetzung der Vollziehung. Zum Nachweis, dass der Kläger an den von ihm geltend gemachten mindestens 65 Arbeitstagen aufgrund seiner Arbeitsausübung in der Schweiz nicht an seinen Wohnsitz zurückgekehrt sei, legten sie verschiedene Nachweise vor, auf die verwiesen wird.
Mit Einspruchsentscheidung vom 3. Dezember 2004 wies das FA den Einspruch unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Mai 2001 I R 100/00 (BFHE 195, 341 , BStBl II 2001, 633) als unbegründet zurück.
Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie machen geltend, dass der Kläger kein Grenzgänger sei, weil er an mehr als 45 Tagen aus beruflichen Gründen nicht an seinen Wohnort habe zurückkehren können (sog. "Nichtrückkehrtage"). 56 (7+49) Nichtrückkehrtage seien nunmehr durch die Bescheinigung Gre-3 des Arbeitgebers U, die übrigen vorlegten Nachweise sowie die Zeugenaussage des Chefarzts des U tatsächlich nachgewiesen. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteil vom 15. September 2004 I R 67/03, BFHE 207, 452) seien auch die Tage, an denen der Steuerpflichtige aufgrund seiner Rufbereitschaft am Arbeitsort übernachte, als "Nichtrückkehrtage" im Sinne des Art. 15a Abs. 2 DBA zu werten.
Die Kläger beantragen,
1. den Einkommensteuerbescheid vom 8. Juni 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Dezember 2004 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit um die in der Schweiz bezogenen Arbeitseinkünfte des Ehemanns verringert werden und die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Ehemanns aus der Schweiz lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehalts als steuerfreie Einkünfte berücksichtigt werden;
2. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären;
3. für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Es verteidigt den angefochtenen Bescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung. Zwar seien nunmehr die Tage des Verbleibs des Klägers in der Schweiz in dem in der tatsächlichen Verständigung anerkannten Umfang tatsächlich nachgewiesen. Das FA sei allerdings durch eine interne Weisung der Oberfinanzdirektion (OFD) an einer Anwendung des BFH-Urteils in BFHE 207, 452 und damit an einer Abhilfe gehindert. Überdies sei offen, welche Anforderungen nach der Rechtsprechung an die arbeitsrechtliche Verpflichtung zur Rufbereitschaft zu stellen seien. Die Verpflichtung des Klägers ergebe sich lediglich aus einer schriftlichen Anweisung des Chefarztes, den der Berichterstatter als Zeugen vernommen habe.
Der erkennende Senat hat durch Beschluss vom 14. März 2006 3 V 2/05 die Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids ausgesetzt.
Durch Beschluss vom 21. November 2007 hat der erkennende Senat das noch nicht spruchreife Klageverfahren wegen Einkommensteuer-Vorauszahlungen der Folgejahre unter dem Aktenzeichen 3 K 2489/07 vom hiesigen Verfahren abgetrennt.
Im Erörterungstermin vom 16. November 2007 haben beide Beteiligte auf mündliche Verhandlung verzichtet. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.
Die Akte 3 V 2/05 wurde zum hiesigen Verfahren beigezogen. Dem Gericht lagen neben den Gerichtsakten weiter vor: 1 Einkommensteuerakte, 1 Rechtsbehelfsakte.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet; der angefochtene Einkommensteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung verletzt die Kläger in ihren Rechten und ist deshalb im beantragten Umfang zu ändern. Entgegen der Auffassung des FA unterliegen die Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit als angestellter Oberarzt beim U als steuerfreie Einkünfte nur dem Progressionsvorbehalt; denn die Anwendung der Grenzgängerregelung ist durch Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA Schweiz ausgeschlossen.
1. Die Kläger sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und im Inland ansässig; der Kläger erzielt aus seiner Tätigkeit beim U Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
2. Allerdings sind diese Einkünfte in Deutschland steuerfrei.
a) Vorbehaltlich der Grenzgängerregelung in Art 15a DBA Schweiz können Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragstaat (hier: Deutschland) ansässige Person aus unselbständiger Arbeit aus einer Tätigkeit in dem anderen Vertragstaat (hier: Schweiz) bezieht, die im anderen Vertragsstaat (hier: Schweiz) ausgeübt wird, in dem anderen Staat (hier: Schweiz) besteuert werden (Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz). Der Ansässigkeitsstaat (hier: Deutschland) ist zur Freistellung dieser Einkünfte von der Einkommensteuer verpflichtet (Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d DBA-Schweiz). Das Besteuerungsrecht an den Einkünften des Klägers steht danach grundsätzlich der Schweiz zu.
b) Allerdings sind nach Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die ein Grenzgänger aus unselbständiger Arbeit bezieht, in dem Vertragsstaat zu besteuern, in dem der Grenzgänger ansässig ist (hier: Deutschland). Grenzgänger ist nach Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA Schweiz jede in einem Vertragsstaat ansässige Person, die in dem anderen Vertragsstaat ihren Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnort zurückkehrt.
c) Nach Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz entfällt bei in einem Vertragsstaat ansässigen und im anderen Vertragsstaat arbeitenden Personen die Grenzgängereigenschaft, wenn die Person bei einer Beschäftigung während des gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Arbeitstagen aufgrund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt. Wenn allerdings --wie im Streitfall-- ein Arbeitnehmer nicht während des gesamten Kalenderjahres in dem anderen Staat beschäftigt ist, sind nach Nr. II.3. des Verhandlungsprotokolls zum Änderungsprotokoll vom 18. Dezember 1991 (BGBl. II 1993, 1889, BStBl I 1993, 929) die für die Grenzgängereigenschaft nicht schädlichen Tage in der Weise zu berechnen, dass für einen vollen Monat der Beschäftigung fünf Tage anzusetzen sind, im Streitfall also 45 Tage für 9 Monate.
Weiter heißt es in II.1 des Verhandlungsprotokolls vom 18. Dezember 1991, die Annahme einer regelmäßigen Rückkehr an den Wohnsitz i.S. des Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass sich die Arbeitsausübung bedingt durch betriebliche Umstände -wie z.B. bei Schichtarbeitern oder Krankenhauspersonal mit Bereitschaftsdienst- über mehrere Tage erstreckt. Diese Bestimmung enthält eine verbindliche Vorgabe für die Auslegung des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBASchweiz (BFH-Urteil vom 16. Mai 2001 I R 100/00, BFHE 195, 341, BStBl II 2001, 633, m.w.N.).
d) Nach der neueren Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteil in BFHE 207, 452 ; vgl. auch BFH-Urteil vom 20. Oktober 2004 I R 31/04, BFH/NV 2005, 840) ist die zuletzt genannte Protokollbestimmung dahin verstehen, dass in den dort genannten Fällen nur fingiert wird, dass eine tatsächlich erst am nächsten Tag erfolgte Rückkehr schon vor dem Tagesende stattgefunden hat, aber nicht die Rückkehr als solche.
aa) Es ist nach Auffassung des BFH zunächst darauf abzustellen, ob der Arbeitnehmer nach dem Verlassen seiner Arbeitsstelle tatsächlich in den Ansässigkeitsstaat zurückgekehrt oder in dem jeweils anderen Vertragsstaat geblieben ist. Im erstgenannten Fall ist der betreffende Arbeitstag "Rückkehrtag" i.S. des Art. 15a Abs. 2 DBA-Schweiz; das gilt mit Rücksicht auf das zitierte Verhandlungsprotokoll auch dann, wenn die Ankunft im Ansässigkeitsstaat oder sogar das Ende der Arbeitstätigkeit zeitlich auf den Folgetag fielen. Ist der Arbeitnehmer hingegen tatsächlich nicht in den Ansässigkeitsstaat zurückgekehrt, so kommt es nach Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz auf die Veranlassung der Nichtrückkehr durch die Arbeitsausübung an; diese ist anzunehmen, wenn die Rückkehr aus beruflichen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar war (ebenso Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF- vom 19. September 1994, BStBl I 1994, 683, Tz. 13).
bb) Hierbei sind nach Auffassung des BFH alle Tage, in denen ein Arbeitnehmer im Hinblick auf eine Verpflichtung zur Rufbereitschaft im Beschäftigungsstaat übernachtet hat, als "Nichtrückkehrtage" i.S. des Art 15a Abs. 2 DBA-Schweiz anzusehen. Denn der Arbeitnehmer ist an diesen Tagen nach dem Ende seiner aktiven Tätigkeit nicht in den Ansässigkeitsstaat zurückgekehrt, und das Erfordernis der Rufbereitschaft ist ein beruflicher Grund für seinen Verbleib im Beschäftigungsstaat. Dann liegt eine durch die Arbeitsausübung bedingte Nichtrückkehr vor, und zwar unabhängig davon, ob die Zeit der Rufbereitschaft arbeitsrechtlich oder steuerrechtlich als Arbeitszeit zu werten ist oder nicht (BFH-Urteil in BFHE 207, 452 , unter II.5.b).
3. Gemessen daran greift im Streitfall die Sonderregelung des Art. 15a DBA Schweiz nicht ein. Der Kläger hatte zwar in den Streitjahren seinen Wohnsitz im Inland und seinen Arbeitsort in der Schweiz. Er war danach i.S. des Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz Grenzgänger. Allerdings entfällt gemäß Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz seine Grenzgängereigenschaft. Die im Streitfall maßgebliche Grenze von 45 Nichtrückkehrtagen ist nämlich überschritten.
a) Zwischen den Beteiligten ist nach der tatsächlichen Verständigung vom 16. November 2007 unstreitig, dass der Kläger im Streitjahr 49 Tage Rufbereitschaft hatte. Der Kläger hat an diesen 49 Tagen in seiner Wohnung in B in der Schweiz übernachtet und ist nicht an seinen Wohnsitz in F zurückgekehrt.
Der Kläger war zur Wahrnehmung dieser Rufbereitschaft arbeitsrechtlich verpflichtet. Gemäß § 23 Abs. 2, § 4 des Personalgesetzes des Kantons Basel-Stadt vom 17. November 1999 (abrufbar unter http://www.gesetzessammlung.bs.ch) i.V.m. Art. 231d des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) kann nämlich der Arbeitgeber die Arbeitnehmer auch außerhalb der ordentlichen Betriebszeit in Anspruch nehmen sowie über die Ausführung der Arbeit und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb oder Haushalt allgemeine Anordnungen erlassen und ihnen besondere Weisungen erteilen. Der Arbeitnehmer hat die allgemeine Anordnung des Arbeitgebers und die ihm erteilten besondere Weisungen nach Treu und Glauben zu befolgen. § 3 Abs. 1 des Personalgesetzes des Kantons Basel-Stadt i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung betreffend die Anstellungsbedingungen der Assistenzärztinnen und Assistenzärzte und der Oberärztinnen und Oberärzte an staatlichen Spitälern und in Dienststellen der kantonalen Verwaltung (ebenfalls abrufbar unter http://www.gesetzessammlung.bs.ch) bestimmen, dass in speziellen Dienstvorschriften auch "spital- resp. dienststellenspezifische Regelungen" zur Arbeitszeit vorgesehen werden können. Die "Dienstanweisung Pikettdienst Wiederherstellende Chirurgie" des U vom 22. Juni 2002 ist eine solche Dienstvorschrift. Der Chefarzt des U hat im Erörterungstermin vom 16. November 2007 bestätigt, dass keine Verstöße des Klägers gegen diese Dienstvorschrift bekannt sind.
b) Die Tage, an denen die Rufbereitschaft begann sind als "Nichtrückkehrtage" i. S. des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz zu beurteilen. Denn der Kläger ist an diesen Tagen nach dem Ende seiner aktiven Tätigkeit nicht nach Deutschland zurückgekehrt, weil er aufgrund seiner Rufbereitschaft innerhalb von 30 Minuten bei U anwesend sein musste. Das Erfordernis der Rufbereitschaft war der berufliche Grund für seinen Verbleib in der Schweiz, weil der Kläger die ca. 75 km lange Fahrtstrecke von F in Deutschland nach B in der Schweiz weder mit einem öffentlichen Verkehrsmittel noch mit einem PKW innerhalb von 30 Minuten zurücklegen konnte. Deshalb liegt an diesen Tagen eine durch die Arbeitsausübung bedingte Nichtrückkehr vor.
Obgleich es nicht darauf ankommt, ob die Zeit der Rufbereitschaft arbeitsrechtlich oder steuerrechtlich als Arbeitszeit zu werten ist oder nicht (vgl. BFH Urteil in BFHE 207, 452 ), weist der Senat zur Klarstellung darauf hin, dass die Zeit der Rufbereitschaft des Klägers arbeitsrechtlich keine Arbeitszeit ist; denn nach Art. 26 des Arbeitzeitgesetzes i.V.m. Art. 15 Abs. 2 der Arbeitszeitverordnung 1 zum Arbeitsgesetz (abgedruckt bei Rehbinder, Arbeitsrecht, 98, 124 f.) gelten nur die Zeit, in der der Kläger tatsächlich zur Arbeit herangezogen wurde, sowie die Wegzeit zu und von der Arbeit als Arbeitszeit. Auf den Stempelkarten des Klägers wurde sogar nur die in der Klinik verbrachte Zeit von U als Arbeitszeit angerechnet.
c) Der Senat lässt im Weiteren offen, ob er sich der Ansicht der Beteiligten anschließen könnte, dass sieben weitere Nichtrückkehrtage daraus folgen, dass der Kläger an den im Tatbestand genannten Tagen nicht mehr als acht Stunden an seinem Wohnsitz anwesend sein konnte (vgl. zu dieser "8-Stunden- Regelung" z.B. Verhandlungsprotokoll vom 7. Mai 1998, abgedruckt bei Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb, Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz - Deutschland, Kommentar, 2.14).
Nach Auffassung des Senats sind jedenfalls drei dieser Tage (1. Juli 2002, 15. September 2002 und 3. Oktober 2002) als zusätzliche Tage der Nichtrückkehr wegen gleichzeitiger Rufbereitschaft zu berücksichtigen. Die maßgebliche Grenze von 45 Tagen ist aber ohnehin bereits anderweitig überschritten.
4. Die Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit bei U i.S. des Art. 15 DBA Schweiz sind nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d DBA Schweiz i.V.m. § 2 der Abgabenordnung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer der Kläger auszunehmen, weil der Kläger seine Arbeit in der Schweiz ausgeübt hat. Diese Einkünfte führen allerdings nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes, Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Unterabs. 2 DBA Schweiz zur Anwendung eines besonderen Steuersatzes. Die Berechnung der Einkommensteuer wird deshalb nach § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem FA übertragen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt folgt aus § 151 Abs. 3, § 155 FGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 709, § 711 der Zivilprozessordnung.
6. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache seit Ergehen des BFH-Urteils vom 15. September 2004 I R 67/03 (in BFHE 207, 452 ) --anders als in Fällen des Bereitschaftsdienstes (vgl. dazu Senatsurteil vom 26. April 2007 3 K 21/07, [...], Revision eingelegt, Aktenzeichen des BFH: I R 64/07; siehe auch Urteil des FG Baden-Württemberg vom 28. September 2006 14 K 202/01, EFG 2007, 1055, Aktenzeichen des BFH: I R 10/07)-- keine grundsätzliche Bedeutung mehr hat.
7. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären, weil die Kläger die Hilfe eines Bevollmächtigten zur Beurteilung der Rechtslage und zur Vertretung für unentbehrlich halten durften (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Dezember 1967 VI B 2/67, BStBl II 1968, 181).
8. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 90 Abs. 2 FGO).
Ende der Entscheidung
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