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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 10.03.2005
Aktenzeichen: 3 K 340/01
Rechtsgebiete: KStG 1996, HGB, EStG 1997


Vorschriften:

EStG 1997 § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a
EStG 1997 § 4 Abs. 1 S. 1
HGB § 266 Abs. 3
KStG 1996 § 8 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Finanzrechtsstreit

wegen Körperschaftsteuer 1994-1997, gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1994; 31.12.1995; 31.12.1996; 31.12.1997, Gewerbesteuer-Messbetrag 1994 und 1995 sowie Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1.1.1995

hat der 3. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg - aufgrund der mündlichen Verhandlung - in der Sitzung vom 10. März 2005 durch Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ... Richter am Finanzgericht ... Richterin am Finanzgericht ... ehrenamtliche Richter ...

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Kosten des Verfahrens werden dem beklagten Finanzamt auferlegt.

II. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Das Finanzamt kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des im Kostenfestsetzungsbeschluss festgelegten Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits in dieser Höhe Sicherheit leistet.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Anwendung der Bewertungsvorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf im Wege der Sacheinlage in eine Kapitalgesellschaft eingebrachte Wirtschaftsgüter des Privatvermögens, deren Werte den des aufzubringenden Stammkapitals übersteigen.

Die Klägerin ist eine mit notariellem Vertrag vom 1. Juni 1994 (Notariat IV UR 372/94) errichtete Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Stammkapital in Höhe von 50.000 DM in vollem Umfang (B) übernommen hat. B hat seine Einlage in der Errichtungsurkunde unter Bezugnahme auf § 4 Abs. 3 des hierzu als Anlage beigefügten Gesellschaftsvertrags durch Einbringung des in seinem Eigentum stehenden, im Grundbuch der Gemeinde E Blatt Nr. verzeichneten Grundstücks Flst.-Nr., -Str. 4 in E geleistet. Das 3.117 m² große Grundstück befand sich seit 1986 in seinem Privatvermögen. Es wurde von ihm im Jahr 1991 mit einem zum 1. November 1991 fertig gestellten dreigeschossigen Büro- und Lagergebäude bebaut und langfristig vermietet. Zur Einbringung des Grundstücks und dessen Bewertung enthält § 4 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags folgende Regelung:

"Der Wert des eingebrachten Grundstücks beträgt DM 3.700.000,-. Nach Abzug der mitübernommenen persönlichen Verbindlichkeiten wird der Einbringungswert des eingebrachten Grundstücks auf DM 2.394.593,24 festgesetzt. Hiervon wird ein Betrag von DM 50.000,- auf die Stammeinlage angerechnet. Soweit der Wert der Sacheinlage die übernommenen Stammeinlage übersteigt, ist er der Kapitalrücklage der Gesellschaft mit der Maßgabe zuzuweisen, dass Auflösungen eines Gesellschafterbeschlusses bedürfen."

Dieser Bewertung liegt ein Wertgutachten des Bausachverständigen Dipl.-Ing. M. W. sowie des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Grundstücks- und Gebäudeschätzungen Dipl.-Ing. (FH) J. E. vom 14.01/07.03.1994 zugrunde. Sie wird vom beklagten Finanzamt (FA) nicht beanstandet.

Von dem Verkehrswert des bebauten Grundstücks entfielen 243.460 DM auf Grund und Boden und 3.456.540 DM auf das Gebäude sowie die Außenanlagen. Die um die Absetzungen für Abnutzung (AfA) für die Jahre 1991-1993 verminderten Herstellungskosten des Gebäudes beliefen sich auf 1.452.857 DM.

In ihrer Eröffnungsbilanz zum 1. Juni 1994 setzte die Klägerin Grund und Boden und Gebäude zu dem mit dem Verkehrswert gleichgesetzten Teilwert von 3.700.000 DM an. In Höhe des Betrags, um den dieser Teilwert den Wert der Stammeinlage von 50.000 DM sowie die übernommenen Verbindlichkeiten von 1.305.406,76 DM überstieg, d.h. in Höhe von 2.344.593,24 DM wies sie eine Kapitalrücklage aus. Im Rahmen zweier offener Ausschüttungen zahlte sie im Juni und Oktober des Jahres 1995 zu Lasten dieser Kapitalrücklage Teilbeträge in Höhe von insgesamt (1 Mio. DM + 500 TDM =) 1,5 Mio. DM (EK 04) an B aus.

Gemäß den eingereichten Jahresabschlüssen und Steuererklärungen setzte das FA die Körperschaftsteuer (KSt) bzw. stellte es das zu versteuernde Einkommen (zvE) für die Streitjahre sowie die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals (vEK) für die streitigen Stichtage zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung wie folgt fest:

 Datum des BescheidsJahresüberschuss bzw. -fehlbetragzu verst. Eink (zvE).KStEK 45EK 04 EK 02
      31.12.31.12. 31.12.
  DM DMDMDMDM DM
1994 03.07.1996 21.293 38.71417.45121.2932.344.593 -
1995 24.09.1996 58.448 75.43816.85962.6532.344.593 -
1996 10.07.1997./.34.104./.34.1040-844.593./.34.104
1997 09.07.1998./.18.490./.18.4900-844.593./.52.594

Auch bei der Festsetzung der Gewerbesteuermessbeträge sowie der Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens folgte das FA zunächst den Angaben in den Steuererklärungen der Klägerin, setzte in unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Bescheiden die Messbeträge für 1994 und 1995 jeweils auf 0 DM und stellte den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 01.01.1995 auf ./. 474.000 DM fest.

Im Anschluss an eine im Jahr 1998 begonnene Außenprüfung ging die Behörde der unter Tz. 1.01 des Prüfungsberichts vom 27.10.1999 dargestellten Würdigung des Prüfers folgend und abweichend von der bisherigen rechtlichen Beurteilung nunmehr davon aus, dass

1. die Einbringung unter Berücksichtigung des Werts der gewährten Gesellschaftsrechte und der Übernahme der Verbindlichkeiten sowie des gemeinen Werts des Grundstücks aufzuteilen sei in einen entgeltlich erworbenen (tauschähnlichen) Teil von 36,63 % und einen als verdeckte Einlage zu qualifizierenden unentgeltlichen Teil von 63,37 %, und

2. das eingebrachte Gebäude, soweit es danach verdeckt eingelegt worden ist, in der Steuerbilanz der Klägerin aufgrund der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 5 a EStG höchstens mit den (fortgeführten) Herstellungskosten ausgewiesen habe werden dürfen, da es weniger als drei Jahre nach seiner Herstellung eingelegt worden sei.

Bei dieser Würdigung ergaben sich für die Steuerbilanz folgende Wertansätze (in DM):

 31.12.1994 31.12.1995 31.12.1996 31.12.1997
Grund und Boden (unverändert)251.018 251.018 251.018 251.018
Außenanlagen79.281 73.615 67.949 62.283
Gebäude2.112.414 2.024.397 1.936.380 1.848.363
bebautes Grundstück2.442.713 2.349.030 2.255.347 2.161.664
Kapitalrücklage1.074.911./.425.088./.425.088./.459.191
Bilanzgewinn bzw. -verlust43.481./.85.842 8.585 12.174

Hiervon ausgehend änderte das FA die vorausgegangenen Bescheide und setzte die KSt bzw. stellte das zvE und die Teilbeträge des vEK nunmehr mit Änderungsbescheiden vom 04. August 2000 unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung wie folgt fest (in DM):

 zvEKStEK 45EK 04 EK 02
199499.96544.98454.9811.074.912 -
1995113.874186.836104.7321.074.912 -
199616.629.7.4838.585-./.547.190
199723.58110.61120.759-./.547.190

Ferner setzte die Behörde in Änderungsbescheiden vom 30.08.2000 die einheitlichen Gewerbesteuer-Messbeträge für 1994 auf 225 DM und für 1995 auf 4.230 DM fest und erhöhte unter dem 26.07.2000 den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 01. Januar 1995 auf ./. 429.000 DM.

Die hiergegen eingelegten Einsprüche blieben ohne Erfolg; auf die Einspruchsentscheidungen vom 03. September 2001 wird Bezug genommen.

Dagegen richtet sich die vorliegende - am 02. Oktober 2001 erhobene - Klage, mit der die Klägerin weiterhin eine Beurteilung der Grundstückseinbringung als vollentgeltliches Anschaffungsgeschäft begehrt.

Die in § 6 Abs. 1 Nr. 5 a und b EStG getroffenen Regelungen seien ihrem Grundgedanken nach nur anwendbar, wenn Wirtschaftsgüter des Privatvermögens in das Betriebsvermögen des selben Steuerpflichtigen eingelegt werden, nicht jedoch bei Einlagen in Kapitalgesellschaften. Das sei im Zeitpunkt der Einbringung auch die Ansicht der Finanzverwaltung gewesen, wie sich aus der Verfügung der OFD Düsseldorf vom 13. Juli 1979 (StEK EStG § 6 Abs. 1 Ziff. 5 Nr. 4) ergebe. Aus dem vom FA nunmehr für die gegenteilige Auffassung in Anspruch genommenen Urteil des BFH vom 11. Februar 1998 I R 89/97 (BStBl II 1998, 691) lasse sich nichts anderes ableiten. Abgesehen davon habe jenes Urteil den Fall einer verdeckten Einlage einer wesentlichen Beteiligung betroffen, wohingegen im Streitfall eine offene Einlage gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten vorliege, die nach dem BFH-Urteil vom 19. Oktober 1998 VIII R 65/95 (BStBl II 2000, 230) als tauschähnlicher Vorgang und damit als Veräußerungs- bzw. Anschaffungsgeschäft zu beurteilen sei. Wie dort betont werde, liege jeder offenen Sacheinlage eine Vereinbarung über ihren Gegenstand und die Höhe der in Geld ausgedrückten Einlageschuld zugrunde, auf die der Gesellschafter die Sacheinlage leiste, welche die Gesellschaft mit dem angemessenen Wert gegen ihre Einlageforderung verrechne.

Entgegen der Ansicht des FA sei die Einbringung des Grundstücks nicht nur teilweise, sondern insgesamt als offene Einlage zu qualifizieren. Dies lasse sich aus den Grundsätzen, die nach dem Umwandlungsteuergesetz auf Einbringungsvorgänge angewendet werden, schließen. Danach sei es bei Einbringungen nicht erforderlich, den gesamten Einbringungswert dem Stammkapitalkonto gutzuschreiben. Wesentlich sei allein, dass Gesellschaftsrechte eingeräumt werden. Die Gegenleistung der Gesellschaft, in die Wirtschaftsgüter eingebracht werden, könne auch darin bestehen, dass hinsichtlich des die Stammeinlage übersteigenden Betrages Darlehensverbindlichkeiten von der Gesellschaft eingegangen werden oder der Gesellschafter eine Gutschrift auf dem Rücklagenkonto erhalte. Ihre Auffassung sieht die Klägerin in der Entscheidung des BFH vom 19. Oktober 1998 (a.a.O.) bestätigt, dem ein Fall zugrunde gelegen habe, in dem der Einbringung neben der Verbuchung auf dem Kapitalkonto auch die Einbuchung einer Darlehensforderung des einbringenden Gesellschafters gegen die Gesellschaft zur Folge gehabt habe. Entsprechendes müsse für die im Streitfall gegebene Dotierung des Rücklagenkontos zu Gunsten des einbringenden Gesellschafters gelten. Wie das FA hinsichtlich des auf dem Rücklagenkonto verbuchten Teils des Werts des eingebrachten Grundstücks zur Annahme einer verdeckten Einlage gelangt sei, könne nicht nachvollzogen werden, da zu Lasten der Kapitalrücklage bereits im Jahr 1995 Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 1,5 Mio. DM vorgenommen und diese von der Sparkasse S ohne weiteres finanziert worden seien; dies belege, dass die Rücklage einen entsprechenden Gegenwert repräsentiert habe und von einer verdeckten Einlage deshalb nicht gesprochen werden könne.

Wegen aller Einzelheiten der Klagebegründung wird auf die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 25. Februar 2002 (einschließlich der dort in Bezug genommenen außergerichtlichen Stellungnahmen vom 04. August und 08. Dezember 1999) sowie vom 01. März 2005 verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

1. unter Änderung der Bescheide vom 04. August 2000

 das zvEfür 1994 auf 39.674 DMund
 für 1995 auf 68.312 DMfestzustellen,
die Körperschaftsteuerfür 1994 auf 17.853 DMund
 für 1995 auf 16.859 DMherabzusetzen sowie

die zur Körperschaftsteuer 1996 und 1997 ergangenen Änderungsbescheide vom 04. August 2000 aufzuheben,

2. den zur Feststellung des vEK auf den 31.12.1994 ergangenen Änderungsbescheid vom 04. August 2000 aufzuheben sowie

unter Änderung der Bescheide vom 04. August 2000 die Teilbeträge des vEK wie folgt festzustellen:

 SummeEK 45EK 02EK 04
auf den 31.12.1995894.80650.213-844.593
auf den 31.12.1996795.073-34.104829.177
auf den 31.12.1997776.583-52.594829.177

3. unter Änderung der Bescheide vom 30. August 2000 die einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge für 1994 auf 2.825 DM sowie für 1995 auf 2.160 DM festzusetzen,

4. den Änderungsbescheid vom 26. Juli 2000 zur Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 01.01.1995 aufzuheben und

5. sämtliche zu den vorstehend genannten Bescheiden ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 03. September 2001 aufzuheben,

sowie hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hält an seiner im Prüfungsbericht vom 27. Oktober 1999 sowie in der Einspruchsentscheidung zur KSt 1994 bis 1997 vom 03. September 2001 näher ausgeführten Auffassung fest. Danach erfordere die von der Klägerin postulierte Beurteilung der Einbringung von Wirtschaftsgütern als entgeltliches Veräußerungs- bzw. Anschaffungsgeschäft, dass die gewährten Gesellschaftsrechte dem Wert der eingebrachten Wirtschaftsgüter entsprechen; nur in solchen Fällen komme die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG nicht zur Anwendung. Eine Gewährung von Gesellschaftsrechten sei anzunehmen, wenn die durch die Übertragung eines Wirtschaftsguts eintretende Erhöhung des Gesellschaftsvermögens dem Kapitalkonto des einbringenden Gesellschafters gutgeschrieben werde; eine Verbuchung des übertragenen Werts gegen einen Darlehensanspruch stelle hingegen keine offene Sacheinlage dar. Erhalte der Gesellschafter für seine Einlage keine Gesellschaftsrechte, sei von einer verdeckten Einlage auszugehen. Da im Streitfall nur für einen Teil des eingebrachten Werts Gesellschaftsrechte gewährt worden seien, müsse die - zivilrechtlich nicht aufteilbare - Einbringung des streitbefangenen Grundstücks in Anwendung des BMF-Schreibens vom 29.03.2000 (BStBl I 2000, 462) nach den im BFH-Urteil vom 17. Juli 1980 IV R 15/76 (BStBl II 1981, 11) entwickelten Regeln steuerlich aufgeteilt werden. Soweit danach von einer verdeckten Einlage ausgegangen werden müsse, seien nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 09. Juni 1997 GrS 1/94 (BStBl II 1998, 307) die Regelungen des § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG und insbesondere auch die dort im zweiten Halbsatz des Satzes 1 zu a) getroffene Ausnahmeregelung anwendbar.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Bei der Einbringung des streitbefangenen Grundstücks aus dem Privatvermögen des B in das Betriebsvermögen der Klägerin handelt es sich um einen kauf- bzw. tauschähnlichen Vorgang und damit aus der Sicht der Klägerin um ein Anschaffungsgeschäft. Die von dieser Betrachtung ausgebenden Jahresabschlüsse und Steuererklärungen der Klägerin sind insofern nicht zu beanstanden. Insbesondere war für die vom FA postulierte Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG bei der Aktivierung der eingebrachten Wirtschaftsgüter unter den gegebenen Umständen kein Raum.

Allerdings folgt das Gericht dem FA insofern, als die Vorschriften der §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG nicht nur für die Überführung von Gegenständen des Privatvermögens in das Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen gelten, sondern - über § 8 Abs. 1 KStG - auch auf die Übertragung von Wirtschaftsgütern in das Vermögen einer Kapitalgesellschaft anwendbar sein können. Der BFH hat hiervon ausgehend in seinem Urteil vom 11. Februar 1998 I R 89/97 (BStBl. II 1998, 691) die Übertragung von GmbH-Anteilen aus dem Privatvermögen des Alleingesellschafters einer Kapitalgesellschaft in das Vermögen dieser Gesellschaft als verdeckte Einlage beurteilt und die Anteile nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 zweiter Halbsatz Buchst. b EStG mit den Anschaffungskosten des Gesellschafters bewertet. Der BFH hat dies indessen nur für den Fall entschieden, dass diese Übertragung getrennt von der Aufbringung des Stammkapitals und - wie der BFH unter I. der Gründe ausführte - "ohne Vereinbarung einer Gegenleistung" erfolgte. Im Streitfall verhält es sich jedoch anders.

B. hat sich nämlich bereits in der Gründungsurkunde dazu verpflichtet, das streitbefangene Grundstück im Wege der Sacheinlage in die Klägerin einzubringen. Er hat für die Erfüllung dieser Verpflichtung einen Geschäftsanteil an der Klägerin erhalten, der - unter Einbeziehung der Entlassung von den damit in Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten - den vollen Wert des bebauten Grundstücks repräsentierte. Unter diesen Umständen kann von einer "Übertragung ohne Gegenleistung" nicht die Rede sein. Dies gilt auch insoweit, als der Wert des eingebrachten Grundstücks über das Stammkapital der Klägerin hinausging. Auch insoweit handelte es sich um eine offene und nicht etwa um eine verdeckte (Sach-)Einlage.

Ob Wirtschaftsgüter "offen" oder "verdeckt" eingelegt wurden, ist eine Frage der bilanzrechtlichen Beurteilung. Hierbei kommt es darauf an, dass die Einlagen als Vermögenszugänge oder als Schuldabgänge mit ihrem gemeinen Wert in der Bilanz in Erscheinung treten. Geschieht dies, häjtte also auch ein fremder Dritter für die eingebrachten Wirtschaftsgüter den vereinbarten Betrag verlangt und erhalten, dann kann von einer "verdeckten" Einlage keine Rede sein (so etwa auch Büchele, DB 1997, 2337). Nur bei einer Unterbewertung liegt eine verdeckte Einlage des Gesellschafters vor (so auch der BFH in seinem Urteil vom 19. Oktober 1998 VIII R 69/95, BStBl II 2000, 230, in dem er für den Fall einer teils auf dem Kapitalkonto, teils auf einem Darlehenskonto des Gesellschafters einer Personengesellschaft erfolgten Verbuchung des angemessenen Gegenwerts des eingebrachten Wirtschaftsguts keine verdeckte Einlage annimmt). Im vorliegenden Fall liegt kein in irgendeiner Form verdeckter Werttransfer von B an die Klägerin vor. Sowohl in der zivilrechtlichen Vereinbarung als auch bei der Verbuchung des darauf beruhenden Einbringungsvorgangs wurde der volle - in einem Sachverständigengutachten bestätigte, und auch vom FA nicht bestrittene - Wert des Grundstücks und der aufstehenden Gebäude offen gelegt.

Für diesen Fall einer offenen Sacheinlage anlässlich der Gründung einer GmbH oder der Erhöhung ihres Kapitals liegt es nach Ansicht des Senats näher, von einem tauschähnlichen Geschäft auszugehen, bei dem der Gesellschafter für den zu übertragenden Gegenstand neu geschaffene Kapitalanteile erhält. Dies entspricht der Auffassung des BFH, der seit dem sog. Tauschgutachten (vom 16. Dezember 1958 I D 1/57 S, BStBl III 1959, 30) die Einbringung von Wirtschaftsgütern in ständiger Rspr. als Anschaffungsvorgang der Gesellschaft beurteilt, wenn und soweit dem Einbringenden hierfür Gesellschaftsrechte gewährt werden (vgl. etwa das BFH-Urteil vom 25. Januar 1984, I R 183/81, BStBl II 1984, 422, den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 09. Juni 1997 GrS 1/94, BStBl II 1998, 307 und das BFH-Urteil vom 19. Oktober 1998, a.a.O.); dies gilt für Einbringungen in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft ebenso wie für Einbringungen in eine Kapitalgesellschaft. Auch die Finanzverwaltung hat sich dieser Ansicht im BMF-Schreiben vom 29. März 2000 IV C 2 - S 2178 - 4/00 (BStBl I 2000, 462) angeschlossen. Der BFH ist zu dieser Auffassung ungeachtet dessen gelangt, dass die von den Gesellschaftern zu leistenden Beiträge einerseits und deren Anteile an der Gesellschaft andererseits nicht im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung stehen, wie es die §§ 320 ff. BGB für Austauschverträge voraussetzen. Jedenfalls für den vorliegenden Fall der Einbringung in eine Einmann-GmbH im Rahmen des Gründungsakts ist in diesem Zusammenhang nicht danach zu unterscheiden, ob der Wert des eingebrachten Wirtschaftsguts ausschließlich mit dem Stammkapital oder aber nur teilweise mit dem Stammkapital und im Übrigen mit der Kapitalrücklage verrechnet wird. Für die Qualifizierung eines Einbringungsvorgangs als Anschaffungsgeschäft ist es unerheblich, unter welcher der Positionen des Eigenkapitals die Gegenbuchung vorgenommen wird. Die besondere Bedeutung des Stammkapitals als Teil des Eigenkapitals liegt darin, dass der dort ausgewiesene Betrag Aufschluss darüber gibt, in welchem Umfang das Eigenkapital den strengen Vorschriften über die Kapitalaufbringung und -erhaltung unterliegt. Dementsprechend dient die in § 266 Abs. 3 HGB für Kapitalgesellschaften vorgeschriebene Untergliederung der Bilanzposition "Eigenkapital" nicht dem Zweck, eine Aussage darüber zu treffen, ob und inwieweit das damit finanzierte Betriebsvermögen entgeltlich erworben wurde. Deshalb kann es hierauf auch für die Beantwortung der Frage, inwieweit die Einbringung als vollentgeltliches oder nur als teilentgeltliches Geschäft zu behandeln ist, nicht ankommen (im Ergebnis ebenso Reiß, DB 2005, 358 ff., 364).

Das Problem, worin die Gegenleistung bei der nachträglichen Einbringung eines Einzelwirtschaftsguts zur Verrechnung (allein) mit der Kapitalrücklage liegt, insbesondere ob in einem solchen Fall der beim Geschäftsanteil eintretende Wertzuwachs bloßer Reflex, nicht aber Gegenleistung für das eingebrachte Wirtschaftsgut ist (so z.B. der BFH in seinem Urteil vom 27. Juli 1988 I R 147/83, BStBl II 1989, 271), stellt sich im Streitfall nicht. Der Einbringende erhält bei einer Sacheinlage der vorliegend zu beurteilenden Art im Tausch gegen das einzulegende Wirtschaftsgut einen Geschäftsanteil, dessen Wert nicht durch den Betrag des Stammkapitals limitiert ist, sondern von vornherein dem Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts entspricht (ähnlich der BFH in seinem Urteil vom 25. Januar 1984 I R 183/81, BStBl II 1984, 422 zur Aktivierungspflicht eines Agios in der Form eines Verzichts auf eine gegen die Gesellschaft gerichtete Forderung im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung. (FGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozeßordnung i.V.m. § 151 Abs. 3 FGO.

Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da er der Frage, ob eine Sacheinlage in eine Kapitalgesellschaft auch insoweit als tauschähnliches Geschäft zu beurteilen ist, als der Wert der Sacheinlage über den Betrag des Stammkapitals hinausgeht und mit einer Kapitalrücklage verrechnet wird, rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimisst und eine Beurteilung des vorliegenden Streitfalles durch den BFH eine Klärung dieser Frage erwarten lässt.

Ende der Entscheidung

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