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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 23.01.2009
Aktenzeichen: 5 K 327/05
Rechtsgebiete: AO, EStG
Vorschriften:
AO § 180 Abs. 2 | |
EStG § 10 Abs. 2 | |
EStG § 20 Abs. 1 |
Tatbestand:
Der Kläger (Kl) ist als selbständiger Rechtsanwalt in einer Bürogemeinschaft tätig.
Während seines Urlaubs im Sommer 1996 in Frankreich fasste er anlässlich einer Annonce des Maklers X den Entschluss, das in einer Wohnlage mit ca. 100 Häusern belegene Ferienreihenhaus Residence "Y" nebst Stellplätzen (nachfolgend: Streitobjekt) zu erwerben. Hierbei rechnete der Kl unter Berücksichtigung der Gegebenheiten in Frankreich damit, dass von dem Abschluss des erforderlichen Vorvertrags bzw. der in diesem Zusammenhang zu leistenden Anzahlung bis zum Eigentumsübergang durch Abschluss des notariellen Kaufvertrags ca. zwei bis drei Monate vergehen würden.
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland nahm der Kl Kontakt zur Bausparkasse Z- auf, um die Finanzierung seines geplanten Immobilienerwerbs zu sondieren. Es stellte sich heraus, dass die Z im Fall von Auslandsimmobilien maximal ein Darlehen bis zu 64% des ermittelten Verkehrswerts des zu erwerbenden Objekts gewährte. Um die danach verbleibende Finanzierungslücke i.H. von 36% des Kaufpreises abzudecken, schloss der Kl jeweils mit Vertrag vom 12. Dezember 1996 / 02. Januar 1997 zwei Policendarlehen zu seinen zwei Kapitallebensversicherungen bei der T mit einer Laufzeit von mehr als 12 Jahren ab, im Einzelnen über einen Betrag i.H. von DM 23.900,- (Versicherungsnummer) und i.H. von DM 17.900,- (Versicherungsnummer). Wegen der weiteren Einzelheiten zu den Policendarlehensverträgen wird auf die Vertragsurkunden vom 12. Dezember 1996 / 02. Januar 1997 (Gerichtsakte, Anlagenband "Unterlagen im Original") verwiesen.
Am 03. Januar 1997 erfolgte die Valutierung des Darlehensbetrags i.H. von zusammen DM 41.800,- auf dem geringfügig verzinsten Girokonto Nr. des Kl bei der B.
Am 19. Januar 1997 schloss der Kl den Vorvertrag in Gestalt eines Kaufangebots (Lettre-Proposition d'Achat) mit dem Makler X und leistete per Euroscheck eine 10%-ige Anzahlung auf den Kaufpreis i.H. von FF 40.000,- (damaliger Umrechnungsbetrag in DM: 11.862,40). Die Sollbuchung dieses Betrags erfolgte am 20. Februar 1997 auf dem Girokonto des Kl mit DM 11.888,37 einschließlich 0,025% Courtage i.H. von DM 2,27, einer Provision i.H. von DM 20,- sowie DM 3.- Spesen. Dem Kl war seinerzeit bewusst, dass rd. DM 30.000,- bis zum Eigentumsübergang auf seinem niedrig verzinsten Girokonto verbleiben würden.
Am 27. Januar 1997 schloss der Kl den privatschriftlichen Kaufvertrag mit dem Makler X.
Nachdem die Z als Voraussetzung für die Gewährung des Kredits den Verkehrswert des Streitobjekts ermittelt hatte, valutierte sie am 26. März 1997 den Darlehensbetrag i.H. von FF 257.166,33 (DM 76.345,84) auf das Anderkonto des Notars W.U. mit Amtssitz in P.
Am 27. März 1997 erwarb der Kl durch Abschluss des notariellen Kaufvertrags Eigentum an dem Streitobjekt. Zuvor hatte er nach Rücksprache mit dem Notar die zunächst auf seinem Girokonto verbliebenen restlichen Mittel aus den streitgegenständlichen Policendarlehen i.H. von DM 38.500,- abgehoben, in FF 134.400,- umgewechselt und in Frankreich persönlich auf das Anderkonto des Notars bei der Credit .. eingezahlt.
Der Gesamtkaufpreis des streitgegenständlichen Objekts betrug FF 431.933,33 (DM 128.302,- bzw. EUR 65.599,77).
Im Folgenden vermietete der Kl das Streitobjekt als Ferienhaus und hielt sich dort selbst ca. zweimal für insgesamt ca. 2-3 Wochen im Jahr auf, um Renovierungsarbeiten auszuführen. Die Vermietung organisierte er mittels Zeitungsinseraten selbst. Nachdem die Vermietung bis dahin zu Verlusten geführt hatte, veräußerte der Kl das Streitobjekt im Jahr 2006 für EUR 177.500,-.
Mit Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen vom 23. Januar 2002 (St.-Nr.) stellte der Beklagte (Bekl) die Steuerpflicht der Zinsen aus den beiden streitgegenständlichen Kapitallebensversicherungen des Kl gesondert fest.
Nach erfolglosem Einspruch hiergegen erhob der Kl Klage.
Die Beteiligten haben sich zwischenzeitlich über das Vorliegen der Überschusserzielungsabsicht des Kl hinsichtlich des Streitobjekts tatsächlich verständigt.
Der Kl trägt im Wesentlichen vor, trotz Auszahlung der streitgegenständlichen Policendarlehen auf sein Girokonto sei von Anfang an vorgesehen gewesen, die Darlehensvaluta ausschließlich und allein zu dem Zweck des Erwerbs seiner Immobilie in Frankreich einzusetzen. Seine Zahlungsgestaltung sei wirtschaftlich sinnvoll gewesen, jedenfalls dann, wenn man, wie zwingend geboten, den Auslandsbezug des streitgegenständlichen Immobiliengeschäfts berücksichtige. Nach seiner damaligen Kenntnis sei für die Finanzierung nur die Z in Betracht gekommen, die jedoch auf einen Eigenkapitalanteil i.H. von 36% des Verkehrswerts bestanden habe. Seinerzeit habe er keine andere Kreditmöglichkeit gehabt und daher die streitgegenständlichen Policendarlehen mit der T vereinbart, deren Zinssatz mit dem des Kredits der Z vergleichbar gewesen sei. Die einzigen Alternativen zum "Parken" der Darlehensvaluta der Policendarlehen auf seinem Girokonto wäre die Aufbewahrung von Bargeld bzw. die Verbringung der Mittel zum Notar nach Frankreich gewesen. Selbst dann hätte er 10% des Darlehensbetrags für die Scheckbegebung im Zusammenhang mit der Anzahlung bei Abschluss des Vorvertrags auf seinem Girokonto belassen müssen. Die Z hätte als Eigenkapitalnachweis wohl auch die streitgegenständlichen Lebensversicherungen akzeptiert, da ihr Rückkaufswert damals mindestens so hoch gewesen sei wie das von der Z valutierte Darlehen. Aus psychologischen Gründen habe er die Lebensversicherungen aber nicht abtreten wollen. Überdies habe er sich gegenüber der Z als zahlungskräftiger Darlehensnehmer gerieren wollen. Zusammengefasst sei er der Auffassung gewesen, es sei am einfachsten, wenn ihm das Eigenkapital in bar zur Verfügung stehe. Die Auffassung der Finanzverwaltung in Rz. 53 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen -BMF- vom 15. Juni 2000 (IV C 4 - S 2221 - 86/00, Bundessteuerblatt -BStBl- I 2000, 1118), wonach die Auszahlung eines Policendarlehens auf ein Kontokorrentkonto des Steuerpflichtigen steuerunschädlich sei, wenn die Mittel innerhalb eines Zeitraums von höchstens 30 Tagen zur Anschaffung des begünstigten Wirtschaftsguts verwandt würden, sei als Beweiserleichterung bzw. Nichtaufgriffsgrenze zu verstehen, nicht dagegen als fixe Grenze. Auch die Finanzverwaltung halte somit die Auszahlung des Policendarlehens auf ein Kontokorrentkonto für eine wirtschaftlich sinnvolle Zahlungsgestaltung, obwohl damit notwendigerweise die Begründung einer Forderung gegen die Bank verbunden sei. Die Verwendungsfrist von 30 Tagen sei für Grundstückserwerbe im Ausland allerdings nicht ausreichend und im vorliegenden Fall deshalb gemeinschaftswidrig. Das Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 04. Juli 2007 VIII R 46/06, BStBl II 2008, 49, sei deshalb auf den vorliegenden Fall der Finanzierung einer Immobilie in Frankreich nicht übertragbar. Das Darlehen habe ausschließlich der Finanzierung des Ferienhauses in Frankreich gedient.
Er habe die Darlehensvaluta bereit halten müssen, da er jederzeit mit der Bestimmung des endgültigen Notartermins habe rechnen müssen. Dass dies letztlich länger als 30 Tage gedauert habe, läge an den Besonderheiten des französischen Rechts und könne ihm nicht angelastet werden. Im Übrigen sei es verfassungs- bzw. gemeinschaftswidrig, dass die Gewinne im Inland in Form des Progressionsvorbehalts berücksichtigt, die Verluste hingegen nicht zum Ansatz gebracht würden. Das Urteil des BFH vom 13. Juli 2004 VIII R 61/03, BFH/NV 2005, 184, stehe seiner Auffassung nicht entgegen, da diesem Fall ein Sachverhalt zugrunde gelegen habe, in dem die Darlehensmittel zwischenzeitlich auf einem Festgeldkonto des Steuerpflichtigen eingezahlt worden seien.
Der Kl beantragt,
den Bescheid des Beklagten über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen vom 23. Januar 2002 (St.-Nr.) und seine Einspruchsentscheidung vom 07. Juni 2002 aufzuheben.
Der Bekl beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er macht unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung im Wesentlichen geltend, gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a Einkommensteuergesetz 2002 -EStG- seien Erträge aus Lebensversicherungen, die zur Tilgung oder Sicherung von Darlehen eingesetzt worden seien, deren Finanzierungskosten Betriebsausgaben oder Werbungskosten seien, steuerpflichtig. Etwas anderes gelte nur, wenn das Darlehen unmittelbar der Anschaffung eines Wirtschaftsgutes diene, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt sei. Nach Rz. 53 des BMF-Schreibens vom 15. Juni 2000 (IV C 4 - S 2221 - 86/00, BStBl I 2000, 1118) sei im Fall der Valutierung des Darlehens auf ein Konto (z.B. Kontokorrentkonto, Sparkonto) des Steuerpflichtigen die "Unmittelbarkeit" nur erfüllt, wenn zwischen der Überweisung der Darlehensmittel auf das Konto und der Abbuchung zur Bezahlung der Anschaffungsoder Herstellungskosten ein Zeitraum von nicht mehr als 30 Tage liege. Diese Zeitspanne sei im vorliegenden Fall überschritten worden. Der BFH habe es in seinem Urteil vom 13. Juli 2004 VIII R 61/03, BFH/NV 2005, 184, ausdrücklich offen gelassen, ob er dieser Verwaltungsauffassung folge. Selbst nach diesem Urteil sei die Entstehung einer Forderung durch die Auszahlung eines Darlehens auf ein Girokonto des Darlehensnehmers jedoch allenfalls dann unschädlich, wenn die Forderung lediglich ein notwendiges Durchgangsstadium im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltung sei. Diese Voraussetzung sei im Streitfall nicht erfüllt. Denn der Kl sei sich nach seinem eigenen Vortrag bewusst gewesen, dass der Kreditbetrag aus den Policendarlehen zu einem großen Teil für einen Zeitraum von 2-3 Monaten auf seinem Girokonto verbleiben werde. Wirtschaftlich sinnvoll, üblich und wohl auch möglich wäre es hingegen gewesen, sich den Kreditbetrag auf Abruf oder nach einem festgelegten Auszahlungsplan auszahlen zu lassen. Wenn aber schon der Kreditbetrag vorab und in einer Summe ausbezahlt werde, hätte der wirtschaftlich vernünftige Darlehensnehmer zumindest versucht, den Geldbetrag möglichst hochverzinslich anzulegen.
Im Erörterungstermin vom 20. Januar 2006 hat der Berichterstatter den Kl aufgefordert, dem Gericht die ladungsfähigen Anschriften von den Bearbeitern seiner Kreditverträge bei der Z und der T mitzuteilen.
Daraufhin teilte der Kl mit Schriftsatz vom 06. Februar 2006 mit, er sehe von einer Benennung von Zeugen ab.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung -FGO- einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I. Der Bekl hat zu Recht die Einkommensteuerpflicht der Zinsen aus den beiden streitgegenständlichen Kapitallebensversicherungen gesondert festgestellt.
1. Nach § 9 der Verordnung zu § 180 Abs. 2 Abgabenordnung -AO- wird die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen enthaltenen Sparanteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) gesondert festgestellt.
2. Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG steuerpflichtig.
a) Zwar gilt dies nach Satz 2 der Vorschrift nicht für Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von 12 Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Auch unterfallen die streitgegenständlichen Lebensversicherungen des Kl dieser Ausnahmeregelung.
b) Im Streitfall scheitert aber gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 EStG die Steuerbefreiung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG daran, dass die Beiträge des Kl zu den streitgegenständlichen Kapitallebensversicherungen nicht die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a oder b EStG erfüllen (vgl. dazu im Einzelnen und mit Nachweisen zur Entstehungsgeschichte der Vorschrift: BFH-Urteile jeweils vom 13. Juli 2004 VIII R 48/02, BStBl II 2004, 1060; VIII R 52/03, BFH/NV 2005, 181 und VIII R 61/03, BFH/NV 2005, 184).
aa) Die Versagung des Sonderausgabenabzugs hinsichtlich der Beiträge des Kl resultiert daraus, dass seine Ansprüche aus den streitgegenständlichen Versicherungsverträgen gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz EStG der Sicherung von Darlehen gedient haben, deren Finanzierungskosten Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung -VuV- sind (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Denn der Kl hat die Finanzierung im wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer Einkunftsart vorgenommen, nämlich zur Erzielung der Einkünfte mit dem Streitobjekt aus VuV gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 6, 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Dass es sich bei der Vermietung durch den Kl nicht um Liebhaberei gehandelt hat, ergibt sich bereits aus der nicht offensichtlich unzutreffenden tatsächlichen Verständigung der Beteiligten betreffend die Überschusserzielungsabsicht des Kl. Nach dem Gesetzeswortlaut ist jedoch lediglich erforderlich, dass es sich der Rechtsnatur nach um Werbungskosten handelt. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob sich die begrifflichen Werbungskosten steuerlich auswirken oder ob der Steuerpflichtige sie geltend macht (vgl. BFH mit Beschluss vom 20. Februar 2008 VIII B 103/07, BFH/NV 2008, 980; mit Urteil vom 04. Juli 2007 VIII R 46/06, BStBl II 2008, 49 - nach dieser Entscheidung soll wohl weiter sogar Liebhaberei unschädlich sein; FG Hamburg mit Urteil vom 16. Juli 1999 VI 263/97, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1999, 1117; s.a. aus dem Schrifttum: Fischer in: Kirchhof, ESt-Kommentar, 4. Auflage, 2004, § 10 Rz. 17; Söhn in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff -K/S/M-, ESt-Kommentar, Loseblatt, 192. Ergänzungslieferung, Dezember 2008, § 10 P 69; Nolde in: Hermann/Heuer/Raupach -HHR-, EStGKommentar, Loseblatt, 233. Ergänzungslieferung, § 10 Rz. 378). Es ist deshalb unerheblich, dass die aus der Vermietungstätigkeit resultierenden Werbungskosten des Kl gemäß § 3 c Abs. 1 EStG wegen der Steuerfreiheit der Vermietungseinnahmen nach Art. 3 Doppelbesteuerungsabkommen -DBA- Frankreich vom 21. Juli 1959 i.d.F. des Revisionsprotokolls vom 9. Juni 1969 und des Zusatzabkommens vom 28. September 1989 (Bundesgesetzblatt -BGBI- II 1961, 398, BGBl. II 1970, S. 719, BGBl. II 1990, 770) nicht abzugsfähig sind. Auch der Frage der Vereinbarkeit des § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a EStG mit Verfassungs- bzw. Europarecht kommt deshalb im Streitfall keine Bedeutung zu.
bb) Der Kl kann sich ferner nicht auf die Rückausnahme des § 10 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz Buchst. a EStG stützen. Denn die (Policen-) Darlehen dienten nicht unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist. Dies wäre jedoch Voraussetzung für das Entfallen der Steuerpflicht betreffend die Zinsen gewesen, da die Darlehen auch weder zur Finanzierung einer betrieblichen Maßnahme abgeschlossen worden sind, mithin keine betrieblich veranlassten Darlehen waren (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG) noch es sich bei den Lebensversicherungen des Kl um Direktversicherungen handelt (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b EStG).
(1) Die (Policen-) Darlehen des Kl haben nicht "unmittelbar und ausschließlich" der Finanzierung des Streitobjekts gedient, weil die Darlehensbeträge zunächst auf das (wenn auch niedrig) verzinste Girokonto des Kl geflossen sind, mithin zunächst steuer-schädlich zur Begründung einer Forderung des Kl gegenüber der kontoführenden Bank verwendet worden sind. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf die Begründung des BFH in dessen Urteil vom 04. Juli 2007 VIII R 46/06 (BStBl II 2008, 49, Rz. 22 ff.), der der Senat folgt. Der BFH hat dort insbesondere auch entschieden, dass dieser Rechtsauffassung die Geringfügigkeit der Verzinsung nicht entgegensteht.
(2) Der Senat kann ferner -wie auch der BFH in seinem Urteil vom 04. Juli 2007 VIII R 46/06, BStBl II 2008, 49, Rz. 25-- dahingestellt sein lassen, ob er der über den Wortlaut der Norm hinausgehenden Auffassung der Verwaltung folgen kann, dass dann, wenn Darlehensmittel i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG zunächst auf ein Konto (z.B. Kontokorrentkonto, Sparkonto) des Darlehensnehmers überwiesen werden, von dem sodann die Anschaffungs-/Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts bezahlt werden, dies nur dann steuerunschädlich ist, wenn zwischen der Überweisung der Darlehensmittel auf das Konto und der Abbuchung zur Bezahlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten ein Zeitraum von nicht mehr als 30 Tagen liegt (vgl. BMF-Schreiben vom 15. Juni 2000 IV C 4 - S 2221 - 86/00, BStBl I 2000, 1118, Rz. 53). Denn die 30 Tagesfrist ist im Streitfall eindeutig überschritten worden.
(3) Der Senat folgt dem BFH (vgl. Urteil vom 04. Juli 2007 VIII R 46/06, BStBl II 2008, 49, Rz. 26) ferner darin, dass eine über den Wortlaut des Gesetzes hinausgehende Auslegung aus Gründen der Praktikabilität und zur Vermeidung unlösbarer Abgrenzungsschwierigkeiten jedenfalls voraussetzt, dass die Zahlung auf das Girokonto lediglich ein "notwendiges Durchgangsstadium im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltung" ist. Entgegen der Auflassung des Kl ist jedoch diese Voraussetzung im Streitfall nicht erfüllt. Denn der Kl hat keine wirtschaftlich sinnvolle Zahlungsgestaltung gewählt, und zwar selbst nicht unter Berücksichtigung der von ihm dargelegten Besonderheiten eines Grunderwerbs in Frankreich. Gerade weil der Kl in Kenntnis der dortigen Umstände davon ausgehen musste und nach eigenen Angaben auch ausging, dass vom Abschluss des Vorvertrags bis zum Eigentumsübergang mehrere Monate vergehen würden, hätte es wirtschaftlich um so näher gelegen, dafür Sorge zu tragen, dass die Darlehensvaluta entweder kurzfristig auf sein Girokonto angewiesen oder direkt auf das Anderkonto des Notars bei der Credit .. eingezahlt wird. Dem steht auch nicht die von dem Kl zu erbringende Anzahlung entgegen, da mit dieser ebenso hätte verfahren werden können und müssen. Dem Senat erschließt sich nicht, warum der Kl die dargelegten wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltungen nicht wie in einem reinen Inlandsfall hätte wählen und umsetzen können. Eine europarechtswidrige Beschränkung ist deshalb nicht erkennbar.
c) Nach alledem ist insgesamt eine steuerschädliche Verwendung gegeben, die in vollem Umfang zur Steuerpflicht der Zinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG führt. Eine Aufteilung in einen steuerschädlichen und einen steuerunschädlichen Teil kommt nach der ständigen und zutreffenden Rechtsprechung des BFH nicht in Betracht (vgl. Urteil vom 04. Juli 2007 VIII R 46/06, BStBl II 2008, 49, Rz. 27 m.w.N.).
3. Darüber, ob gemäß § 163 Abgabenordnung -AO- wegen besonderen Härten des Einzelfalls eine Billigkeitsmaßnahme in Betracht kommt, hatte der Senat nicht zu befinden, da es sich insoweit um ein gegenüber dem streitgegenständlichen Feststellungsverfahren selbständiges Verfahren handelt.
II. Da der Kl mit seiner Klage unterlegen ist, trägt er die Kosten des Verfahrens (§ 135 Abs. 1 FGO).
Ende der Entscheidung
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