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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 18.06.2007
Aktenzeichen: 6 K 425/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg

6 K 425/04

Tatbestand:

Streitig ist die Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Bezügen aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Der Kläger war vom 1. Mai 1956 bis zum 31. Mai 1965 als Beamter erwerbstätig. Zum 1. Juni 1965 trat er in ein rentenversicherungspflichtiges Angestelltenverhältnis als Steuerberater ein und wurde für die zurückliegende Zeit als Beamter in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert. Mit Erreichen des 63. Lebensjahres beendete der Kläger die Angestelltentätigkeit zum 30. April 2000 und bezieht seit dem 1. Mai 2000 Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

In der Einkommensteuererklärung 2000 vom 13. Januar 2002 erklärte der im Streitjahr mit seiner zwischenzeitlich verstorbenen Ehefrau zusammen veranlagte Kläger Einnahmen aus der gesetzlichen Rentenversicherung i. H. von 27.250 DM, bestritt aber deren Steuerpflicht. Im Einkommensteuerbescheid 2000 vom 16. Juli 2002 setzte der Beklagte die Rentenbezüge mit einem Ertragsanteil von 29%, somit 7.902 DM bei der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen an. Nach Abzug des Werbungskosten- Pauschbetrages von 200 DM wurden 7.702 DM der Besteuerung zugrunde gelegt.

Hiergegen legte der Kläger mittels Schreibens vom 5. August 2002, eingegangen beim Beklagten am 6. August 2002, unter Hinweis auf seine Ausführungen im Betriebsberater (BB) 1997, 1713 ff. Einspruch ein. Die Besteuerung seiner Angestelltenversicherungsrente habe wegen Verfassungswidrigkeit des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a) Einkommensteuergesetz (EStG) zu unterbleiben. In der genannten Vorschrift werde der Kapitalwert, aus dem die Leibrente fließe, als kapitalisierte Rente und nicht als kapitalisierte und aufgezinste Beträge des Rentenanwärters definiert. Durch die Nichtberücksichtigung dieser Aufzinsung ergebe sich eine Ungleichbehandlung gegenüber den privaten Renten, was im Widerspruch zu Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) stehe.

Im Rahmen der Vergleichsberechnung zwischen Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und solchen aus einer privaten Rentenversicherung hätten die Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung als Aufwendungen des späteren Rentenempfängers zum Erwerb seines Rentenanspruchs außer Betracht zu bleiben. Die vermeintliche Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 62 EStG führe letztlich nicht zu einer Verminderung der Einkommensteuer, da diese Arbeitgeberleistungen nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 EStG die Kürzung der als Sonderausgaben abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen bewirkten. Selbst wenn es sich um effektiv steuerfreie Bezüge handele, seien sie in eine Vergleichsberechnung mit einzubeziehen, da es keine Rolle spielen könne, ob die Kapitalansammlung aus steuerfreien oder steuerpflichtigen Einnahmen erfolge.

Das Rentenniveau der gesetzlichen Rentenversicherung habe sich von demjenigen einer privaten Rentenversicherung im Laufe der Zeit seit der Einführung des Umlageverfahrens immer weiter wegentwickelt. Während sich die privaten Rentenversicherungen aus der Ansammlung der vom Versicherungsnehmer laufend erbrachten Prämien und deren Ertrag bringender Anlage finanziert hätten, hätten die gesetzlichen Rentenversicherungsträger kein Deckungskapital angesammelt, sondern sich durch die Umlage der von den jeweils aktiven Arbeitnehmern und deren Arbeitgebern erbrachten Beiträge finanziert. Die Höhe der ausbezahlten Rente bemesse sich nach angesammelten Entgeltpunkten, letztlich also nach der Entwicklung der Nettolöhne und weniger nach den erfolgten Beitragszahlungen.

Der Kläger habe - unter Einbeziehung der Arbeitgeberbeiträge - seit dem 1. Juli 1965 insgesamt 328.640 DM in die gesetzliche Rentenversicherung einbezahlt, wobei die Gehaltsbezüge seit dem 1. Juli 1965 bis zum Renteneintritt jeweils über der Beitragsbemessungsgrenze gelegen seien. Bei fortlaufender Einzahlung der selben Beträge in eine private Rentenversicherung hätte sich bei einer jährlichen Verzinsung von 6% bis zum Renteneintritt am 1. Mai 2000 ein Deckungskapital von ca. 840.000 DM angesammelt; auf die Berechnung in Anlage 2 zur Einspruchsschrift (Bl. 16 der Rechtsbehelfsakten) wird verwiesen. Bei den privaten Rentenversicherungen seien die in der Ansparphase auf die angesammelten Prämien angefallenen Erträge, ausgenommen § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG, steuerfrei geblieben. Demgegenüber müsse der Bezieher einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei gleicher Beitragsleistung mit einer deutlich niedrigeren Rente zufrieden sein und solle daraus noch den Ertragsanteil versteuern. Dies sei eine verfassungsrechtlich nicht tolerierbare Ungleichbehandlung.

Der Beklagte wies den Einspruch in der Einspruchsentscheidung vom 12. November 2004 als unbegründet zurück, da verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestünden.

Dagegen richtet sich die Klage vom 2. Dezember 2004.

Entgegen den Ausführungen im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. März 2002 2 BvL 17/99, Bundessteuerblatt (BStBl) II 2002, 618 seien die Arbeitgeberbeiträge, der Begründung zum Gesetz zur Neuordnung von Steuern vom 16. Dezember 1954 BGBl. I 1954, 373 (Bundestags-Drucksache (BTDrucks.) II/481, S. 87) folgend, als Beiträge zum Erwerb des Rentenstammrechts zu werten. Sie führten seit 1975 zu einer Steuerbelastung, indem sie die Kürzung des Vorwegabzugs im Rahmen der Höchstbetragsberechnung bzgl. Vorsorgeaufwendungen auslösten und dürften somit bei der Beurteilung der Frage, in welchem Umfang den späteren Rentenzahlungen frühere versteuerte Beitragszahlungen gegenüber stehen, nicht außer Betracht bleiben.

Ein Belastungsvergleich der Bezieher gesetzlicher Altersrenten mit den Beziehern privater Leibrenten sei auch deshalb angezeigt, weil sich ein Teil der rentenversicherungspflichtigen Personen unter bestimmten Voraussetzungen durch den Abschluss einer Lebensversicherung von der Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung hätten befreien lassen können, vgl. Art. 2 § 1 des Angestelltenversicherungs- Neuregelungsgesetzes vom 23. Februar 1957, Bundesgesetzblatt (BGBl) I S. 88 bzw. Art. 2 § 2 des Finanzänderungsgesetzes vom 21. Dezember 1967, BGBl. I S. 1259. Bis zum Ablauf dieser Austrittsmöglichkeiten im Jahre 1969 habe er die maßgeblichen Einkommensgrenzen nicht überschritten und somit das System der gesetzlichen Rentenversicherung nicht verlassen können.

Es könne nicht dem gesetzlich Zwangsversicherten angelastet werden, wenn die staatliche Versicherungsanstalt die Finanzierung der von ihm zu erbringenden Renten (seit 1969 ausschließlich) auf ein System der Umlagefinanzierung aufbaue, das eingezahlte Beträge nicht laufend verzinse, sondern vielmehr infolge des veränderten Altersaufbaus der Bevölkerung, der fehlenden Beitragseinnahmen durch die steigende Zahl von Arbeitslosen bzw. durch die Belastung mit versicherungsfremden Leistungen irgendwann kollabieren müsse.

Eine vergleichende Betrachtung des aufgrund seiner Rentenbeiträge gebildeten, fiktiven Deckungskapitals mit dem Betrag, der bei gleicher Beitragszahlung in eine private Rentenversicherung hätte erreicht werden können, zeige, dass das fiktive Deckungskapital lediglich etwa den halben Wert erreiche; auf Anlage 3 (Bl. 21 FG-Akten) wird Bezug genommen.

Wenn auf der einen Seite der Ertrag aus der verzinslichen Anlage der Versicherungsbeiträge im Rahmen einer privaten Rentenversicherung unversteuert bleibe, sei es nicht tragbar, die gesetzlich Pflichtversicherten steuerlich zu belasten, wenn unter kaufmännischer Betrachtung ein Ertrag aus ihrer Mitgliedschaft nicht entstehe, vielmehr Kapitalverzehr besteuert werde. Dies verletze den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Eigentumsrecht des Art. 14 GG. Ursache der Ungleichbehandlung sei § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a) Satz 2 EStG, der ohne Prüfung, inwieweit tatsächlich ein Rentenertrag vorliegen könne, einen solchen fingiere.

Der Gleichheitssatz sei auch verletzt, weil der Gesetzgeber trotz veränderter Verhältnisse versäumt habe, die Vorschrift des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a) EStG anzupassen. Der Gesetzgeber habe 1954 bei Einführung der Rentenbesteuerung den Vermögenszuwachs in der Ansparphase, der durch die ertragswirksame Anlage der eingezahlten Beträge entstanden sei, als in der Vermögenssphäre liegend von der Einkommensteuerpflicht ausgenommen. Durch die Umgestaltung der gesetzlichen Rentenversicherung vom Kapitaldeckungsverfahren in das Umlageverfahren sei ein Vermögenszuwachs bei den Pflichtigen nicht mehr entstanden. Dadurch habe sich, bezogen auf den Gesamtertrag der Versicherung, ein Ungleichgewicht zwischen den Sozialversicherungsrenten und den privaten Rentenversicherungen ergeben. Diese steuerlich gleich zu behandeln sei nicht gerechtfertigt.

Der Kläger beantragt, die Streitsache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung darüber vorzulegen, ob § 22 Nr. 1 EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar ist, hilfsweise Zulassung der Revision.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Das BVerfG sei in seinem Urteil vom 6. März 2002 2 BvL 17/99, BStBl II 2002, 618 auf die Besteuerung der Renten privat versicherter Personen nicht gesondert eingegangen. Daher liege nahe, dass das BVerfG bzgl. der Besteuerung der Sozialversicherungsrenten und der Renten aus privaten Versicherungen keine weitere Differenzierung für notwendig halte.

Alle Beteiligten haben das Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die sich in der finanzgerichtlichen Akte befinden, die vom Finanzamt vorgelegten Steuerakten sowie die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 22. März 2007 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

1. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a) EStG verstößt nicht gegen Art. 3 GG.

a) Gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a) EStG gehören Leibrenten insoweit zu den Einkünften aus wiederkehrenden Bezügen, als in den einzelnen Bezügen Einkünfte aus Erträgen des Rentenrechts enthalten sind. Als Ertrag des Rentenrechts gilt für die gesamte Dauer des Rentenbezugs der Unterschied zwischen dem Jahresbetrag der Rente und dem Betrag, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Kapitalwertes der Rente auf ihre voraussichtliche Laufzeit ergibt; dabei ist der Kapitalwert nach dieser Laufzeit zu berechnen. Aus der Ertragswerttabelle des § 22 Nr. 3 EStG ergibt sich bei einem bei Beginn der Rente vollendeten 63. Lebensjahr ein Ertragsanteil von 29 v. H.

Mit dem "Ertrag des Rentenrechts (Ertragsanteil)" wird der gleichmäßig auf die nach biometrischen Durchschnittswerten bemessene Dauer des Rentenbezugs verteilte Zinsanteil einer Kapitalrückzahlung besteuert (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Satz 2 EStG; Urteil des BFH vom 8. März 1989 X R 16/85, BStBl II 1989, 551, unter 2. a). Anlass für die Einführung der Ertragsanteilsbesteuerung durch das Gesetz zur Neuordnung von Steuern (StNOG) vom 16. Dezember 1954 (BGBl. I 1954, 373, BStBl I 1954, 575) war die Anregung des Bundesfinanzhofs (BFH) an den Gesetzgeber, die Besteuerung der entgeltlich erworbenen privaten Leibrente neu zu regeln (BFH-Urteil vom 5. Februar 1953 IV 41/49 U, BStBl III 1953, 105). Von der gesetzlichen Regelung wird nicht nur die private Veräußerungsleibrente erfasst; nach dem Willen des Gesetzgebers sollten auch "die durch laufende Beiträge erworbenen Renten" einschließlich der Sozialversicherungsrenten nur mit einem Ertragsanteil besteuert werden (Regierungsentwurf eines StNOG, BTDrucks II/481, S. 87; ausführlichUrteil vom 8. März 1989 X R 16/85, BStBl II 1989, 551).

Aus der Einbeziehung der Sozialversicherungsrenten in die Ertragsanteilsbesteuerung erschließt sich die Grundannahme des Gesetzgebers, dass mit den Rentenzahlungen eine - auch im Rahmen des Umlageverfahrens rechnerisch vorausgesetzte - Versicherungssumme (="Kapitalwert der Rente") "für die gesamte Dauer des Rentenbezugs" (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Satz 2 EStG) verzinslich ausgezahlt wird. Die Auszahlung des in diesem Sinne "eigenen" Vermögens ist nicht steuerbare Vermögensumschichtung; steuerbar ist die Verzinsung dieses Vermögens in Gestalt des Ertragsanteils als gesetzlich pauschaliertem Zinsanteil. Dies gilt unabhängig davon, ob und in welchem Umfang die Beiträge zu den gesetzlichen Sozialversicherungen durch nichtselbständige (§ 19 EStG) oder freiberufliche Arbeit (§ 18 EStG) erwirtschaftet und/oder aus versteuertem oder unversteuertem Einkommen geleistet worden sind (Beschluss des BFH vom 21. Februar 2001 X B 112/00, Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH (BFH/NV) 2001, 1022).

b) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (Beschluss des BVerfG vom 16. März 2005 2 BvL 7/00, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 112, 268 <279>; ständige Rechtsprechung). Im Streitfall sind die Altersrente des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung und eine private Leibrentenversicherung, der in der Anwartschaftsphase zur gleichen Zeit Beiträge in gleicher Höhe zugeführt wurden, nicht als wesentlich ungleich zu bewerten. Somit verstößt die Besteuerung mit dem selben Ertragsanteil nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

aa) Nach der Rechtsprechung des BFH kann die Klage schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die gesetzlichen Grundlagen des Ertragsanteils einzig die sich aus der zeitlichen Streckung der Rentenleistungen während der Auszahlungsphase ergebende Zinsfrage im Blick haben. Nach der gesetzlichen Konzeption beziehen sich die Rechnungsgrundlagen des Ertragsanteils ausschließlich auf die mit dem Versicherungsfall beginnende Auszahlungsphase (Urteil des BFH vom 5. Juni 2002 X R 1/00, BFH/NV 2002, 1438). Bereits aus diesem Grunde ist der Bezug des Klägers auf Modalitäten der Beitragszeit unerheblich.

bb) Die Vergleichsberechnungen des Klägers zwischen gesetzlicher und privater Rentenversicherung führen auch deshalb nicht zu dem von ihm gezogenen Schluss, weil er die Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung als Beiträge des Arbeitnehmers zum Erwerb des Rentenstammrechts bewertet.

Die Entrichtung des Arbeitgeberanteils ist nicht als Gegenleistung für die Arbeitsleistung zu beurteilen (Urteil des BFH vom 6. Juni 2002 VI R 178/97, BStBl II 2003, 34). § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG, der die Steuerfreiheit gesetzlich geschuldeter Zukunftssicherungsleistungen vorsieht, hat insoweit lediglich deklaratorische Bedeutung.

Der Arbeitgeber hat seinen Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag aufgrund einer eigenen, ihm aus sozialen Gründen unmittelbar auferlegten öffentlichen Verpflichtung zu erbringen. Darüber hinaus handelt es sich bei dem Arbeitgeberanteil um eine aus der Höhe der beitragspflichtigen Lohnsumme des Betriebs berechnete zusätzliche, unmittelbar drittnützige Abgabenlast auf den privatrechtlich dem Unternehmer zugeordneten Unternehmensertrag. Dieser Anteil lastet auf den - mit Hilfe u.a. der Gesamtheit der Arbeitnehmer erwirtschafteten - Roherträgen des Betriebs oder Unternehmens des Arbeitgebers. Er ist im Rahmen des sog. Generationenvertrages wegen des seit 1969 geltenden Umlageverfahrens nicht "fremdnützig" für den Arbeitnehmer, sondern ausschließlich für Dritte bestimmt, weil er unmittelbar den aktuellen Rehabilitanten und Rentnern zugewandt wird. Der einzelne pflichtversicherte Arbeitnehmer hat durch die Zahlung des Arbeitgeberanteils weder einen individuellen mitgliedschafts- oder beitragsrechtlichen Vorteil noch einen leistungsrechtlichen oder sonstigen Vermögenszuwachs. Weder seine spätere Rente noch sein Teilhaberrecht (prozentuale Rangstelle) noch ein sonstiges Recht werden (auch nur der rechtlichen Möglichkeit nach) erhöht (Urteil des BFH vom 6. Juni 2002 VI R 178/97, BStBl II 2003, 34). Der Arbeitgeberanteil ist vielmehr "systemnützig" und bringt den einzelnen Arbeitgebern und ihren Belegschaften Vor- und Nachteile; er wird von der Gesamtheit der pflichtversicherten Arbeitnehmer mitverdient und entsprechend berechnet (ausführlich Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 29. Juni 2000 B 4 RA 57/98 R, Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSGE) 86, 262, 285 ff., 294 ff., 298, 310, zur Rentenversicherung).

Entgegen dem Vortrag des Klägers wird die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 62 EStG auch nicht durch die Kürzung des so genannten Vorwegabzugs gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe a EStG wieder neutralisiert und der Arbeitgeberbeitrag somit "indirekt" steuerlich belastet (Urteil des BVerfG vom 6. März 2002 2 BvL 17/99, BStBl II 2002, 618; Urteil des BFH vom 29. Oktober 1965 VI 142/64 U, BStBl III 1966, 19). Der Vorwegabzug hat allein den Sinn, - nur - jenen (selbständig oder gewerblich) tätigen Steuerpflichtigen eine zusätzliche Steuerentlastung zu gewähren, die im Gegensatz zu Arbeitnehmern und Beamten ihre gesamte Altersvorsorge aus eigenem Einkommen finanzieren müssen (vgl. BT-Drucks. 3/2573, S. 17, 21; BT-Drucks. 8/292, S. 21).

cc) Des Weiteren lässt der Kläger in seiner Vergleichsberechnung unberücksichtigt, dass die gesetzliche Rentenversicherung zusätzliche Risiken abdeckt und ein breiteres Leistungsspektrum bietet als eine private Rentenversicherung. Gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VI können in Anspruch genommen werden :

Heilbehandlung, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und andere Leistungen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit einschließlich wirtschaftlicher Hilfen (§§ 9 ff. SGB VI)

Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 43 SGB VI)

Renten wegen Todes (§§ 46 ff. SGB VI)

Witwen- und Witwerrentenabfindungen (§ 107 SGB VI)

Zuschüsse zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung (§ 106 SGB VI)

Leistungen für Kindererziehung.

Derartige Leistungen hätte der Kläger von privaten Rentenversicherungen üblicherweise entweder - bereits aus grundsätzlichen Erwägungen heraus - überhaupt nicht angeboten bekommen, oder er hätte für diese Art zusätzlicher Risikoabsicherung höhere Beiträge aufwenden müssen (insbesondere für eine Erwerbsunfähigkeitsrente), was die von ihm erstellte Vergleichsrechnung weiter zu Lasten der privaten Rentenversicherung verändern würde. Auch unter diesem Gesichtspunkt erscheinen die vom Kläger bezeichneten Vergleichsgruppen nicht wesentlich ungleich.

dd) Schließlich ist die - nach dem oben Gesagten eventuell noch verbleibende - undifferenzierte Besteuerung privater und sozialversicherungsrechtlicher Renten vom Recht des Gesetzgebers auf typisierende Behandlung verschiedener Sachverhalte gedeckt.

Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG ist die vergröbernde, die Abwicklung von Massenverfahren erleichternde Typisierung in weitem Umfang von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (BVerfGBeschluss vom 29. Mai 1990 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60, 91 ff; BVerfG-Urteil vom 9. April 1992 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264, 317; BVerfG-Beschluss vom 25. September 1992 2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153, 172). Denn jede gesetzliche Regelung muss verallgemeinern (BVerfG-Beschluss vom 30. Mai 1990 1 BvL 2/83, BVerfGE 82, 126, 151). Der Gesetzgeber darf sich dabei grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 31. Mai 1988 1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214, 227 undvom 31. Mai 1990 2 BvL 12/88, 2 BvL 13/88, 2 BvR 1436/87, BVerfGE 82, 159, 185, 186). Er hat vor allem bei der Ordnung von Massenerscheinungen und deren Abwicklung einen - freilich nicht unbegrenzten - Spielraum für generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 30. Mai 1990 a.a.O.;vom 8. Oktober 1991 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, 359, 360 undvom 10. April 1997 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1; BVerfG-Urteil vom 20. April 2004 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274, jeweils m.w.N.). Denn der Gleichheitssatz fordert nicht eine immer mehr individualisierende und spezialisierende Gesetzgebung, die letztlich die Gleichmäßigkeit des Gesetzesvollzugs gefährdet, sondern die Regelung eines allgemein verständlichen und möglichst unausweichlichen Belastungsgrundes. Deshalb darf der Gesetzgeber einen steuererheblichen Vorgang um der materiellen Gleichheit willen im typischen Lebensvorgang erfassen und individuell gestaltbare Besonderheiten unberücksichtigt lassen.

Anders als beim Kapitaldeckungsverfahren, bei dem die geleisteten Beiträge in einem Kapitalstock akkumuliert, d.h. Ertrag bringend angelegt werden, entstehen im Umlageverfahren tatsächlich keine nennenswerten Zinserträge der geleisteten Beiträge. Gleichwohl kann auch hier sinnvoll von einem im Rentenbezug enthaltenen Zinsanteil insoweit gesprochen werden, als der Rentner - wie bisher typischerweise - mehr an Rentenleistungen erhält, als er selbst an Beiträgen entrichtet hat. Für die bisherigen Rentenjahrgänge ist diese Aussage durch verschiedene Berechnungen konkretisiert worden (Urteil des BVerfG vom 6. März 2002 2 BvL 17/99, BStBl II 2002, 618).

Ein Vergleich mit einer kapitalmarktanalogen Renditeberechnung hat gezeigt, dass für Beitragszahler, die als langjährig Versicherte in Rente gegangen sind, die Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung (Rendite) für die Altersrenten bislang über dem durchschnittlichen langfristigen Kapitalmarktzins von 5,5 v.H. lag (Urteil des BVerfG vom 6. März 2002 2 BvL 17/99, BStBl II 2002, 618; Urteil des BFH vom 5. Juni 2002 X R 1/99, BFH/NV 2002, 1436; Papier, Alterssicherung und Eigentumsschutz, in Festschrift W. Leisner, 1999, S. 721 ff., 741, m.w.N.; Rüfner, Möglichkeiten und Grenzen einer Neuordnung der Finanzierung öffentlich-rechtlicher Sozialleistungssysteme, in: Die Finanzierung der Sozialleistungen in der Zukunft, 1999, Schriftenreihe des Deutschen Sozialrechtsverbandes Bd. 45, S. 105 ff., 113). Dieses Ergebnis wird nach den Ausführungen des BFH, denen sich der Senat anschließt, von Eitenmüller (Die Rentabilität der gesetzlichen Rentenversicherung - Kapitalmarktanaloge Renditeberechnungen für die nahe und die ferne Zukunft - Deutsche Rentenversicherung (DRV) 1996, S. 784 <786 ff.>) für die Rentenzugänge 1999/2000 bestätigt. Diese Modellrechnungen zeigen, dass bislang für langjährig Versicherte die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung für die Altersrenten in fast allen betrachteten Fällen über dem durchschnittlichen langfristigen Kapitalmarktzins in Höhe von 5,5 v.H. lagen (Urteil des BFH vom 5. Juni 2002 X R 1/99, BFH/NV 2002, 1436).

Somit ist auch die vom Kläger behauptete, auf einem Zinssatz von 6 v.H. basierende, steuerliche Besserstellung der privaten Rentenbezieher gegenüber den Sozialversicherungsrentnern unter dem Gesichtspunkt legitimer steuergesetzlicher Typisierung zu rechtfertigen. Es ist dem Grunde nach systemgerecht, die aus eigenem Vermögen des Steuerpflichtigen, insbesondere aus versteuerten Einkünften erworbenen Renten aus den gesetzlichen Sozialversicherungen - ebenso wie Renten aus privaten Versicherungsverträgen - jeweils mit ihrem Ertragsanteil zu besteuern (Urteil des BFH vom 5. Juni 2002 X R 1/99, BFH/NV 2002, 1436).

c) Soweit der Vortrag des Klägers der Sache nach das sozialversicherungsrechtliche Problem der Beitragsäquivalenz betrifft, kann hier dahingestellt bleiben, wo die Grenzen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers liegen. Denn etwaige Störungen der Beitragsäquivalenz können nur durch eine Angleichung von Beiträgen und Leistungen behoben werden. Das Ertragsteuerrecht, das den Zinsanteil der - zeitlich gestreckten - Ablaufleistung als steuerbar erfasst, setzt die Höhe dieser Leistung als Ausgangswert voraus (Urteil des BFH vom 5. Juni 2002 X R 1/99, BFH/NV 2002, 1436).

Rechtsakte anderer Verwaltungen, die nicht offensichtlich rechtswidrig sind, müssen von den Finanzbehörden grundsätzlich respektiert werden (sog. Tatbestandswirkung; Urteil des BFH vom 29. Oktober 1965 VI 142/64 U, BStBl III 1966, 19). Nur schwere und offensichtliche Verstöße können dazu führen, eine solche Entscheidung für das Besteuerungsverfahren beiseite zu schieben (BFH-Urteile vom 29. Oktober 1965 VI 142/64 U, BStBl III 1966, 19; vom 7. März 2002 III R 44/97, BFH/NV 2002, 1109). Die Höhe der Renten richtet sich nach den Vorschriften des Sozialversicherungsrechts. Setzen die zuständigen Behörden die Renten fest, so kann es grundsätzlich nicht Sache der Finanzbehörde sein, die sachliche Richtigkeit der Rentenbescheide zu prüfen. Nur schwere und offensichtliche Verstöße können dazu führen, einen Rentenbescheid für das Besteuerungsverfahren beiseite zu schieben. Solche Verstöße vermag der Senat nicht zu erkennen.

2. Die Besteuerung der Sozialversicherungsrente des Kläger verstößt auch nicht gegen Art. 14 GG. Danach werden das Eigentum und das Erbrecht gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

Ein Verstoß gegen das Eigentumsrecht des Klägers liegt schon deshalb nicht vor, weil ein Verzehr des Rentenstammrechts infolge der Besteuerung nicht erfolgt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Ende der Entscheidung

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