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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 29.01.2008
Aktenzeichen: 1 K 142/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 34 Abs. 1
EStG § 34 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg

1 K 142/05

Mitunternehmerische Betriebsaufspaltung: Anzahl der Veräußerungsvorgänge bei Veräußerung der Beteiligungen am Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 3 EStG auf 2 Veräußerungsgewinne angewandt werden kann.

Die Kläger sind verheiratet und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger wurde im Streitjahr 67 Jahre alt. Er war gemeinsam mit seinem Bruder an einer Vielzahl von Gesellschaften beteiligt; insbesondere bestand eine je hälftige Beteiligung an den Gesellschaften C und A GbR und der X Elektrogeräte GmbH. Zwischen der C und A GbR und der X Elektrogeräte GmbH bestand eine Betriebsaufspaltung.

Der Kläger und sein Bruder wollten sich seit Jahren hinsichtlich der vorhandenen Beteiligungen und Vermögenswerte auseinandersetzen. Der Bruder des Klägers sollte die wesentlichen Vermögenswerte weiterführen. Die Beteiligungen an der X Elektrogeräte GmbH und der C und A GbR sollten an den Bruder übertragen werden. Der Kläger wollte nur ein Grundstück in S behalten.

Im Zuge der Vollziehung dieser Auseinandersetzungsabsicht wurden die Beteiligten durch den Steuerberater der X Elektrogeräte GmbH dahingehend beraten, dass es für den übernehmenden Bruder günstiger sei, wenn die X Elektrogeräte GmbH zuvor in einen GmbH und Co KG umgewandelt werde. Die Beteiligten folgten diesem Vorschlag. Mit notariellem Vertrag vom 24. Juli 2001 wurde die X Elektrogeräte GmbH rückwirkend zum 01.01.2001 in die Rechtsform der GmbH & Co KG umgewandelt. Mit Vertrag vom 10. September 2001 setzten sich der Kläger und sein Bruder vereinbarungsgemäß auseinander. Dabei übertrug der Kläger u.a. seine Beteiligung an der C und A GbR und an der X Elektrogeräte GmbH & Co KG an seinen Bruder. Auf die Vereinbarung vom10. September 2001 (AS. 35 FG Akten) wird Bezug genommen. Für die Veräußerung der jeweiligen Beteiligung erzielte der Kläger folgende Veräußerungsgewinne, die jeweils einheitlich und gesondert festgestellt wurden:

C und A GbR:

 Feststellungsbescheid zuletzt vom 19. Mai 20061.488.719 DM
X Elektrogeräte GmbH & Co KG 
Feststellungsbescheid zuletzt vom 9. Juni 20062.643.622 DM
Summe4.132.341 DM

Die erzielten Gewinne wurden im erstmaligen Einkommensteuerbescheid -mangels entsprechenden Antrags- ohne Gewährung einer Tarifermäßigung der Besteuerung zugrunde gelegt.

Mit Schreiben vom 29. Oktober beantragte der Steuerberater der Kläger, innerhalb der Einspruchsfrist gegen den Einkommensteuerbescheid, die Tarifermäßigung für die erzielten Veräußerungsgewinne zu gewähren.

Der Beklagte änderte den streitigen Einkommensteuerbescheid dahingehend, dass auf den höheren Veräußerungsgewinn aus der Übertragung der X Elektrogeräte GmbH & Co KG die Tarifermäßigung gewährt wurde. Im übrigen wurde der Einspruch mit Entscheidung vom 31. März 2005 zurückgewiesen; d.h. der Veräußerungsgewinn aus der Übertragung C und A GbR wurde steuerlich nicht begünstigt.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, zu deren Begründung die Kläger vortragen, dass auf beide Veräußerungsgewinne die Tarifermäßigung zu gewähren sei. Die Vermögensauseinandersetzung sei in einem einzigen Vertrag erfolgt. Der Bruder habe sowohl die Besitzgesellschaft als auch das Betriebsunternehmen übernommen. Auch bei einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung sei bei gleichzeitiger Veräußerung der Besitz- und des Betriebsunternehmens nur von einem Veräußerungsvorgang auszugehen. Zudem liege eine personelle und sachliche Verflechtung der Gesellschaften vor. Die einzelnen Gesellschaften seien daher gleichsam Teilbetriebe des einheitlichen Betriebs. Auch dies spreche für das vorliegen eines einzigen begünstigen Veräußerungsvorgangs.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2005 den Einkommensteuerbescheid 2001, zuletzt vom 9. Juni 2006 zu ändern und die Tarifermäßigung auf den weiteren Veräußerungsgewinn von 1.859.564 DM zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Unter Hinweis auf seine Einspruchsentscheidung ist er der Überzeugung, dass die Tarifermäßigung nur auf den höheren Veräußerungsgewinn angewandt werden könne.

Im Verlauf des Klageverfahrens wurde der streitgegenständliche Einkommensteuerbescheid mehrfach geändert. Die Änderung beruht auf Betriebsprüfungen bei der C und A GbR und der X Elektrogeräte GmbH & Co KG, durch die die jeweiligen Veräußerungsgewinne niedriger in den Feststellungsbescheide der jeweiligen Gesellschaft festgesetzt wurden.

Im Klageverfahren fand bereits ein Erörterungstermin statt. Auf die Niederschrift vom 17. Oktober wird Bezug genommen. Der Kläger hat mit Schreiben vom 21.12.2007, der Beklagte mit Schreiben vom 9.01.2008 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die Tarifermäßigung kann im Streitjahr nur auf den höheren Veräußerungsgewinn angewandt werden.

Der Verkauf zweier rechtlich selbständiger Gesellschaften kann nicht als Verkauf von 2 Teilbetrieben gewertet werden, die zu einem einheitlichen Verkauf zusammen zu fassen wären.

Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, ermittelt sich die anzusetzende Einkommensteuer mit dem Fünffachen des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte, § 34 Abs. 1 EStG. Außerordentliche Einkünfte sind auch erzielte Veräußerungsgewinne, § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Die Einkommensteuer auf Veräußerungsgewinne kann auf Antrag nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat und der Veräußerungsgewinn den Betrag von insgesamt 10 Millionen Deutsche Mark nicht übersteigt, § 34 Abs. 3 EStG. Erzielt der Steuerpflichtige in einem Veranlagungszeitraum mehr als einen Veräußerungsoder Aufgabegewinn, kann er die Ermäßigung nur für einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn beantragen, § 34 Abs. 3 Satz 5 EStG.

Unstreitig liegen die Voraussetzungen für die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes vor. Der Beklagte hat daher zu Recht einen ermäßigten Steuersatz auf Antrag des Klägers auf den höheren Veräußerungsgewinn angewandt.

Dagegen scheidet die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes auf zwei Veräußerungsgewinne aufgrund der eindeutigen Gesetzeslage aus (Herrmann in Frotscher, EStG Kommentar, § 34 EStG Rz. 74, Version 4.1, Fassung 2007; Lindberg in Blümich § 34 EStG Rz.91; Schmidt/Seeger § 34 EStG Rz. 55).

Unstreitig veräußerte der Kläger 2 Anteile an Personengesellschaften. Der jeweilige Veräußerungsgewinn wurde auch jeweils einheitlich und gesondert festgestellt. Die Klage wäre daher nur dann begründet, wenn beide Veräußerungen zwingend zu einem einheitlichen Verkaufsvorgang zusammen zu fassen wären und damit nur ein Veräußerungsgewinn entstehen würde. Hierfür reicht die Zusammenfassung des Vorgangs in der Auseinandersetzungsvereinbarung vom 10. September 2001 jedoch nicht aus. In dieser sind 6 eigenständige Rechtsgeschäfte geregelt, die jedes für sich rechtlich zu beurteilen sind. Allein die Zusammenfassung in einer Urkunde verbindet die eigenständigen Veräußerungsvorgänge nicht dergestalt, dass sie als ein einheitliches Rechtsgeschäft gewürdigt werden müssen.

Auch die Tatsache, dass zeitgleich die Beteiligungen an der Betriebsgesellschaft (X Elektrogeräte GmbH & Co KG) und an der Besitzgesellschaft (C und A GbR) erfolgten, rechtfertigt es nicht, von einem Veräußerungsgewinn auszugehen.

Soweit sich der Kläger hierzu auf einen Aufsatz in der NWB (Nr. 39 vom 21.09.1998, Seite 3121 ff) beruft, übersieht er, dass die Ausführung zur Fassung des EStG bis zum 31.12.1998 ergingen. Durch die Neufassung ab dem Streitjahr sind jedoch die Voraussetzungen des ermäßigten Steuersatzes gesetzlich eingeschränkt worden.

Da bei der Betriebsaufspaltung die Anteile an der Betriebs GmbH notwendiges Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft sind, entsteht bei einem zeitgleichen Verkauf der Beteiligung am Besitz- und Betriebsunternehmen ein einziger Veräußerungsgewinn. Dagegen liegen bei einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung 2 Veräußerungsgeschäfte vor, die jeweils zu einem eigenständig zu beurteilenden Veräußerungsgewinn führen. Dies gilt selbst dann, wenn in einem einheitlichen Veräußerungsvorgang beide Beteiligungen verkauft werden. Da das Gesetz nur einen Veräußerungsgewinn begünstigt, ist die Klage abzuweisen.

Die Kostenfolge beruht auf § 135 FGO.



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