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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 27.09.2007
Aktenzeichen: 10 K 303/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7
EStG § 22 Nr. 2
EStG § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg

10 K 303/05

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich in den Streitjahren 2000 und 2001 gegen die Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte.

Die Kläger werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte in den Streitjahren als Geschäftsführer Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Daneben erzielte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte. Die Klägerin war als Angestellte nichtselbständig tätig. Des Weiteren erzielte sie ebenfalls Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Kapitalvermögen sowie aus Vermietung und Verpachtung.

Aufgrund des am 05.07.1999 zwischen dem Kläger und der Bank AG vereinbarten, im Vertrag so bezeichneten Zins-Währungs-Swap-Geschäfts (Anfangsdatum 1.06.1999; Enddatum 01.06.2004) und des Rahmenvertrags für Finanztermingeschäfte vom 22.04.1999 verpflichtete sich der Kläger, Devisen (JPY) zu einem im Vertrag aufgeführten Festbetrag und zu bestimmten Terminen (jeweils zum 01.06) zu zahlen. Die Bank AG verpflichtete sich ihrerseits, unabhängig von der Kursentwicklung einen fix vereinbarten Gegenwert in Euro zu den festgelegten Terminen an den Kläger zu bezahlen. Im Einzelnen war vereinbart, dass jeweils zum 01.06 eines jeden Jahres der Kläger 0,83% von 342.495.000 JPY, nämlich 2.842.709 JPY, die Bank 3,43% von 2.700.000 EUR, nämlich 92.610 EUR zu liefern hat. Zum Zeitpunkt der Vereinbarung verfügte der Kläger noch nicht über die zu liefernden Devisen. Die Einnahmen hieraus beliefen sich im Jahr 2000 und 2001 auf jeweils 181.129 DM. Auf diese Einnahmen entfielen Werbungskosten in Höhe von 55.984 DM in 2000 und 55.234 DM in 2001. Die in der Zeit vom 22.05.2003 bis 05.02.2004 bei den Klägern durchgeführte Betriebsprüfung behandelte in dem Betriebsprüfungsbericht vom 07.04.2004 dies als privates Veräußerungsgeschäft nach § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG.

Aufgrund dieser Feststellungen ergingen am 12.07.2004 geänderte Einkommensteuerbescheide 2000 und 2001. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben. Am 01.09.2004 ergingen - wegen hier nicht streitiger Punkte - geänderte Einkommensteuerbescheide 2000 und 2001.

Die Kläger legten am 20.07.2004 gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide 2000 und 2001 Einspruch ein. Sie wenden gegen die Beurteilung der Einkünfte aus der aus den Zins-Währung-Swap- Geschäften ein, bei Anwendung der Grundsätze für Optionsgeschäfte beginnend mit dem Eröffnungsgeschäft sei für alle weiteren Zahlungen die einjährige Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG maßgebend. Jede Zahlung wäre in Beziehung zum Eröffnungsgeschäft für sich zu betrachten, da insoweit selbständige Rechtsgeschäfte vorlägen. Keinesfalls seien darin so genannte Leerverkäufe im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG zu erkennen.

Der Beklagte wies mit Einspruchsentscheidung vom 07.10.2005 die Einsprüche der Kläger mit der Begründung zurück, ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG liege vor, wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses eines Devisentermingeschäfts der Verkäufer die entsprechenden Fremdwährungsbeträge noch nicht erworben habe. Durch die Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Bank habe sich der Kläger zur Lieferung von Devisen verpflichtet, bevor er sie selbst erworben habe. Der Sachverhalt sei nicht mit den von Optionsgeschäften vergleichbar. Bei einem Optionsgeschäft erwerbe der Käufer der Option vom Verkäufer gegen Bezahlung einer Optionsprämie das Recht, eine bestimmte Anzahl Basiswerte am Ende der Laufzeit oder Option zu kaufen oder an ihn zu verkaufen. Demgegenüber stehe die Verpflichtung des Verkäufers, die Basiswerte zu liefern oder abzunehmen, wenn der Optionskäufer sein Optionsrecht ausübe. Vorliegend sei jedoch fest vereinbart gewesen, die Devisen zu liefern, ein Optionsrecht habe insoweit nicht bestanden. Dieses Geschäft falle, da der Kläger im Zeitpunkt des Abschlusses des Termingeschäfts die Devisen noch nicht erworben habe, unter die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG.

Die Kläger haben am 08.11.2005 Klage beim Finanzgericht Baden-Württemberg erhoben. Sie beantragen,

1. die Einkommensteuerbescheide 2000 und 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.10.2005 dahin zu ändern, dass Einkünfte aus Zins-Währungsswap-Geschäften für 2000 in Höhe von 125.145 DM und für 2001 in Höhe von 125.895 DM nicht berücksichtigt werden.

Zur Begründung tragen sie im wesentlichen vor, bei der hier zu beurteilenden Zins-Währungs-Swap- Vereinbarung vom 05.07.1999 hätten zu keinem Zeitpunkt die nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG zwingend geforderten Käufe noch Verkäufe von Wirtschaftsgütern, sondern lediglich die vertraglich vereinbarten Differenzgeschäfte stattgefunden. Da diese außerhalb der Jahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG erfolgt seien und eine Kapitalüberlassung nicht stattgefunden habe, blieben die Einkünfte steuerfrei.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung.

Die Einkommensteuer-, Betriebsprüfungs- und Rechtsbehelfsakten des Beklagten liegen dem Gericht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf sie und die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die durch die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 07.10.2005 geänderten Einkommensteuerbescheide 2000 und 2001 sind rechtmäßig; sie verletzen die Kläger daher nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Der Beklagte hat die Einkünfte aus den in den Streitjahren erfolgten und von den Vertragsbeteiligten so bezeichneten Zins-Währungs-Swap-Geschäften zwischen dem Kläger und der Bank AG zu Recht als private Veräußerungsgeschäfte der Besteuerung unterworfen.

Nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 und § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG - in der für die Streitjahre geltenden Fassung - sind private Veräußerungsgeschäfte solche Veräußerungsgeschäfte, bei denen die Veräußerung der Wirtschaftsgüter früher erfolgt als der Erwerb.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend aufgrund der Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Bank AG vom 05.07.1999 und ihrer Durchführung sowie des Rahmenvertrags für Finanztermingeschäfte vom 22.04.1999 erfüllt. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Zins-Währungs-Swap-Vertrags verpflichtete sich der Kläger jeweils zum 1. Juni, beginnend ab Juni 2000 zur Lieferung von Devisen, nämlich JPY an die Bank AG, und diese zur Lieferung von EUR. Die zu liefernden Wirtschaftgüter waren - für beide Vertragspartner - im Vertrag genau bestimmt. Es handelte sich beim Kläger um den Festbetrag A der Fremdwährung JPY in Höhe von 2.842.709 JPY, der sich aus 0,83% des Bezugsbetrags A (342.495.000 JPY) errechnet. Die Liefermenge der Bank AG errechnet sich aus 3,43% des Bezugsbetrags B (2.700.000 EUR) und beläuft sich damit auf den Festbetrag 92.610 EUR. Der Kläger war bei Abschluss des Vertrages noch nicht im Besitz der zu liefernden Devisen (JPY), sondern musste diese erst noch erwerben, um seiner Verpflichtung nachkommen zu können. Diese Tatsache wurde von dem Prozessbevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung im Rahmen der Erörterung, ob die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG vorliegen, ausdrücklich eingeräumt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Regelung Buchstabe c unter dem Stichwort "Zahlungsaustausch" des Vertrags vom 05.07.1999. Dort wird - lediglich - vereinbart, dass der Kläger (Partei A) am Enddatum den Bezugsbetrag A an die Bank AG (Partei B) und diese an den Kläger den Bezugsbetrag B zu zahlen hat, nicht aber, dass zuvor - also nach Abschluss des Vertrages - ein gegenläufiger Zahlungsaustausch der Bezugsbeträge stattgefunden hat. Aufgrund dessen erfolgte nach der vertraglichen Vereinbarung vom 05.07.1999 die Veräußerung des Wirtschaftsguts JPY vor dessen Erwerb.

Entgegen der Auffassung der Kläger lässt der Vertrag keinen Raum für die Annahme eines (bloßen) Differenzgeschäftes im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG. Denn es wurde nach der insoweit allein maßgebenden vertraglichen Regelung nicht die Zahlung eines Differenzbetrages vereinbart, sondern der Zahlungsaustausch von verschiedenen Devisen - auf der Seite des Klägers JPY und auf der Seite der Bank AG EUR. Die Verwendung des Begriffes "Zahlungsaustausch" in der vertraglichen Vereinbarung lässt im vorliegenden Fall allein die Auslegung zu, dass bestimmte Geldbeträge (Festbeträge) in der geschuldeten Vertragswährung dem Vertragspartner zu überlassen sind. Deshalb wird nicht ein bestimmter allein durch Saldierung sich ergebender Differenzbetrag, sondern die Lieferung der vereinbarten Vertragswährung geschuldet (vgl. insoweit auch die Regelung in Ziff. 2 Abs. 2 des Rahmenvertrags für Finanzierungsgeschäfte vom 22. April 1999 im Gegensatz zur Regelung unter Ziff. 2 Abs. 3 dieses Rahmenvertrags). Diesem Verständnis entspricht auch die im Vertrag vom 05.07.1999 bei beiden Vertragspartnern verwendete Formulierung "Zahlungstermin für Festbeträge".

Zu Recht hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass aufgrund der Regelungen des Vertrages vom 05.07.1999 die Grundsätze zu Optionsgeschäften nicht anwendbar sind. Denn vorliegend war fest vereinbart, die Devisen zu liefern; ein Optionsrecht bestand insoweit gerade nicht. Auch der die Pflichten und Rechte der Parteien regelnde Vertrag vom 05.07.1999 enthält keine Anhaltspunkte für die Einräumung von Optionsrechten.

Da bei § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG das Zeitmoment der Spekulationsfrist - anders als bei Geschäften nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 4 EStG - als Tatbestandsmerkmal entfällt, hat der Beklagte somit zu Recht die Einkünfte des Klägers aus diesen Veräußerungsgeschäften der Besteuerung unterworfen.

Die Klage war somit abzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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