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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Entscheidung verkündet am 02.09.2008
Aktenzeichen: 11 K 160/02
Rechtsgebiete: EGV


Vorschriften:

EGV Art. 234
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg

11 K 160/02

Tatbestand:

I.

1. Die Beteiligten streiten über die Tarifierung von Schwarzkümmelöl Wgk-Kapseln. Bei den Kapseln handelt es sich um Gelatinekapseln, die mit 500 mg kaltgepresstem Schwarzkümmelöl (62,5 bzw. 83,3%), 38,7 mg Sojaöl, 18,8 mg Vitamin E, 16 mg Butterfett, 10 mg Lecithin, 8,2 mg Wachs, 8 mg Calciumpantothenat, 0,2 mg Folsäure und 0,11 mg Biothin gefüllt sind. Die Kapseln sind in Blisterpackungen und je 60 Stück in einer Pappfaltschachtel verpackt. Diese enthält u.a. den Aufdruck: "Schwarzkümmelölkapseln", "Mit wertvollen mehrfach gesättigten Fettsäuren und speziellem Vitamin- Komplex", "60 Kapseln zur Nahrungsergänzung". Die Einnahmeempfehlung lautet: "3 mal täglich 1 Kapsel unzerkaut mit etwas Flüssigkeit".

2. Die Klägerin meldete am 16. Oktober 2000 eine Palette mit "Schwarzkümmelöl Wgk-Kapseln, 1,96% Butterfett enthaltend, nicht in Aufmachung für den Einzelverkauf" unter der Unterposition 2106 9098 des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 (ABl. EG Nr. L 267/1) - Kombinierte Nomenklatur (KN) - in der zum Einfuhrzeitpunkt gültigen Fassung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Das beklagte Hauptzollamt (HZA) nahm die Zollanmeldung an und setzte mit Steuerbescheid vom 17. Oktober 2000 entsprechend der Zollanmeldung Einfuhrabgaben in Höhe von 1.226,71 DM (Agrarzoll in Höhe von 38,04 DM sowie Einfuhrumsatzsteuer - EUSt - in Höhe von 1.188,67 DM) fest. Gleichzeitig ordnete sie eine Probeentnahme zur Erstellung eines Einreihungsgutachtens an. Die mit dem Einreihungsgutachten beauftragte Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt München der Oberfinanzdirektion Nürnberg (ZPLA) stellte in ihrem Gutachten vom 25. April 2001 fest, dass die Schwarzkümmelölkapseln unter der Unterposition 1517 9099 KN einzureihen seien. Es handle sich um "genießbare Mischungen und Zubereitungen von tierischen oder pflanzlichen Ölen und Fetten, andere, mit einem Milchfettgehalt von 10 Gewichtshundertteilen (GHT) oder weniger, andere, genießbar". Das Erzeugnis enthalte laut Zutatenliste als charakterbestimmenden Bestandteil Schwarzkümmelöl in Sojaöl, der Zusatz an Butterfett, Lecithin, Hilfsstoffen und Vitaminen sei entsprechend den Erläuterungen zum Harmonierten System (ErlHS) zu Position 1517 Rz. 05.0 kein Ausschlussgrund aus Position 1517. Das Abfüllen in Gelatinekapseln sei keine Zubereitung im Sinne der Position 2106 KN. Das beklagte HZA änderte daraufhin seinen Bescheid und erhob Zoll in Höhe von 2.672,84 DM mit Bescheid vom 2. Mai 2001 gemäß Art. 220 des Zollkodex ( Verordnung [EWG] Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften) nach. Den hiergegen gerichteten Einspruch der Klägerin wies das HZA mit Einspruchsentscheidung vom 17. Mai 2002 als unbegründet zurück.

3. Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, es handle sich bei den Schwarzkümmelölkapseln um eine Lebensmittelzubereitung, anderweitig weder genannt noch inbegriffen, weshalb die Kapseln in die Unterposition 2106 9098 KN einzureihen seien.

4. Insbesondere könnten die Kapseln nicht in die Position 1517 KN eingereiht werden. Nach deren Wortlaut müsse es sich um Mischungen und Zubereitungen ausschließlich von tierischen oder pflanzlichen Fetten und Ölen sowie deren Fraktionen handeln. Andere Bestandteile fänden innerhalb der gesamten Position keine Erwähnung. Die Bezeichnung der Position laute gerade nicht "Mischungen und Zubereitungen auf der Grundlage von tierischen oder pflanzlichen Fetten und Ölen". Bei den dem Schwarzkümmelöl zugesetzten Stoffen handle es sich auch nicht um geringe Zusätze im Sinne der Erläuterungen zum Harmonierten System (ErlHS) zu Position 1517 RZ 05.0.

5. Erst recht erfasse die Position 1517 KN das hier in Rede stehende Erzeugnis nicht vollständig, wenn bei der Beurteilung der Ware auch die Kapselhülle, bestehend aus Gelatine, Glycerol und gereinigtem Wasser, als Zusatz berücksichtigt werde. Bei der Kapselhülle handele es sich nicht um eine Verpackung im Sinne der Allgemeinen Vorschriften (AV) 5 b KN.

6. Das HZA ist dagegen der Ansicht, die Kapsel enthalte eine Mischung bzw. Zubereitung aus Schwarzkümmelöl, Sojaöl und Butterfett, die in jedem Fall vom Wortlaut der Position 1517 KN umfasst sei. Die dieser Mischung bzw. Zubereitung zugesetzten Hilfsstoffe (Vitamine und Lecithin) machten nur ca. 7,5% des Kapselinhalts aus und seien deshalb noch als gering im Sinne der ErlHS zu Position 1517 RZ 05.0 anzusehen. Es komme hierbei nicht entscheidend auf die Höhe der empfohlenen Tagesrichtwerte für Vitaminangaben, sondern tatsächlich allein darauf an, ob das Erzeugnis nach AV 1 Satz 2 trotz der Zusätze noch von Position 1517 erfasst werde oder nicht. Dies sei bei der vorliegenden Zubereitung eindeutig der Fall, da die Zusätze hinter dem in erheblich größeren Umfang enthaltenen Anteil an pflanzlichen und tierischen Fetten bzw. Ölen zurückträten. Die zusätzlich in der Kapselhülle enthaltenen Hilfsstoffe seien entgegen der Auffassung der Klägerin unbeachtlich, da sie für die in Rede stehende Zubereitung nicht charakterbestimmend seien und darüber hinaus Verpackungen im Sinne der AV 5 b darstellten.

Entscheidungsgründe:

II.

7. Der Senat setzt das Klageverfahren aus und legt dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) gemäß Art. 234 Unterabs. 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft die im Orientierungssatz formulierten Fragen zur Vorabentscheidung vor. Die Entscheidung über die beim Finanzgericht anhängige Klage hängt davon ab, ob die Position 1517 KN so auszulegen ist, dass die Schwarzkümmelöl-Wgk-Kapseln von ihr erfasst werden, weil die andernfalls in Frage kommende Tarifposition zu einem anderen Zoll- und EUSt-Satz führt.

8. Nach den AV A 1 sind maßgeblich für die Einreihung der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und - soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist - die AV.

9. In der Überschrift zu Kapitel 15 KN heißt es: "Tierische und pflanzliche Fette und Öle; Erzeugnisse ihrer Spaltung; genießbare verarbeitete Fette; Wachse tierischen und pflanzlichen Ursprungs". Die Überschrift zu Position 1517 KN hat den Wortlaut "Margarine; genießbare Mischungen und Zubereitungen von tierischen oder pflanzlichen Fetten und Ölen sowie von Fraktionen verschiedener Fette und Öle dieses Kapitels, ausgenommen genießbare Fette und Öle sowie deren Fraktionen der Positionen 1516".

10. Kapitel 21 KN lautet "Verschiedene Lebensmittelzubereitungen". Position 2106 hat die Überschrift "Lebensmittelzubereitungen, anderweitig weder genannt noch inbegriffen".

11. Die AV 2 b bestimmt: "Jede Anführung eines Stoffes in einer Position gilt für diesen Stoff sowohl in reinem Zustand als auch gemischt oder in Verbindung mit anderen Stoffen. Jede Anführung von Waren aus einem bestimmten Stoff gilt für Waren, die ganz oder teilweise aus diesem Stoff bestehen. Solche Mischungen oder aus mehr als einem Stoff bestehenden Waren werden nach den Grundsätzen der AV 3 eingereiht."

12. In den AV 3 b hat den Wortlaut: "Mischungen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, und für den Einverkauf aufgemachte Warenzusammenstellungen, die nach der Allgemeinen Vorschrift 3 a nicht eingereiht werden können, werden nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann."

Zu Frage 1:

13. Eine Einreihung lediglich nach den Überschriften der Positionen ist aufgrund der verschiedenen Bestandteile nicht möglich. Vorliegend handelt es sich um eine Mischung im Sinne der AV, sodass die Einreihung nach dem charakterbestimmenden Bestandteil erfolgen soll (AV 3 b). Aufgrund der zahlreichen Bestandteile bereitet die Ermittlung des charakterbestimmenden Bestandteils Schwierigkeiten. Zwar bietet sich das Schwarzkümmelöl aufgrund der Menge und der darin enthaltenen mehrfach ungesättigten Omega-6-Fettsäuren als charakterbestimmend an; aufgrund der Vitaminbestandteile wird diese Annahme jedoch wieder in Frage gestellt. Mit Hilfe der AV kann diese Frage demnach nicht geklärt werden.

14. Zur Auslegung sind daher die Erläuterungen heranzuziehen, die für das HS vom Rat der Europäischen Gemeinschaften für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens sowie für die KN von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden. Sie stellen ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen dar (ständige Rechtsprechung des EuGH, vergleiche EuGH-Urteile vom 7. Februar 2002 Rs. C-276/00, EuGHE I 2002, 1389 Rz. 21; Urteil vom 10. Dezember 1998 Rechtssache C - 328/97 - Glob-Sped -, EuGHE I 1998, 8357, Rz. 26).

15. Mischungen oder Zubereitung im Sinne dieser Position sind den ErlHS zu Position 1517 in Rz. 01.0 zufolge im Allgemeinen flüssige oder feste Mischungen und Zubereitungen von verschiedenen tierischen Fetten und Ölen oder deren Fraktionen, verschiedenen pflanzlichen Fetten und Ölen und deren Fraktionen oder sowohl tierischen als auch pflanzlichen Fetten oder Ölen oder deren Fraktionen. Diese Aufzählung ist nicht abschließend.

16. Nach Rz. 05.0 ErlHS schließen geringe Zusätze von Lecithin, Stärke, Farbstoffen, Aromastoffen, Vitaminen und Butter oder anderen Fettstoffen aus der Milch die Erzeugnisse dieser Position nicht von einer Einreihung in Position 1517 KN aus. Den ErlHS ist allerdings nicht zu entnehmen, nach welchen Kriterien die Frage, ob es sich um einen geringen Zusatz handelt, zu beurteilen ist. Bestimmt man die Grenze der Geringfügigkeit gewichts- und auf den einzelnen Bestandteil bezogen, ist wohl von lediglich geringen Zusätzen auszugehen, denn der Anteil der einzelnen Bestandteile an der Kapselfüllung jeweils unter 3,13% (für Vitamin E als größtem Bestandteil außer den Fetten und Ölen 18,8 mg / 600 mg). Sollte dagegen der Tagesbedarf maßgeblich sein, könnte die Grenze der Geringfügigkeit überschritten sein, da zum Beispiel der Zusatz von 18,8 mg Vitamin E pro Kapsel bei der von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlenen Tagesdosis von 12 bis 15 mg bereits bei einer Einnahme von 1 Kapsel pro Tag deutlich über dem Tagesbedarf liegt, bei der empfohlenen Einnahme von 3 Kapseln täglich entsprechend höher.

17. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 17. November 1998 hierzu durch Urteil entschieden, lediglich für Waren der Position 0405 KN sei gemäß Anmerkung 1 c zu Kapitel 15 ein Höchstprozentanteil festgelegt. Im Übrigen gelte für die in Rz. 05.0 ErlHS zur Position 1517 genannten Zusätze, dass sie nur in geringem Umfang in einer Ware der Position 1517 enthalten sein dürften, wobei es nicht auf den gewichtsmäßigen Anteil ankommen könne. Vielmehr sei in Anwendung der AV 1 Satz 2 entscheidend, ob das Erzeugnis trotz der Zusätze noch vom Wortlaut der Position 1517 KN erfasst werde (VII R 50/97, www.[...].de, BFH/NV 1999, 688). In dem dort streitigen Fall hat der BFH entschieden, dass Kapseln mit 500 mg Nachtkerzenöl, 14 bzw. 15 mg Milchfett, 15 mg Antioxidant (Vitamin E) in die Position 1517 KN einzureihen seien. Der Zusatz von 15 mg Vitamin E führe nicht zu einer Ausweisung aus der Position nach Rz. 05.0 der ErlHS.

18. Im Hinblick auf Frage der Ausweisung aus der Position 1517 KN aufgrund des Zusatzes von Vitamin E sind die Waren vergleichbar. Folgt man der Entscheidung des BFH, würde ein Zusatz von 18,8 mg bezogen auf einen Gesamtkapselinhalt von 600 mg wohl noch als gering anzusehen sein. In dem vom BFH entschiedenen Fall betrug der Anteil des Vitamin E am Gesamtkapselinhalt 15 mg von 529 bzw. 530 mg.

19. Allerdings ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass die Vielzahl an Bestandteilen außerhalb der Öle und Fette - anders als möglicherweise in dem vom BFH entschiedenen Fall - dazu führen, dass sie insgesamt zumindest auch den Charakter der Ware bestimmen. Hierfür könnten die Hinweise auf der Faltschachtel sprechen, in denen es u.a. heißt: "Schwarzkümmelöl ist reich an ungesättigten Omega-6- Fettsäuren. Diese sind lebenswichtig, können aber vom Körper nicht selbst hergestellt werden. Daher müssen sie in ausreichender Menge über die Ernährung zugeführt werden. Durch schonende Kaltpressung wird das Öl aus Samen des ägyptischen Schwarzkümmels gewonnen. Mit seinem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren können die körpereigenen Abwehrkräfte unterstützt werden. DOM Pharma Schwarzkümmelöl Kapseln sind zusätzlich angereichert mit Vitamin E und ausgewählten Vitaminen aus dem B-Komplex, die für den Zellstoffwechsel unverzichtbar sind. Eine gezielte tägliche Nahrungsergänzung trägt zu einer gesundheitsbewußten Lebensweise bei."

Zu Frage 2:

20. Falls die Kapseln nicht durch die Zusätze aus der Position 1517 KN ausgeschlossen sind, könnten sie jedoch aus der Position 1517 KN ausgewiesen sein, wenn die Kapselhülle nicht als Verpackung im Sinne der AV 5 b anzusehen wäre.

21. Die AV 5 lauten:

"Zusätzlich zu den vorstehenden Allgemeinen Vorschriften gilt für die nachstehend aufgeführten Waren folgendes:

a) Behältnisse für Fotoapparate, Musikinstrumente, Waffen, Zeichengeräte, Schmuck und ähnliche Behältnisse, die zur Aufnahme einer bestimmten Ware oder Warenzusammenstellung besonders gestaltet oder hergerichtet und zum dauernden Gebrauch geeignet sind, werden wie die Waren eingereiht, für die sie bestimmt sind, wenn sie mit diesen Waren gestellt und üblicherweise zusammen mit ihnen verkauft werden. Diese Allgemeine Vorschrift wird nicht angewendet auf Behältnisse, die dem Ganzen seinen wesentlichen Charakter verleihen.

b) Vorbehaltlich der vorstehenden Allgemeinen Vorschrift 5 a werden Verpackungen wie die darin enthaltenen Waren eingereiht, wenn sie zur Verpackung dieser Waren üblich sind. Diese Allgemeine Vorschrift gilt nicht verbindlich für Verpackungen, die eindeutig zur mehrfachen Verwendung geeignet sind."

22. Nach Fußnote 1 zu den AV 5 b gelten als Verpackungen "innere und äußere Behältnisse, Aufmachungen, Umhüllungen und Unterlagen mit Ausnahme von Beförderungsmitteln - insbesondere Behälter -, Planen, Lademitteln und des bei der Beförderung verwendeten Zubehörs. Der Ausdruck "Verpackungen" umfasst nicht die in der Allgemeinen Vorschrift 5 a) angesprochenen Behältnisse."

23. Unstreitig handelt es sich bei der Kapselhülle nicht um Behältnisse der AV 5 a. Die Kapselhüllen sind insbesondere nicht, wie nach der AV 5 a erforderlich, zum dauernden Gebrauch bestimmt.

24. Aber auch der Wortlaut der AV 5 b trifft auf Kapselhüllen der bezeichneten Art nicht eindeutig zu. Schon die Begriffsbestimmung "Verpackung" legt nahe, dass die Ware nicht dauerhaft mit ihr verbunden ist, sondern spätestens beim Ge- oder Verbrauch der Ware von dieser getrennt wird. Dies ist auch nach dem vom HZA zitierten EuGH-Urteil vom 11. Februar 1982 in der Rechtssache C-278/80 Chem-Tec B.H. Naujoks gegen HZA Koblenz (EuGHE 1982 S. 00439) der Fall.

25. Noch am ehesten trifft der Begriff der "Umhüllung" aus der Fußnote 1 zur AV 5 b auf die Kapselhüllen zu. Auch die ErlHS zur AV 5 b, die als wichtiges Hilfsmittel zur Auslegung herangezogen werden können (s.o.), nennen als Gegenstand der AV 5 b die Einreihung von "Verpackungsmaterial und Behältern, wie sie gewöhnlich zum Verpacken von Waren verwendet werden, zu denen sie gehören." (ErlHS zu AV 5 b Rz. 16). In beiden Fällen liegt keine feste Verbindung zwischen Ware und Verpackung vor. Auch ist zweifelhaft, ob Kapselhüllen eine übliche Verpackung für Schwarzkümmelöl mit Vitaminzusatz darstellen.

26. Gegen die Annahme einer Verpackung könnte auch sprechen, dass die Kapselhülle in der Regel nicht nur eine Umhüllung einer Flüssigkeit, eines Granulats oder Ähnlichem in einer bestimmten Dosierung zur Aufnahme in den Körper darstellt, sondern auch darüber entscheidet, an welcher Stelle im Körper die Aufnahme des Wirkstoffes erfolgt. Dies folgt schon aus der Einnahmeanweisung "unzerkaut". Zudem gibt es Kapseln, die sich bereits im Magen auflösen und solche, die magensaft-resistent sind und den enthaltenen Wirkstoff erst im Darm freisetzen. Den Kapseln kommt daher eine eigenständige Funktion zu.

27. Für die Annahme einer Verpackung spricht allerdings die Avise zu Unterposition 1517 90. Danach gehört in diese Position "Nachtkerzenöl mit zugesetztem Vitamin E und Milchfett in Gelantine/Glycerin- Kapseln, für den Einzelverkauf in Blisterpackungen aufgemacht, zur Ergänzung der Diät mit den essentiellen Fettsäuren, die in dem Öl enthalten sind (insbesondere Gammalinolensäure)". Wären Gelatinekapseln nicht als Verpackung anzusehen, hätten - der dargestellten Argumentation folgend - auch die Gelatinekapseln mit Nachtkerzenöl aus Position 1517 KN ausgewiesen sein müssen. Allerdings sind die Avise im Gegensatz zu den AV nicht verbindlich.

28. Das Gleiche gilt für die Einzelentscheidung zur Kombinierten Nomenklatur zu Unterposition 1517 9099 (Verordnung (EWG) Nr. 3513/92 der Kommission vom 3. Dezember 1992, ABl. EG L 355/12). Einzelentscheidungen sind zwar rechtlich ebenfalls nicht verbindlich, können jedoch ähnlich wie die Erläuterungen und die Avise einen Anhaltspunkt für die Auslegung des Wortlauts der Positionen und Unterpositionen dienen. Nach der genannten Einzelentscheidung gehört in die Unterposition 1517 9099 KN

"zubereitetes Öl in Gelatinekapseln, in Aufmachung für den Einzelverkauf. Jede Kapsel enthält:

- Öl von Samen der gelben Nachtkerze (Oenothera biennis L.) 500 mg

- flüssiges Milchfett 14 mg

- Antioxidant (Vitamin E) 15 mg

Einreihung gemäß den Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur sowie nach dem Wortlaut der KN-Codes 1517, 1517 90 und 1517 9099."

Zu Frage 3:

29. Wären die Bestandteile der Kapselhülle nicht als Verpackung, sondern als Zusätze zu behandeln, würden sie möglicherweise zu eine Ausweisung aus der Position 1517 KN führen, da sie zumindest bei gewichtsmäßiger Betrachtung in einer Menge vorhanden sind, die im Verhältnis zu dem die Position begründenden Schwarzkümmelöl nicht mehr als gering anzusehen wären (212,8 mg Gelatine, 77,7 mg Glycerol und 159,6 mg gereinigtes Wasser im Verhältnis zu 500 mg Schwarzkümmelöl). Nach der AV 3 b wären sie dann nach dem charakterbestimmenden Bestandteil einzureihen, soweit dieser ermittelt werden kann.

30. Vorliegend ergibt sich u.a. aus der Darreichungsform als Kapsel die vom Hersteller bezweckte Funktion als Nahrungsergänzungsmittel, die gleichzeitig über die Dosierung und Ort der Aufnahme im Körper bestimmt. Sie könnte damit zumindest neben dem Schwarzkümmelöl charakterbestimmend sein.

31. Sollte eine Einreihung unter die Position 1517 KN nicht in Betracht kommen, wären die Kapseln als Lebensmittelzubereitungen unter die Position 2106 KN, "verschiedene Lebensmittelzubereitungen, anderweitig weder genannt noch inbegriffen", zu tarifieren. Unstreitig handelt es sich bei den Kapseln um Lebensmittelzubereitungen.

32. Eine Einreihung in eine andere Position außer 1517 KN kommt nicht in Betracht. Die einzig denkbare Position wäre 3004 "Arzneiwaren (ausgenommen Erzeugnisse der Position 3002, 3005 oder 3006), die aus gemischten oder ungemischten Erzeugnissen zu therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken bestehen, dosiert (einschließlich solcher, die über die Haut verabreicht werden) oder in Aufmachung für den Einzelverkauf". Ein therapeutischer oder prophylaktischer Zweck ist nicht ersichtlich und wird von den Beteiligten auch ausgeschlossen.



Ende der Entscheidung

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