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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 10.06.2008
Aktenzeichen: 11 K 21/06
Rechtsgebiete: DBA-Frankreich, GG


Vorschriften:

DBA-Frankreich Art. 13 Abs. 5
GG Art. 20 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg

11 K 21/06

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Lohnsteuerhaftungsbescheides der Streitjahre 2001 bis 2003.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft, die Profilier- und Rohrschweißanlagen herstellt. Als Verkaufsleiter war der seit 1. Mai 1991 bei ihr beschäftigte französische Arbeitnehmer B, F-X, tätig. Die Gesellschaft behandelte dessen Arbeitslohn als Grenzgängerlohn i.S.d. Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich, da dem Arbeitgeber Freistellungsbescheinigungen für die Streitjahre vorlagen. Im Verlauf einer Lohnsteueraußenprüfung vertrat der Prüfer, gestützt auf die damalige Verständigungsvereinbarung mit Frankreich vom 20. Februar 1980 BStBl I 1980, 88 und die hierzu ergangenen Verwaltungsanweisungen, die Auffassung, dass die Voraussetzungen der Grenzgängereigenschaft i.S.d. Art. 13 Abs. 5 DBA Frankreich in den Jahren 2001 bis 2003 nicht mehr vorlägen, da sich der Arbeitnehmer an mehr als 45 Tagen außerhalb der Grenzzone aufgehalten habe, nämlich im Jahr 2001 an 51, im Jahr 2002 an 53 und im Jahr 2003 an 54 Tagen. Auf den Inhalt der zunächst erstellten Aufstellungen der schädlichen Tage (Rb-Akten Bl. 73-75) und den Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 26. November 2004 Tz. 11 nebst Anlagen wird verwiesen.

Aufgrund der Prüfung erging am 14. Januar 2005 ein Lohnsteuerhaftungsbescheid, mit dem Lohnsteuer (LSt) und Solidaritätszuschlag i. H. v. insgesamt 37.565,49 EUR von der Klägerin nachgefordert wurde. Dagegen legte diese form- und fristgerecht Einspruch ein und trug zur Begründung vor, dass die Zählweise für die schädlichen Arbeitstage nicht zutreffend sei. Nach dem Schreiben der OFD vom 6. September 2002 seien zwar sämtliche Tage als schädliche Tage i. S. der Grenzgängerregelung zu behandeln, wenn der Steuerpflichtige sich mehr als zwölf Stunden außerhalb der Grenzzone für seinen Arbeitgeber aufhalte. Schädlich sei danach die Tätigkeit außerhalb der Grenzzone. Dieses Schreiben stehe jedoch mit Art. 13 Abs. 5 DBA Frankreich nicht in Einklang und sei daher rechtswidrig. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe durch Beschluss vom 25. November 2002 I B 136/02 (Bundessteuerblatt - BStBl- II 2005, 375) die Auffassung vertreten, es komme nicht darauf an, in welchem stundenweisen Umfang der Arbeitnehmer sich tatsächlich außerhalb der Grenzzone aufhalte und ob und in welchem Umfang er von seinem Arbeitgeber ein Tagegeld erhalte. Die insoweit ergangenen Verwaltungsanweisungen seien rechtswidrig. Auch in einem Urteil des Finanzgerichts (FG) des Saarlandes vom 29. April 2004 2 K 305/00, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2004, 1060 sei die Auslegung der Finanzverwaltung abgelehnt worden. Die gegen dieses Urteil von der Finanzverwaltung eingelegte Revision, die beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 53/04 anhängig gewesen sei, sei zurückgenommen worden. Nach der Rechtsprechung seien zudem An- und Abreisetage regelmäßig nicht schädlich, auch wenn die An- bzw. Abreise Bestandteil einer Dienstreise von einer Dauer von mehr als zwölf Stunden seien. Durch die Rechtsprechung des BFH werde die fiskalische Auslegung der 45-Tage- Regelung durch die Finanzverwaltung verhindert. Nach der herrschenden Literaturauffassung seien ferner die Tätigkeiten im Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers bei der 45-Tage-Regelung nicht mitzuzählen. Demzufolge dürften sämtliche Arbeitstage von Herrn B in Frankreich nicht zu den schädlichen Arbeitstagen gerechnet werden. Demzufolge seien nur die Tage zu berücksichtigen, bei denen Herr B volle 24 Stunden in einem Drittland tätig sei. An- und Abreisetage zählten daher nicht als schädliche Tage. Daher sei die Grenze von 45 Tagen in keinem Jahr überschritten.

Im Verlauf des Einspruchsverfahrens überprüfte das beklagte Finanzamt (FA) die Berechnung der schädlichen Tage und kam zum Ergebnis, dass sich Herr B in den Streitjahren 2001 bis 2003 entsprechend den der Einspruchsentscheidung beigefügten Aufstellungen im Jahr 2001 an 75 Tagen, im Jahr 2002 an 66 Tagen und im Jahr 2003 an 65 Tagen außerhalb der Grenzzone aufgehalten habe. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Anlage zur Einspruchsentscheidung (Rechtsbehelfsakte Blatt 88 bis 90) sowie die ergänzenden Aufstellungen in der Niederschrift des Erörterungstermins vom 9. April 2008 verwiesen.

Nach den Aufstellungen ergaben sich für die Streitjahre u.a. folgende Reisen des Arbeitnehmers:

 200120022003
Dienstreisen nach Frankreich18 Tage28 Tage20 Tage
Eintägige Dienstreisen außer Frankreich3 Tage4 Tage7 Tage
Letzte Tage mehrtägiger Dienstreisen17 Tage11 Tage12 Tage
Erste Tage mehrtägiger Dienstreise mit Beginn am Firmensitz (ohne Frankreich)14 Tage10 Tage8 Tage

Das beklagte FA wies den Einspruch durch die Einspruchsentscheidung vom 16. Januar 2006 als unbegründet zurück und stützte sich auf die geltenden Verwaltungsanweisungen.

Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht erhobene Klage, mit der die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt.

Im Erörterungstermin vom 12. April 2008, auf dessen Niederschrift nebst sämtlichen Anlagen Bezug genommen wird, reichte die Klägerin eine Aufstellung ein über die Orte, an denen die Dienstreisen begannen und endeten, wobei die Computertabellen auf handschriftlichen Ergänzungen des Arbeitnehmers B beruhten. Diese Aufstellung über den zeitlichen und örtlichen Beginn und das Ende der Dienstreisen ist aufgrund des Ergebnisses des Erörterungstermins zwischen den Beteiligten unstreitig. Danach begannen und endeten ein erheblicher Teil der Dienstreisen am Sitz der Firma, teilweise erst am Vormittag oder nachmittags. Teilweise fuhr der Arbeitnehmer zum Parkplatz am Firmengelände, traf sich dort mit seinen ihn begleitenden Kollegen und trat die jeweilige Dienstreise von dort mit einem Fahrzeug aus dem Firmenfahrzeugpool an. Aus den Aufstellungen ergeben sich für das Jahr 2001 38, für das Jahr 2002 21 und für das Jahr 2003 26 beruflich bedingte Übernachtungen außerhalb von Frankreich.

Im Wesentlichen behält die Klägerin ihren Vortrag bei und verweist darüber hinaus auf die Beschlüsse des BFH vom 10. Dezember 2001 I B 94/01 (Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2002, 479) und vom 25. November 2002 I B 136/02 a.a.O.. Sie weist darauf hin, dass der BFH im Beschluss vom 10. Dezember 2001 I B 94/01 a.a.O. ausdrücklich auf beruflich bedingte Übernachtungen außerhalb des Ansässigkeitsstaates durch Reisetätigkeit abgestellt habe. Der BFH sehe damit nur die Tage als schädlich an, die auf Reisen entfielen, die außerhalb des Ansässigkeitsstaates stattfänden. Dies entspreche auch der Literaturauffassung. Demzufolge seien die schädlichen Reisen in Frankreich als Ansässigkeitsstaat gemäß der Anlage zur Einspruchsentscheidung für 2001 um 18, für 2002 um 29 und für 2003 um 21 Tage zu kürzen.

Auch habe der BFH in seinem Beschluss vom 25. November 2002 I B 136/02 ausdrücklich ausgeführt, im Ergebnis komme es bei einer summarischen Prüfung ausschließlich auf ganze Tage der Tätigkeit außerhalb der deutsch-französischen Grenzzone an. Auch das FG des Saarlandes habe in der Entscheidung vom 29. April 2004 2 K 307/00 a.a.O. ausgeführt, dass im Streitfall die Tage herauszurechnen seien, an denen der Kläger nicht volle 24 Stunden abwesend gewesen sei. Auch dies entspreche der herrschenden Literaturmeinung. Demzufolge seien die schädlichen Tage gemäß der Anlage zur Einspruchsentscheidung für 2001 insgesamt um 35 Tage, für 2002 um 30 Tage und für 2003 um 31 Tage zu kürzen, da jeweils ein Aufenthalt von weniger als 24 Stunden außerhalb der Grenzzone und des Ansässigkeitsstaates stattgefunden habe. Danach verblieben für das Jahr 2001 nur 22, für das Jahr 2002 7 und für das Jahr 2003 13 schädliche Tage. Die Grenze von 45 schädlichen Tagen werde daher in jedem der streitgegenständlichen Jahre bei weitem unterschritten. Ergänzend wies die Klägerin darauf hin, dass mit Erlass vom 3. April 2006 BStBl I 2006, 304 eine neue Verständigungsvereinbarung vom 16. Februar 2006 zur Anwendung der Grenzgängerregelung in Kraft getreten sei, die auf alle noch nicht bestandskräftigen Fälle anzuwenden sei. Diese verschärfe die Auslegung, da aufgrund der neuen Zählweise in allen strittigen Jahren die 45-Tage-Grenze überschritten werde. Dies stelle eine unzulässige Rückwirkung dar, die verfassungswidrig sei. Die Verschärfung betreffe insbesondere mehrtägige Dienstreisen und die Reisen im jeweiligen Ansässigkeitsstaat.

Die Klägerin beantragt,

1. den Lohnsteuerhaftungsbescheid vom 14. Januar 2005 für den Zeitraum 2001 bis 2003 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Januar 2006 aufzuheben,

2. hilfsweise,

für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen,

3. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Das beklagte FA beantragt,

1. die Klage abzuweisen,

2. hilfsweise,

für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Zur Begründung bezieht es sich im Wesentlichen auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung, mit der es sich auf die Verständigungsvereinbarungen mit der französischen Steuerverwaltung vom 27. Februar 1979 a.a.O. (BStBl I 1980, 88) sowie vom 20. August 1981 (Außensteuerkartei der OFD Stuttgart DBA Frankreich, Art. 13, C II Nr. 5) gestützt hatte.

Die OFD habe auf der Grundlage der zitierten Verständigungsvereinbarung von 1981 geregelt, dass bei eintägigen Dienstreisen für die Anwendung der Zwölf-Stunden-Regelung nicht auf das Verlassen der Grenzzone, sondern auf den Beginn der Dienstreise abzustellen sei. Es komme entsprechend den Dienstreisekostengrundsätzen allein darauf an, wo die Dienstreise angetreten und beendet werde, nämlich am Wohnsitz oder der regelmäßigen Arbeitsstätte. Dauere die Dienstreise mehr als zwölf Stunden und werde der Arbeitnehmer - auch nur kurzzeitig - außerhalb der Grenzzone tätig, so handele es sich um einen für die Grenzgängereigenschaft schädlichen Arbeitstag im Sinne der 45-Tage-Regelungen. Bei Dienstreisen, deren Gesamtdauer weniger als zwölf Stunden betrage, sei ein Verlassen der Grenzzone nicht als schädlich zu behandeln.

Bei mehrtägigen Dienstreisen zähle der Tag der Hinreise stets zu den für die Grenzgängereigenschaft schädlichen Tage im Sinne der 45-Tage-Regelung, da der Arbeitnehmer an diesen Tagen nicht an seinen Wohnsitz zurückkehre. Auch der Tag der Rückreise sei als schädlicher Tag zu werten, da an diesem Tag der Grenzgänger nicht von seinem Wohnsitz aus zum Arbeitsort pendele.

Dienstreisetage im Wohnsitzstaat seien unabhängig davon, ob sie ausschließlich innerhalb oder auch außerhalb der Grenzzone des Wohnsitzstaates stattfänden, anhand der von der Finanzverwaltung vertretenen Zwölf-Stunden-Regelung darauf zu überprüfen, inwieweit ein schädlicher Tag im Sinn der 45- Tage-Regelung vorliege. Dienstreisetage im Wohnsitzstaat Frankreich könnten damit dazu führen, dass die Grenzgängereigenschaft entfalle, obwohl für die in Frankreich ausgeübte Tätigkeit das Besteuerungsrecht ohnehin dem Wohnsitzstaat Frankreich zustehe. Die wörtliche Auslegung der Verständigungsvereinbarung vom 20. Februar 1980 a.a.O. impliziere, dass auch nach Auffassung der französischen Steuerverwaltung Reisetage in den Wohnsitzstaat bei der Berechnung der 45-Tage-Grenze zu berücksichtigen seien, wenn der Tätigkeitsort außerhalb der Grenzzone gelegen sei, zumal in diesen

Entscheidungsgründe:

Fällen auch der geforderte Grenzübertritt fehle. Der im Hinblick auf eintägige Dienstreisen anders lautende Beschluss des BFH vom 25. November 2002 a.a.O. entspreche hingegen nicht der gleichlautenden Verwaltungsauffassung der französischen und deutschen Steuerverwaltung, die eine aufgrund des Wortlauts des Art. 13 Abs. 5 DBA mögliche und zutreffende Auslegung des DBA Frankreich im Rahmen von Verständigungsverfahren vereinbart hätten.

Im Übrigen sei der BFH-Beschluss vom 25. November 2002 I B 136/02 a.a.O. in sich widersprüchlich.

Soweit die Verständigungsvereinbarung vom 20. Februar 1980 die Höchstgrenze der unschädlichen Arbeitstage regele, an denen der Arbeitnehmer aus Anlass dienstlicher Verrichtungen nicht an seinen Wohnsitz zurückkehren müsse (sogenannte 45-Tage-Regelung), halte der BFH die Verständigungsvereinbarung mit dem Wortlaut des DBA Frankreich für vereinbar, obwohl auch die 45-Tage-Regelung lediglich eine innerstaatliche Verwaltungsanweisung darstelle und nicht mittels Zustimmungsgesetz innerstaatliches Recht geworden sei. Dies müsse aber auch für die Verständigungsvereinbarung vom 20. August 1981 und die nachfolgenden, mit der französischen Steuerverwaltung abgestimmten Verwaltungsauffassungen gelten. Nach diesen Grundsätzen habe der Arbeitnehmer B die schädlichen Tage in allen drei Jahren überschritten. Der Haftungsbescheid sei daher rechtmäßig. Auch die französische Verständigungsvereinbarung vom 20. Februar 1980 habe unter Tz. 2 zweiter Absatz Anweisungen zur steuerlichen Behandlung von mehrtägigen Dienstreisen beinhaltet. Auch danach ergäben sich die schädlichen Tage, sodass die Zählweise des FA insoweit zu keiner Verschärfung gegenüber der bisherigen Verwaltungsauffassung führe. Die behauptete echte Rückwirkung liege daher nicht vor.

Bezüglich des weiteren Vortrags im Einzelnen wird auf die im Einspruchs- und Klageverfahren gewechselten Schriftsätze nebst sämtlichen Anlagen verwiesen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung vor dem Senat nach § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) verzichtet.

Die zulässige Klage ist begründet.

Der angefochtene Lohnsteuerhaftungsbescheid vom 14. Januar 2005 und die Einspruchsentscheidung vom 16. Januar 2006 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie werden daher aufgehoben.

1.

a) Einkünfte, die ein sog. Grenzgänger aus nichtselbständiger Arbeit bezieht, können gemäß Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich nur in dem anderen Vertragsstaat besteuert werden. Grenzgänger i.S. des Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich sind gemäß dessen Buchst. a Personen, die im Grenzgebiet eines Vertragsstaates arbeiten und ihre ständige Wohnstätte, zu der sie in der Regel jeden Tag zurückkehren, im Grenzgebiet des anderen Vertragsstaates haben.

b) Die Grenzgängereigenschaft geht nach den BMF-Schreiben in BStBl I 1980, 88 (dort unter 2.), und in BStBl I 2006, 304, die auf Verständigungsvereinbarungen mit der französischen Steuerverwaltung beruhen, bei einem Arbeitnehmer, der - wie im Streitfall - nicht während des ganzen Kalenderjahres in der Grenzzone beschäftigt ist, nicht verloren, wenn er in dieser Zeit höchstens an 20 v.H. der gesamten Werk- bzw. Arbeitstage, jedoch in keinem Fall an mehr als 45 Tagen, nicht zum Wohnsitz zurückkehrt oder außerhalb der Grenzzone für seinen Arbeitgeber tätig ist. Andernfalls steht das Besteuerungsrecht für die Arbeitseinkünfte dem Staat der Arbeitsausübung zu. Zur Anwendung dieser Verständigungsregelung vertrat die Finanzverwaltung in Abstimmung mit der französischen Finanzverwaltung (vgl. Erlasse des FinMin Saarland vom 11. Juni 1981, vgl. auch FinMin Nordrhein-Westfalen, Erlass vom 8. Juli 1981, wiedergegeben in Handbuch des Außensteuerrechts 2002, S. 856; FinMin Baden-Württemberg vom 20. August 1981, Rb-Akte Bl. 66) die Auffassung, zu den Tagen der Tätigkeit außerhalb der Grenzzone zählten auch solche, an denen ein Arbeitnehmer sich auf einer Dienstreise außerhalb der Grenzzone befinde. Halte er sich dort nicht während des ganzen Tages auf, so zählten solche Tage als Tage der Tätigkeit außerhalb der Grenzzone, wenn der Arbeitgeber dem Grenzgänger hierfür ein volles Tagegeld gewähre. Dies gelte jedoch nicht, wenn sich die Dienstreise außerhalb der Grenzzone über Sonn- und Feiertage erstrecke. Auch wenn für diese Tage vom Arbeitgeber volles Tagegeld gezahlt werde, zählten sie nicht zu den Tagen der Tätigkeit außerhalb der Grenzzone.

In Einklang mit den abkommensrechtlichen tatbestandlichen Vorgaben bedarf es nach der Rechtsprechung des BFH "in der Regel" der arbeitstäglichen Rückkehr des Arbeitnehmers, soll seine Grenzgängereigenschaft nicht verloren gehen. Dies schließt Ausnahmen nicht aus; die Nichtrückkehr des Arbeitnehmers an einem Arbeitstag aus Anlass dienstlicher Verrichtungen ist unschädlich, wenn die Summe der Arbeitstage, an denen der Arbeitnehmer nicht zurückkehrt, eine Höchstgrenze nicht überschreitet. Zur Festlegung dieser Höchstgrenze kann auch auf entsprechende Verständigungsvereinbarungen zurückgegriffen werden (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 21. August 1996 I R 80/95, BFHE 181, 415, BStBl II 1997, 134; vom 16. Mai 2001 I R 100/00, BFHE 195, 341, BStBl II 2001, 633, BFH-Beschluss vom 9. Dezember 2002 I B 111/02, [...]Datenbank, jeweils im Verhältnis zur Schweiz und m.w.N.; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 15 MA Rz. 170). Hierzu hat der BFH auf die Verständigungsvereinbarung in BStBl I 1980, 88 abgestellt und die 45-Tage-Regelung gebilligt.

Darauf, in welchem stundenweisen Umfang der Arbeitnehmer sich tatsächlich außerhalb der Grenzzone aufhält, und ob und in welchem Umfang er von seinem Arbeitgeber ein Tagegeld erhält, kommt es hingegen nach der Rechtsprechung des BFH nicht an. Eine derartige Begrenzung lässt sich weder dem Art. 13 Abs. 5 Buchst. a DBA-Frankreich noch der erläuternden Verständigungsvereinbarung mit der französischen Steuerverwaltung entnehmen. Für eine solche Rechtsauffassung fehlt die Rechtsgrundlage (vgl. Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes -GG-). Die hierzu ergangenen innerstaatlichen Verwaltungsanweisungen können diese Rechtsgrundlage nicht ersetzen und nicht herangezogen werden, um das Doppelbesteuerungsabkommen, das mit dem Zustimmungsgesetz innerstaatliches Recht geworden ist, abzuändern (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 1. Februar 1989 I R 74/86, BFHE 157, 39, BStBl II 1990, 4, 5; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 3 MA Rz. 79, m.w.N.). Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die betreffende Anweisung mit der ausländischen (hier der französischen) Steuerverwaltung abgestimmt wurde, zumal wenn diese Abstimmung durch eine ihrerseits unabgestimmte behördliche Auslegung -wie im Streitfall die Verfügung der OFD Saarbrücken vom 14. März 2000- einseitig unterlaufen wird. Im Ergebnis kommt es sonach ausschließlich auf ganze Tage der Tätigkeit außerhalb der deutsch-französischen Grenzzone an. Dadurch wird zugleich den Praktikabilitätsbedenken Rechnung getragen, die sich andernfalls bei einer tatsächlich nur stundenweisen Außentätigkeit und deren Nachweisbarkeit ergeben (BFH-Beschluss vom 25. November 2002 - I B 136/02 a.a.O.). Die in der Verständigungsvereinbarung konsentierte 45-Tage-Regelung ändert insoweit nichts an der Schädlichkeit von Tagen beruflich bedingter Nichtrückkehr infolge beruflich bedingter Übernachtungen außerhalb des Ansässigkeitsstaates (BFH-Beschluss vom 10. Dezember 2001 I B 94/01 BFH/NV 2002, 279 zum DBA Frankreich). Das FG Saarbrücken hat in dem Hauptsacheverfahren, das dem Beschlussverfahren beim BFH I B 136/02 a.a.O. folgte, im Anschluss hieran entschieden, dass nur solche Tage im Sinn des Art. 13 Abs. 5 DBA Frankreich für die Grenzgängereigenschaft schädlich sind, an denen der Arbeitnehmer mehr als 24 Stunden abwesend war. Die zugelassene und zunächst von der Finanzverwaltung eingelegte Revision hat diese später zurückgenommen, ihre Auffassung jedoch insoweit nur im Umfang der neuen Verständigungsvereinbarung mit Frankreich vom 16. Februar 2006 geändert, die zitierten Entscheidungen des BFH und des FG Saarbrücken bleiben weiterhin von der deutschen und der französischen Finanzverwaltung unbeachtet. Die Auffassung des BFH und des FG Saarbrücken wird von der Literatur geteilt. Maßgebend sind daher letztlich - wie auch beim DBA Schweiz - die Anzahl der außerhalb der Grenzzone und außerhalb des Ansässigkeitsstaates verbrachten Übernachtungen, da dann die 24- stündige Abwesenheit regelmäßig erfüllt ist.

c) Stellt man mit dem BFH und dem erkennenden Senat allein auf die Anzahl der beruflich bedingten Übernachtungen außerhalb des Ansässigkeitsstaates ab, so fallen für das Jahr 2001 38 Nichtrückkehrtage, für das Jahr 2002 21 Nichtrückkehrtage und für 2003 26 Nichtrückkehrtage an. Die Anzahl von 45 Tagen wird demnach deutlich unterschritten, sodass bei dieser Betrachtung der Klage insgesamt stattzugeben und der Haftungsbescheid aufzuheben ist.

2.

Die Finanzverwaltungen beider Länder und die Verständigungsvereinbarung gehen einen anderen Weg und stellen danach auf ganze Tage der Tätigkeit außerhalb der deutsch-französischen Grenzzone ab, setzen dieses Prinzip jedoch nicht immer folgerichtig um. Auch wenn man von diesem Grundsatz ausgeht, jedoch darauf die zitierte Rechtsprechung des BFH anwendet, hat die Klage Erfolg.

a) Für eintägige Dienstreisen vertreten auch die Verständigungsvereinbarung vom 16. Februar 2006 und der Finanzverwaltung nahe stehende Autoren die Auffassung, bei einem nur kurzfristigen Aufsuchen des Arbeitsortes in der Grenzzone liege kein schädlicher Tag im Sinn des Art. 13 Abs. 5 DBA vor (Verständigungsvereinbarung a.a.O. Tz. 8.1 und 8.2; Hartmann, Die Information 2006, 705 ff unter 1.2). Warum dies wiederum nach Tz. 6 der Verständigungsvereinbarung bei mehrtägigen Dienstreisen nicht gelten soll, ist unter Berücksichtigung der ergangenen Rechtsprechung nicht ersichtlich. Die Rechtsprechung hingegen verlangt -wie dargelegt- eine mehr als 24-stündige Abwesenheit.

Nach diesen Rechtsgrundsätzen der Rechtsprechung, denen der Senat folgt, sind sämtliche, nur eintägigen Dienstreisen außerhalb von Frankreich nicht als schädliche Tage zu werten, da der Arbeitnehmer jeweils keinen ganzen Tag unterwegs war. Dies gilt erst recht, wenn die Dienstreise - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - am Sitz des Unternehmens begann oder endete. Insofern gilt dies für die Dienstreisen am 16. Januar, 28. März, 28. Mai und 13. Dezember 2001, 23. Januar, 27. Februar, 23. April, 9. September 2002, 17. Januar, 5. Februar, 24. Juni, 26. Mai, 26. August, 10. Dezember 2003, wobei darin sämtliche Dienstreisen nach Frankreich als Ansässigkeitsstaat nicht enthalten sind.

3.

Die Dienstreisen in den Ansässigkeitsstaat sind nicht als Nichtrückkehrtage und damit als schädliche Tage zu berücksichtigen.

a) Das beklagte FA hat deshalb in allen Streitjahren mehr als 45 Nichtrückkehrtage angenommen, weil es die Reisetage nach Frankreich als Ansässigkeitsstaat ebenfalls in die Nichtrückkehrtage eingerechnet hat. Dies ist nach Auffassung des Senats jedoch - entgegen der Verständigungsvereinbarung und der ständigen Praxis beider Finanzverwaltungen - unzutreffend.

b) Nach dem Wortlaut des Art. 13 Abs. 5 DBA Frankreich wird die Grenzgängereigenschaft dem Grunde nach daran angeknüpft, dass die in einem Vertragsstaat ansässige Person, die in dem anderen Vertragsstaat ihren Arbeitsort hat, von dort aus täglich an ihren Wohnsitz zurückkehrt. Diese Person kehrt demzufolge nicht aus dem Ansässigkeitsstaat an den Wohnsitz zurück, sondern von dem Tätigkeitsstaat. Die Rückkehr nach 13 Abs. 5 DBA-Frankreich ist an die Rückkehr von der Arbeit im Tätigkeitsstaat an den Wohnsitz im Ansässigkeitsstaat angeknüpft.

c) Die deutsche und die französische Finanzverwaltung haben bislang die Auffassung vertreten, auch eine Dienstreise (Übernachtung oder Tätigkeit) im Ansässigkeitsstaat begründe einen schädlichen Tag.

An eine solche Auslegung ist der Senat nicht gebunden, falls diese keine zutreffende Rechtsauslegung des Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich darstellt. Diesen Verständigungsvereinbarungen kommt nach Art. 20 Abs. 3 GG keine unmittelbare Gesetzeskraft zu (BFH-Urteil vom 1. Februar 1989 I R 74/86, BFHE 157, 39, BStBl II 1990, 4) und sind für die Gerichte keinesfalls bindend (BFH-Urteil vom 21. August 1996 I R 80/95 BStBl II 1997, 134).

d) Die Kommentarliteratur und die Rechtsprechung des BFH gehen davon aus, dass schädliche Nichtrückkehrtage nur Arbeitstage sein können, insbesondere Übernachtungen außerhalb des Ansässigkeitsstaates infolge Reisetätigkeit oder mehrtägiger beruflicher Veranstaltungen. Dabei wird zugrunde gelegt, dass Tage, die aus beruflichen Gründen im Ansässigkeitsstaat verbracht werden, auch bei Nichtrückkehr zum Wohnsitz ebenfalls nicht in die 45-Tage-Grenze einzubeziehen sind (BFH-Urteil vom 28. November 2001 I R 100/00, BStBl II 2001, 633 zum DBA Schweiz; BFH-Beschluss vom 10. Dezember 2001 I B 94/01 BFH/NV 2002, 479 zum DBA Frankreich; Brandis in Wassermeyer/Debatin, Art. 15 a Anm. 47; Kempermann, Finanzrundschau -FR- 1994, 564, 566; Geiger/Hartmann/Alscher IStR 1994, 9, 12; Züger in Gassner/Lang/Lechner/Schuch/Storing, Arbeitnehmer im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, Linde-Verlag, Wien, S.190; zum DBA Frankreich: Kessler/Sinz/Achilles-Puyol, DBA-Kommentar DBA Deutschland/Frankreich, NWB-Verlag 2007, Art. 13 BV S.124).

e) Sinn und Zweck des Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich sprechen für diese Auslegung. Diese Bestimmung regelt den Konflikt zwischen Ansässigkeitsstaat und Staat des Arbeitsortes. Nach Art. 13 Abs. 1 DBA-Frankreich werden die Einkünfte für Einkommen aus unselbständiger Arbeit grundsätzlich der Besteuerung des Tätigkeitsstaates zugeordnet. Bei Grenzgängern weist das Abkommen in Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich das ausschließliche Besteuerungsrecht dem Wohnsitzstaat zu. Die Besteuerung der Pendler im Wohnsitzstaat wurde für die beste Lösung gehalten, da die ausschließliche Besteuerung im Wohnsitzstaat durch die Gewährung der durch die mit der unbeschränkten Steuerpflicht im Wohnsitzstaat verbundenen steuerlichen Entlastungen für persönliche und familienbezogene steuerliche Vergünstigungen die für die Pendler günstigste Lösung ist. Das prinzipielle Besteuerungsrecht liegt daher beim Wohnsitzstaat. Dann jedoch, wenn der Arbeitnehmer im gesamten Kalenderjahr mehr als 45 Tage aufgrund der Arbeitsausübung nicht in den Ansässigkeitsstaat zurückkehren kann, sieht das DBA-Frankreich die Bindung des Arbeitnehmers an den Ansässigkeitsstaat als so gelockert an, dass das Besteuerungsrecht dem anderen Staat zusteht und die hieraus erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit im Ansässigkeitsstaat unter Progressionsvorbehalt freizustellen sind. Das Besteuerungsrecht des Wohnsitzstaates bleibt bei dem Arbeitnehmer außerhalb des Art 13 Abs. 5 DBA-Frankreich dann nur für die Tätigkeitstage im Ansässigkeits- und in Drittstaaten bestehen (BFH-Beschluss vom 19. April 1999 I B 141/98 BFH/NV 1999, 1317). Die Auslegung der Finanzverwaltung würde zu dem Ergebnis führen, dass eine Tätigkeit im Wohnsitzstaat ein Besteuerungsrecht für den Staat des Arbeitsortes begründet (so zum DBA Frankreich: Kessler/Sinz/Achilles-Puyol, DBA-Kommentar DBA-Frankreich, NWB-Verlag 2007, Art. 13 BV S.124). Damit würde der Sinn der Nichtrückkehrtage in sein Gegenteil verkehrt. Je mehr Arbeitstage im Ansässigkeitsstaat verbracht würden, um so eher fiele das Besteuerungsrecht an die Bundesrepublik.

Bezieht man auch Dienstreisen in den Ansässigkeitsstaat in diesen Wortlaut mit ein, so hätte dies zur Folge, dass der Arbeitnehmer umso eher kein Grenzgänger wäre, je mehr Dienstreisen er in den Ansässigkeitsstaat machen würde. Dies widerspräche jedoch dem Sinn und Zweck der Abgrenzung zwischen Tätigkeits- und Ansässigkeitsstaat, da das Besteuerungsrecht nur dann in den Tätigkeitsstaat abwandern soll, wenn die Beziehung zum Ansässigkeitsstaat gelockert wird. Dies ist erst dann der Fall, wenn durch die Anzahl von 45 Nichtrückkehrtagen oder ca. 20% der Tätigkeiten ein erheblicher Teil der Tätigkeiten berufsbedingt im Tätigkeits- oder in Drittstaaten ausgeübt wird. Erst dann wird die soziale Einbindung in den Ansässigkeitsstaat durch die wirtschaftliche Anbindung an den Arbeitgeber überlagert und führt erst dann zum Wechsel des Besteuerungsrechts. Durch die Tätigkeit im Ansässigkeitsstaat werden jedoch die Beziehungen zu diesem verstärkt, nicht abgeschwächt (so auch zum gleichen Problem bei Art. 15 a Abs. 4 DBA Schweiz: Urteil des Senats vom 1. April 2008 11 K 66/05, Revision zugelassen und eingelegt, zur Veröffentlichung bestimmt).

Demzufolge sprechen sowohl der Wortlaut als auch Sinn und Zweck der Regelung des Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich dafür, dass entsprechend der zitierten Rechtsprechung und Literatur Dienstreisen in den Ansässigkeitsstaat nicht zur Begründung von Nichtrückkehrtagen i.S.d. Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich führen können. Demnach sind folgende ein- und mehrtägige Dienstreisen keine schädlichen Tage i.S.d. Grenzgängerregelung:

4.

Die Tage, an denen der Kläger zurückkehrte, sind entgegen der Verständigungsvereinbarung vom 16. Februar 2006 a.a.O. ebenfalls nicht als schädliche Tage zu berücksichtigen.

a) Nach der Rechtsprechung des BFH zum DBA Schweiz ist darauf abzustellen, ob der Arbeitnehmer nach dem Verlassen seiner Arbeitsstelle tatsächlich in den Ansässigkeitsstaat zurückkehrt oder in dem jeweils anderen Vertragsstaat bleibt. Im ersten Fall ist der betreffende Arbeitstag Rückkehrtag i.S.d. Art. 15 a Abs. 2 DBA Schweiz. Nur dann, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich nicht in den Ansässigkeitsstaat zurückkehrt, kann ein Nichtrückkehrtag vorliegen (BFH-Urteil vom 15. September 2004 I R 67/03 BFHE 207, 452). Nach dem BFH-Beschluss vom 25. November 2002 I B 136/02 und dem durch Rücknahme der Revision durch die Finanzverwaltung rechtskräftig gewordenen Urteil des FG Saarland vom 29. April 2004 Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2004, 1060, können schädliche Rückkehrtage nur ganze Tage sein. Die Rückkehrtage können danach nicht in die Berechnung der 45-Tage-Grenze einbezogen werden, wenn die Reisezeit an diesen Tagen nicht einen ganzen Arbeitstag ausmacht (Kessler/Sinz/Achilles-Puyol, DBA-Kommentar, Deutschland/Frankreich, a.a.O.). Nach Auffassung des Senats ist daher, wie auch bei Art. 15 a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz, angesichts des gleichen Wortlautes "Rückkehrtag" aus Praktikabilitätsgründen auf die Übernachtungen außerhalb Frankreichs abzustellen (vgl. Sinz/Blanchard IStR 2003, 258; Kessler/Sinz/Achilles-Puyol, DBA-Kommentar Deutschland/Frankreich zu Art. 13 Abs. 5 a.a.O.). Nur so wird nach Auffassung des erkennenden Senats eine einfache und praktikable Abgrenzung möglich.

b) Geht man hiervon aus, entfallen auch sämtliche Tage als schädliche, an denen der Kläger von der jeweiligen Dienstreise zurückkehrte, gleich, ob er sofort zu seinem Wohnort heimfuhr oder zunächst zum Firmensitz fuhr, um von dort nach Hause zurückzufahren.

Im Jahr 2001 fuhr der Kläger an folgenden mehrtägigen Dienstreisen nach Hause, und zwar am 30. Januar, 28. Mai, 30. Oktober 2001, während er an den nachfolgend geschilderten Daten jeweils zum Firmensitz zurückfuhr, nämlich am 3. und 16. Februar, 2. März, 17. März, 6. und 28. April, 18. Mai, 12. Juni, 20. und 29. September, 1. und 13. Oktober, 16. und 24. November 2001. Im Jahre 2002 kehrte er von den nachfolgend genannten mehrtägigen Dienstreisen mit Ausnahme von Frankreich direkt zu seinem Wohnort zurück am 28. März, 19. Juni, 6. Dezember, 15. November. An den folgenden Tagen kehrte er von mehrtägigen Dienstreisen mit Ausnahme von Frankreich zum Firmensitz der Klägerin zurück, und zwar am 15. Januar, 12. und 30. April, 17. und 26. Mai 2002, 3. und 12. Juni, 30. April. Im Jahre 2003 kehrte er an den nachfolgend genannten mehrtägigen Dienstreisen mit Ausnahme von Frankreich an seinen Wohnsitz zurück, und zwar am 6. und 14. Juni, 5. Dezember. An nachfolgenden Tagen der mehrtägigen Dienstreisen mit Ausnahme von Frankreich kehrte der Kläger im Jahre 2003 zur Firma zurück, und zwar am 19. Februar, 6. März, 8. und 16. Mai, 24. September, 2. und 23. Oktober, 15. und 28. November.

c) Sämtliche Tage, die der Kläger im Ansässigkeitsstaat verbrachte, die Tage der eintägigen Dienstreisen sowie die Tage der Rückkehr sind danach keine schädlichen Tage i.S.d. Art. 13 Abs. 5 DBA Frankreich.

Von den von der Finanzverwaltung für das Streitjahr 2001 angesetzten 75 Tage sind daher mindestens 18 Tage für Reisen in den Ansässigkeitsstaat, drei eintägige Dienstreisen außerhalb von Frankreich und 17 Rückkehrtage als letzter Tag der Dienstreise, insgesamt somit mindestens 38 Tage abzuziehen, sodass höchstens 37 schädliche Tage verbleiben. Für das Streitjahr 2002 sind von den von der Finanzverwaltung angesetzten 66 Tage um 28 Tage für Dienstreisen in den Ansässigkeitsstaat, vier Tage für eintägige Dienstreisen ohne Frankreich und elf Tage als letzter Tag einer Dienstreise und somit Rückkehrtag, insgesamt somit 43 Tage abzuziehen, sodass allenfalls 23 schädliche Tage verbleiben.

Im Streitjahr 2003 sind die von der Finanzverwaltung angesetzten 65 Tage um 20 Tage für Reisen in den Ansässigkeitsstaat, 12 Tage für den letzten Tag der Dienstreise als Rückkehrtage und sieben eintägige Dienstreisen außer Frankreich, somit 39 Tage abzuziehen, sodass höchstens noch 26 schädliche Tage verbleiben.

5.

Darüber hinaus ist nach Auffassung des Senats auch der erste Tag einer Dienstreise dann nicht als schädlicher Tag anzusehen, wenn die Dienstreise am Firmensitz im Grenzgebiet beginnt. Für eintägige Dienstreisen hat auch der aus der Finanzverwaltung stammende Autor Hartmann im Anschluss an die Verständigungsvereinbarung vom 16. Februar 2006 die Auffassung vertreten, dass es für die Grenzgängereigenschaft entscheidend sein kann, ob der Arbeitnehmer für Fahrten zu den Einsatzorten außerhalb der Grenzzone den direkten Weg von zu Hause aus oder den Umweg über den im Grenzgebiet des Tätigkeitsstaates ansässigen Arbeitgeber einschlägt. Nach der Verständigungsvereinbarung sei schon der Umweg zum im Grenzgebiet ansässigen Arbeitgeber mit einer begünstigten Arbeitstätigkeit in der Grenzzone gleichzusetzen. Die Fahrt zum Arbeitgeber verhindere einen schädlichen Karenztag, auch wenn der Grenzgänger sich anschließend während des gesamten Arbeitstages an Arbeitsorten außerhalb der Grenzzone aufhalte und abends direkt nach Frankreich zurückfahre (zum Vorstehenden Hartmann in Die Information 2006, 705 ff., 706). Allerdings ist insoweit dann nach Auffassung des Senats ein Widerspruch darin zu sehen, dass dies bei mehrtägigen Dienstreisen nicht gelten soll. Das Gleiche muss dann auch für mehrtägige Dienstreisen gelten. Auch dieser Widerspruch spricht nach Auffassung des Senats dafür, wie in Art. 15 a Abs. 2 Satz 2 DBA Schweiz entsprechend der dortigen Formulierung "Nichtrückkehrtag" ebenfalls auf eine Übernachtung abzustellen.

Bezieht man die ersten Tage der Dienstreisen außerhalb von Frankreich, an denen der Arbeitnehmer die Dienstreise am Firmensitz begann mit ein, so vermindern sich die schädlichen Tage weiter, und zwar im Jahr 2001 um die Tage 1.2., 15.2., 1.und 13.3., 2. und 25.4., 17.5., 11.6., 11., 28. und 30.9., 14. und 21.11., somit um weitere 13 Tage, im Jahr 2002 um die Tage 14.1., 25.3., 8. und 29.4., 16. und 21.,5; 2.,11.6., 13.11., 5.12., somit um 10 Tage und im Jahr 2003 um die Tage 17.2., 4.3, 7.5., 22. und 29.9., 21.10.,14. und 27.11., somit um 8 Tage. Für das Jahr 2001 verbleiben danach höchstens 24, für das Jahr 2002 13 Tage und für das Jahr 2003 höchstens 18 schädliche Tage. Angesichts der dargestellten unpraktikablen und mühsamen stundenweisen Einzelbetrachtung eines jeden Tages spricht dies nach Auffassung des Senats dafür, wie auch beim gleichlautenden DBA Schweiz auf die Anzahl der beruflich bedingten Übernachtungen außerhalb der Grenzzone abzustellen, da dies zu einfachen Abgrenzungen und praktikablen Ergebnissen führt, die die Interessen beider Staaten und der jeweiligen Steuerpflichtigen berücksichtigt 49 Die Kostenfolge ergibt sich aus § 135 FGO.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war für notwendig zu erklären, da es sich um eine schwierige und grundsätzliche Rechtsfrage handelt.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da die Auffassung des Senats in Widerspruch zu der neuen Verständigungsvereinbarung mit der französischen Steuerverwaltung vom 16. Februar 2006 (BStBl I 2006, 304) steht und die bisher dem entgegenstehende Rechtsprechung von der deutschen Finanzverwaltung nicht angewandt wird.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.



Ende der Entscheidung

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