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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 12.05.2009
Aktenzeichen: 11 K 32/03
Rechtsgebiete: ZK, ZK-DVO


Vorschriften:

ZK Art. 90
ZK Art. 103
ZK Art. 220 Abs. 2
ZK Art. 236
ZK-DVO Art. 878
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Streitig ist die Erstattung von 3.060,00 EUR Antidumpingzoll.

Mit Sammelzollanmeldungen vom 5. Januar, 4. Februar und 3. März 2000 sowie vom 5. Januar 2001 meldete die Spedition und Transport GmbH X (im Folgenden X GmbH) für den jeweils vergangenen Monat Elektro Korund-N (sogenannten künstlichen Korund) aus dem Zolllagerverfahren zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Insgesamt handelte es sich um 15.000 kg künstlichen Korund mit Ursprung in der Volksrepublik China. Das beklagte Hauptzollamt (HZA) setzte daraufhin neben Zoll und Einfuhrumsatzsteuer, die vorliegend nicht streitig sind, Antidumpingzoll in Höhe von 5.984,84 DM (3.060,00 EUR) basierend auf einem Antidumpingzollsatz von 204 EUR pro Tonne gegenüber der X GmbH fest. Sämtliche Abgaben wurden entrichtet. Die Bescheide sind rechtskräftig.

Am 22. Oktober 2002 beantragte der Prozessbevollmächtigte als Vertreter für die Klägerin beim beklagten HZA die Erstattung des Antidumpingzolls in voller Höhe nach Art. 236 Zollkodex (Verordnung [EWG] Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften - ZK -). Auf den Hinweis des HZA, dass die Klägerin nicht Zollschuldnerin sei, legte der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 19. November 2002 eine Abtretungserklärung der X GmbH vom 18. November 2002 vor, mit der diese unwiderruflich sämtliche Rechte und Pflichten an die Klägerin abtrat, die aus der Entnahme von künstlichem Korund in den Jahren 1999 bis Oktober 2002 aus dem bei ihm geführten Zolllager bei anschließender Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr resultieren. Dies umfasse auch den Anspruch auf Rückzahlung des Antidumpingzolls und das Recht, sowohl ein Erstattungs- als auch ein finanzgerichtliches Verfahren durchzuführen, um von der deutschen Zollverwaltung erhobene Abgaben im eigenen Namen zurückzufordern.

Das HZA lehnte den Antrag mit Bescheid vom 25. November 2002 ab. Nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin Klage.

Zur Begründung lässt sie vortragen, Sie sei im Sinne des Art. 878 ZK-DVO berechtigt, einen Antrag auf Erstattung des Antidumpingzolls zu stellen, da sie die Abgaben mittelbar entrichtet habe, was für die Antragsbefugnis ausreichend sei. Andernfalls hätte es genügt, wenn der Verordnungsgeber allein den Zollschuldner aufgeführt hätte. Auch könne der Vorschrift nicht entnommen werden, dass es auf eine unmittelbare Entrichtung der Abgaben an die Zollverwaltung ankomme. Einer abweichenden Auffassung stünden die französische und die englische Sprachfassung des Art. 236 ZK entgegen, die von l'intéressé (dem Interessierten, dem Betroffenen) bzw. von "the person concerned" (der betroffenen Person) sprächen.

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs - EuGH - vom 14. Januar 1997 C-192-218/95 (ABl EG 1997, Nr. C 74, 3; Slg. der Entscheidungen des EuGH und des Gerichts erster Instanz 1997, I-165-194; EuZW 1997, 116-118; HFR 1997, 259-260; ZfZ 1997, 163-165) Rz. 11 und 12 könne einem Antragsteller die Erstattung verweigert werden, wenn die Abgabenlast nachweislich von einem anderen getragen worden sei und die Erstattung den Abgabenpflichtigen ungerechtfertigt bereichere. Dies sei vorliegend der Fall.

Die Klägerin sei aber auch antragsberechtigt, da sie ausweislich der Abtretungserklärung die Rechte und Pflichten derjenigen Person übernommen habe, die die Abgaben entrichtet habe. Die Abtretungserklärung sei ernst gemeint gewesen und von der Klägerin angenommen worden. Eine bestimmte Form sehe Art. 878 Abs. 1 ZK-DVO für die Abtretungserklärung nicht vor. Bei den Pflichten sei zu bedenken, dass die Klägerin immerhin auch die Rechtsverfolgungskosten zu tragen habe.

Die Rechtsprechung des BFH zum nationalen Recht sei nur in sehr begrenztem Umfang auf das Zollrecht übertragbar.

Materiellrechtlich trägt die Klägerin vor, der erhobene Antidumpingzoll von 204,00 EUR pro Tonne eingeführten künstlichen Korunds könne nicht erhoben werden, da die den Antidumpingzoll regelnde VO Nr. 1951/97 des Rates vom 6. Oktober 1997 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2552/93 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von künstlichem Korund mit Ursprung in der Volksrepublik China, im Folgenden ADVO Nr. 2552/93 (ABl. 1993 L 235/1), für den Zeitpunkt der fraglichen Einfuhren nicht anwendbar gewesen sei. Die genannte Verordnung schreibe nämlich nicht etwa die Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls vor mit der Folge, dass dieser grundsätzlich fünf Jahre lang anzuwenden wäre. Sie regele vielmehr ausweislich ihres Titels und ihres eindeutigen Wortlauts in Art. 1 S. 1, dass die ADVO Nr. 2552/93 lediglich eine Änderung erfahre. Die ADVO Nr. 2552/93 könne jedoch zum Zeitpunkt der Einfuhren nicht mehr als Ermächtigungsgrundlage herangezogen werden, weil sie zum 26. Juli 1996 außer Kraft getreten sei.

Das Außer-Kraft-Treten der Antidumpingzollfestsetzungsverordnung richte sich nach Art. 11 Abs. 2 S. 1 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 1996 Nr. 1 56/1) - im Folgenden GrundVO Nr. 384/96, wonach ein endgültiger Antidumpingzoll fünf Jahre nach seiner Einführung außer Kraft trete oder fünf Jahre nach dem Abschluss der letzten Überprüfung, die sowohl das Dumping als auch die Schädigung umfasste.

Aus Gründen der Rechtsicherheit könne die Laufzeit nicht etwa beliebig im Jahre 1993 oder 1991 beginnen, selbst wenn dies vom Wortlaut des Art. 11 Abs. 2 S: 1 der GrundVO Nr. 384/96 her denkbar wäre. Der endgültige Antidumpingzoll trete vielmehr nach Sinn und Zweck der Regelung, eine Maßnahme auf maximal fünf Jahre alte Überprüfungsergebnisse zu stützen, hier jedenfalls mit dem Ende dieses Zeitraums - gerechnet ab der letzten umfassenden Überprüfung - und damit am 26. Juli 1996 außer Kraft. Dieses Datum habe sowohl die Kommission in Ziffer 3 ihrer Bekanntmachung über die Einleitung einer Interimsüberprüfung der Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren von künstlichem Korund mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. 1996 Nr. C 7/5) wie auch der Rat im 16. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1951/97 bestätigt.

Das Außer-Kraft-Treten der Maßnahme sei auch nicht erkennbar durch die ADVO Nr. 1951/97 gehemmt worden. Ausnahmsweise trete zwar nach Art. 11 Abs. 2 S. 1 der GrundVO Nr. 384/96 eine Maßnahme dann nicht außer Kraft, wenn in einer Überprüfung festgestellt werde, dass das Dumping und die Schädigung bei einem Auslaufen der Maßnahme wahrscheinlich anhalten oder erneut auftreten würden (gemeinhin als "Sunset Review" bezeichnet). Um aber die Maßnahme fortwährend über weitere fünf Jahre anwenden zu können, hätte die ADVO Nr. 1951/97 in der dafür erforderlichen Gesetzestechnik erlassen werden müssen. Hieran mangele es. Im Gegenteil, die Gesetzestechnik entspreche derjenigen, die nach der Neuregelung der GrundVO stets verwendet werde, wenn gerade keine neue Fünfjahresfrist zu laufen beginne. Der Unterschied in der Gesetzestechnik resultiere aus einer Abgrenzung zwischen dem Abschluss eines eine neuen Laufzeit auslösenden "Sunset Review" einerseits und dem Abschluss einer keine neue Laufzeit in Gang setzenden Interimsüberprüfung nach Art. 11 Abs. 3 der GrundVO Nr. 384/96 andererseits. Ohne die Abgrenzung könnte der Abschaffung von Art. 15 Abs. 1 der Vorgänger GrundVO Nr. 2423/88 zum Trotz (Verordnung (EWG) Nr. 2423/88 vom 11. Juli 1988 (ABl. 1998 Nr. 1 209/1, die zunächst durch die Verordnung (EG) Nr. 3283/94 vom 22. Dezember 1994 - ABl. 1994 Nr. 1 349/1-, im Folgenden GrundVO Nr. 3283/94 abgelöst wurde, ihrerseits ersetzt durch die im Rahmen der vorliegenden Einfuhren anzuwendenden GrundVO 384/96) und entgegen dem in Art. 11 Abs. 2 S. 1 der GrundVO Nr. 384/96 geregelten Grundsatz zum Auslaufen einer Maßnahme jede ihrer Veränderungen neuerlich den Fünfjahreszeitraum in Gang setzen. Dies habe der Gesetzgeber in Umsetzung des Art. VI GATT (General Agreement on Tariffs and Trade) 1994 gerade vermeiden wollen.

Die Auslösung einer neuen Fünfjahresfrist sei an eine Gesetzestechnik gebunden, die sich an drei Vorgaben orientieren müsse, nämlich an der GrundVO Nr. 384/96, an dem Prinzip der Rechtssicherheit und an der vergleichbaren Praxis in der Gemeinschaft. Die ADVO Nr. 1951/97 erfülle keine der drei Vorgaben.

Hilfsweise legt der Prozessvertreter dar, dass seiner Ansicht nach selbst das der Verordnung Nr. 1951/97 vorangegangene Untersuchungsverfahren keinesfalls geeignet gewesen sei, das Außer-Kraft-Treten der Verordnung Nr. 2552/93 zu verhindern. Denn es sei keine Überprüfung bei Auslaufen einer Maßnahme durchgeführt worden, sondern nur eine Interimsüberprüfung, die das Außer-Kraft-Treten einer Maßnahme nicht hindere.

Ergänzend legte der Prozessbevollmächtigte ein von ihm erstelltes Gutachten vom 6. Februar 2002 zur Frage, ob die Erhebung von Antidumpingzoll auf die VO Nr. 1951/97 gestützt werden kann, vor.

Die Klägerin beantragt,

das beklagte HZA unter Aufhebung des Bescheides vom 25. November 2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 31. Januar 2003 zu verpflichten, an die Klägerin 3.060,00 EUR neben 0,5% Zinsen pro Monat seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Das beklagte HZA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der Antragsbefugnis trägt das HZA vor, aus der Abtretungserklärung gehe nicht zwingend hervor, dass die Klägerin Rechte und Pflichten übernommen habe. Eine solche liege z.B. bei der Gesamtrechtsnachfolge vor. Um eine entsprechende Übernahme von Rechten und Pflichten gehe es bei der Abtretungserklärung jedoch eindeutig nicht. Es habe die Abtretungserklärung demnach von Anfang an falsch bewertet. Eine Antragsbefugnis im Sinne des Art. 878 ZK-DVO könne daraus nicht abgeleitet werden. Im Übrigen könne die Abtretungserklärung auch nicht als eine solche nach § 46 Abs. 3 AO verstanden werden, da sie nicht den dort genannten Anforderungen entspreche. So sei sie nicht auf amtlichem Vordruck abgegeben worden; auch fehle die Unterschrift des Abtretungsempfängers.

Materiellrechtlich verweist das HZA im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt es aus, für die Erhebung des Antidumpingzolls sei die Verordnung Nr. 2552/93 in der Fassung der Verordnung Nr. 1951/97 anwendbar. Am 12. Januar 1996 habe die Kommission im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 11 Abs. 3 der GrundVO Nr. 384/96 die Bekanntmachung über die Einleitung einer Interimsüberprüfung der Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren von künstlichem Korund mit Ursprung in der Volksrepublik China veröffentlicht. Da zu diesem Zeitpunkt jedoch das Auslaufen der geltenden Maßnahmen in weniger als einem Jahr, nämlich am 26. Juli 1996, bevor bestanden habe, habe die Kommission ihre Überprüfung sowohl auf das Dumping als auch auf die Schädigung erstreckt. Weil die Interimsprüfung nach Art. 11 Abs. 3 der GrundVO Nr. 384/96 aber nicht bis zum Ende der Geltungsdauer betroffenen Maßnahme (also bis zum 26. Juli 1996) habe abgeschlossen werden können, habe sich die Maßnahme gem. Art. 11 Abs. 7 der GrundVO Nr. 384/96 auch auf die in Art. 11 Abs. 2 der Verordnung genannten Umstände erstreckt. Dies seien die Umstände, die bei Auslaufen der Maßnahme zu prüfen seien, also die Wahrscheinlichkeit, dass das Dumping und die Schädigung anhalten oder erneut auftreten werden. Die Kommission habe dies im 16. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1951/97 entsprechend ausgeführt. Durch die Überprüfung, die zwar als Interimsprüfung eingeleitet worden sei, jedoch gerade wegen des zum 26. Juli 1996 bevorstehenden Auslaufens der bestehenden Maßnahme sowohl das Dumping als auch die Schädigung betroffen habe und daher einer Überprüfung bei Auslaufen der Maßnahme gleich gestanden habe, sei gemäß Art. 11 Abs. 2 S. 2 der GrundVO Nr. 384/96 das Auslaufen der Antidumpingmaßnahme unterbrochen worden. Mit In-Kraft-Treten der Verordnung Nr. 1951/97 am 10. Oktober 1997 habe nach Art. 11 Abs. 2 S. 1 der GrundVO Nr. 384/96 eine neue Ablauffrist von 5 Jahren begonnen, die erst am 10. Oktober 2002 ausgelaufen sei. Die Erhebung des Antidumpingzolls sei danach nicht zu beanstanden.

Am 12. Mai 2009 wurde die Sache mündlich verhandelt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, sie ist indessen nicht begründet. Der Klägerin fehlt die Antragsbefugnis für den Erstattungsantrag.

Die Klägerin hat im eigenen Namen eine Erstattung gemäß Art. 236 ZK beantragt. Nach dieser Vorschrift werden Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben auf Antrag insoweit erstattet, als nachgewiesen wird, dass der Betrag im Zeitpunkt der Zahlung nicht gesetzlich geschuldet war und entgegen Art. 220 Abs. 2 ZK wertmäßig erfasst worden ist. Die Einzelheiten des Erstattungsverfahrens sind in der ZK-DVO geregelt. Die Antragsbefugnis richtet sich nach Art. Artikel 878 ZK-DVO. Er lautet:

"(1) Der Antrag auf Erstattung oder Erlass der Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben - nachstehend "Antrag auf Erstattung oder Erlass" genannt -ist von der Person, die die Abgaben entrichtet hat, vom Zollschuldner oder von den Personen, die seine Rechte und Pflichten übernommen haben, zu stellen.

Der Antrag auf Erstattung oder Erlass kann auch vom Stellvertreter der im vorstehenden Unterabsatz erwähnten Personen gestellt werden.

(2) ..."

Die Klägerin ist weder Zollschuldnerin noch hat sie die Abgaben im Sinne des Art. 878 ZK-DVO entrichtet. Die Tatsache, dass sie die Abgaben wirtschaftlich getragen hat, spielt insoweit keine Rolle. Im Sinne des Art. 878 ZK-DVO ist die unmittelbare Entrichtung gegenüber der Zollverwaltung ausschlaggebend. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, der in der Beschränkung der Antragsbefugnis auf diejenigen Personen zu sehen ist, die in einer unmittelbaren Beziehung zur Zahlungsverpflichtung stehen. Dies trifft insbesondere auf den Zollschuldner zu, aber auch auf denjenigen, der die Abgaben tatsächlich gegenüber der Zollverwaltung entrichtet und damit die Zahlungsverpflichtung zum Erlöschen bringt. Eine Auslegung der Vorschrift dahingehend, dass auch eine mittelbare Entrichtung der Abgaben ausreichend wäre, würde zu einer unüberschaubaren Ausweitung der Antragsbefugnis führen, da in diesem Fall letztlich jede Abwälzung der Abgaben - sei es von Speditionen auf ihre Kunden, sei es bei Kettengeschäften auf den jeweiligen Käufer - zu einer Antragsbefugnis führen würde. Der Verordnungsgeber wollte die Zollbehörden jedoch davor schützen, gegebenenfalls einer Vielzahl von möglicherweise gleichermaßen berechtigten Antragstellern gegenüberzustehen und sich damit den Forderungen der übrigen auszusetzen. Er hat vielmehr in nachvollziehbarer Weise den Kreis der Berechtigten auf die unmittelbar betroffenen Personen beschränkt.

Die Klägerin kann auch aus der vorgetragenen Übernahme von Rechten und Pflichten des Zollschuldners - vorliegend der X GmbH - keine Antragsbefugnis herleiten, denn sie hat durch die Abtretungserklärung nicht "die Rechte und Pflichten" der X GmbH im Sinne des Art. 878 Abs. 1 S. 1 ZK-DVO übernommen.

Eine "Abtretung von Rechten und Pflichten" aus dem Verhältnis zwischen Zollbeteiligtem und der Zollverwaltung ohne Beteiligung der Zollverwaltung ist nicht möglich. Die Rechte werden systemimmanent in der Regel im Wege einer Bewilligung gewährt, die grundsätzlich personengebunden erteilt wird und unter der Auflage erfolgt, die dem gewählten Zollverfahren zugrunde liegenden Verpflichtungen zu erfüllen. Oft ist die Bewilligung zusätzlich mit weiteren, der zollamtlichen Überwachung dienenden Auflagen verbunden. Die Übernahme von Rechten und Pflichten im Sinne des Art. 878 ZK-DVO ist daher nicht ohne Zustimmung der Zollverwaltung möglich. Diese muss zur Erfüllung ihrer Aufgaben jederzeit ohne weitere Nachforschungen wissen, wer ihr gegenüber Pflichten zu erfüllen hat.

Nur im Rahmen bestimmter Zollverfahren ist die Übertragung von Rechten und Pflichten zulässig und im Zollkodex ausdrücklich geregelt, nämlich in Art. 90 und 103 ZK. Art. 90 ZK lautet:

"Die Rechte und Pflichten des Inhabers eines Zollverfahrens mit wirtschaftlicher Bedeutung können unter den von den Zollbehörden festgelegten Voraussetzungen auf andere Personen übertragen werden, welche die für dieses Zollverfahren geltenden Voraussetzungen erfüllen."

Ähnlich heißt es in Art. 103 ZK:

"Die Rechte und Pflichten des Lagerhalters können mit Zustimmung der Zollbehörden auf eine andere Person übertragen werden."

In beiden Fällen ist eine Übertragung ohne Mitwirkung der Zollbehörden nicht möglich.

Aus diesen Regelungen ergibt sich der eindeutige Wille des Verordnungsgebers, zum einen eine Übertragung von Rechten und Pflichten nur in bestimmten Fällen zuzulassen und zum anderen, dass die Übertragung von Rechten und Pflichten entweder durch die Zollverwaltung (Art. 90 ZK) oder zumindest mit ihrer Zustimmung (Art. 103 ZK) zu erfolgen hat.

Hiervon zu unterscheiden ist die Abtretung eines konkreten, bereits bestehenden Anspruchs wie z.B. eines bereits festgestellten Erstattungsanspruchs, der in einem reinen Zahlungsanspruch besteht. Eine solche Abtretung ist auch im Hinblick auf Forderungen gegenüber den Zollbehörden möglich. Ihre Voraussetzungen richten sich dann nicht nach Art. 878 ZK-DVO, sondern nach nationalem Recht (§ 46 der AO, vgl. die Literatur: Deimel in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Bd. XIV, Art. 235 -236 Rz. 25; Schwarz in Schwarz/Wockenfoth, Zollrecht, Art. 236 Rz. 45; Huchatz in Witte, Zollkodex, 5. Auflage, Art. 236 Rz. 44). Geht es aber wie im vorliegenden Fall um die Zulässigkeit eines Erstattungsantrags, mit dem der Anspruch erst festgestellt werden soll, ist für die Anwendung nationaler Vorschriften kein Raum. Sie werden von denen des Zollkodex überlagert.

Vorliegend handelt es sich nicht um eine vom Zollkodex geregelte Übertragung von Rechten und Pflichten.

Eine Übertragung nach Art. 103 ZK scheidet von vornherein aus, da mit der Abtretungserklärung keine Rechte und Pflichten des Zolllagerinhabers übertragen werden sollten. Es liegt aber auch keine Übertragung im Sinne des Art. 90 ZK vor, denn diese müsste die Rechte und Pflichten des Inhabers eines Zollverfahrens betreffen. Solche konnten vorliegend aber nicht mehr übertragen werden, da das Zollverfahren mit Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr - und damit vor Erklärung der Abtretung - beendet wurde. Selbst wenn schon vor Beendigung des Zolllagerverfahrens die Rechte und Pflichten übertragen worden wären, fehlte es an der Zustimmung der Zollbehörden, denn die Entgegennahme der Abtretungserklärung im Rahmen des Erstattungsverfahrens stellt keine Mitwirkung entsprechend den Voraussetzungen des Art. 90 ZK dar. Im Übrigen wäre sie ebenfalls verspätet, da sie in jedem Fall nach Beendigung des Zolllagerverfahrens erfolgt wäre.

Demzufolge ist die Klägerin nicht antragsbefugt. Diesem Ergebnis steht weder die französische noch die englische Sprachfassung des Art. 236 ZK entgegen, da diese Vorschrift die Antragsbefugnis gar nicht regelt. Die maßgebliche Regelung des Art. 878 Abs. 1 ZK-DVO führt in keiner der Sprachfassungen zur Antragsbefugnis eines die Abgaben lediglich mittelbar entrichtenden Dritten. Beispielhaft seien die englische und die französische Fassung zitiert:

"Application for repayment or remission of import or export duties, hereinafter referred to as 'application for repayment or remission', shall be made by the person who paid or i.S. liable to pay those duties, or the persons who have taken over his rights and obligations.

Application for repayment or remission may also be made by the representative of the person or persons referred in the first subparagraph."

"La demande de remboursement ou de remise des droits à l'importation ou à l'exportation, ciaprès dénommée "demande de remboursement ou de remise", est faite par la personne qui a acquitté ces droits ou est tenue de les acquitter, ou par les personnes qui lui ont succédé dans ses droits et obligations.

La demande de remboursement ou de remise peut également être introduite par le représentant de la personne ou des personnes visées au premier alinéa."

Auch das von der Klägerin zitierte Urteil des EuGH vom 14. Januar 1997 C-192-218/95 führt zu keinem anderen Ergebnis. Gegenstand der Entscheidung war die Erstattung einer nationalen Abgabe, deren Rechtsgrundlage gegen das europäische Recht verstieß. Der EuGH stellte fest, eine Erstattung solcher rechtswidrig erhobenen Abgaben könne nicht nach den (damals gültigen) gemeinschaftsrechtlichen Erstattungs- und Erlassvorschriften erfolgen, weil diese sich nur auf Gemeinschaftsabgaben bezögen. Inwieweit die Klägerin hieraus eine Antragsbefugnis für eine Erstattung nach Art. 236 ZK herleiten könnte, ist nicht ersichtlich.

Nachdem die Klägerin nach Art. 878 ZK-DVO nicht antragsbefugt war, musste der Senat der Frage, ob die Festsetzung des Antidumpingzolls im Einfuhrzeitpunkt noch auf die ADVO Nr. 1951/97 gestützt werden konnte, nicht mehr nachgehen. Insoweit erübrigt sich die vom Senat in Erwägung gezogene Vorlage an den EuGH wegen erheblicher Zweifel an der Gültigkeit der Verordnung im Einfuhrzeitpunkt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 1 und 143 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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