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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Gerichtsbescheid verkündet am 21.02.2008
Aktenzeichen: 12 K 53/03
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 14 Abs. 2 S. 1
UStG § 14 Abs. 2 S. 2
UStG § 17 Abs. 1 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg

12 K 53/03

Tatbestand:

Streitig ist,

ob der Kläger im Rahmen eines Mietverhältnisses einen höheren Steuerbetrag, als er nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen hat und ob er deshalb gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG auch den Mehrbetrag schuldet, und ferner,

für welchen Besteuerungszeitraum ggf. die von ihm vorgenommenen Berichtigungen jeweils zu berücksichtigen sind.

Die .......... Versicherungsgesellschaft (künftig: X) nutzte Geschäftsräume des Klägers. Die Pachtzeit begann am 1. August 1996. Der Pachtzins war zunächst wie folgt bestimmt:

 "... monatlich5.839,25 DM
zuzüglich zur Zeit gültiger MwSt. von 15 %875,89 DM
Gesamtbetrag6.715,14 DM",

sodann, für die Zeit ab Januar 1999, wie folgt:

 "Grundmiete3.877,47 DM
BK-Vorauszahlung664,71 DM
TG Stellplätze300,00 DM
... zzgl. 16 % gesetzl. MwSt.774,75 DM
 5.616,93 DM".

Die X hatte den Pachtzins auf ein Bankkonto des Klägers zu überweisen. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die am 10. bzw. 25. März 1996 und am 27. Juli bzw. 3. August 1998 unterzeichneten Verträge (Rechtsbehelfs-Akten, Abschn. "Mietvertrag", Bl. 2 ff., 9).

Der Kläger behandelte die Verpachtung als steuerpflichtig. Später fanden bei ihm Außenprüfungen statt. Dabei stellte der Prüfer fest, dass die X die Pachträume ausschließlich verwendete, um Leistungen auszuführen, die nach § 4 Nr. 10 UStG steuerfrei sind. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Berichte vom 29. Dezember 2000 (insbesondere Tz. 4.01, Abschn. D. 1.), vom 18. Dezember 2006 (insbesondere Rdnr. 17, 19) und vom 11. Juni 2007 (insbesondere Rdnr. 19, 21).

Mit Bescheid vom 28. September 2001 hob der Beklagte für das Streitjahr 1996 den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Außerdem beantragte er, die für das Streitjahr 1996 festgesetzte Umsatzsteuer, aber auch die für die Streitjahre 1997 bis 1999 festgesetzten Beträge zu mindern, und zwar für die einzelnen Streitjahre wie folgt:

 für das Streitjahrin Höhe von
19965.650,35 DM
199711.707,14 DM
1998
- für Umsätze zu 15 vom Hundert2.926,78 DM
- für Umsätze zu 16 vom Hundert9.365,70 DM
19999.296,99 DM

Insoweit beanstandete er jeweils, dass der Pachtzins weiterhin der Umsatzsteuer unterworfen wurde.

Die Einsprüche gegen den Bescheid für das Streitjahr 1996 vom 28. September 2001 und gegen den ablehnenden Bescheid für die Streitjahre 1997 bis 1999 vom 12. Februar 2002 blieben erfolglos. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Einspruchsentscheidungen vom 31. Januar 2003.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der der Kläger vor allem Bezug nimmt auf

Rdnr. 84 (letzter Satz) in Verbindung mit Rdnr. 86 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 29. Januar 2004, IV B 7 - S 7280 - 19/04 (Bundessteuerblatt [BStBl] I 2004, 258) und

das Urteil des Finanzgerichts (FG) Köln vom 20. Februar 2003 3 K 3300/02 (Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG] 2003, 1205).

Außerdem legte der Kläger in Kopie u.a. vor:

das Schreiben der X vom 8. März 2002 (ABl. 9) und

sein als Einschreiben übersandtes Schreiben an die X vom 14. März 2007 und den Rückschein hierzu (ABl. 41 bzw. ABl. 42 mit Rückseite).

Der Beklagte änderte mit Bescheiden vom 22. August 2007 die Bescheide über die Umsatzsteuer für alle Streitjahre. Zugleich hob er - jetzt auch für die Streitjahre 1997 bis 1999 - den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Der Kläger beantragt,

1. den Bescheid für das Kalenderjahr 1996 vom 22. August 2007 zu ändern und die zu berechnende Umsatzsteuer mit 4.050,69 DM festzusetzen, und

2. den Beklagten unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids für die Kalenderjahre 1997 bis 1999 vom 12. Februar 2002 und der Einspruchsentscheidung hierzu vom 31. Januar 2003 zu verpflichten, die Bescheide vom 22. August 2007 zu ändern und dabei die zu berechnende Umsatzsteuer um die folgenden Beträge gemindert festzusetzen:

 für das Kalenderjahrin Höhe von
- 199711.707,14 DM
- 199812.292,48 DM
- 19999.296,99 DM

3. hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung,

die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Klage ist zulässig (geblieben).

Dabei geht der Senat mit dem Kläger davon aus, dass die Bescheide vom 22. August 2007 Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden sind, der Bescheid für das Streitjahr 1996 gem. § 68 FGO, die Bescheide für die Streitjahre 1997 bis 1999 entsprechend § 68 FGO (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs [BFH]vom 27. April 2004, X R 28/02, BFH/NV 2004, 1287, unter II. 1. a, c a. E., m. w. Nachw.).

2. Die Klage ist jedoch unbegründet.

Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht den angefochtenen Steuerbescheid - im Streitfall den Bescheid über die Umsatzsteuer für das Streitjahr 1996 - ändern, soweit dieser rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Soweit jedoch die Ablehnung eines Verwaltungsakts - im Streitfall der Bescheid vom 12. Februar 2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung hierzu vom 31. Januar 2003 - rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, allerdings nur, wenn die Sache spruchreif ist (§ 101 Satz 1 FGO). Andernfalls spricht das Gericht die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 101 Satz 2 FGO).

Die im Streitfall angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig:

Hat ein Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach dem UStG für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen, so schuldet er gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG auch den Mehrbetrag. Diese Vorschrift ist auch anzuwenden, wenn der Unternehmer - wie im Streitfall - in einer Rechnung Umsatzsteuer für steuerfreie Umsätze gesondert ausgewiesen hat (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1992, V R 48/90, BStBl II 1993, 251, unter II. 1. a, m. w. Nachw.). Berichtigt der Unternehmer den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, so ist der geschuldete Steuerbetrag - gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG in entsprechender Anwendung von § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG - für den Besteuerungszeitraum zu berichtigen, in dem er die Rechnungsberichtigung vornimmt (BFH-Urteil vom 14. Dezember 1989, V R 125/84, BStBl II 1990, 401, unter II. 1., m. w. Nachw.; a. A. offenbar BMF-Schreiben vom 29. Januar 2004, IV B 7 - S 7280 - 19/04, BStBl I 2004, 258, Rdnr. 84, letzter Satz; Abschn. 190d Abs. 4 Satz 6 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2008 [UStR 2008]).

Danach schuldet der Kläger die streitige Umsatzsteuer.

a) Für die Besteuerungszeiträume von August 1996 bis Dezember 1999 liegen Rechnungen im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG vor.

Zwar ist die Nennung eines vom Mieter geschuldeten Umsatzsteuerbetrags im Mietvertrag noch kein gesonderter Steuerausweis in einer Rechnung im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG. Vielmehr bedarf dieser noch der Konkretisierung durch - im Streitfall offenbar nur teilweise vorliegende - ergänzende Unterlagen wie Zahlungsaufforderungen oder ähnlicher Belege, in denen die jeweiligen Leistungsabschnitte (Monate) angegeben sind (BFH-Urteil vom 7. Juli 1988, V B 72/86, BStBl II 1988, 913, unter I. 2., ebenso hernach BFH-Urteile vom 22. Oktober 1992, V R 33/90, BStBl II 1993, 210, unter II. 5. b, vom 9. September 1993, V R 42/91, BStBl II 1994, 269, unter II. 1. b, undvom 7. November 2000, V R 49/99, BFH/NV 2001, 402, unter II. 3., je m. w. Nachw., sowie Rdnr. 47 des BMF-Schreibens vom 29. Januar 2004, IV B 7 - S 7280 - 19/04, BStBl I 2004, 258).

Der Kläger hat die der streitigen Umsatzsteuer entsprechenden Beträge in den für die Monate August 1996 bis Dezember 1999 angefallenen Zahlungsbelegen in Verbindung mit den Verträgen vom 10./25. März 1996 und vom 27. Juli bzw. 3. August 1998 gleichwohl ausgewiesen. Der Senat geht davon aus, dass

die X ihre Bank - sei es mit monatlich erteiltem Auftrag, sei es mit einem Dauerauftrag - angewiesen hat, den von ihr geschuldeten Pachtzins zugunsten des Bankkontos des Klägers zu überweisen, und

der X auch Auszüge mit den Angaben über den entsprechenden, auf ihrem Bankkonto gebuchten Geldabfluss zugegangen sind.

Hierfür spricht schon § 4 Abs. 1 des am 10. bzw. 25. März 1996 unterzeichneten Vertrags. Gegenteilige Anhaltspunkte tatsächlicher Art sind weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich.

Ein anderes Ergebnis zugunsten des Klägers folgt auch nicht aus den von ihm angeführten Urteilen des FG Köln vom 20. Februar 2003 3 K 3300/02 (EFG 2003, 1205) und des BFH vom 7. November 2000, V R 49/99 (BFH/NV 2001, 402). Der Hinweis, den das BFH-Urteil vom 7. November 2000 unter II. 3. der Gründe gibt, war nämlich - im Hinblick auf den Betrag der abziehbaren Vorsteuerbeträge - schon deshalb geboten, weil in dem zugrundeliegenden Fall, als der Pachtvertrag abgeschlossen wurde, ein niedrigerer Steuersatz galt als in den nachfolgenden Besteuerungszeiträumen, für die der Vorsteuerabzug streitig war (zum Vorsteuerabzug bei zu niedrigem Steuerausweis vgl. auch Abschn. 190c Abs. 8 Beispiel Satz 2 UStR 2008).

b) Der Kläger hat die Rechnungsberichtigung jedenfalls nicht in den Streitjahren vorgenommen.

Weder hat er dies behauptet noch sind dafür sonst Anhaltspunkte tatsächlicher Art ersichtlich. Vielmehr sprechen die von dem Kläger vorgelegten Schreiben vom 8. März 2002 und vom 14. März 2007 eher dafür, dass dies erst nach den Streitjahren geschah.

c) Ob die Festsetzung der Steuer nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG - wie der Kläger im Hinblick auf Rdnr. 86 Satz 2 des BMF-Schreibens vom 29. Januar 2004, IV B 7 - S 7280 - 19/04, BStBl I 2004, 258 meint - im Sinne von § 163 der Abgabenordnung (AO 1977) sachlich unbillig ist, kann im vorliegenden Verfahren, in dem es um die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung geht, nicht geprüft werden.

Das Steuerfestsetzungsverfahren - wie im Streitfall - und das Billigkeitsverfahren sind jeweils selbständige Verfahren. Ob der Kläger nach Maßgabe der Billigkeit aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalls im Verhältnis zur umsatzsteuerrechtlichen Regelung besserzustellen ist, kann daher nur in einem entsprechenden Billigkeitsverfahren (§§ 163, 227 AO 1977) entschieden werden (BFH-Urteil vom 4. Mai 1995, V R 29/94, BStBl II 1995, 747, unter II. 3., m. w. Nachw.).

3. Der Beklagte trägt gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens.

4. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.

Der Senat geht davon aus, dass Abschn. 190d Abs. 4 Satz 6 UStR 2008 zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (vgl. BFH-Urteil vom 14. Dezember 1989, V R 125/84, BStBl II 1990, 401, zu I. 1.).

5. Der Senat hält es für zweckmäßig, gemäß § 90a FGO durch den vorliegenden Gerichtsbescheid zu entscheiden.



Ende der Entscheidung

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