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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 19.10.2005
Aktenzeichen: 13 K 118/01
Rechtsgebiete: HGB, AO 1977
Vorschriften:
AO 1977 § 191 Abs. 1 S. 1 | |
AO 1977 § 218 Abs. 1 | |
HGB § 128 |
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Finanzrechtsstreit
hat der 13. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2005 durch Richter am Finanzgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Anschrift: Finanzgericht Baden-Württemberg - Außensenate Karlsruhe -, Postfach 10 01 08, 76231 Karlsruhe
Dienstgebäude: Moltkestraße 80, 76133 Karlsruhe
Fernsprecher: 0721 926 3829 Fax: 926 3559, E-Mail: Poststelle@FGKarlsruhe.justiz.bwl.de
Verkehrsverbindung: Haltestelle Moltkestraße
Tatbestand
Am 08.11.1996 wurden beim Finanzamt Umsatzsteuererklärungen der ... für die Streitjahre 1993, 1994 und 1995 eingereicht. Die Erklärungen sind jeweils von der Klägerin unterschrieben. Aus den Erklärungen ergeben sich folgende Abschlusszahlungen: 22.818,22 DM für 1993; 38.088,63 DM für 1994; 12.126,35 DM für 1995.
Am 10.01.1997 erging gegenüber der Klägerin für die vorgenannten Umsatzsteuerschulden der ... zuzüglich Nebenabgaben, insgesamt 77.258,20 DM, ein Haftungsbescheid. In dem Bescheid heißt es: Die Klägerin sei in den Streitjahren Mitglied der Gesellschaft und damit verpflichtet gewesen, dafür zu sorgen, dass die Steuern bezahlt werden. Gesellschafter einer GbR hafteten für sämtliche Gesellschaftsschulden als Gesamtschuldner auf den vollen Betrag. Gegen den Gesellschafter ... sei ein Haftungsbescheid gleichen Inhalts ergangen. Gegen den Haftungsbescheid vom 10.01.1997 hat die Klägerin mit Schreiben vom 20.01.1997 am 27.01.1997 Einspruch eingelegt.
In einem für die ... erstellten Prüfungsbericht der Steuerfahndungsstelle vom 08.12.1997 heißt es u.a.:
"Einkünfte aus Gewerbebetrieb - Provisionseinkünfte -
Auf den Namen seiner Ehefrau ... hat ... zur einen Hälfte, sowie ... zur anderen Hälfte aus der Geschäftsbeziehung zwischen der Fa. ... und der Fa. ... eine Umsatzprovision i.H.v. 5,- DM pro qm (für die Jahre 1993 und 1994) bzw. 4,- DM pro qm (ab 01.01.1995) verkaufter Fassadenfläche erhalten.
Die Einnahmen für die Jahre 1993 bis 1995 wurden in inzwischen beim Finanzamt Rastatt eingereichten Gewinnfeststellungserklärungen für die ... nacherklärt (Eingangsdatum 08.11.96).
Die Provisionszahlungen erfolgten auf ein eigens dafür eingerichtetes Konto bei der Volksbank K.Nr. ..., Bevollmächtigter: ...
Der Gesellschafter ... nahm den Einspruch gegen den ihm gegenüber ergangenen Haftungsbescheid am 21.09.1999 zurück."
Mit Einspruchsentscheidung vom 16.05.2001 wurde der Einspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Die Einspruchsentscheidung führt u.a. aus:
Zwar seien nach den Feststellungen der Steuerfahndung der Klägerin keine Gewinnanteile zugerechnet worden, so dass sich die Frage stelle, ob sie überhaupt Gesellschafterin der GbR sei. Allerdings habe sich die Klägerin gegenüber der Finanzverwaltung als Gesellschafterin bezeichnet, nicht zuletzt in den Feststellungserklärungen 1993 bis 1995. Durch diese Tätigkeit als bloße "Strohfrau" könne sie sich nicht der von ihr selbst gesetzten Verantwortlichkeit als GbR-Gesellschafterin entziehen. Bereits die Duldung des Verhaltens des mutmaßlichen Gesellschafters - also des Ehemanns ... - führe zur Erfüllung der zivilrechtlichen Haftungstatbestände. Letztendlich sei es auch so, dass die Haftungssumme im Benehmen mit dem Ehemann der Klägerin und dem weiteren Beteiligten ... entrichtet worden sei, so dass der vorliegend angefochtene Haftungsbescheid ohnehin vom Grundsatz her seine wirtschaftliche Bedeutung verloren habe.
Gegen die Einspruchsentscheidung vom 16.05.2001 hat die Klägerin mit Schreiben vom 10.06.2001, beim Gericht eingegangen am 11.06.2001, Klage erhoben. Sie bringt u.a. vor (Schreiben vom 29.04.2005): Nach den Einlassungen des Beklagten stehe fest, dass die rückständigen Steuern getilgt seien, und zwar von beiden Haftungsschuldnern. Damit sei der Primäranspruch erloschen; der Haftungsbescheid sei aufzuheben.
Die Klägerin beantragt,
den Haftungsbescheid vom 10.01.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.05.2001 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er bringt u.a. vor: Die Zahlungen auf die Haftungsschuld hätten keinen Einfluss auf den Bestand des Haftungsbescheids. Eine Aufhebung des Haftungsbescheids würde dazu führen, dass die Zahlungen ohne rechtlichen Grund erfolgt und daher zu erstatten seien.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Nach § 191 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Gesellschafter einer GbR haften für Unternehmenssteuern in entsprechender Anwendung des § 128 Handelsgesetzbuch (vgl. BFH-Beschluss vom 28.01.2005 III B 91/04, BFH/NV 2005, 1141).
Zudem muss, wer gegenüber der Finanzbehörde als Gesellschafter einer Personengesellschaft auftritt, sich nach dem Maß des von ihm erzeugten Rechtsscheins als solcher behandeln lassen. Das heißt, er muss sich so behandeln lassen, als ob die Gesellschaft bestanden hätte, die dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Steuern für die Gesellschaft entstanden wären und er selbst Gesellschafter gewesen wäre (vgl. BFH-Urteile vom 20.01.1977 V R 153/72, BStBl II 1977, 364; vom 04.03.1986 VII R 133/80, BFH/NV 1986, 646; vom 19.01.1988 VII R 161/84, BFH/NV 1988, 615; Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Vor §§ 69-77 AO Anm. 39 und 55).
Im Streitfall hat die Klägerin den Rechtsschein erzeugt, sie sei Gesellschafterin der ... GbR. Dies ergibt sich aus den Umsatzsteuererklärungen 1993 bis 1995 und aus den Gewinnfeststellungserklärungen 1993 bis 1995 ..., die jeweils von der Klägerin unterschrieben sind. Die den Gewinnfeststellungserklärungen 1993 bis 1995 beigefügten Überschussrechnungen bezeichnen jeweils die "... GbR". Nach den Feststellungen im Prüfungsbericht vom 08.12.1997 erfolgten die Provisionszahlungen auf ein eigens dafür eingerichtetes Konto bei der Volksbank ..., Inh. ... und .... Damit hat die Klägerin nach außen den Rechtsschein erzeugt, Gesellschafterin der ... GbR zu sein.
Der Auffassung der Klägerin, der Haftungsbescheid sei aufzuheben, weil auf die Steuerschuld gezahlt worden sei, kann nicht gefolgt werden. Die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids wird nicht dadurch berührt, dass auf die Haftungsschuld gezahlt worden ist. Grundlage für die Verwirklichung des Steueranspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis ist und bleibt der Bescheid (§ 218 Abs. 1 AO). Denn bei einer Aufhebung des Haftungsbescheids müsste das Finanzamt dem Haftungsschuldner seine Leistung zurückerstatten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.
Ende der Entscheidung
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