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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 30.01.2008
Aktenzeichen: 2 K 127/05
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 169 Abs. 2 S. 2
AO § 370
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg

2 K 127/05

Tenor:

1. Der Einkommensteueränderungsbescheid 1996 vom 2. Dezember 2004 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 4. Mai 2005 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 Euro, haben die Kläger i.H. des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 Euro kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet haben.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Änderung des Einkommensteuerbescheides 1996 wegen eingetretener Festsetzungsverjährung nicht mehr möglich ist.

Die Kläger sind vom beklagten Finanzamt (FA) zusammen für das Streitjahr 1996 zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger ist Gesellschafter-Geschäftsführer der X GmbH. Außerdem betreibt er die gewerbliche Vermietung von Betriebsvermögen an die X GmbH im Rahmen einer Betriebsaufspaltung. Die Klägerin ist ebenfalls bei der X GmbH angestellt.

Seit Gründung der Y GmbH, P., am 3. September 1990 war der Kläger an deren Stammkapital i.H.v. 50.000 DM hälftig beteiligt. Durch Vertrag vom 6. September 1996 UR II Nr. .../... des Notariats verkaufte der Kläger seinen Geschäftsanteil an der Y GmbH zum Preis von 350.000 DM an A M und übertrug den Anteil in Erfüllung des Kaufvertrags auf die Käuferin. Der in Raten zu zahnende Kaufpreis war mit 7 v.H. jährlich zu verzinsen. Der Kauf- und Übertragungsvertrag enthält unter III. Hinweise u.a. folgendes:

Auch hat der amtierende Notarvertreter darauf hingewiesen, dass er zur Belehrung über die steuerlichen Aspekte dieser Urkunde nicht verpflichtet ist und er keine Garantie für den Eintritt oder Nichteintritt irgendwelcher steuerlicher Auswirkungen übernehmen kann. Diesbezüglich hat er an die Angehörigen der steuerberatenden Berufe verwiesen.

Am 26. Mai 1998 gaben die Kläger ihre von ihren steuerlichen Beratern Z und Partner gefertigte Einkommensteuererklärung 1996 ab. In der Anlage GSE Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden unter Veräußerungsgewinn in Zeile 16 bei "Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG)" keine Angaben gemacht. Der erstmalige Einkommensteuerbescheid 1996 erging am 27. August 1998 und wurde im Anschluss an eine Außenprüfung am 7. Oktober 1998 geändert.

In der Einkommensteuererklärung 1997 erklärte der Kläger u.a. 17.500 DM "Zinsen aus Anteilsverkauf". In den Einkommensteuererklärungen 1998 und 1999 wurden in Aufstellungen zu den Anlagen KSO jeweils i.H.v. 11.900 DM (1998) sowie 6.300 DM (1999) mit folgender Erläuterung erklärt: "M, Zinsen Anteilsverkauf".

In den Vermögensteuererklärungen auf den 1. Januar 1994 sowie auf den 1. Januar 1995 der Kläger wurde u.a. der Anteil an der Y GmbH angegeben.

Anlässlich einer Betriebsprüfung im Jahr 2004 wurde der Verkauf des Anteils an der Y GmbH im Jahr 1996 festgestellt. Zur Aufklärung dieses Sachverhalts wurde beim Kläger ebenfalls im Jahr 2004 eine abgekürzte Außenprüfung durchgeführt. Nach dem Bericht vom 14. Oktober 2004 über diese Prüfung beträgt der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn gemäß § 17 EStG 325.000 DM. Der Einkommensteuerbescheid 1996 der Kläger sei nach § 173 Abs.1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) zu ändern, da auf Grund der vorliegenden Steuerhinterziehung die zehnjährige Verjährungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO noch nicht abgelaufen sei. Für ein vorsätzliches Handeln des Klägers spreche, dass er seit Jahren Unternehmer sei und in dieser Zeit mehrere Firmen gegründet und wieder veräußert habe. Außerdem seien seine steuerlichen Berater W und S bei der Vertragsausarbeitung anwesend und über den Verkauf unterrichtet gewesen. Die Einlassung der Kläger, sie seien davon ausgegangen, dass der Gewinn nicht der Besteuerung unterworfen werde bzw. die GmbH selbst Steuersubjekt sei und sie von keinem ihrer Steuerberater jemals über die Steuerpflicht informiert worden seien, sei nicht glaubhaft.

Am 2. Dezember 2004 änderte das FA den Einkommensteuerbescheid 1996 der Kläger gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nach den Prüfungsfeststellungen.

Hiergegen legten die Kläger am 9. Dezember 2004 mit der Begründung Einspruch ein, die dem Änderungsbescheid zugrunde gelegten Prüfungsfeststellungen hätten nicht verwertet werden dürfen, da der Steueranspruch aus dem seinerzeit vergessenen Anteilsverkauf verjährt sei. Von einer vorsätzlichen Steuerverkürzung könne nicht ausgegangen werden. Es fehle am Tatbestandsmerkmal der Täuschungshandlung. Der Kläger, ein steuerlich nicht bewanderter Techniker, habe sich auf seinen Steuerberater verlassen, der die Steuererklärung gefertigt habe. Dieser habe den Anteilsverkauf aus nicht mehr aufklärbaren Gründen nicht erfasst, obwohl ihm der Vertrag vorgelegen habe. Dass der Verkauf versehentlich nicht erklärt worden sei, ergebe sich daraus, dass die Zinsen aus diesem in den Einkommensteuererklärungen 1997 und 1998 und die Anteile in Vermögenssteuererklärungen angegeben worden seien. Der Kläger habe die Steuererklärung unterschrieben, ohne diese im Einzelnen geprüft zu haben. Dies könne allenfalls zu einem leichtfertigen Verhalten führen, nicht jedoch zu einer vorsätzlichen Steuerverkürzung.

Durch Entscheidung vom 4. Mai 2005 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Die Nichterklärung des Gewinns aus dem Anteilsverkauf habe zu einer unzutreffenden Steuerfestsetzung geführt und damit den objektiven Tatbestand einer Steuerhinterziehung erfüllt. Der Kläger habe auch vorsätzlich gehandelt. Er sei seit Jahrzehnten unternehmerisch tätig und auch kaufmännisch ausgebildet worden. Durch seine Tätigkeit als Geschäftsführer sei es unumgänglich gewesen, sich mit der Besteuerung zu beschäftigen. Es sei deshalb davon auszugehen, dass der Kläger seine von einem Steuerberater erstellte Steuererklärung auf ihre Vollständigkeit habe überprüfen können. In der Anlage GSE sei ausdrücklich nach Veräußerungsgewinnen gefragt worden. Bei Prüfung der Steuererklärung vor deren Unterzeichnung hätte sich dem Kläger diese Frage aufdrängen müssen. Ihm sei auch bekannt gewesen, dass durch den Verkauf der Anteile für 350.000 DM ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn entstanden sei. Dies belege die Äußerung des Klägers gegenüber der Prüferin, er sei davon ausgegangen, der Gewinn werde bei der GmbH versteuert. Ein weiteres Beweisanzeichen hierfür sei, dass der Kläger den Gewinn aus dem Verkauf eines Geschäftsanteils an der T KG im Jahr 1991 erklärt habe. Dieser Gewinn sei nach einem Rechtsstreit besteuert worden. Zudem hätte sich der Kläger auf Grund des eindeutigen Hinweises in dem notariellen Kaufvertrag eingehend mit der Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns befassen müssen. Er hätte sich zumindest bei seinem Steuerberater nach der Steuerpflicht erkundigen müssen. Wer dies unterlasse, handle bedingt vorsätzlich, denn er nehme die Möglichkeit einer unzutreffenden Besteuerung billigend in Kauf. Gerade bei der späteren Versteuerung der Zinsen hätte sich dem Kläger die Versteuerung des Veräußerungsgewinns aufdrängen müssen. Da die nach § 153 Abs. 1 AO gebotene Berichtigung der falschen Steuererklärung 1996 unterblieben sei, habe der Kläger die Nichtversteuerung des Gewinns billigend in Kauf genommen.

Zur Begründung der am 31. Mai 2005 erhobenen Klage lassen die Kläger ergänzend folgendes vortragen:

Der in der Einspruchsentscheidung wiedergegebene Sachverhalt sei insoweit zu ergänzen, als die Prüferin bei einer Betriebsprüfung auf Grund der erklärten Zinseinnahmen aus Anteilsverkauf in den Jahren 1997 ff. nach dem Anteilsverkauf gefragt habe. Erst nach Auskunft der Klägerin sei dann der wahre Sachverhalt aufgeklärt worden. Die Prüferin habe nach Rücksprache mit ihrem Sachgebietsleiter die Auffassung vertreten, dass keine Steuerhinterziehung vorliege. Zudem sei bei einer abgekürzten Außenprüfung beim Kläger für die Jahre 1996 und 1997 der Veräußerungsgewinn nicht festgestellt worden, obwohl in der Steuererklärung 1997 die Zinsen aus Anteilsverkauf erklärt gewesen seien. Bei diesem Sachverhalt sei eine Berichtigung des Jahres 1996 nicht mehr möglich, denn der Steueranspruch 1996 sei verjährt. Es liege keine die Verjährungsfrist auf 10 Jahre verlängernde vorsätzliche Steuerverkürzung vor.

Das FA begründe den von ihm angenommenen bedingten Vorsatz damit, dass im Notarvertrag eine steuerliche Belehrung enthalten sei, dass der Kläger die vom Steuerberater erstellte Einkommensteuererklärung auf Vollständigkeit hin habe überprüfen können und dass er eine Berichtigung nach § 153 Abs. 1 AO unterlassen habe. Aus diesen drei Tatbestandselementen leite das FA unzutreffend einen bedingten Vorsatz ab. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Steuerpflichtige eine von einem zuverlässigen Steuerberater erstellte Steuererklärung nicht mehr kontrollieren müsse. Im vorliegenden Fall habe der Kläger die Steuererklärungen 1996 und 1997 ff. vom Steuerbüro Z und Partner, hier: Steuerberater W, erstellen lassen. Der Kläger habe Steuerberater W aus dessen qualifizierter Tätigkeit bei der F GmbH in R, an welcher der Kläger selbst beteiligt sei, gekannt. Er habe sich deshalb darauf verlassen können, dass die von Steuerberater W gefertigte Steuererklärung zutreffend gewesen sei. Es komme nicht darauf an, ob der Kläger die Steuererklärung auf Vollständigkeit habe überprüfen können, sondern ob er sie hätte überprüfen müssen und ob er dann den Fehler erkannt hätte. Die Rechtsprechung verneine ein solches überprüfen müssen. Nach der jüngsten Rechtsprechung sei entscheidend, ob der Steuerberater Kenntnis vom Sachverhalt gehabt habe und ob dieser zumindest billigend in Kauf genommen habe, dass Einnahmen nicht erklärt worden seien und ob dessen Tat dem Steuerpflichtigen zuzurechnen sei. Es könne nicht ohne Weiteres von einer Steuerhinterziehung des Steuerpflichtigen ausgegangen werden, weil dieser in der Regel darauf vertraue, der steuerliche Berater werde rechtzeitig richtige und vollständige Angaben machen. Vorliegend habe der Steuerberater Kenntnis von der Anteilsveräußerung gehabt. Die Kläger hätten ihm alle zur Steuererklärung notwendigen Unterlagen übergeben. Der Steuerberater habe keinen Vorsatz gehabt, die Erträge nicht zu erklären. Es sei lediglich ein Versehen gewesen, so dass höchstens eine leichtfertige Steuerverkürzung in Betracht kommen könne. Es könne weder von billigendem in Kauf nehmen des Steuerberaters noch von billigendem in Kauf nehmen der Kläger ausgegangen werden. Die Kläger hätten als steuerrechtlich Unkundige auf ihren Steuerberater vertraut. Selbst wenn der Steuerberater leichtfertig gehandelt hätte, sei sein Handeln den Klägern nicht zuzurechnen, da selbst ein viel beschäftigter Geschäftsmann darauf vertrauen dürfe, dass sein sorgfältig ausgewählter und überwachter in Steuersachen geschulter Angestellter die Steuererklärungen des Betriebs wie auch die Steuererklärungen des Geschäftsmanns vollständig und richtig vorbereiten werde. Der Tatbestand der Steuerhinterziehung stelle jedoch bei weitem höhere Anforderungen. Somit seien Versehen des Steuerberaters dem Steuerpflichtigen in keinem Falle zuzurechnen.

Der Standardhinweis des Notarvertrages begründe keine Verpflichtung, die darüber hinausgehe, einen Steuerberater mit der Fertigung der Steuererklärung zu beauftragen. Gerade dies sei im vorliegenden Fall geschehen. Dem mit der Anfertigung der Steuererklärung beauftragten Steuerberater seien sämtliche Unterlagen übersandt worden. Aus diesem Grund seien auch in den Folgejahren jeweils die Zinserträge erklärt worden, und zwar abgestuft entsprechend den Kaufpreisraten berechnet. Der Steuerberater habe also trotz Vorliegens des Vertrages nicht bemerkt, dass er im Jahr 1996 einen Fehler gemacht habe. Auch das FA habe nichts bemerkt, obwohl jahrelang Zinsen aus dem Anteilsverkauf erklärt und erläutert worden seien.

Die Behauptung des FA, eine unterlassene Erklärung nach § 153 Abs. 1 AO sei eine vorsätzliche Steuerverkürzung, sei ebenfalls unzutreffend. § 153 Abs. 1 AO setze positives Erkennen der Unrichtigkeit der abgegebenen Steuererklärung voraus. Bloßes Kennen müssen reiche nicht aus. Vorliegend habe weder die Finanzbehörde noch der Steuerberater den Fehler erkannt, so dass die Behauptung des FA, der Kläger habe billigend in Kauf genommen, dass der Veräußerungserlös nicht versteuert werde, nicht durch eine unterlassene Erklärung nach § 153 AO bewiesen werden könne.

Auch wenn die Steuerverkürzung nach den verfahrensrechtlichen Vorschriften der AO und nicht nach der Strafprozessordnung zu beweisen sei, sei der tatsächliche Beweis vom FA zu führen. Die Unterstellung, dass der Kläger den Steuerberater hätte überprüfen müssen und dann erkannt hätte, dass eine Steuerverkürzung im Jahr 1996 vorliege, sei kein Beweis, insbesondere wenn sowohl das FA jahrelang sowohl bei den Veranlagungen als auch bei einer abgekürzten Außenprüfung und auch der Steuerberater der Kläger dies nicht erkannt hätten. Selbst wenn der unrichtige Sachvortrag des FA zutreffend wäre, dass der Kläger der Meinung gewesen sei, die Versteuerung erfolge bei der GmbH, so wäre dies ein Beweis dafür, dass der Kläger seine Berichtigungspflicht nicht erkannt bzw. dass er keine vorsätzliche Steuerverkürzung bei Abgabe der Steuererklärung 1996 begangen habe. Die Beweiswürdigung des FA sei auch lebensfremd. Wenn jemand Steuern verkürzen wolle, dann offenbare er nicht den Sachverhalt bzw. die Rechtsfolgen aus dem verschwiegenen Sachverhalt in den Folgejahren. Eine Steuerverkürzung sei naturgemäß auf das Verheimlichen des Steuertatbestandes angelegt. In diesem Fall hätte der Kläger auch in den Folgejahren nicht Zinsen aus Anteilsverkauf erklärt, sondern Zinsen überhaupt nicht oder nicht offen erklärt. Würden Zinsen aus Anteilsverkauf jedoch angegeben, müsse sich jedem sachkundigen Finanzbeamten die Prüfung aufdrängen, wo der Anteilsverkauf versteuert worden sei. Nach alledem sei die Beweiswürdigung nicht nur widersprüchlich, sondern auch in sich nicht schlüssig. Sie sei durch keinerlei Tatsachen begründet, die einen derartigen Schluss zuließen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 1996 vom 2. Dezember 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Mai 2005 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Behauptung der Kläger, die Betriebsprüferin habe nach Prüfung des Sachverhalts mitgeteilt, eine Steuerhinterziehung liege nicht vor, werde widersprochen.

Da im Klageverfahren sonst keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen würden, werde zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung verwiesen. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass die Versteuerung der Zinsen in den Folgejahren in erster Linie den Kläger selbst Jahr für Jahr an die Anteilsveräußerung erinnert haben müsse. Gleichwohl sei es nicht zu einer Berichtigung der Steuererklärung gemäß § 153 Abs. 1 AO gekommen. Im Hinblick auf die Klagebegründung bedürfe es der Klarstellung, dass das FA diese Überlegungen alternativ anstelle. Sollte man in der unrichtigen Abgabe der Steuererklärung noch keine Straftat sehen können, so müsse eine vorsätzliche Hinterziehung jedenfalls in der unterlassenen Berichtigung gesehen werden.

Das von den Klägern angeführte Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. Mai 2005 VIII R 107/03 könne zu keiner anderen Beurteilung führen. Entscheidend sei vorliegend darauf abzustellen, dass es sich beim Kläger nicht, wie versucht werde darzustellen, um einen in steuerlichen Belangen "Unkundigen" handle. Wie bereits ausgeführt, sei der Kläger seit Jahrzehnten als Unternehmer tätig und habe bereits im Jahr 1991 einen gleich gelagerten Sachverhalt der Besteuerung unterworfen. Dem voraus sei ein Finanzrechtsstreit gegangen, so dass der Kläger über die steuerliche Behandlung eines derartigen Sachverhalts durchaus informiert gewesen sei. Außerdem habe der Notar darauf hingewiesen, dass die Parteien die steuerlichen Aspekte der Veräußerung zu prüfen hätten. Hierin sei ein eindeutiger Hinweis auf mögliche steuerliche Folgen zu sehen. Immerhin sei ein Veräußerungspreis von 350.000 DM erzielt worden. Es handle sich deshalb nicht um einen Vorgang mit zu vernachlässigender Bedeutung, welcher dem Kläger hätte nicht auffallen müssen. Der BFH führe in seinem Urteil lediglich aus, dass nicht ohne Weiteres von einer Steuerhinterziehung des Steuerpflichtigen ausgegangen werden könne, wenn dieser die steuerlichen Informationen an seinen Steuerberater weitergegeben habe. Im vorliegenden, bereits vom Sachverhalt her abweichenden Fall werde keine Steuerhinterziehung beim Berater, welche dann eventuell dem Steuerpflichtigen zuzurechnen wäre, angenommen. Vielmehr habe der Kläger selbst durch billigende Inkaufnahme der Nichtbesteuerung des Vorgangs, obwohl er von der Steuerpflicht gewusst habe, die Steuerhinterziehung begangen.

Am 4. Januar 2008 hat der Senat beschlossen, durch Vernehmung des damaligen Steuerberaters der Kläger Rudolf W in der mündlichen Verhandlung vom 30. Januar 2008 als Zeugen, darüber Beweis zu erheben, aus welchen Gründen der Gewinn aus der Anteilsveräußerung durch notariellen Vertrag vom 11. September 1996 nicht in der Einkommensteuererklärung 1996 der Kläger angegeben wurde.

Wegen der Aussage des Zeugen sowie der Einlassung des Klägers wird auf die vorläufige Aufzeichnung auf Tonträger in der Sitzung vom 30. Januar 2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Änderung des bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids 1996 durch den angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheid vom 2. Dezember 2004 war nicht (mehr) zulässig. Denn zu diesem Zeitpunkt war die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen.

Die Beteiligten gehen zutreffend davon aus, dass der bestandskräftige Einkommensteuerbescheid 1996 im Jahr 2004 auf Grund nachträglich bekannt gewordener Tatsachen gemäß § 173 Abs. 1 AO nur geändert werden konnte, wenn eine Steuerverkürzung i.S.d. § 370 AO vorlag und die Festsetzungsfrist deshalb gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO zehn Jahre betrug. Diese Voraussetzung ist hier jedoch nicht gegeben.

Die Festsetzungsfrist der Einkommensteuer 1996 der Kläger begann gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO, da die Einkommensteuererklärung 1996 im Jahr 1998 abgegeben wurde, mit Ablauf des 31. Dezember 1998. Sie betrug gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO vier Jahre und endete demnach mit Ablauf des 31. Dezember 2002. Im Zeitpunkt der Änderung des Einkommensteuerbescheids am 2. Dezember 2004 war sonach die Festsetzungsverjährung nur dann nicht eingetreten, wenn die Voraussetzungen für eine gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auf zehn Jahre verlängerte Festsetzungsfrist gegeben waren, d.h. die Steuer hinterzogen wurde.

Der angefochtene Bescheid hätte auch dann nicht mehr ergehen dürfen, wenn die Steuer nur leichtfertig verkürzt worden wäre (§ 378 AO). In diesem Fall hätte die Festsetzungsfrist fünf Jahre betragen (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO). Diese Frist hätte mit Ablauf des Jahres 2003 geendet und war somit bei Beginn der Außenprüfung (§ 171 Abs. 4 AO) beim Kläger im Juni 2004 sowie im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids am 2. Dezember 2004 bereits abgelaufen.

Die bei Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung sowie durch Vernehmung des früheren Steuerberaters der Kläger als Zeugen getroffenen tatsächlichen Feststellungen reichen für die Annahme einer Steuerhinterziehung durch diese Personen nicht aus. Die Einkommensteuer 1996 ist vorliegend zwar objektiv verkürzt worden, die subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung liegen jedoch - entgegen der Rechtsauffassung des FA - nicht vor.

Eine Steuerhinterziehung begeht, wer den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder sie pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt (§ 370 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 AO). Steuern sind dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden. Die Steuerhinterziehung muss vorsätzlich, d.h. mit Wissen und Wollen desjenigen, der die unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben gemacht hat, begangen werden (§ 15 Strafgesetzbuch). Vorsätzlich handelt auch, wer es für möglich hält, dass er den Tatbestand verwirklicht oder dies billigt oder doch in Kauf nimmt (bedingter Vorsatz, vgl. Urteil des BFH vom 31. Juli 1996 XI R 74/95, BStBl II 1997, 157). Dabei muss sich der Wille auf die Verwirklichung des Tatbestands in Kenntnis seiner Tatbestandsmerkmale beziehen. Hierbei reicht es aus, dass der Täter anhand einer unter Umständen laienhaften Bewertung der Umstände erkennt, dass ein Steueranspruch existiert, auf den er einwirkt. Andernfalls käme nur die Strafbarkeit von Steuerfachleuten in Betracht. Es ist auf die konkreten Fähigkeiten des Betroffenen zur möglichen steuerrechtlichen Wertung von Tatbeständen abzustellen. D.h. es genügt für die Annahme einer Steuerhinterziehung, wenn sich der Steuerpflichtige auf Grund dieser Parallelwertung in der Laiensphäre des sozialen Sinngehalts seines Verhaltens bewusst ist (Hellmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/Finanzgerichtsordnung -FGO -, § 370 AO Randziffer 228). Steuerhinterzieher kann nur derjenige sein, den eine Erklärungs- und Garantenpflicht trifft (Urteil des BFH vom 31. Juli 1996 XI R 74/95, a.a.O.).

Hängt die Rechtmäßigkeit eines Bescheids davon ab, dass Steuern hinterzogen worden sind, so müssen zur Bejahung der Rechtmäßigkeit des Bescheids die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung vorliegen (Urteile des BFH vom 27. August 1991 VIII R 84/89, BStBl II 1992, 9;vom 19. März 1998 V R 54/97, BStBl II 1998, 466). Das FA trägt insoweit die objektive Feststellungslast (Beweislast) für das Vorliegen aller Tatbestandsmerkmale der strafbaren Handlung, und zwar auch in subjektiver Hinsicht. Das Vorliegen dieser Tatbestandsmerkmale ist im Besteuerungsverfahren nicht nach der Strafprozessordnung, sondern nach den Vorschriften der AO und der FGO zu prüfen. Für die Feststellung der Steuerhinterziehung, die nach § 76 Abs. 1 Sätze 1 und 5 FGO von Amts wegen zu treffen ist, ist kein höherer Grad von Wahrscheinlichkeit notwendig, als für die Feststellung anderer Tatsachen, für die das FA die Feststellungslast trägt (Beschluss des BFH vom 5. März 1979 GrS 5/77, BStBl II 1970, 570; Urteil des BFH vom 21. Oktober 1988 III R 194/84, BStBl II 1989, 216). Im Besteuerungs- und finanzgerichtlichen Verfahren ist jedoch auch der strafverfahrensrechtliche Grundsatz "in dubio pro reo" zu beachten (Urteil des BFH vom 19. März 1998 V R 54/97, a.a.O.). Eine strafrechtliche Verurteilung des Täters ist nicht erforderlich (Urteil des BFH vom 27. August 1991 VIII R 84/89, a.a.O.). Im Besteuerungsverfahren kann unabhängig vom Ausgang des Strafverfahrens entschieden werden; eine Bindung besteht insoweit nicht (Beschluss des BFH vom 10. Mai 1999 V B 137/98, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 1999, 1399, mit weiteren Nachweisen). Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung.

Ein Vorsatz ausschließender Tatbestandsirrtum nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Strafgesetzbuch liegt (nur) dann vor, wenn der Steuerpflichtige aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht erkennt, dass seine Angaben unrichtig oder unvollständig sind bzw. dass ein Verkürzungserfolg eintreten kann (Hellmann, a.a.O., § 370 AO, Randziffer 249). Dabei setzt die Annahme einer Steuerhinterziehung aber insbesondere nicht die Feststellung voraus, dass sich der Steuerpflichtige konkrete Vorstellungen über die konkrete steuerliche Einordnung des von ihm nicht oder unrichtig erklärten Sachverhalts gemacht hat. Entscheidend ist allein, ob er als steuerpflichtig erkannte Einkünfte bewusst verschwiegen hat. Es genügt - wie dargelegt - eine seiner Gedankenwelt entsprechende allgemeine Bewertung (Urteil des BFH vom 21. Februar 1992 VI R 141/98, BStBl II 1992, 565, 569; Beschluss des BFH vom 18. Dezember 1986 I B 49/86, BStBl II 1998,213).

Nach diesen Prüfungsgrundsätzen hat der Kläger keine Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 AO begangen.

Die pflichtwidrige Nichtangabe des Gewinns aus der Veräußerung des hälftigen Anteils am Stammkapital der Y GmbH in der Einkommensteuererklärung 1996 und die dadurch bewirkte Steuerverkürzung erfüllen den objektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung. In subjektiver Hinsicht ist der Senat auf Grund seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu der Erkenntnis gelangt, dass der Kläger möglicherweise leichtfertig, jedoch nicht bedingt vorsätzlich gehandelt hat. Der Veräußerungsgewinn wurde in der vom damaligen steuerlichen Berater der Kläger, dem Zeugen W, gefertigten Einkommensteuererklärung 1996 nicht angegeben. Der Kläger hat bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung hierzu erklärt, ihm sei nicht bekannt gewesen, dass der Gewinn aus dem Anteilsverkauf steuerpflichtig gewesen sei. Diese Einlassung ist nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Der Kläger ist von Beruf Friseur und hatte, bevor er seinen Straßenmarkierungsbetrieb gründete, als Autoverkäufer gearbeitet. Er hat demnach keine kaufmännische Ausbildung. In seinem Betrieb kümmerte er sich vor allem um Angebote, Kalkulation sowie den Einsatz der Arbeitnehmer. Aus diesen Gründen ist der Kläger sehr häufig unterwegs gewesen. Die Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten hat er einer Angestellten, die ausgebildete Steuerfachgehilfin ist, sowie seinem Steuerberater übertragen. Nach Erinnerung des Klägers ist der notarielle Vertrag über den Anteilsverkauf von seiner Angestellten abgelegt und dem Steuerberater zur Fertigung der Steuererklärung vorgelegt worden. Der Kläger hat sich beim Verkauf des GmbH-Anteils von seinem damaligen Steuerberater S bezüglich der Ermittlung des Werts des Anteils beraten lassen. Dabei sei es hauptsächlich um die Höhe des Kaufpreises sowie dessen Finanzierung gegangen. Über eine Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns sei er von seinem Berater nicht unterrichtet worden. Von einer solchen Steuerpflicht habe er auch nichts gewusst. Diese Einlassung kann durchaus zutreffen. Denn dem Kläger musste nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten die steuerliche Behandlung der Veräußerung von sich im Privatvermögen befindenden Anteilen an Kapitalgesellschaften nicht bekannt gewesen sein. Nach der im Streitjahr geltenden Fassung des Einkommensteuergesetzes war der bei Veräußerung von zum Privatvermögen gehörenden Anteilsrechten an Kapitalgesellschaften entstehende Gewinn grundsätzlich steuerfrei. Etwas anderes galt, wenn der Steuerpflichtige die Anteilsrechte nicht länger als sechs Monate in Besitz hatte und die Veräußerung daher als Spekulationsgewinn nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 b EStG zu versteuern war (Urteil des BFH vom 6. Februar 1970 VI R 186/67, BStBl II 1970, 400). Eine weitere Einschränkung der grundsätzlichen Steuerfreiheit ergab sich aus der Vorschrift des § 17 EStG in den Fällen, in denen der Anteilseigner - wie hier - zu mehr als einem Viertel an dem Kapital einer Kapitalgesellschaft beteiligt war. Überstieg die Beteiligung diese Wertgrenze, so wurde der Anteilseigner wie ein Gewerbetreibender behandelt, indem der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer solchen "wesentlichen Beteiligung" als Einkünfte aus Gewerbebetrieb besteuert wurde. Die Steuerpflicht nach § 17 EStG trat also nur hilfsweise ein, wenn die Veräußerung der Anteile nicht bereits als Veräußerung innerhalb eines Betriebsvermögens oder nach § 23 EStG als Spekulationsgewinn steuerpflichtig war. Bei dieser Rechtslage war es für einen steuerlichen Laien wie den Kläger durchaus möglich, dass ihm die Steuerpflicht eines solchen Anteilsverkaufs unbekannt war.

Die Behauptung des Klägers, er habe die von seinem Steuerberater gefertigte Steuererklärung mangels eigener Sachkunde ohne Prüfung unterzeichnet und seiner Angestellten sowie dem ihm als sachkundig und zuverlässig bekannten Steuerberater vertraut, ist plausibel, zumal der Kläger in der fraglichen Zeit als Betriebsleiter auf Grund der Auftragslage stark belastet war. Dass der Kläger den Veräußerungsgewinn nicht der Besteuerung entziehen wollte, folgt auch daraus, dass die Zinsen aus dem gestundeten Kaufpreis unter Angabe des Zahlungsgrunds "Anteilsverkauf" in den Steuererklärungen der Folgejahre unter Vorlage des jeweiligen Bankbelegs als Einnahmen aus Kapitalvermögen angegeben wurden. Hätte der Veräußerungsgewinn der Besteuerung entzogen werden sollen, wäre nicht so verfahren worden. Denn hierdurch hätte das FA bei sorgfältiger Bearbeitung der Steuererklärungen die unterbliebene Besteuerung des Anteilsverkaufs entdecken müssen.

Die Behauptung des FA, der Kläger habe bereits im Jahr 1991 einen gleich gelagerten Sachverhalt der Besteuerung unterworfen, trifft nicht zu. Denn ausweislich der sich bei den FA-Akten befindenden, von Steuerberater S erstellten Einkommensteuererklärung 1991 wurde vom Kläger ein Veräußerungsgewinn "Vergleichszahlung aus der Auseinandersetzung der ehemaligen T KG" erklärt. Hierbei handelt es sich um einen nach § 16 EStG steuerpflichtigen Gewinn aus der Veräußerung (Aufgabe) eines Mitunternehmeranteils.

Aus dem Hinweis in dem notariellen Vertrag, dass über die steuerliche Auswirkung nicht belehrt und insoweit auf die Angehörigen der steuerberatenden Berufe verwiesen werde, lässt sich ebenfalls kein vorsätzliches Verhalten des Klägers ableiten. Da der Kläger beim Anteilsverkauf sowie der Fertigung der Steuererklärung 1996 steuerlich beraten wurde, konnte er sich auf die sachkundige Beurteilung durch seine Berater verlassen.

Das FA zieht aus dem Umstand, dass der Kläger die vom Steuerberater ausgearbeitete Steuererklärung ohne Prüfung unterzeichnete, den Schluss, dass er die Nichtversteuerung billigte oder doch in Kauf nahm. Diese Folgerung setzt voraus, dass es der Kläger für möglich hielt, dass er den Tatbestand der Steuerhinterziehung durch Verschweigen des Anteilsverkaufs verwirklichte. Dies gilt auch für die vom FA angenommene Verpflichtung des Klägers gemäß § 153 AO, seine unvollständige Steuererklärung nachträglich zu berichtigen. Diese vom FA als gegeben erachtete innere Tatsache steht jedoch - wie vorstehend dargelegt - nicht zur Überzeugung des Senats fest. Dem FA ist zuzugeben, dass die Angaben des Klägers zu Zweifeln Anlass geben. Diese Zweifel gehen jedoch zu Lasten des FA, welches die Feststellungslast für das Vorliegen des subjektiven Tatbestands der Steuerhinterziehung trägt. Für dessen Feststellung fehlt es an beweiskräftigen Indizien.

Eine dem Kläger zurechenbare, die Festsetzungsfrist verlängernde Steuerhinterziehung durch seinen früheren Steuerberater W ist gleichermaßen nicht gegeben.

Der Kläger bediente sich des Zeugen W zur Erfüllung seiner eigenen steuerlichen Pflichten. Dieser war damit sein Erfüllungsgehilfe i.S.d. § 169 Abs. 2 Satz 3 AO. Nach dieser Vorschrift muss sich der Kläger eine Steuerhinterziehung zurechnen lassen, die durch eine Person begangen wird, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bediente.

Dem als Zeugen vernommenen Steuerberater kann eine Steuerhinterziehung zugunsten des Klägers nicht nachgewiesen werden. Diese Rechtsauffassung hat das FA in der mündlichen Verhandlung im Anschluss an die Beweisaufnahme auch nicht vertreten. Die Darlegung des Zeugen, er gehe davon aus, dass er die Einkommensteuererklärung 1996 der Kläger nach Auswertung der ihm vorgelegten Belege sorgfältig unter Beachtung seiner Berufspflichten ausgearbeitet habe, ist nicht von vorneherein unglaubhaft. Dass sich der Zeuge an Einzelheiten bei der Anfertigung der Steuererklärung nicht mehr erinnern konnte, ist verständlich, zumal das Geschehen nahezu zehn Jahre zurückliegt. Wie es dazu kam, dass der Gewinn von dem Zeugen nicht erklärt wurde, lässt sich heute nicht mehr klären. Jedenfalls fehlt es an aussagekräftigen Beweisanzeichen, die den Schluss zulassen, der Steuerberater habe durch Nichterklären des Gewinns aus dem Anteilsverkauf eine Steuerhinterziehung zugunsten des Klägers begehen wollen. Es ist auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Zeuge eine so schwerwiegende, strafbare Verletzung seiner Berufspflichten hätte begehen sollen, die seine berufliche Existenz gefährdet hätte. Ob der Steuerberater den Vertrag über den Anteilsverkauf überhaupt zur Kenntnis genommen hatte, lässt sich nicht mehr feststellen. Bei dieser Sachlage spricht zwar vieles dafür, dass der Zeuge bei der Erstellung der Steuererklärungen der Folgejahre eine Sorgfaltspflichtverletzung beging, da er es unterließ, auf Grund der Zinsbelege den zugrundeliegenden Sachverhalt im Jahr 1996 zu prüfen. Dies reicht jedoch nicht aus. Denn für ein vorsätzliches Handeln sind - wie ausgeführt - keine Anhaltspunkte gegeben.

Da der Steueranspruch sonach im Zeitpunkt der Änderung des Steuerbescheids verjährt war, ist der angefochtene Änderungsbescheid antragsgemäß aufzuheben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 151 FGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 709, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).



Ende der Entscheidung

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