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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 18.03.2009
Aktenzeichen: 2 K 160/06
Rechtsgebiete: EStG, AO


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 4a
AO § 42
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der gemäß § 4 Abs. 4 a Einkommensteuergesetz (EStG) nicht abziehbaren Schuldzinsen.

Die Kläger sind Eheleute, die für die Streitjahre 2001 - 2003 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden.

Der Kläger betreibt eine Facharztpraxis (Hautarzt) in X. Den Gewinn aus selbständiger Tätigkeit ermittelte er gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Im Jahr 2001 errichteten die Kläger ein Einfamilienhaus für eigene Wohnzwecke. Die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten gaben sie mit 1 Mio. DM an (vgl. Eigenheimzulageakte).

Der Kläger erklärte für die Streitjahre folgende Gewinne und folgende Beträge als nicht abziehbare Schuldzinsen gemäß § 4 Abs. 4a EStG:

 JahrGewinnNicht abziehbare Schuldzinsen
2001200.399 DM5.661 DM
200290.295 EUR2.594 EUR
200397.495 EUR456 EUR

Die Finanzierungskosten entwickelten sich lt. Gewinnermittlung wie folgt:

 JahrFinanzierungskosten
200047.867 DM
200160.572 DM
200236.994 EUR
200335.399 EUR

Für den Schuldzinsenabzug nach § 4 Abs. 4a EStG legte der Kläger für das Jahr 2001 mit der Einkommensteuererklärung eine Aufstellung vor (vgl. AS. 9). In den beiden späteren Jahren nannte er nur den von ihm bzw. seinem Berater ermittelten Hinzurechnungsbetrag (vgl. Gewinnerermittlungsakten, nicht paginiert).

Im Jahr 2004 fand bei dem Kläger eine Betriebsprüfung statt. Ausweislich des Prüfungsberichts vom 23. März 2005 stellte der Prüfer folgende Besteuerungsgrundlagen fest:

 200120022003
Einnahmeüberschuss195.030 DM87.877,05 EUR97.215,21 EUR
Einlagen468.020 DM38.106 EUR18.714 EUR
Entnahmen-1.094.924 DM-154.281 EUR 
- Vortrag 31.12.2000-201.029 DM  
- Vortrag 31.12.2001 -323.232 EUR 
- Vortrag 31.12.2002  -351.166 EUR
Überentnahmen-632.188 DM-351.166 EUR-323.251 EUR

Dabei ließ der Prüfer unberücksichtigt, dass der Kläger in den Streitjahren - jeweils durch eine kurzfristige Kreditzusage der Sparkasse X - auf sein betriebliches Girokonto folgende Einzahlungen vornahm, die jeweils nach nur wenigen Tagen zurückbezahlt wurden:

 Datum der EinzahlungBetragDatum der RückzahlungBetrag
28.12.2001530.000 DM02.01.2001271.217,18 EUR
28.03.2002271.000,00 EUR02.04.2002271.000,00 EUR
30.12.2002300.000,00 EUR02.01.2003300.000,00 EUR
30.12.2003300.000,00 EUR02.01.2004300.000,00 EUR

Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass die Kreditaufnahmen nur den Zweck gehabt hätten, die durch Entnahmen (insbesondere im Jahr 2001 für den privaten Wohnungsbau) entstandenen Überentnahmen zu vermindern und dadurch die Zurechnung zum Gewinn nach § 4 Abs. 4a EStG zu verhindern.

Die Ergebnisse seiner Prüfung legte der Prüfer in seinem Bericht vom 23. März 2005 nieder. Der Prüfer kam dabei zu folgenden Hinzurechnungsbeträgen nach § 4 Abs. 4a EStG:

 200120022003
Wert vor Prüfung5.661,00 DM2.594,00 EUR456,12 EUR
Wert lt. Prüfung35.990,00 DM21.069,00 EUR19.395,12 EUR
Differenz30.329,00 DM18.475,00 EUR18.939,00 EUR

Wegen der Einzelheiten wird auf Tz. 15 sowie die Anlagen 5 und 6 des Prüfungsberichts verwiesen.

Bei der Auswertung des Berichts schloss sich der Beklagte (das Finanzamt - FA) den Feststellungen des Prüfers an. Mit gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheiden vom 12. April 2005, mit denen es auch jeweils den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob, setzte es die Einkommensteuer für die Streitjahre wie folgt fest:

 200120022003
vorherige Festsetzung32.261,00 DM19.494,00 EUR22.800,00 EUR
gem. Änderungsbescheid vom 12. April 200544.356,00 DM27.272,00 EUR31.176,00 EUR

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigen vom 20. April 2005 erhoben die Kläger Einspruch. Zur Begründung trugen sie mit Schreiben vom 22. Juli 2005 vor, dass bei den im Prüfungsbericht angeführten Privateinlagen und Privatentnahmen kein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten vorliege.

Dem Steuerpflichtigen könne nicht vorgeschrieben werden, welche Einlagen und Entnahmen er machen dürfe. Es stehe in seinem Ermessen, wie er sich oder seine Praxis finanziere. Im Übrigen habe der Gesetzgeber in der Vergangenheit mit der Drei-Monatsregelung explizit geregelt, dass verschiedene Einnahmen und Entnahmen wieder zu korrigieren seien. Diese Regelung sei dann aufgehoben worden.

Hiermit habe der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er nun eventuelle Veränderungen durch Einlagen und Entnahmen in Kauf nehme, da die bisherige Regelung für die Verwaltung nur unnötigen Aufwand darstelle. Neben § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG sei kein Raum mehr für die Anwendung des § 42 AO.

Mit Einspruchsentscheidung vom 11. Mai 2006 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wies es darauf hin, dass die Darlehensvaluta jeweils unmittelbar zur Gutschrift auf einem der betrieblichen Konten des Klägers gekommen sei und daher zu keinem Zeitpunkt Privatvermögen des Klägers gewesen seien. Die Darlehen seien durch den Betrieb veranlasst und daher Betriebsschuld.

Mit der am 12. Juni 2006 erhobenen Klage machen die Kläger geltend, dass die Darlehen ganz offensichtlich privat aufgenommen worden seien. Die Darlehensverträge seien nicht mit der Praxis geschlossen worden. Dementsprechend habe der Kläger auch die Zinsen der Darlehens privat bezahlt.

Demgemäß handele es sich bei der Darlehensvaluta um private Gelder, die jederzeit in das Betriebsvermögen eingelegt werden könnten. Es dürfe keinen Unterschied machen, ob privat - vorhandene - oder privat - beschaffte - Liquidität in den Betrieb eingelegt werde.

Der Kläger beantragt,

die Einkommensteueränderungsbescheide für die Jahre 2001 bis 2003 vom 14. April 2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Mai 2005 zu ändern und Schuldzinsen gemäß § 4 Abs. 4 a EStG in folgender Höhe hinzuzurechnen:

 20012.894 Euro
20022.594 Euro
2003456 Euro

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung.

Der Berichterstatter hat am 13. November 2008 mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt und am 18. März 2009 hat vor dem Senat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschriften wird Bezug genommen.

Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und auf die dem Senat vorliegenden Steuerakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten.

Zu Recht hat das FA bei der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen die jeweils zum Jahresende erfolgten kurzfristigen Mittelzuführungen auf dem betrieblichen Girokonto steuerlich nicht berücksichtigt und für die Streitjahre auf der Grundlage des § 4 Abs. 4 a EStG eine weitere Hinzurechnung von Zinsen in folgender Höhe vorgenommen:

 200130.329 DM
200218.475 EUR
200318.939 EUR

Nach § 4 Abs. 4 a Sätze 1 und 2 EStG in den in den Streitjahren anwendbaren Fassungen sind Schuldzinsen nicht uneingeschränkt abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen eines Wirtschaftsjahres übersteigen. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert ermittelt mit 6 v. H. der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zzgl. der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen). Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2.050 Euro (bzw. 4.000 DM) verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.

Im Streitfall ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Kläger die von dem Betriebsprüfer zutreffend ermittelten Überentnahmen tatsächlich getätigt und dass das FA die nicht abziehbaren Schuldzinsen in den Streitjahren jeweils zutreffend berechnet hat. Bedenken gegen die in Anlage 5 zum Betriebsprüfungsbericht vom 23. März 2003 aufgeführten Berechnungsgrundlagen sind nicht ersichtlich und wurden von den Beteiligten auch nicht vorgetragen.

Streitig ist allein, ob § 4 Abs. 4 a EStG allein deshalb nicht zur Anwendung kommen kann, weil der Kläger seinem betrieblichen Girokonto jeweils kurz vor Jahresende fremd finanzierte Geldmittel zugeführt hat, die er jeweils wenige Tage später nach Eintritt des Jahreswechsels wieder auf sein privates Girokonto zurücktransferiert hat.

Nach den von dem Bundesfinanzhofs (BFH) entwickelten Grundsätzen (vgl. insbesondere Beschluss des Großen Senats vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817) wäre im Streitfall an sich vorrangig in einem ersten Schritt zu prüfen, zu welchen Zwecken die für die Mittelzuführung benötigten und durch eine Limiteneinräumung auf dem privaten Girokonto gewährten Darlehen von dem Kläger aufgenommen worden sind. Denn ungeachtet der Einführung des § 4 Abs. 4a EStG bestimmt sich die Frage, ob ein Darlehen zu privaten oder betrieblichen Zwecken aufgenommen wurde, allein anhand des tatsächlichen Verwendungszwecks.

Schuldzinsen können - allgemeinen Grundsätzen folgend - nicht allein kraft einer Willensentscheidung, d.h. durch die nach außen dokumentierte Wertung des Steuerpflichtigen, es liege eine Betriebsschuld vor, sondern nur dann als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn mit den Darlehensmitteln betrieblich veranlasste Aufwendungen getätigt werden. Umgekehrt kann demgemäß ein Darlehen im privaten Bereich nur dann angenommen werden, wenn die Darlehensmittel nicht für betrieblich veranlasste Aufwendungen verwendet werden.

Im Streitfall kann nach Auffassung des Senats jedoch offen bleiben, ob die jeweils durch von der Sparkasse geduldete Überziehung des Privatkontos aufgenommenen Darlehen infolge der Verwendung der Valuta zur kurzfristigen Verstärkung des Betriebsvermögens als Betriebsschulden anzusehen sind oder ob es sich entsprechend der Rechtsauffassung des Klägers lediglich um "fremd finanzierte Einlagen" in das Betriebsvermögen handelt. Denn die Berücksichtigung des Mittelzuflusses als Einlage scheidet im Streitfall jedenfalls wegen Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO aus.

Eine Steuerumgehung im Sinne des § 42 AO in den für die Streitjahre geltenden Fassungen (das war für das Jahr 2001 die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 20. Dezember 2001 - StÄndG 2001 - (BGBl. I 2001, S. 3794) geltende Fassung, für die Jahre 2002 und 2003 die durch das StÄndG 2001 um einen Absatz 2 ergänzte Fassung) liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der auch der erkennende Senat folgt, vor, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die zur Erreichung des erstrebten wirtschaftlichen Ziels unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (st. Rspr.; vgl. z.B.: BFH-Urteile vom 18. März 2004 III R 25/02, BStBl II 2004,787; und vom 29. August 2007 IX R 17/07, BStBl II 2008, 426; BFH-Beschlüsse vom 3. Februar 1993 I B 90/92, BStBl II 1993, 426; und vom 20. Mai 1997 VIII B 108/96, DStRE 1997, 798).

Grundsätzlich ist der Steuerpflichtige in der Wahl seiner Gestaltungen frei. Allein das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen (vgl. z.B.: BFH-Beschluss vom 29. November 1982 GrS 1/81, BStBl II 1983, 272). Eine steuerliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreicht werden soll (vgl. z.B.: BFH-Urteile vom 16. Januar 1996 IX R 13/92, BStBl II 1996, 214; und vom 17. Dezember 2003 IX R 56/03, BStBl II 2004, 648, m.w.N.).

Eine Gestaltung ist unangemessen, wenn sie überhaupt keinem wirtschaftlichen Zweck dient, wenn ein vernünftiger wirtschaftlicher Grund überhaupt fehlt, wenn sie letztlich allein der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist.

Danach sind unangemessen abwegige Gestaltungen. Maßgeblich ist, ob verständige Beteiligte die Gestaltung in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts unter wirtschaftlicher Zielsetzung gewählt hätten.

Zwar beschränkt das EStG den Kläger grundsätzlich nicht in seinem Recht, jederzeit Einlagen oder Entnahmen zu tätigen. Im Streitfall ist für den Senat jedoch kein vernünftiger wirtschaftlicher oder sonst beachtlicher außersteuerlicher Grund dafür ersichtlich, dem betrieblichen Girokonto des Klägers jeweils für die Dauer von nur wenigen Tagen Geldmittel zuzuführen, die durch eine von der Bank geduldete Überziehung des privaten Girokontos des Klägers finanziert wurden. So lag der von der Sparkasse für die Limiteneinräumung geforderte Zinssatz von 7,50% deutlich über den Zinssätzen, die der Kläger ansonsten für von ihm in Anspruch genommene Darlehen aufwenden musste. Dies ergibt sich aus den von dem Kläger vorgelegten Darlehensverträgen (AS. 76 ff.). Die Inanspruchnahme der Darlehen rechnete sich für den Kläger somit allein vor dem Hintergrund der Erzielung der beabsichtigten Steuerminderung.

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Mittelzuführungen jeweils den Betrag bei weitem überschritten haben, mit dem das betriebliche Girokonto zum Zeitpunkt des Zahlungseingangs jeweils im Soll geführt wurde, so dass auch das denkbare Ziel einer (kurzfristigen) Verringerung eines Überziehungskredits im Streitfall als ggf. beachtliches außersteuerliches Motiv für die gewählte Gestaltung ausscheidet. So wies das betriebliche Girokonto infolge der Überweisungen des Klägers am 31. Dezember 2001 ein Guthaben von 431.858,55 DM, am 30. Dezember 2002 von 227.450,39 Euro und am 31. Dezember 2003 von 228.041,39 Euro auf.

Der Kläger hat sich zur Begründung seiner Vorgehensweise allein darauf berufen, dass es ihm als Unternehmer jederzeit frei stünde, wie er sich oder seine Praxis finanziere. Wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe für die gewählte Gestaltung wurden von ihm nicht angeführt. Die Gestaltung sollte daher nach der Überzeugung des Senats allein dazu dienen, dass der Stand der Überentnahmen zum maßgeblichen Stichtag kurzfristig zurückgeführt wird (Windowdressing). Die Gestaltung diente mithin allein der Steuerminderung, die auf Grund der gesetzlichen Wertungen so nicht erreichbar sein sollte.

Denn § 4 Abs. 4 a EStG soll gerade verhindern, dass Schuldzinsen für Darlehen steuerlich geltend gemacht werden können, die zwar formal der betrieblichen Sphäre zuzuordnen sind, der Sache nach indes zur Finanzierung von Entnahmen aufgenommen und deren Mittel letztlich privaten Zwecken zugeführt werden; es soll der gesetzliche Ausschluss privat veranlasster Schuldzinsen vom Steuerabzug nicht umgangen werden können (vgl. Seiler in Kirchhof/Söhn, EStG, Stand Febr. 2009, § 4 RdNr. Ea 20).

Mit der von dem Kläger gewählten Gestaltung würde jedoch die Vorschrift und der von ihr verfolgte Zweck weitgehend leerlaufen.

Der Anwendung von § 42 AO steht der Umstand nicht entgegen, dass der Gesetzgeber die spezielle Missbrauchsverhinderungsregelung in § 4 Abs. 4 a Satz 3 EStG a.F. durch Art. 1 Nr. 4 Ziff. A StÄndG 2001 ersatzlos aufgehoben hat. § 4 Abs. 4 a Satz 3 EStG a.F. hatte geregelt, dass Entnahmen und Einlagen, die in den letzten drei Monaten eines Wirtschaftsjahres getätigt werden, nicht zu berücksichtigen waren, soweit sie in der Summe in den nächsten drei Monaten des Folgejahres wieder rückgängig gemacht werden. Denn die Streichung erfolgte primär aus Praktikabilitätsgründen, weil sie dazu geführt hatte, dass bei allen Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften der Abschluss der Buchführungsarbeiten eines Wirtschaftsjahres und damit vielfach auch die Abgabe der Steuererklärung um drei Monate verzögert wurde. Außerdem wurde die Regelung als nur bedingt geeignet angesehen, missbräuchliche Gestaltungen zu verhindern (vgl. BT-Drucks. 14/6877 S. 24).

Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger hat der Gesetzgeber die von dem Kläger gewählte Gestaltung als missbräuchlich erkannt und nicht etwa durch die Aufhebung des § 4 Abs. 4 a Satz 3 EStG a.F. ausdrücklich zugelassen. Er hat vielmehr die allgemeinen Regeln zur Missbrauchsbekämpfung als ausreichend angesehen. Durch den Wegfall der speziellen Missbrauchsverhinderungsvorschrift ist nach Auffassung des Senats somit wieder Raum für eine Anwendung von § 42 AO.

Die unangemessene rechtliche Gestaltung muss schließlich zweckgerichtet zur Umgehung eines Steuergesetzes gewählt worden sein, das heißt, es muss mit Umgehungsabsicht gehandelt werden (Finanzgericht Münster , Urteil vom 30. Mai 2006, 11 K 6601/02 E, EFG 2006, 1302). Ist der Tatbestand des § 42 AO im Übrigen erfüllt, lässt sich die Umgehungsabsicht regelmäßig im Wege des Indizienbeweises feststellen. Der Steuerpflichtige muss für die von ihm gewählte Gestaltung eine plausible Erklärung geben können. Geschieht dies - wie im Streitfall - nicht, so spricht das für eine Umgehungsabsicht (Finanzgericht Schleswig-Holstein , Urteil vom 10. April 2003, 2 K 304/00, EFG 2003, 1553). Im Übrigen wurde von dem Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass die Gestaltung allein deshalb gewählt wurde, um die Begrenzung des Schuldzinsenabzugs nach § 4 Abs. 4 a EStG zu vermeiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen (§ 115 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Ende der Entscheidung

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