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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 15.12.2005
Aktenzeichen: 3 K 100/02
Rechtsgebiete: EStG 1997


Vorschriften:

EStG 1997 § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Finanzrechtsstreit

hat der 3. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2005 durch Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ... Richter am Finanzgericht ... Richterin am Finanzgericht ... ehrenamtliche Richter ...

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 7/8 und der Beklagte 1/8.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat.

4. Die Revision wird zugelassen.

Anschrift: Finanzgericht Baden-Württemberg - Außensenate Freiburg -, Postfach 52 80, 79019 Freiburg

Dienstgebäude: Gresserstr. 21, 79102 Freiburg

Fernsprecher: 0761 20724 201, Fax: 20724200, E-Mail: Poststelle@FGFreiburg.justiz.bwl.de

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Tatbestand

Streitig ist die bilanzrechtliche Zulässigkeit passiver Rechnungsabgrenzungsposten, die vereinnahmte Entschädigungen teilweise erst in späteren Gewinnermittlungs-Zeiträumen gewinnwirksam werden lassen (§ 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz - KStG - i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1, 5 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz - EStG -).

Die jetzige Klägerin ist ebenso wie ihre Rechtsvorgängerin, die ursprüngliche Klägerin, eine Bank ...

Mit zahlreichen Kreditkunden hatte die frühere Klägerin Darlehensverträge geschlossen, die ursprünglich für einen vertraglich festgelegten Zeitraum Festzinsvereinbarungen enthielten. Auf Wunsch etlicher Kunden wurden diese Zinsvereinbarungen während des Festzinszeitraums, d.h. innerhalb der Vertragslaufzeit geändert. Das Kreditverhältnis wurde dabei im übrigen nicht geändert, d.h. das Darlehen wurde nicht zurückgezahlt und neu ausgezahlt, Sicherheiten wurden nicht neu bestellt, ein (evtl. erneutes) Agio wurde nicht einbehalten. Für die Änderungen verwendete die Klägerin im Regelfall neue Vertragsformulare, in denen als Abschlussgrund die "vorzeitige Neuvereinbarung Zinsfestschreibung" angegeben und geänderte Zinssätze, Darlehenslaufzeiten und Annuitäten enthalten waren.

Im Zusammenhang mit den Vertragsänderungen zahlten die Kunden an die Bank bestimmte Vergütungen, die teilweise als Vorfälligkeitsentschädigungen bezeichnet wurden. In der Bilanz zum 31. Dezember 1998 bildete die frühere Klägerin passive Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von ...[rd. 130.000] DM zum teilweisen Ausgleich dieser zunächst erfolgswirksamen Einnahmen.

Entsprechende Zahlungen, die andere Kunden im Zusammenhang mit der endgültigen Ablösung der ihnen unter Zinsfestschreibung gewährten Darlehen geleistet hatten, wurden dagegen in vollem Umfang ertragswirksam behandelt; insoweit bildete die frühere Klägerin keine passiven Rechnungsabgrenzungsposten.

Anlässlich einer Außenprüfung (Betriebsprüfung - Bp -) für die Jahre 1994-1998 vertrat der Prüfer in Anlehnung an ein Urteil des Finanzgerichts - FG - Bremen vom 5. September 1995 Az. 2 89 120 K 4 (nicht veröffentlicht - n.v. -) die Auffassung, dass für die Zahlung des einzelnen Kunden zwar handelsrechtlich ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden könne, nach Auffassung der Finanzverwaltung die Abgrenzung steuerrechtlich jedoch nicht zulässig sei.

Im Anschluss an diese und weitere Feststellungen erließ der Beklagte (das Finanzamt - FA -) am 8. November 2000 einen geänderten Körperschaftsteuer (KSt)-Bescheid für 1998 unter Aufhebung des zuvor bestehenden Vorbehalts der Nachprüfung (§ 164 Abgabenordnung - AO -), in dem es die KSt 1998 auf ... DM festsetzte. Dagegen legte die frühere Klägerin mit Schreiben vom 15. November 2000 Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 27. März 2002 u.a. deswegen als unbegründet zurückgewiesen wurde, weil die vereinnahmten Vorfälligkeitsentschädigungen Entgelt für die Bereitschaft der Bank darstellten, den bisherigen Vertrag zu ändern, so dass, da die vertraglichen Leistungen von beiden Seiten erbracht worden seien, die Voraussetzungen zur Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens nicht vorlägen.

Dagegen hat sich die am 18. April 2002 beim Gericht eingegangene Klage der ursprünglichen Klägerin gerichtet. Die jetzige Klägerin ist als Gesamtrechtsnachfolgerin infolge Verschmelzung mit der früheren Klägerin in das Klageverfahren eingetreten. Bezüglich eines weiteren Streitpunkts hat das FA dem Klagebegehren durch Änderungsbescheid vom ...2004 abgeholfen und die KSt 1998 auf ... EUR (entsprechend ... DM) herabgesetzt. Dieser Änderungsbescheid ist Gegenstand des Verfahrens (§ 68 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Nach Auffassung der Klägerin hat das FA zu Unrecht die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens abgelehnt. Obwohl die Regelung in § 250 Abs. 3 Handelsgesetzbuch (HGB) mit der Regelung in § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht wortgleich sei, seien als passive Rechnungsabgrenzungsposten sowohl handels- als auch steuerrechtlich Einnahmen vor dem Abschlussstichtag anzusetzen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Stichtag darstellten. Die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens setze somit voraus, dass der Zahlungsvorgang vor dem Bilanzstichtag liege, also eine Vorleistung vorliege, der eine noch nicht erbrachte, zeitbezogene Gegenleistung des anderen Partners aus einem gegenseitigen Vertrag gegenüberstehe und deren Ertrag eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag betreffe, d.h. der Ertrag einer oder mehreren zukünftigen Perioden zuzurechnen sei.

Für diese Beurteilung sei nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 3. Mai 1983 VIII R 100/81 (Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 138, 443, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1983, 572) auf das einzelne und nicht auf die Gesamtheit aller Schuldverhältnisse abzustellen. Während das Vorliegen eines Zahlungsvorgangs vor dem Bilanzstichtag unstreitig sei, bestreite das FA, dass eine Vorleistung des Kunden vorliege, der eine noch nicht erbrachte zeitbezogene Gegenleistung des anderen Partners (der Bank) gegenüberstehe.

In den den Streitfall betreffenden Darlehensverträgen habe sich die Bank verpflichtet, dem jeweiligen Kunden das Kapital für einen im voraus festgelegten Zeitraum gegen einen fest vereinbarten Zins zur Verfügung zu stellen, während sich der Kunde verpflichtet habe, Zins- und Tilgungsleistungen zu erbringen. Trete der einzelne Kunde mit der Bitte an die Bank heran, den Festzinssatz - wegen einer Änderung des Zinsniveaus - vor Ablauf der Vertragslaufzeit zu ändern, d.h. abzusenken, habe er - anders als im Ablösungsfall - kein Interesse daran, das Vertragsverhältnis zu beenden; Ziel des Kunden sei es vielmehr, eine Konditionenänderung zu erreichen. Dies stelle keine Vertragsbeendigung, sondern nur eine Vertragsänderung dar. Tatsächlich hätten sich die neu vereinbarten Bedingungen teilweise auf den restlichen Zeitraum der zuvor vereinbarten Laufzeit bezogen, teilweise sei eine völlig neue Laufzeit vereinbart worden.

Wenn das FA argumentiere, dass die Entschädigungszahlung die Gegenleistung für die vorzeitige Entlassung des Darlehensnehmers aus dem bestehenden Vertragsverhältnis sei und es damit an einer zukünftigen Leistungsverpflichtung des Zahlungsempfängers fehle, gehe es möglicherweise ausschließlich von einer Ablösung der Darlehensschuld aus; dafür spreche, dass die vom FA in der Einspruchsentscheidung dargestellte Begründung teilweise wortgleich der des FG Bremen entspreche, das jedoch einen Ablösungsfall und keinen Änderungsfall zu beurteilen gehabt habe. Gehe das FA von einem Änderungsfall aus, übersehe es nicht nur, dass tatsächlich keine Rückzahlung und Neugewährung der Darlehensvaluta sowie keine neue Sicherheitenbestellung erfolgt sei, sondern auch, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH; vgl. BGH-Urteil vom 30. September 1999 IX ZR 287/98, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1999, 3708, Wertpapier-Mitteilungen - WM - 1999, 2251) die Konditionenänderung nicht mehr als Erfüllung des alten und Schaffung eines neuen Schuldverhältnisses, sondern als Vertragsänderung zu beurteilen sei. Auch die Vergabe einer neuen Kontonummer - die im Streitfall jedoch nicht erfolgt sei - und der Abschluss eines neuen Kreditvertrages einschließlich der Umbuchung der Darlehensvaluta reichten nicht aus, die einschneidenden Folgen einer Schuldumschaffung auszulösen, wenn es sich, wirtschaftlich gesehen, nur um die Neuordnung des Kreditverhältnisses handele. Zwar beziehe sich das BGH-Urteil auf die Umwandlung eines Kontokorrentkredites in ein niedriger verzinsliches und regelmäßig zu tilgendes Annuitätendarlehen, doch handele es sich um einen vom BGH aufgestellten, allgemein anzuwendenden Grundsatz; diese Beurteilung müsse umso mehr für den Streitfall gelten, da bei den betreffenden Verträgen noch nicht einmal die Art der Ausleihung verändert worden sei.

Im Gegensatz zum Urteil des FG Bremen sei im Streitfall deshalb davon auszugehen, dass das Vertragsverhältnis zwischen den Vertragspartnern nicht beendet worden sei, sondern weiterhin bestanden habe und darauf gerichtet gewesen sei, das Kapital weiterhin gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen, jedoch unter Anwendung geänderter Zinskonditionen.

Der Zahlung der Vorfälligkeitsvergütung durch den Kunden stehe auch eine nachfolgende Leistungsverpflichtung der Bank gegenüber; diese habe darin bestanden, das Kapital weiterhin, jedoch gegenüber der ursprünglichen Vertragsabrede zinsverbilligt, zur Nutzung zur Verfügung zu stellen. Es liege somit ein Dauerschuldverhältnis mit regelmäßig wiederkehrenden Leistungen vor. Nach Kirchhof/Söhn, Kommentar zum EStG, § 5 EStG Rdnr. F 103 erfordere § 5 Abs. 5 Satz 1 EStG lediglich einen Leistungsaustausch im weiteren Sinn. Obwohl es für die Annahme eines solchen bereits genüge, dass aufgrund einer Geldleistung ein bestimmtes Verhalten erwartet werde und die Einnahme an die Erbringung dieser Leistung gebunden sei, liege im Streitfall kein erwartetes Verhalten, sondern ein vertraglich vereinbartes Verhalten des Zahlungsempfängers vor, so dass das Merkmal des Leistungsaustausches als erfüllt anzusehen sei.

Mit der Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung solle der wirtschaftliche Nachteil ausgeglichen werden, den die Klägerin dadurch erlitten habe, dass sie zukünftig, vom Bilanzstichtag an bis zum Ende des Festzinszeitraumes, auf Zinsertrag verzichte. Es handele sich, wirtschaftlich betrachtet, um den Zins, der ihr ohne Vertragsänderung bis zum Vertragsende zustehen würde. Dabei spiele es in diesem Zusammenhang keine Rolle, dass die Abzinsung und die Berücksichtigung pauschalierter Kosten gegenüber dem rechnerisch ermittelten Zins einen anderen nominellen Zinsertrag ergeben könnten. Entscheidend sei vielmehr, dass eine solche Zahlung geleistet worden sei und sie einer oder mehreren zukünftigen Perioden als Ertrag zugeordnet werden könne. Die restliche Vertragslaufzeit, vom Bilanzstichtag bis zum Vertragsende, sei der Zeitraum, auf den die Zahlung zu verteilen sei und hier tatsächlich auch verteilt worden sei. Damit sei auch das Tatbestandsmerkmal "Ertrag für eine bestimmte Zeit" erfüllt, so dass die Voraussetzungen für das Vorliegen eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens insgesamt gegeben seien.

Auch soweit der Prüfer darauf abstelle, dass der Abgrenzungsposten handelsrechtlich zulässig, steuerrechtlich jedoch nicht anzuerkennen sei, übersehe er die Verknüpfung von handels- und steuerrechtlichen Ansatzvorschriften.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG sei u.a. bei Kreditinstituten für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen sei. Auf Grund dieser Vorschrift sei der handelsrechtliche Wertansatz auch für den Ansatz in der Steuerbilanz maßgebend, soweit nicht in § 5 Abs. 6 EStG enthaltenen Ansatz- und Bewertungsvorschriften Vorrang einzuräumen sei. Die steuerliche Ansatzvorschrift des § 5 Abs. 5 EStG lasse jedoch den Ansatz von passiven Rechnungsabgrenzungsposten zu, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt seien. Da - wie dargestellt - die Voraussetzungen für den handels- und steuerrechtlichen Ansatz keine Unterschiede aufwiesen, sei der steuerrechtliche Ansatz geboten, wenn handelsrechtlich ein entsprechender Posten anzusetzen sei.

Die Klägerin beantragt,

den Änderungsbescheid vom ... zu ändern und bei der neuen Feststellung und Festsetzung der KSt 1998 für die ursprüngliche Klägerin einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von ... DM gewinnmindernd und die dadurch bedingte Verringerung der Gewerbesteuer-Rückstellung zu berücksichtigen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Nach § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG und Abschn. 27 Körperschaftsteuer-Richtlinien (KStR) seien Abgrenzungsposten auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, die Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellten. Nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift und nach herrschender handelsrechtlicher Auslegung setze die Rechnungsabgrenzung grundsätzlich voraus, dass einer Vorleistung des Vertragspartners eine noch nicht erbrachte zeitbezogene Gegenleistung des anderen Vertragspartners gegenüberstehe (BFH vom 04. Mai 1977 I R 27/74, BFHE 123, 20, BStBl II 1977, 802, und vom 29. November 1990 IV R 131/89, BFHE 168, 24, BStBl II 1992, 715), wobei es sich um Vorleistungen aus einem gegenseitigen Vertrag handeln müsse (BFH vom 26. Juni 1979 VIII R 145/78, BFHE 128, 243, BStBl II 1979, 625). Des Weiteren müsse die Vorleistung für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag erbracht worden sein.

Im Streitfall stehe der begehrten Rechnungsabgrenzung entgegen, dass die vereinnahmten Vorfälligkeitsentschädigungen nicht als Vorleistungen für eine Gegenleistung anzusehen seien, die die Bank gegenüber den aus den Darlehensverträgen ausscheidenden Darlehensnehmern noch zu erbringen gehabt habe. Vielmehr seien nach Angabe der Bank während der Bp. in aller Regel neue Kreditverträge abgeschlossen und die Altdarlehen "abgerechnet" worden. Häufig sei sogar die vereinbarte Vorfälligkeitsentschädigung nicht vom Kunden einbezahlt, sondern durch das neue Darlehen mitfinanziert worden. Zumeist sei die Vertragslaufzeit gegenüber der vorherigen Laufzeit verändert worden.

Die Entschädigungszahlung sei demnach als Gegenleistung dafür zu erbringen gewesen, dass der Darlehensnehmer vorzeitig aus dem bestehenden Vertragsverhältnis entlassen worden sei. Leistung und Gegenleistung seien vor diesem Hintergrund zeitlich fixiert, und zwar einerseits auf den Zeitpunkt, in dem die Bank der Vertragsauflösung zustimme sowie andererseits auf den Zeitpunkt, in dem ihr die Entschädigung zufließe. Damit fehle es für die Zukunft an einem gegenseitigen Vertrag, der die Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens rechtfertigen könnte. Der Abschluss eines Neuvertrags mit dem Darlehensnehmer ändere an dieser Beurteilung nichts. Zivil rechtlich seien für die Aufhebung des bisherigen Darlehensvertrages und für einen Neuabschluss zwei gesonderte Verträge notwendig. Diese seien auch steuerrechtlich als zwei getrennte Verträge zu beurteilen. Es seien keine Gründe ersichtlich, weshalb hier nicht von der zivilrechtlichen Gestaltung ausgegangen werden könne. Eine davon abweichende wirtschaftliche Betrachtungsweise sei deshalb nicht möglich.

Die beim FA für die frühere Klägerin geführten Steuerakten einschließlich Bp-Handakten haben vorgelegen.

Am 15. Dezember 2005 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Auf die Niederschrift wird verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Im angefochtenen Bescheid wurde zu Recht eine passive Rechnungsabgrenzung von sog. Vorfälligkeits-Entschädigungen unberücksichtigt gelassen, weil die im Streitjahr von der Bank vereinnahmten Zahlungen Vergütungen der Kunden waren, die nicht für in der Zukunft zu erbringende Gegenleistungen (zinsgünstige Überlassung von Kapital), sondern für bereits erbrachte Leistungen (Abänderung von Darlehnsverträgen) gewährt wurden (§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1, 5 Satz 1 Nr. 2 EStG).

Nach dem Ergebnis des Verfahrens einschließlich der mündlichen Verhandlung wurden die sog. Vorfälligkeits-Entschädigungen in dem umstrittenen Umfang ausschließlich in Fällen gezahlt oder verrechnet, in denen ein Kreditverhältnis zwischen dem jeweiligen Kunden und der Bank weitergeführt wurde. Allerdings konnte nicht im Einzelnen festgestellt werden, inwieweit für die weiteren Darlehnsverhältnisse vollständig neue Verträge abgeschlossen wurden, ob dabei neue Konto-Nummern vergeben wurden, ob der Inhalt des fortgeführten Kreditverhältnisses nur bezüglich der Höhe des Zinses und/oder der Tilgungsraten (Annuitäten) verändert wurde oder ob darüber hinaus andere Bedingungen, insbesondere die Laufzeit und die Zeit der Zinsbindung verändert wurden und ob die Höhe des Darlehns dem zuvor nicht getilgten Restbetrag des ursprünglichen Kredits entsprach oder um den Betrag der jeweiligen Vorfälligkeits-Entschädigung oder um weitere Beträge erhöht worden ist. Weder die Klägerin noch das FA oder der in der mündlichen Verhandlung anwesende Betriebsprüfer konnten die Äußerungen während der Bp ergänzen, als die Bank auf Anfrage das Betriebsprüfers mit Schreiben vom ... 2000 (ABl. ... der Bp-Handakten) mitgeteilt hatte:

"In aller Regel wurde mit dem Kunden über den Restkreditbetrag, und in zunehmendem Maße wurde auch die zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung gleich mitfinanziert, ein neuer Kreditvertrag geschlossen. Im gleichen Zug wurde das 'Altdarlehen' abgerechnet und auf ein weiteres Darlehenskonto übertragen. Das Vertragsverhältnis mit dem Kunden wurde in keiner Weise gelöst, sondern nur wegen der technischen Seite und den gesetzlichen Bestimmungen der Effektivzinsangabe, veränderten Vertragslaufzeit etc. auf ein 'anderes' Vertragsverhältnis übertragen."

Diesen Besonderheiten brauchte jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, weil es für die Entscheidung darauf nicht ankommt.

Der Senat braucht auch nicht zu entscheiden, inwieweit er der Überlegung der Klägerin folgen könnte, dass bei Aufrechterhaltung eines Kredits zivilrechtlich dasselbe Vertragsverhältnis zwischen der Bank und dem Kunden weitergeführt werde. Dafür spricht zwar die von der Klägerin angeführte BGH-Rechtsprechung (Urteil vom 30. September 1999 IX ZR 287/98, NJW 1999, 3708, WM 1999, 2251), diese bezieht sich aber sowohl auf eine andere Fallgestaltung als auch auf eine rein zivilrechtliche Frage aus dem Bereich des Bürgschaftsrechts, während hier nach bilanzrechtlichen und damit wirtschaftlichen Maßstäben zu entscheiden ist, wofür das Zivilrecht nur indirekt vorgreiflich ist. Wirtschaftlich und nach dem Sinn einer sog. Vorfälligkeits-Entschädigung bildet sie in allen genannten Fällen auch bei Fortführung des vorherigen Vertragsverhältnisses eine Gegenleistung weder für die Kapitalüberlassung in der Zukunft noch für eine andere in der Zukunft zu erbringende Leistung der Bank (etwa die Duldung einer niedrigeren Zinszahlung od. dgl.), sondern für die Vertragsänderung als solche und für die damit verbundene sofortige Entlassung des Kunden aus einem Teil seiner Vertragspflichten. Ebenso wie bei der vollständigen Vertragsbeendigung und Tilgung der Restschuld ist die vom Darlehnsnehmer bei einer Änderung des Vertragsverhältnisses (in Form der von der Klägerin so genannten Konditionen-Anpassung) zu entrichtende Vergütung unmittelbar veranlasst durch diesen neuen Vertragsabschluss und bildet eine Gegenleistung für die Bereitschaft der Bank zu einem derart veränderten Vertrag. Sie ist daher zeitlich dem Wirksamwerden dieses Vertrags, also dem Abschlusstag oder dem vertragsgemäßen Abrechnungs-Stichtag zuzuordnen. Der damit verbundene Ertrag der Bank tritt deshalb sofort (gewöhnlich also mit der Vereinnahmung) ein und nicht erst in der Zukunft, sodass die Voraussetzungen eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens fehlen (§ 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG).

Allerdings enthalten die sog. Vorfälligkeits-Entschädigungen insofern ein auf die Zukunft bezogenes Element, als sie in gewissem Umfang Differenzen zwischen der zuvor vereinbarten Verzinsung für eine bestimmte, noch nicht abgelaufene Laufzeit und den nunmehr neu festgelegten (niedrigeren) Zinsen oder einer sonst zu erwartenden oder möglichen Verzinsung des Kapitals ausgleichen sollen. Die zivilrechtliche Literatur und Rechtsprechung hat sich demnach mit den Voraussetzungen für einen Anspruch auf die dahingehende Vertragsänderung und einen "Zinsausgleich" und mit den Berechnungsgrundlagen für die Ermittlung einer angemessenen Höhe solcher Entschädigungen befasst (vgl. z.B. BGH-Urteile vom 01. Juli 1997 XI ZR 197/96 und XI ZR 267/96, NJW 1997, 2878 und 2875, WM 1997, 1799 und 1747, und vom 06. Mai 2003 XI ZR 226/02, NJW 2003, 2230, WM 2003, 1261). Der damit gegebene rechtliche und wirtschaftliche Bezug auf eine künftige Verzinsung reicht jedoch nicht aus, um das Verhältnis der Gegenseitigkeit zwischen einer in der Zukunft von der Bank zu erbringenden Leistung und der Vergütung herzustellen, die deshalb erst in der Zukunft zu einem Ertrag führen könnte. Die künftige Leistung der Bank ist die (Weiter-)Überlassung des Darlehnskapitals, die Gegenleistung dafür ist der in der Zukunft entstehende Zins in der neu vereinbarten (herabgesetzten) Höhe. Die dabei zutage tretende Differenz zu der ursprünglichen, nunmehr aber gerade nicht mehr rechtswirksamen Verzinsung bildet somit lediglich eine Bemessungsgrundlage für den "Zinsausgleich", der seinerseits die Vertragsänderung als solche vergütet und deshalb sofortiger Ertrag ist. Im Ergebnis ist also eine Rechnungsabgrenzung in den hier umstrittenen Fällen einer Fortsetzung des Kreditverhältnisses zu geänderten Bedingungen ebenso wenig zulässig wie bei einer Beendigung desselben durch Rückzahlung des Restkapitals zuzüglich der Vorfälligkeits-Entschädigung.

Da die Klage in dem noch streitigen Umfang keinen Erfolg haben konnte, hat die Klägerin insoweit die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 135 Abs. 1 FGO). Soweit das FA dem übrigen Klagebegehren durch den Änderungsbescheid vom ... abgeholfen hat, trifft es die Kostenlast (§ 138 Abs. 2 FGO). Bei der somit vorzunehmenden Verteilung der Kosten (entsprechend § 136 Abs. 1 FGO) waren die unterschiedlichen Streitwerte der Verfahrensabschnitte zu berücksichtigen.

Die Revision war zuzulassen, weil die Frage des Umfangs einer Rechnungsabgrenzung bei Vorfälligkeits-Entschädigungen grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 1 FGO; vgl. Urteil des FG Bremen vom 5. September 1995 2 89 120 K 4 n.v.).

Ende der Entscheidung

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