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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 05.06.2008
Aktenzeichen: 3 K 121/07
Rechtsgebiete: DBA-Schweiz


Vorschriften:

DBA-Schweiz Art. 15
DBA-Schweiz Art. 15a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg

3 K 121/07

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger sind Eheleute, die für die Veranlagungszeiträume 1996 und 1997 (Streitjahre) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Die Kläger haben ihren Wohnsitz in G. Der Kläger ist von Beruf Dipl. Ingenieur.

Der 1937 geborene Kläger arbeitete seit dem ... 1986 bis zu seiner Pensionierung zum ... 2001 bei der X AG (im folgenden: X AG bzw. Arbeitgeberin --im übrigen Hinweis auf das Schreiben der X AG vom 14. Juni 2007 als Anlage zum Schreiben des Klägers vom 25. Juni 2007--) in der Schweiz (vgl. den auch noch für die Streitjahre im wesentlichen verbindlichen Arbeitsvertrag vom 20. November 1985 --s. die Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 15. Juni 2007). Seine regelmäßige Arbeitsstätte war die Zentralstelle der X AG (Division Vitamine und Feinchemikalien) in A (Kanton Aargau).

Zur Stellung des Klägers bei der X AG in den Streitjahren hat der erkennende Senat die im folgenden wiedergegebenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen getroffen:

Durch Beschluss des Verwaltungsrates der X AG vom 23. April 1990 (Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 14. Mai 2008) wurde der Kläger zum Prokuristen ernannt [Hinweis auf Art. 716a Abs. 1 Nr. 4 des Bundesgesetzes betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) --im folgenden: OR-- und Art. 721 OR; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, Schweizerisches Aktienrecht, Bern, 1996, § 30 Rn. 46] und zwar --wie in der Schweiz üblich bei Großgesellschaften (wie der X AG)-- zum Kollektivprokuristen (wonach die Unterschrift des einzelnen Prokuristen ohne die Mitwirkung weiterer Unterschriftsberechtigter nicht verbindlich ist: vgl. hierzu: Watter in: Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht I, 4. Aufl., 2007, Zürich --im folgenden: BSK OR I-Bearbeiter-- Art. 460 Rn 7-11) und als solcher auch im zuständigen Handelsregister des Kantons Basel-Stadt Hauptregister eingetragen (S. X oben des Registerauszugs vom ... als Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 25. Juni 2007 --Auszüge aus dem Schweizerischen Handelsregister können auch über www.moneyhouse.ch eingesehen werden--), wobei darauf hinzuweisen ist, dass die Handelsregistereintragung keine konstitutive Wirkung hat, d.h. der Bestand der Vertretungsberechtigung vom Eintrag unabhängig ist (Art. 720 OR; Homburger in: Kommentar zum schweizerischen Zivilgesetzbuch, Obligationenrecht, Zürich 1997, Teilband V 5b Art. 718 Rn 1149). Jedoch besteht gemäß Art. 720 OR die Verpflichtung für den Verwaltungsrat der Aktiengesellschaft, die zur Vertretung befugten Personen in das Handelsregister anzumelden (unter Vorlegung einer beglaubigten Abschrift des Konstituierungsbeschlusses).

Aus Art. 721 OR ("Der Verwaltungsrat kann Prokuristen und andere Bevollmächtigte ernennen.") folgt, dass alle Zeichnungsberechtigungen --einschließlich der nicht im Schweizerischen Handelsregister einzutragenden/eintragbaren Handlungsvollmacht (Art. 462 OR; BSK OR I-Watter, 4. Aufl., 2007, Art. 462 Rn. 3)-- durch den Gesamtverwaltungsrat zu erteilen sind (durch einen sog. Konstituierungsbeschluss -- Watter in: Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht Obligationenrecht II 2. Aufl., 2002 [im folgenden: BSK OR II-Bearbeiter] Art. 718 Rn 17). Dies wird bei Großgesellschaften --wie z.B. der X AG--, in denen jährlich Hunderte von Zeichnungsberechtigungen (Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, a.a.O., § 30 Rn. 85) zu erteilen sind, als unsinnig angesehen (Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, a,a.O., § 29 Rn. 64; BSK OR II-Watter, a.a.O., Art. 716a Rn. 16), ist vom Schweizerischen Gesetzgeber aber offenbar bewusst so gewollt (vgl. Botschaft 182 zitiert bei: Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, a.a.O. § 29 Fn. 11; BSK OR IIWatter, Art. 721 Rn. 2). Deshalb sind eine Vielzahl Schweizerischer Großunternehmen (z.B. Novartis AG, Ciba Spezialitätenchemie AG, Danzas AG, Syngenta Crop Protection AG u.a.) dazu übergegangen, allen nach außen auftretenden Personen ohne weiteres nach einer gewissen Anstellungszeit die Unterschriftsberechtigung im Sinne einer nicht im Handelsregister eintragbaren (BSK OR I-Watter Art. 462 Rn. 3) Handlungsvollmacht (Art. 462 OR in Verbindung mit Art. 721 OR) zu erteilen (Meier- Hayoz/Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 10. Aufl., 2007, § 9 Rn. 62-64; Forstmoser/Meier- Hayoz/Nobel, a.a.O., § 29 Fn.12) bzw. diese Personen im Handelsregister mit einem Zeichnungsrecht ohne Titel einzutragen (üblicher Eintrag: "Kollektivunterschrift zu zweien"; BSK OR II-Watter, Art. 720 Rn 5 und Art. 721 Rn.8 --wobei jedoch darauf hin zuweisen ist, dass im Einzelfall mit diesem Eintrag nicht nur eine Bevollmächtigung im Sinne von Art. 462 OR (in Verbindung mit Art. 721 OR) umschrieben wird, sondern eine Organvollmacht [vgl. zu diesem Begriff: BSK OR II-Watter Art. 718 Rn 17] gemeint sein kann [BSK OR II-Watter Art. 721 Rn 8] und zwar im Sinne einer stillschweigenden Bevollmächtigung [BSK OR II-Watter Art. 718 Rn 17]).

Die X AG ist dieser Übung jedoch nicht in vollem Umfang gefolgt (Hinweis auf den Auszug aus dem Handelsregister des Kantons Basel-Stadt Hauptregister vom ..., nach dem Hunderte von Kollektivprokuristen --neben einer Vielzahl von Berechtigungen zur Kollektivunterschrift zu zweien-- eingetragen sind [S. 11-21, 22-24, 25-28, 30-38 usw der Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 25. Juni 2007], wobei darauf hinzuweisen ist, dass nach den vom erkennenden Senat gemachten Erfahrungen die [Kollektiv-]Prokura durchweg bei der Arbeitsausübung der Arbeitnehmer der X AG nicht benötigt wird).

Die Finanzverwaltung sieht in den Personen, die mit einem Zeichnungsrecht (vgl. zu dieser Bezeichnung: Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, a.a.O., § 30 Rn 85) ohne Titel eingetragen werden (auch im Sinne einer - -nur-- Handlungsbevollmächtigung im Sinne von Art. 462 OR mit der Befugnis zur Kollektivunterschrift zu zweien [Hinweis auf Meier-Hayoz/Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht 10. Aufl., Bern 2007, § 9 N 62-64), "leitende Angestellte" im Sinne von Art. 15 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz (s. S. 3 Abs. 5 des Schreibens des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 23. Juli 2007 3 S 1301 Schweiz/3), wobei (zum Teil --so z.B. vom FA--) von den Finanzbehörden ein entsprechender Eintrag im Handelsregister verlangt wird (demzufolge der Eintrag: Kollektivunterschrift zu zweien). Eine "klare Linie" ist jedoch bei den betroffenen Finanzbehörden nicht zu erkennen.

Der Aufforderung des Finanzgerichts (FG), die Statuten und das Organisationsreglement der X AG (Hinweis auf Art. 716b Abs. 1 und 2 OR; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, a.a.O., § 11) vorzulegen, kam der Kläger nicht nach, weil die X AG diese dem Kläger nicht zur Verfügung stellte (zur Frage, inwieweit die Ernennung eines Prokuristen einer statuarischen Basis bzw. Konkretisierung bedarf: Forstmoser/Meier- Hayoz/Nobel, a.a.O., § 29 Rn. 63-74). Diese Nichtvorlage entspricht einer ständigen Übung gegenüber dem FG --gerade und nur-- der großen (Welt-)Unternehmen in der Schweiz. Weniger bedeutende Unternehmen gestatten regelmäßig die Einsichtnahme in diese Unterlagen (vgl. zum Einblick in das Organisationsreglement: BSK OR II-Watter Art. 716b Rn. 14-17).

Der Beschluss des Verwaltungsrates der X AG über die Ernennung des Klägers zum Kollektivprokuristen - -der sog. Konstituierungsbeschluss-- liegt dem FG --wie bereits erwähnt-- vor. Ein solcher Beschluss wird beim Schweizerischen Handelsregister hinterlegt (vgl. zu den Unterlagen, die einer Anmeldung beizufügen sind: BSK OR II-Watter, a.a.O., Art. 720 Rn 4) und wird auf Anforderung zur Verfügung gestellt (s. S. 2 des Auszugs aus dem Protokoll über die Sitzung des Verwaltungsrates der X AG vom 23. April 1990, Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 14. Mai 2008). Die X AG hat demzufolge die Ernennungskompetenz nicht vom Verwaltungsrat an die Geschäftsleitung delegiert. Ob eine Delegation dem Willen des Schweizerischen Gesetzgebers entspricht, ist jedenfalls umstritten (BSK OR II-Watter, a.a.O., Art. 721 Rn. 2; derselbe, a.a.O., Art. 716a Rn 16; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, a.a.O., § 29 Rn 64, Homburger in: Kommentar zum schweizerischen Zivilgesetzbuch, Obligationenrecht, Teilband V 5b Zürich 1997 Art. 716a Rn 573-577, jeweils mit weiteren Nachweisen). Die herrschende Meinung in der Schweiz verneint ein Delegationsrecht (Homburger, Kommentar zum schweizerischen Zivilgesetzbuch Obligationenrecht Teilband V 5b Zürich 1997 Art. 716a Rn 573-577, mit umfangreichen Nachweisen).

In den Streitjahren oblag dem Kläger die Betreuung des NProjekts in B/Elsass/Frankreich bei der Société X C S.A (Hinweis auf die Bestätigungen der X AG für die Streitjahre vom 20. Oktober 1998 (Bl. 7 der Rechtsbehelfsakten --Rbst-Akten-- und Bl. 14 der ESt-Akten). Der Kläger fuhr in den Streitjahren mit dem eigenen Pkw jeweils an 230 Tagen morgens von seiner Wohnung in G zur Zentralstelle der X AG nach A/CH und abends zurück (Hinweis auf die Angaben zu den Zeilen 25-30 der Anlage N-Gre für die Streitjahre, Bl. 7 der Einkommensteuerakten Bd III --im folgenden: ESt-Akten--). Die Entfernung von der Wohnung zur Arbeitsstätte beträgt nach den Angaben lt. dem Routenplaner von Falk (www.falk.de) 12,40 km (Bl. 165 und 166 der FG-Akten). Zur Betreuung des NProjekts hielt sich der Kläger in den Streitjahren an 150 Tagen (1996 --ebenso schon im Jahr 1995: s. Bestätigung vom 17. Juni 1997) und an 63 Tagen (1997) in B auf: Im Einzelnen (Hinweis auf Bl. 8 der Rechtsbehelfsakten --Rbst-Akten-- und Bl. 15/1997 der ESt-Akten):

 davon im Januar 199617 Tage
im Februar15 Tage
im März15 Tage
im April14 Tage
im Mai9 Tage
im Juni14 Tage
im Juli16 Tage
im August6 Tage
im September11 Tage
im Oktober9 Tage
im November12 Tage
im Dezember 199612 Tage

Wegen der einzelnen Tage wird auf die Angaben zu den Fahrspesen Bezug genommen.

 davon im Januar 199711 Tage
im Februar8 Tage
im März8 Tage
im April8 Tage
im Mai4 Tage
im Juni8 Tage
im Juli7 Tage
im August4 Tage
im September2 Tage
im Oktober1 Tag
im November1 Tag
im Dezember 19971 Tag

Wegen der einzelnen Tage wird auf die Angaben zu den Fahrspesen und in den Reisespesen- Abrechnungen Bezug genommen (Hefter hinter Bl. 43/1997 der ESt-Akten). Der Kläger fuhr an den vorgenannten Tagen von A (teilweise durch die Bundesrepublik Deutschland --Hinweis auf die farbige Markierung im Routenplaner für die Strecke A - B; Bl. 150 der FG-Akten--) nach B/Frankreich (Entfernung ca. 22 km --s. Angaben im Routenplaner von Falk, Bl. 150-153 der FG-Akten), hielt sich dort ca. 8 Stunden auf und fuhr später --dieselbe Route benutzend-- wieder zurück nach A/CH. Dort verbrachte der Kläger regelmäßig weniger als 2-3 Stunden insgesamt arbeitstäglich (für allgemeine Informationen und Konferenzen u.Ä.). Die Entfernung von B zum Wohnort des Klägers (G) beträgt 12,78 km (lt. Routenplaner von Falk, Bl. 164-165 der FG-Akten). Bei der Aufstellung der Arbeitstage (in Frankreich) für die Streitjahre sind lt. den Angaben zu den Fahrspesen keine Samstage, Sonntage und Feiertage (am Sitz der Arbeitgeberin) enthalten. Der Kläger hat weitere Dienstreisen (in der Schweiz, der Bundesrepublik Deutschland oder Drittstaaten), in deren Verlauf er auf Grund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt ist, nicht unternommen.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1997 (s. Angaben zur Zeile 20 Anlage N-Gre, Bl. 7/1997 der ESt-Akten) gingen die Kläger davon aus, dass der Kläger nicht als Grenzgänger nach Art. 15a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 --DBA-Schweiz 1971-- in der Fassung des Protokolls vom 21. Dezember 1992 --DBA-Schweiz 1992-- (BGBl. II 1993, 1888, BStBl I 1993, 928) der deutschen Besteuerung unterliege. In der Einkommensteuererklärung für 1996 machte der Kläger insoweit keine Angaben. Am 1. März 1999 legte der Kläger für das Streitjahr 1996 eine Bescheinigung seiner Arbeitgeberin vor (mit einem Sichtvermerk des Steueramts des Kantons Aargau vom 18. Februar 1999 --Bl. 27 der Rbst-Akten--), nach der er an mehr als 60 Arbeitstagen aufgrund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz zurückgekehrt sei. Eine dementsprechende Bescheinigung wurde am 25. Oktober 1999 auch für das Streitjahr 1997 eingereicht (Bl. 34/1997 der ESt-Akten).

Nach den Angaben auf den Lohnausweisen für die Streitjahre wurde von der Arbeitgeberin vom Lohn des Klägers (Schweizerische) Quellensteuer von 8.967 CHF für 1996 und 8.297 CHF für 1997 abgezogen. Nach den Quellensteuerabrechnungen des Steueramts des Kantons Aargau vom 31. Mai 1999 (für 1996) und vom 8. November 1999 (für 1997) unterlag der Kläger der vollen aargauischen Quellensteuer von 33.678 CHF (für 1996) und von 27.472 CHF (für 1997). Auf die Berechnungsblätter für die Quellensteuer- Abzüge für die Streitjahre wird Bezug genommen. Nach den Steuerbescheinigungen des Departements Finanzen und Ressourcen des Kantonalen Steueramts des Kantons Aargau vom 21. Juni 2007 hat der Kläger Quellensteuer von insgesamt 42.645 CHF (für 1996) und von 35.769 CHF (für 1997) gezahlt, darin enthalten Kantons-, Gemeinde-, Kirchen- und Feuerwehrsteuer sowie die direkte Bundessteuer (vgl. Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 25. Juni 2007).

In den --im vorliegenden Klageverfahren angegriffenen-- Einkommensteueränderungsbescheiden vom 8. Juli 1999 (für 1996) und vom 8. März 2002 (für 1997), die jeweils zum Gegenstand der zuvor form- und fristgerecht eingeleiteten Einspruchsverfahren geworden waren (§ 365 Abs. 3 Satz 1 der Abgabenordnung --AO--), schloss sich der Beklagte (das Finanzamt -FA-) der Auffassung des Klägers an, dass er nicht als Grenzgänger der deutschen Besteuerung unterliege, weil er an mehr als 60 Tagen nach Arbeitsende auf Grund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz zurückgekehrt sei. Es folgte damit ersichtlich den (generellen) Verständigungsvereinbarungen zwischen der deutschen Finanzverwaltung und der Schweizerischen Eidgenössischen Steuerverwaltung, nach denen eintägige Geschäftsreisen in Drittstaaten stets zu den Nichtrückkehrtagen im Sinne von Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz zu zählen sind (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -BMF- vom 19. September 1994 IV C 6 - S 1301 Schz - 60/94, BStBl I 1994, 683 zu Tz. 14 Satz 2, bei dem es sich um eine generelle Verständigungsvereinbarung handelt [Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb; Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz-Deutschland B 15 a.2 Nr. 31 Ziff. 2 und Fußnote 1; Fach A Teil 2 Nummer 7 des Grenzgängerhandbuches). Das FA ging hieran anschließend davon aus, dass die Einnahmen des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in den Streitjahren nur insoweit der deutschen Einkommensteuer zu unterwerfen seien, als die Tätigkeit (an 150 Tagen in 1996 und an 63 Tagen in 1997) in Frankreich (B) ausgeübt worden sei (von 152.857 DM für 1996 = 199.563 CHF [Zeile 18 der Anlage N-Gre, Bl. 7/1996 der ESt-Akten] x 120 v.H. [durchschnittlicher Umrechnungskurs Anlage N-Gre unten] = 239.476 DM x 150/235 [Bl. 40 der Rbst-Akten] und von 58.381 DM für 1997 = 184.891 CHF [Zeile 18 der Anlage N-Gre, Bl. 7/1997 der ESt-Akten] x 118 v.H. [durchschnittlicher Umrechnungskurs, Anlage N-Gre unten] = 217.773 DM x 6/235 [Bl. 9/1997 der ESt-Akten]). Den restlichen Lohn des Klägers berücksichtigte es bei der Berechnung des Steuersatzes (für 1996: 86.619 DM [Bl. 40 der Rbst-Akten] und für 1997: 159.392 DM [Bl. 9/1997 der ESt-Akten]). Im übrigen rechnete das FA die Schweizerische Quellensteuer auf die in Frankreich ausgeübte Tätigkeit des Klägers gemäß § 34c Abs. 1 EStG auf die Einkommensteuer an (für 1996: 25.802 DM = 33.678 CHF [= Schweizerische Quellensteuer ohne die vom Lohn des Klägers einbehaltene Quellensteuer von 8.967 CHF --vgl. Berechnungsblatt für Quellensteuer-Abzüge, Bl. 39 der Rbst-Akten] x 120 v.H. x 150/235 [Bl. 40 der Rbst-Akten] und für 1997: 8.553 DM = 27.472 CHF [= Schweizerische Quellensteuer ohne die vom Lohn des Klägers einbehaltene Quellensteuer von 8.297 CHF --vgl. Berechnungsblatt für Quellensteuer-Abzüge, Hinweis auf die Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 25. Juni 2007--] x 118 v.H. x 6/235 [Bl. 9/1997 der ESt-Akten]).

In den Erläuterungen zum Einkommensteueränderungsbescheid für 1996 wurde darauf hingewiesen, dass der Einspruch sich nicht erledigt habe, sondern das Verfahren fortgesetzt werde, ebenso für das Streitjahr 1997 in der Verfügung vom 1. März 2002 (Bl. 66 der Rbst-Akten). Die Einspruchsverfahren ruhten anschließend einvernehmlich zwischen den Beteiligten (für 1996: s. Schreiben des FA vom 8. Juli 1999 und des Klägers vom 27. Juli 1999; für 1997: Schreiben der Kläger vom 8. Dezember 1999 und des FA vom 20. November 2001). Im Schreiben vom 29. Juli 2004 teilte das FA den Klägern mit, dass das Verfahren fortgesetzt werde. Daraufhin wurden mit Rechtsbehelfsentscheidung vom 8. Dezember 2004 (u.a.) die Einsprüche für die Streitjahre als unbegründet zurückgewiesen. Das FA ist der Auffassung, der Anteil der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit, der auf die Arbeitstage in Frankreich entfalle, sei in der Bundesrepublik Deutschland zu besteuern. Die Vorschrift des Art. 15 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz, nach der ein in der Bundesrepublik Deutschland ansässiger Prokurist (wie der Kläger) einer Schweizerischen Kapitalgesellschaft mit den Einkünften aus dieser Tätigkeit unter weiteren Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz in der Schweiz besteuert werden "kann", schließe danach die Besteuerung auch im Wohnsitzstaat (der Bundesrepublik Deutschland) nicht aus. Die Doppelbesteuerung werde insoweit nicht durch Steuerfreistellung (unter Progressionsvorbehalt), sondern (lediglich) durch Anrechnung der in der Schweiz gezahlten Quellensteuer gemäß Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz beseitigt. Dies sei in den angegriffenen Steuerbescheiden geschehen.

Anschließend erhoben die Kläger form- und fristgerecht Klage, mit der sie zunächst das Ruhen des Verfahrens beantragten im Hinblick auf das damals beim Bundesfinanzhof (BFH) noch anhängige Revisionsverfahren zu dem Aktenzeichen I R 18/04 (Vorentscheidung: Urteil des FG Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart vom 10. Dezember 2003 12 K 171/01, EFG 2004, 870 --aufgehoben durch BFH Urteil vom 25. Oktober 2007 I R 18/04, BFH/NV 2007, 875). Sie machen geltend, die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit unterlägen insgesamt nicht der Besteuerung in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Kläger beantragen:

die Einkommensteueränderungsbescheide für 1996 vom 8. Juli 1999 und für 1997 vom 8. März 2002, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Dezember 2004 zu ändern und die Einkommensteuer

für 1996 auf 10.409 DM und

für 1997 auf 17.401 DM

festzusetzen.

Das FA beantragt:

die Klage abzuweisen.

Es verweist im wesentlichen auf die Ausführungen im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 6. Juli 2007, das dem FG am 9. Juli 2007 durch einen Vertreter des Finanzministeriums Baden-Württemberg übergeben wurde. Das Schreiben enthält eine (ablehnende) Stellungnahme zum BFH-Urteil vom 26. Oktober 2006 I R 81/04 (zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehen, BFHE 215, 237; BFH/NV 2007, 593 --Vorentscheidung: Urteil des FG Köln vom 24. Mai 2004 10 K 494/00, EFG 2005, 22--). Im übrigen wird auf das Schreiben des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 23. Juli 2007 3- S1301 Schweiz/3 Bezug genommen.

Die --im oben dargelegten Klageantrag wiedergegebene-- Berechnung der von den Klägern begehrten Steuerfestsetzungen für die Streitjahre folgt einer Berechnung des FA (vgl. dessen Schriftsatz vom 5. Juni 2007, Bl. 67-75 der FG-Akten), der sich die Kläger angeschlossen haben. Hierzu erklären die Kläger im Schriftsatz vom 25. Juni 2007 (Bl. 93 der FG-Akten), eine getrennte Veranlagung sei günstiger als eine Zusammenveranlagung. Mit den Beteiligten (und dabei insbesondere mit den Klägern) bestand Einigkeit, dass dieser Hinweis als Anregung, gerichtet an das FA gedacht ist, nach Eintritt der Rechtskraft im Falle eines --der Klage stattgebenden-- Urteils über dieses Begehren zu entscheiden. Auf das Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Mai 2004 III R 18/02 (BStBl II 2004, 980) wird im übrigen hingewiesen.

Mit Beschluss des 3. (Voll-)Senats vom 25. Juni 2007 3 K 121/07 wurde der Rechtsstreit (u.a.) für die Streitjahre auf den Einzelrichter übertragen.

Am 9. Juli 2007 fand vor dem Einzelrichter eine mündliche Verhandlung statt. Der Termin wurde nach seinem Beginn aufgehoben. Auf die Niederschrift über diesen Termin, die den Beteiligten bekannt gegeben wurde, wird Bezug genommen.

Mit Beschluss des Einzelrichters vom 8. April 2008 3 K 121/07 wurde der Rechtsstreit (u.a.) für die Streitjahre auf den 3. (Voll-)Senat zurück übertragen.

Mit Beschluss vom 5. Juni 2008 3 K 121/07 wurden vom vorliegenden Verfahren die Verfahren zu den Streitjahren 1999 und 2000 abgetrennt.

Dem Senat lagen folgende Akten vor:

1 Bd Einkommensteuerakten Bd III Stnr.: .../...

1 Bd Einkommensteuerakten Bd IV Stnr.: .../...

1 Bd Rechtsbehelfsakten Stnr.: .../...

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Die angegriffenen Steuerbescheide sind jedenfalls insoweit rechtmäßig, als das FA die Einkommensteuer nicht niedriger festgesetzt hat: Denn der #Kläger unterliegt als Grenzgänger im Sinne von Art. 15a DBA-Schweiz der deutschen Besteuerung.

1. Ungeachtet und damit ohne Rücksicht auf die generellere Regelung des Art. 15 DBA-Schweiz (und damit auch ohne Rücksicht auf die Regelung des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz zu den leitenden Angestellten, die insoweit den nicht leitenden Angestellten gleichgestellt sind --Bundesrätliche Botschaft-- über ein Protokoll zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Bundesrepublik Deutschland vom 1. März 1993 Ziffer 2 Besonderer Teil Artikel II Abs. 2, Bundesblatt --BBl-- Band I 1993, 1521, 1525) sind Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die ein Grenzgänger aus unselbständiger Arbeit bezieht, in dem Vertragsstaat gemäß der spezielleren Regelung in Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz zu besteuern, in dem der Grenzgänger ansässig ist. Grenzgänger im Sinne dieser Vorschrift ist jede in einem Vertragsstaat ansässige Person, die in dem anderen Vertragsstaat ihren Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz). Kehrt diese Person nicht jeweils nach Arbeitsende an ihren Wohnsitz zurück, entfällt die Grenzgängereigenschaft nur dann, wenn die Person bei einer Beschäftigung während des gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz in Verbindung mit Nrn. II. 3. und 4. des Verhandlungsprotokolls zum Änderungsprotokoll vom 18. Dezember 1991, BGBl. II 1993, 1889, BStBl I 1993, 929, das eine verbindliche Vorgabe für die Auslegung des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz enthält --BFH-- Urteil vom 16. Mai 2001 I R 100/00, BStBl II 2001, 633).

Nach diesen Bestimmungen steht der Bundesrepublik Deutschland und damit dem Staat, in dem der Kläger (in G) in den Streitjahren ansässig war, das Besteuerungsrecht für dessen gesamte --von der X AG bezogene-- Einkünfte aus unselbständiger Arbeit zu. Der Kläger ist an 230 Tagen (Hinweis auf die zutreffenden Angaben zur Zeile 30 in der Anlage N-Gre für die Streitjahre) von seinem Wohnort zu seinem Arbeitsort in der T-zentrale der X AG in A/CH mit dem eigenen PKW hin- und zurückgefahren. Er hat damit an jedem Arbeitstag die Grenze in beide Richtungen überschritten und damit regelmäßig und nicht nur gelegentlich die Grenze überquert. Nur bei diesem --zuletzt genannten-- Sachverhalt wäre die Grenzgängereigenschaft des Klägers in Frage gestellt (vgl. BFH-Beschluss vom 16. März 1994 I B 186/93, BStBl II 1994, 696 --zur Rechtslage nach Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz in der Fassung vor Inkrafttreten des Änderungsprotokolls vom 21. Dezember 1992, BGBl. II 1993, 1896, BStBl I 1993, 927, die auch für die Streitjahre dem Grunde nach noch maßgeblich ist: BFH-Urteil vom 21. August 1996 I R 80/95, BStBl II 1997, 134 zu II. B 2. a.E.--).

2. Der Umstand, dass der Kläger an 150 Tagen im Streitjahr 1996 und an 63 Tagen im Streitjahr 1997 (Hinweis auf S. 7 des Tatbestandes) von seinem Arbeitsort in A/CH nach B/F (eintägige) Geschäftsreisen in einen Drittstaat unternommen hat, nach Beendigung seiner Tätigkeit wieder zu seinem regelmäßigen Arbeitsort zurückgekehrt ist und anschließend seinen Wohnort in der Bundesrepublik Deutschland aufgesucht hat, führt zu keiner anderen Beurteilung und demzufolge nicht zum Wegfall der Grenzgängereigenschaft des Klägers. Diese würde nur entfallen, wenn der Kläger "an mehr als 60 Tagen auf Grund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz zurückgekehrt ist" (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz). Gerade diese Voraussetzung ist im Streitfall jedoch nicht gegeben. Der Kläger ist an jedem Arbeitstag an seinen Wohnsitz zurückgekehrt. In Übereinstimmung mit dem Wortlaut des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz ist er damit als Grenzgänger im Sinne des Art. 15a DBA-Schweiz zu beurteilen.

a) Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass bei der Auslegung eines Doppelbesteuerungsabkommens nicht nur auf dessen Wortlaut (der jedoch im Vordergrund steht: Vogel/Lehner, Doppelbesteuerungsabkommen, Kommentar, 5. Aufl., 2008, Einl. Rn 106 ff.), sondern auch auf den Sinn und Zweck und den systematischen Zusammenhang der auszulegenden Bestimmung abzustellen ist (BFH-Urteile vom 23. Februar 2005 I R 13/04, BFH/NV 2005, 1241;vom 15. Juni 1973 III R 118/70, BStBl II 1973, 810). Sinn und Zweck der Bestimmung des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz, dem Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zu geben, ist, dass der Staat des Arbeitsortes, der über die Geltendmachung der Lohnzahlung als Betriebsausgaben Steuerausfälle bei der Besteuerung des Arbeitgebers von Grenzgängern hinnehmen muss, zu diesem Verzicht nur bereit ist, wenn sich der Arbeitnehmer nicht längere Zeit im Staat des Arbeitsortes (vgl. hierzu: Züger in: Gassner/Lang/Lechner/Schuch/Staringer [Hrsg.], Arbeitnehmer im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, Wien 2003, S. 177 zu II. 4.) aufhält. Kehrt er auf Grund der Arbeitsausübung an mehr als 60 Tagen nicht zurück, besteht eine besonders intensive Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Tätigkeitsstaates, weil jedenfalls bei einer Nichtrückkehr von dort, also vom Tätigkeitsstaat (Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz) und damit bei einem Verbleiben im Tätigkeitsstaat eine besonders enge Verbindung zum Arbeitsort besteht (Mössner, Recht der Internationalen Wirtschaft --RIW-- 2001, 433, 439). Auf der anderen Seite wird die Eingliederung in die Lebenswelt des Wohnsitzstaates gelockert (BFH-Beschluss in BStBl II 1994, 696). Damit geht einher der Wegfall des Besteuerungsrechts des Wohnsitzstaates, dem der Arbeitnehmer nicht mehr in dem erforderlichen Maße verhaftet bleibt (Vogel/Lehner, a.a.O. Art. 15 Rn 132).

Angesichts dieser Zielsetzung ist nicht nachvollziehbar, dass Grenzgänger den Mittelpunkt ihres Lebens zwar weiterhin im Ansässigkeitsstaat haben (BFH-Urteil vom 1. März 1963 VI 119/61 U, BStBl III 1963, 212), weil sie arbeitstäglich an ihren Wohnort zurückkehren, und demzufolge diesem das Besteuerungsrecht für deren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zusteht, das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates jedoch entfallen soll, wenn sie arbeitstäglich zwar auch an ihren Wohnsitz zurückkehren, zuvor jedoch eine Geschäftsreise in einen Drittstaat --wie der Kläger nach Frankreich-- unternommen haben. Eine --im Vergleich zur Arbeitsausübung im Tätigkeitsstaat selbst-- intensivere Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Tätigkeitsstaates, die dessen Besteuerungsrecht rechtfertigen könnte, liegt nicht vor bei einer (eintägigen) Geschäftsreise in einen Drittstaat (wie z.B. im #Streitfall nach Frankreich).

b) Schließlich entspricht nur die durch den Senat vorgenommene Auslegung des Art. 15a Abs. 2 DBA-Schweiz dem Gebot der verfassungskonformen Auslegung unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verbietet der Gleichheitssatz die Willkür, d.h. vergleichbare Sachverhalte dürfen nicht ohne sachlich vertretbaren plausiblen Grund verschieden behandelt werden. Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn die (gleiche oder) ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur des Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, wenn also bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung fehlt (Leibholz/Rinck, Grundgesetz, Rechtsprechung des BVerfG, Kommentar, Art. 3 Rz. 95 mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung des BVerfG).

Im Streitfall ist ein vernünftiger, einleuchtender Grund dafür, dass bei einer eintägigen Geschäftsreise in einen Drittstaat eine Nichtrückkehr im Sinne von Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz selbst dann vorliegen soll, wenn der Arbeitnehmer an seinen Wohnsitz tatsächlich am Tag der Geschäftsreise zurückgekehrt ist (so aber die generelle Verständigungsvereinbarung in BStBl I 1994, 683 zu Tz. 14 Satz 2), ersichtlich nicht vorhanden. Auch die Beteiligten und dabei insbesondere FA, das vom Senat auch in anderen Verfahren mehrmals auf diese Rechtsfrage hingewiesen wurde, zeigte sich außerstande, für diese Vereinbarung überhaupt einen Grund anzugeben. Der Senat sieht in dieser Regelung den Ausdruck einer sinnentleerten Kasuistik bei der Anwendung der Grenzgängerregelung des Art. 15a DBA-Schweiz, die offenbar von dem Interesse der Vertragsstaaten geprägt ist, das Steueraufkommen "wie auch immer" zu verteilen (Prokisch, RIW 1991, 306, 405 ff --zu V. 2.--). Eine Auslegung der (zugegebenermaßen sehr problematischen [Kolb in: Körperschaftsteuer Internationales Steuerrecht Doppelbesteuerung Festschrift für Wassermeyer, München 2005 S. 757 [766 -Abs. 2-]) Grenzgängerregelung des Doppelbesteuerungsabkommens Deutschland-Schweiz ausschließlich unter Berücksichtigung des Interesses der Vertragsstaaten an der Höhe der Steuereinnahmen und Staatsausgaben ist kein anerkanntes Auslegungskriterium (Henkel in: Gosch/Kroppen/Grotherr, DBA-Kommentar, Grundlagen Teil I Abschnitt 4 Auslegung der DBA).

Die nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung wird auch deutlich, wenn der Fall einer mehrtägigen Dienstreise im Tätigkeitsstaat zum Vergleich herangezogen wird. Hätte der Kläger eine mehrtägige Dienstreise nach Biel/CH unternommen, und wäre er nicht zurückgekehrt (weil ihm das Hin- und Herfahren zu lästig gewesen wäre), hätte das FA im Ergebnis eine Rückkehr in den Ansässigkeitsstaat (die Bundesrepublik Deutschland) unterstellt, weil die Entfernung vom Wohnort zum Ort der Geschäftsreise (nur) ca 100 km beträgt und diese Strecke gegebenenfalls in weniger als einer Stunde hätte zurückgelegt werden können (vgl. die generelle Vereinbarung vom 24. Juni 1999 in: Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb, a.a.O. B. 15 a.2 Nr. 11) und demzufolge eine Rückkehr zumutbar erscheint. Für die Annahme einer Nichtrückkehr bei einer eintägigen Geschäftsreise in einen Drittstaat, obwohl der Arbeitnehmer tatsächlich zurückgekehrt ist, während bei einer (tatsächlichen) Nichtrückkehr aus dem Tätigkeitsstaat bei einer mehrtägigen Geschäftsreise ein Nichtrückkehrtag nur anerkannt wird, wenn die Rückkehr unzumutbar war, ist ein sachlicher Grund nicht erkennbar.

Eine Grundlage für eine sachgerechte Typisierung (Hinweis auf Leibholz/Rinck, a.a.O., Art. 3 Rz. 555- 566) im Sinne der Gleichung Rückkehrtag nach einer Geschäftsreise in einen Drittstaat = Nichtrückkehrtag im Sinne von Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz vermag der Senat ebenfalls nicht zu erkennen.

c) Der Senat weicht mit seiner zuvor dargelegten Meinung, dass eine eintägige Geschäftsreise in einen Drittstaat nicht "stets" zur Annahme eines Nichtrückkehrtages führt, von einer generellen Verständigungsvereinbarung zwischen der deutschen Finanzverwaltung und der schweizerischen eidgenössischen Steuerverwaltung ab (Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb, a.a.O., B 15 a.2 Nr. 31; Kolb in: Körperschaftsteuer Internationales Steuerecht Doppelbesteuerung, Festschrift für Wassermeyer, a.a.O., S. 757, 765 zu II. 2. b). Hieraus ergeben sich keine Bedenken. Der Senat ist nur an die (und nicht nur wie der vorliegende Fall zeigt: sehr problematische) Grenzgängerregelung in Art. 15a DBA-Schweiz gebunden, weil diese Vertragsnorm durch Zustimmungsgesetz in inländisches Recht transformiert wurde. Verständigungsvereinbarungen kommt keine unmittelbare Gesetzeskraft zu. Sie dienen als Auslegungshilfe, wenn das in ihnen dargestellte Verhandlungsergebnis auch mit den Auslegungsregeln der allgemeinen Rechtslehre (vgl. hierzu: Wassermeyer, Steuer und Wirtschaft 1990, 404) gewonnen werden kann (BFH-Urteil vom 21. August 1996 I R 80/95, BStBl II 1997, 134, mit weiteren Nachweisen; Hardt in: Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Schweiz Art. 26 Rn. 205 und 206, mit umfangreichen Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). Hiervon kann nach den zuvor dargelegten Erwägungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, nicht ausgegangen werden (gleicher Auffassung: Brandis in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Schweiz Art. 15a Rn. 47 a.E.,; anderer Auffassung: Vogelgesang in: Gosch/Kroppen/Grotherr, a.a.O., DBA-Schweiz Art. 15a Rz. 22).

3. Schließlich kann der Senat offen lassen, ob der Kläger in B/F an den hier in Rede stehenden 150 Arbeitstagen (im Streitjahr 1996) und 63 Arbeitstagen (im Streitjahr 1997) seinen Arbeitsort hatte (BFH-Urteil vom 28. September 1990 VI R 157/89, BStBl II 1991, 86; BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 683 Tz. 08; Züger in: Gassner/Lang/Lechner/Schuch/Staringer [Hrsg.], a.a.O., S. 188 zu 4.) und ob demzufolge die Frage des Besteuerungsrechts für die vom Kläger in B/F ausgeübte Arbeit unter Berücksichtigung von Art. 13 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und Grundsteuern (DBAFrankreich) zu entscheiden sein könnte. Der Kläger hatte in den Streitjahren in G und damit im Grenzgebiet seine ständige Wohnstätte, wohin er täglich zurückkehrte. Er arbeitete im Grenzgebiet des anderen Vertragsstaates (in B in Frankreich). Damit könnten die vom Kläger erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die auf seine Tätigkeit in B/F entfallen, nur in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden (Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich).

4. Nach den zuvor dargelegten Erwägungen ergibt sich eine höhere Einkommensteuer als diejenige, die in den angegriffenen Steuerbescheiden vom FA festgesetzt wurde. Der erkennende Senat ist an einer höheren Steuerfestsetzung wegen des im finanzgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigenden Verböserungsverbots gehindert (Verbot der sog. reformatio in peius).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--.

6. Die Revision war zuzulassen. Der Sache kommt grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) wegen der Frage, ob Tage, an denen eintägige Geschäftsreisen in Drittstaaten unternommen wurden, "stets" zu den Nichtrückkehrtagen nach Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz zu rechnen sind. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass er die Auffassung der Finanzverwaltung, nach der der letzte Tag einer mehrtägigen Geschäftsreise in Drittstaaten auch "stets" zu den Nichtrückkehrtagen zu zählen ist, für bedenklich hält (Fach A Teil 2 Nummer 7 zu: Beispiel des Grenzgängerhandbuches). Nicht zu entscheiden brauchte der Senat im vorliegenden Fall, ob der Tag, an dem der Arbeitnehmer seinen Tätigkeitsort in einem Drittstaat (insbesondere in einem außereuropäischen Staat) verlässt und sich auf die Rückreise in den Ansässigkeitsstaat begibt, auch dann nicht (mehr) zu den Nichtrückkehrtagen rechnet, wenn der Arbeitnehmer erst am darauf folgenden Tag an seinem Wohnsitz ankommt (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 15. September 2004 I R 67/03, BFH/NV 2005, 267, zu II. 4.).

7. Um den Beteiligten ggf. einen zweiten Rechtsgang zu ersparen, weist der Senat vorsorglich ohne Bindungswirkung für das weitere Verfahren darauf hin, dass nach seiner Auffassung der Kläger eine in Art. 15 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz abschließend (Urteil des FG München vom 23. Juli 2003 1 K 1231/00, Internationales Steuerecht 2004, 168) genannte Tätigkeit bzw. eine in Art. 15 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz bestimmte Tätigkeit als leitender Angestellter (BFH-Beschluss vom 12. September 2006 I B 27/06, BFH/NV 2007, 13 zu II. 4 ) und zwar die eines (Kollektiv-) Prokuristen in den Streitjahren ausgeübt hat (Hinweis auf die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen im Tatbestand zu S. 3-6 und die BFH-Entscheidungen vom 19. April 1999 I B 141/98, BFH/NV 1999, 1317, zu 2. undvom 8. April 1992 I R 68/91, BFH/NV 1993, 295 zu II. 2.), und er im übrigen dem BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 593 folgt. Die Ausführungen im an den Senat gerichteten BMF-Schreiben vom 6. Juli 2007 entsprechen im wesentlichen den Erwägungen, die der BMF im Revisionsverfahren zum Az.: I R 81/04 bereits vorgebracht hat und die dem erkennenden Senat vorliegen.



Ende der Entscheidung

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