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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 23.11.2006
Aktenzeichen: 3 K 176/02
Rechtsgebiete: KStG, GewStG, UmwG


Vorschriften:

KStG § 8 Abs. 1
KStG § 49 Abs. 1 a.F.
GewStG § 14 S. 1
UmwG § 17 Abs. 2 S. 4
UmwG § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 1
Veranlagung zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer bei Verschmelzung von Kapitalgesellschaften zum 30.12. eines Jahres - Bei Verschmelzung einer Gewinn-GmbH auf eine Verlust-GmbH keine Verlustverrechnung bei der Überträgerin - Steuerliche Rückwirkung einer Verschmelzung.
Finanzgericht Baden-Württemberg

3 K 176/02

Tatbestand:

Streitig ist, ob und gegebenenfalls wie bei einer Verschmelzung von Kapitalgesellschaften auf den handelsrechtlichen Verschmelzungsstichtag 31. Dezember (steuerlicher Übertragungsstichtag: 30. Dezember) für das letzte Wirtschaftsjahr der übertragenden Gesellschaft Veranlagungen zur Körperschaftsteuer und zur Gewerbesteuer durchzuführen sind.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in X (AG X, HRB 701 x). Unternehmensgegenstand war im Streitjahr 1998 der Handel mit Blumen und Pflanzen aller Art. Die Gesellschaft hatte ein Stammkapital von zunächst 200.000 DM, welches sich im Zuge der Verschmelzung mit der A Wohnungsbau GmbH auf 250.000 DM erhöhte.

Die Klägerin erzielte im Jahr 1998 einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 100.724,68 DM. Dadurch bedingt wies sie in ihrem am 23. Juni 1999 testierten Jahresabschluss zum 31. Dezember 1998 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 85.150,87 DM aus, der durch die Verschmelzung mit der A Wohnungsbau GmbH zum Ausgleich gebracht werden sollte.

Steuerlich hatte die Klägerin (Übernehmerin) zum Stichtag 31. Dezember 1997 einen verbleibenden Verlustabzug zur Körperschaftsteuer von 182.807 DM und einen vortragsfähigen Gewerbeverlust von 183.045 DM. Mit Bescheid vom 17. August 1999 stellte das Finanzamt (FA) den verbleibenden Verlustabzug zur Körperschaftsteuer für den Stichtag 31. Dezember 1998 mit 283.532 DM fest. Darin enthalten war ein körperschaftssteuerlicher Verlust 1998 in Höhe von 100.725 DM. Ebenfalls mit Bescheid vom 17. August 1999 stellte das FA den vortragsfähigen Gewerbeverlust der Klägerin zum 31. Dezember 1998 mit 281.970 DM fest. Darin enthalten war ein Gewerbeverlust 1998 in Höhe von 98.925 DM. Die genannten Bescheide vom 17. August 1999 blieben unangefochten.

Die Klägerin führt die vorliegende Klage als Gesamtrechtsnachfolgerin der A Wohnungsbau GmbH (Überträgerin). Diese Gesellschaft hatte bis zur Verschmelzung mit der Klägerin ein Stammkapital von 50.000 DM und ihren Sitz ebenfalls in X (HRB 794 x). Ihr Gegenstand war der Erwerb, die Verwaltung und die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken, die Planung und schlüsselfertige Herstellung von Gebäuden, die Planung und Beratung auf dem Gebiet der Stadt- und Bausanierung, die Erschließungsmaßnahmen sowie die Tätigkeit als Baubetreuer, Finanzierungsvermittler, Generalunternehmer, Verwalter und Vermieter.

Die A Wohnungsbau GmbH erzielte im Jahr 1998 ausweislich ihres am 25. Juni 1999 testierten Jahresabschlusses einen Jahresüberschuss in Höhe von 94.544,49 DM. Ertragsteuerbuchungen für das Jahr 1998 wurden im Jahresabschluss zum 31. Dezember 1998 nicht erfasst. Hingewiesen wurde allerdings darauf, dass die Gesellschafterversammlung der Überträgerin am 30. Dezember 1998 einen Absichtsbeschluss zur Verschmelzung mit der Klägerin gefasst hatte.

Durch notariell beurkundeten Verschmelzungsvertrag vom 1. Juni 1999, auf den wegen aller Einzelheiten verwiesen wird (siehe die Vertragsakten des FA), vereinbarten die Klägerin als übernehmende Rechtsträgerin und die A Wohnungsbau GmbH als übertragende Rechtsträgerin die Verschmelzung der Gesellschaften. Die Verschmelzung durch Aufnahme (§§ 2 Nr. 1, 4 ff. Umwandlungsgesetz (UmwG) wurde im Handelsregister von Überträgerin und Übernehmerin jeweils am 17. August 1999 eingetragen und erfolgte mit steuerlicher Rückwirkung auf den 30. Dezember 1998 (= steuerlicher Übertragungsstichtag im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG)).

Ab dem 31. Dezember 1998 (= handelsrechtlicher Verschmelzungsstichtag) sollten gemäß Ziffer II des Verschmelzungsvertrags im Innenverhältnis der Vertragsparteien alle Geschäfte der Überträgerin als für Rechnung der Klägerin gelten. Nach dem 30. Dezember 1998 ereignete sich im Kalenderjahr 1998 kein weiterer Geschäftsvorfall der Überträgerin. Die Erstellung einer eigenen Steuerbilanz zum 30. Dezember 1998 für die Überträgerin unterblieb. Weder die Überträgerin noch die Klägerin reichten für das Jahr 1998 Steuererklärungen für die Überträgerin ein.

Der Gewinn der Überträgerin und der Verlust der Übernehmerin wurden in einem am 25. Juni 1999 testierten Jahresabschluss zum 31. Dezember 1998 konsolidiert. Der konsolidierte Jahresabschluss beruhte auf den beiden erstellten Einzelabschlüssen und wies einen Jahresfehlbetrag 1998 in Höhe von 6.180,19 DM aus.

Im August bzw. September 1999 erließ das FA für das letzte (Rumpf-)Wirtschaftsjahr der Überträgerin einen Körperschaftsteuerbescheid und einen Gewerbesteuermessbescheid. Es richtete die Bescheide an die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin. Eine Verrechnung mit den aus dem eigenen Geschäftsbereich der Klägerin (Übernehmerin) stammenden Verlustvorträgen ließ das FA nicht zu. In Ermangelung einer Steuerbilanz auf den 30. Dezember 1998 sah es die Bilanz der Überträgerin zum 31. Dezember 1998 als Übertragungsbilanz an und führte auf dieser Grundlage die Veranlagungen zur Körperschaftsteuer und zur Gewerbesteuer 1998 durch.

Im Körperschaftsteuerbescheid 1998 vom 18. August 1999 setzte das FA auf der Basis eines zu versteuernden Einkommens der Überträgerin in Höhe von 81.154 DM die Körperschaftsteuer 1998 auf 36.519 DM fest. Im Gewerbesteuermessbescheid 1998 vom 14. September 1999 setzte das FA darüber hinaus auf der Basis eines Gewerbeertrags der Überträgerin in Höhe von 85.000 DM einen Gewerbesteuermessbetrag von 4.250 DM fest.

Die Klägerin legte gegen den Körperschaftsteuerbescheid am 25. August 1999 und gegen den Gewerbesteuermessbescheid am 22. September 1999 jeweils Einspruch ein. Das FA wies die Einsprüche durch Einspruchsentscheidungen vom 14. Juni 2002 zurück.

Hiergegen reichte die Klägerin mit Schriftsatz vom 10. Juli 2002 Klage ein, die am 11. Juli 2002 bei Gericht einging.

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin das Ziel, eine konsolidierte Betrachtung auch auf die steuerliche Ebene zu übertragen. Sie ist der Auffassung, die übertragende Rechtsträgerin habe für das Kalenderjahr 1998 nicht mehr zur Körperschaftsteuer und zur Gewerbesteuer veranlagt werden dürfen. Sie verweist auf § 2 Abs. 1 UmwStG, wonach der erwirtschaftete Gewinn der Überträgerin im Rahmen eines Einnahmen- und Ausgabenflusses zum 30. Dezember 1998 in das Vermögen der Übernehmerin eingeflossen sei. Die Steuerpflicht werde erst mit Ablauf des Kalenderjahrs, d.h. am 31. Dezember um 24.00 Uhr verwirklicht. Am 31. Dezember 1998 habe die Überträgerin jedoch infolge der Verschmelzung bereits nicht mehr bestanden.

Ferner verweist die Klägerin auf §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 5 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Der Betriebsvermögensvergleich 1998 habe dergestalt zu erfolgen, dass der Gewinn der Überträgerin mit dem Verlust der Übernehmerin zu saldieren sei. Das saldierte Ergebnis sei der Veranlagung zugrunde zu legen.

§ 11 UmwStG stelle keine Gewinnermittlungsvorschrift, sondern eine Bewertungsvorschrift dar. Aus § 2 UmwStG ergebe sich hingegen im vorliegenden Fall, dass das Vermögen der untergehenden Überträgerin am 31. Dezember 1998 auf die Übernehmerin übergegangen sei und dass an diesem Tag nur noch ein Steuerobjekt bestanden habe.

Mit Blick auf den vom FA in Bezug genommenen § 6 Abs. 2 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) führt die Klägerin aus: Es sei zwar richtig, dass § 6 EStDV auch für Körperschaften gelte. Die Vorschrift enthalte aber eine abschließende Aufzählung, für welche Fälle sie anzuwenden sei. Vorliegend sei die Überträgerin gerade nicht aufgegeben oder veräußert worden, sondern mit allen Aktiva und Passiva und damit auch mit dem sich darin ausdrückenden Gewinn zum 30. Dezember 1998 auf die Übernehmerin übergegangen. § 6 EStDV regele diesen Fall nicht. Er müsse auch nicht geregelt werden, da nicht die Gefahr drohe, dass ein Gewinn oder Verlust nicht zur Steuer herangezogen werde.

Bestätigt sieht sich die Klägerin nicht zuletzt durch das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 31. Mai 2005 I R 68/03 (BFHE 209, 535 = BStBl II 2006, 380). Die Klägerin sei durch die Verschmelzung Rechtsnachfolgerin der Überträgerin im Sinne des § 45 Abgabenordnung (AO) geworden. Folglich sei der Jahresgewinn 1998 der untergegangenen Überträgerin gemäß § 8 Abs. 1 und 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in Verbindung mit § 2 Abs. 3 EStG in den Steuererklärungen der Klägerin zu berücksichtigen.

Wenn das FA die Auffassung vertrete, das BFH-Urteil vom 31. Mai 2005 I R 68/03 treffe auf den vorliegenden Fall nicht zu, so sei das unrichtig. Vielmehr habe sich der BFH in seiner Entscheidung ausführlich mit einem horizontalen Verlustausgleich zwischen zwei Kapitalgesellschaften in einem Fall beschäftigt, in dem eine Kapitalgesellschaft aufgrund der Verschmelzung vor dem Ende des Veranlagungszeitraums untergegangen sei.

Wenn das FA argumentiere, beim zitierten Fall handle es sich um die Verschmelzung einer Verlust-GmbH auf eine Gewinn-GmbH, während im Streitfall eine Gewinn-GmbH auf eine Verlust-GmbH übertragen worden sei, übersehe es, dass § 2 Abs. 3 EStG in der für den Veranlagungszeitraum 1998 maßgeblichen Fassung nicht zwischen Gewinnen und Verlusten unterscheide. Ein horizontaler Verlustausgleich sei daher bei der Klägerin als übernehmender Gesamtrechtsnachfolgerin durchzuführen.

Im Hinblick auf die im Nichtanwendungserlass des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 7. April 2006 (IV B 7-S 1978b-1/06, BStBl I 2006, 344) genannten BFH-Urteile I R 38/01 bringt die Klägerin vor, dort hätten Verschmelzungen auf den 31. Dezember, nicht dagegen wie im Streitfall auf den 30. Dezember vorgelegen. Der vom BMF behauptete Widerspruch zu anderen Urteilen des BFH bestehe deshalb nicht. Der entscheidende Unterschied sei, dass der steuerliche Übertragungsstichtag vorliegend der 30. Dezember sei. In diesem Zeitpunkt sei der erst am 31. Dezember endende Veranlagungszeitraum noch nicht abgelaufen gewesen. Nach § 30 Nr. 3 KStG entstehe die Körperschaftsteuer erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums. Damit sei das Ergebnis der Überträgerin auf die Übernehmerin übergegangen. Anders sei dies dann, wenn - wie in den im Nichtanwendungserlass zitierten anderen BFH-Entscheidungen - zeitgleich mit dem Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags auch der Veranlagungszeitraum ablaufe und die Körperschaftsteuer hierdurch entstehe.

Nach § 8 Abs. 1 KStG bestimme sich, dass das Einkommen nach den Vorschriften des EStG zu ermitteln sei. In Abschnitt 32 der Körperschaftsteuer-Richtlinien seien § 2 Abs. 1 bis 4 EStG ausdrücklich aufgeführt. Somit sei auch bei einer Kapitalgesellschaft eine Einkünfteermittlung durchzuführen und deren Ergebnis erst nach der Durchführung des horizontalen Verlustausgleichs der Körperschaftsteuer zu unterwerfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Klägerin wird auf die Schriftsätze vom 12. Juli 2002, 10. Oktober 2002, 27. September 2006 und 8. November 2006 verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über die die A Wohnungsbau GmbH betreffende Körperschaftsteuer für 1998 vom 18. August 1999 sowie den die genannte GmbH betreffenden Gewerbesteuermessbescheid für 1998 vom 14. September 1999 jeweils in der Fassung der Einspruchsentscheidungen vom 14. Juni 2002 aufzuheben,

hilfsweise

die Körperschaftsteuer 1998 und den Gewerbesteuermessbetrag für 1998 die A Wohnungsbau GmbH betreffend auf 0,00 DM festzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das beklagte FA beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Es ist der Meinung, die Veranlagungen der Überträgerin zur Körperschaftsteuer und zur Gewerbesteuer für das Jahr 1998 zu Recht durchgeführt zu haben. Bei einer Verschmelzung durch Aufnahme werde den Anteilsinhabern der Überträgerin im Wege des Anteilstausches eine Beteiligung an dem übernehmenden Rechtsträger gewährt. Die steuerlichen Folgen regele das UmwStG.

Eine Verlustverrechnung in 1998 sei bei der Überträgerin nicht möglich, § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG und die diesbezügliche Regelung in Tz. 12.16 des Umwandlungssteuer-Erlasses vom 25. März 1998 (BStBl I 1998, 268) seien zur Frage des übergehenden Verlustabzugs ergangen und beträfen den Fall der Verschmelzung einer Verlust-GmbH auf eine Gewinn-GmbH. Vorliegend gehe es jedoch um den umgekehrten Fall der Verschmelzung einer Gewinn-GmbH auf eine Verlust-GmbH. Da eine Verlustverrechnung hier nicht möglich sei, habe die Überträgerin ihren Gewinn im Jahr 1998 selbst zu versteuern.

Im Streitfall sei das Vermögen der Überträgerin durch den Verschmelzungsvertrag vom 1. Juni 1999 zum handelsrechtlichen Verschmelzungsstichtag 31. Dezember 1998 (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 UmwG) auf die Überträgerin übertragen worden. Die Übertragung sei gegen Gewährung von Geschäftsanteilen im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme erfolgt. Aus § 11 UmwStG folge, dass die Überträgerin für ihr letztes Wirtschaftsjahr eine steuerliche Schlussbilanz zu erstellen habe und die Wertansätze bei der Übernehmerin zwingend den Werten dieser steuerlichen Schlussbilanz zu folgen hätten.

Die Klägerin weise zwar zutreffend darauf hin, dass es sich bei § 11 UmwStG um keine Gewinnermittlungsvorschrift, sondern um eine Bewertungsvorschrift handele. Allerdings besage die Vorschrift eindeutig, dass die Überträgerin für das letzte Wirtschaftsjahr ihres Bestehens zwingend eine steuerliche Schlussbilanz zu erstellen habe. Das letzte Wirtschaftsjahr der Überträgerin habe mit Ablauf des 30. Dezember 1998 geendet.

Werde die übertragende Körperschaft handelsrechtlich aufgelöst und ihr Vermögen ohne Abwicklung auf einen anderen Rechtsträger übertragen, gehe die Vorschrift des § 2 Abs. 1 UmwStG davon aus, dass das Vermögen der Überträgerin mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags auf die Übernehmerin übergegangen sei und die Überträgerin nicht mehr bestehe. Körperschaftsteuerpflicht und Gewerbesteuerpflicht würden im Fall der Verschmelzung mit dem steuerlichen Übertragungsstichtag erlöschen.

Das FA verweist ferner auf Tz. 02.06 des Umwandlungssteuer-Erlasses. Die Steuerpflicht der Überträgerin habe mit Ablauf des 30. Dezember 1998 geendet (Hinweis auf Widmann, UmwStG, § 2 Tz. 34). Damit sei klargestellt, dass die Überträgerin bis zu diesem Zeitpunkt den erwirtschafteten Gewinn oder Verlust zu versteuern habe. Da das steuerliche Ergebnis der Überträgerin zum steuerlichen Übertragungsstichtag ermittelt werden müsse, sei für das Steuerrecht insoweit davon auszugehen, dass zu diesem Stichtag ein (Rumpf-)Wirtschaftsjahr ende. Erst nach der steuerlichen Abwicklung finde das Einkommen und Vermögen Eingang in die Verschmelzung. § 2 Abs. 1 UmwStG besage nicht, dass der bis zum steuerlichen Übertragungsstichtag angefallene Gewinn oder Verlust bzw. Gewerbeertrag mit dem des übernehmenden Rechtsträgers zu saldieren und von diesem zu versteuern sei. Wäre dies anzunehmen, hätte es auch nicht der Regelung des § 12 Abs. 3 UmwStG bedurft.

Im Hinblick auf die Gewerbesteuer weist das FA ergänzend darauf hin, dass der Gewerbebetrieb der Überträgerin als am Übertragungsstichtag eingestellt gelte (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UmwStG, § 2 Abs. 5 Satz 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG). Im Streitfall bedeute dies, dass die Gewerbesteuerpflicht der Überträgerin am 30. Dezember 1998 geendet habe. Maßgebender Gewerbeertrag für den Gewerbesteuermessbescheid 1998 der Überträgerin sei der Gewerbeertrag des Wirtschaftsjahrs der Überträgerin, das in dem Erhebungszeitraum ende, für das der Gewerbesteuermessbescheid ergehe (§ 10 Abs. 1 und 2 GewStG).

Das FA weist auf den Nichtanwendungserlass vom 7. April 2006 hin, mit dem das BMF die Anwendung des BFH-Urteils vom 31. Mai 2005 I R 68/03 über den konkret entschiedenen Einzelfall hinaus ablehnt. Das Urteil des BFH vom 31. Mai 2005 betreffe nicht den hier vorliegenden Fall. Im Urteil des BFH sei es inhaltlich um die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der nach § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG 1991 in Verbindung mit § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG 1990 anzurechnenden ausländischen Steuern gegangen. Darüber hinaus behandle das Urteil nur die Frage, ob der laufende Verlust der Überträgerin im Übertragungsjahr die steuerliche Qualität eines Verlustvortrags oder aber eines eigenen Verlusts der Übernehmerin habe. Der BFH habe hier lediglich entschieden, dass ein laufender Verlust der übertragenden Gesellschaft im Übertragungsjahr mit dem laufenden Gewinn der übernehmenden Gesellschaft in diesem Jahr zu verrechnen sei. Im Streitfall gehe es hingegen um die Frage, ob ein von der übertragenden Gesellschaft vor dem Übertragungsstichtag erzielter Gewinn auf die übernehmende Gesellschaft übergehe. Hierzu enthalte das Urteil des BFH vom 31. Mai 2005 keine Aussage.

Das Urteil lehne sich vielmehr stark an die Verlustübernahmeregelung des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG an, wenn es unter dem Gliederungspunkt C 2 b) der Urteilsgründe als widersprüchlich angesehen werde, dass die Vorschrift zwar einen Verlustübergang für Verluste aus Vorjahren, nicht aber für laufende Verluste des Verschmelzungsjahres zulasse. Lediglich als Begründung zur Beseitigung dieses angeblichen Wertungswiderspruchs werde auf die allgemeine Regelung des § 45 AO Bezug genommen, nach der die übernehmende Gesellschaft in die Position der Rechtsvorgängerin sowohl hinsichtlich verbleibender Verlustvorträge als auch nicht ausgeglichener laufender Verluste eintrete.

Insoweit sei festzustellen, dass es den vom BFH dargestellten Wertungswiderspruch überhaupt nicht gebe. Der Verlust des Übertragungsjahres gehe nämlich - zusammen mit dem festgestellten Verlustvortrag aus den Vorjahren - in die letzte Verlustfeststellung der Überträgerin ein, die auf den - auch unterjährigen - steuerlichen Übertragungsstichtag vorzunehmen sei. Erst dieser gesondert festgestellte Verlustvortrag gehe dann - unter weiteren Voraussetzungen - nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG auf die Übernehmerin über. Der Verlust des laufenden Jahres werde somit überhaupt nicht schlechter als der Verlustvortrag aus den Vorjahren behandelt. Die Entscheidung des BFH sei somit von der unzutreffenden Annahme geprägt, dass Verluste des laufenden Wirtschaftsjahres bei unterjährigem Übertragungsstichtag verloren wären.

Für den Streitfall habe das Urteil des BFH jedenfalls keine Auswirkung. Ansonsten hätte der BFH in dem von ihm entschiedenen Fall auch für den laufenden Verlust der Überträgerin einen unmittelbaren Übergang auf die Übernehmerin annehmen müssen. Offensichtlich habe der BFH aber nicht von seinen beiden im Nichtanwendungserlass zitierten, zum Aktenzeichen I R 38/01 ergangenen Urteilen vom 29. Januar 2003 (BFH/NV 2004, 305 ) und vom 5. Juni 2003 (BFHE 202, 507 = BStBl II 2003, 822 ) abweichen wollen. In diesen Urteilen habe der BFH eindeutig entschieden, dass die Besteuerungsgrundlagen, welche die Überträgerin in der Zeit vor der Verschmelzung verwirklicht habe, weiterhin dieser Gesellschaft zuzurechnen seien. Eine Abweichung von diesem Grundsatz hätte der BFH im Urteil vom 31. Mai 2005 I R 68/03 ausdrücklich als Änderung seiner Rechtsprechung ausweisen müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags des FA wird auf dessen Schriftsätze vom 24. Oktober 2002 und 20. Oktober 2006 verwiesen.

Dem Senat haben bei seiner Entscheidung jeweils zwei Bände Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuer- und Vertragsakten sowie drei Bände Bilanzakten des FA vorgelegen (davon jeweils ein Band für die Überträgerin)

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Das FA hat in rechtmäßiger Weise für das von der untergegangenen A Wohnungsbau GmbH in der Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Dezember 1998 bezogene Einkommen Körperschaftsteuer und für ihren in diesem Zeitraum erwirtschafteten Gewerbeertrag einen Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt. Der Senat vermag deshalb dem mit dem Hauptantrag verfolgten Aufhebungsbegehren nicht zu entsprechen (hierzu I.). Aber auch der Hilfsantrag kann keinen Erfolg haben, da nicht zu beanstanden ist, dass in den streitbefangenen Bescheiden die von der Klägerin erlittenen Verluste unberücksichtigt geblieben sind und keine Zurechnung des Einkommens bzw. Gewerbeertrags an die Klägerin erfolgte (hierzu II.).

I. Das FA hat für die A Wohnungsbau GmbH zu Recht zum einen Körperschaftsteuer und zum anderen einen Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 1998 festgesetzt. Da die Gesellschaft, die übertragende Rechtsträgerin des Verschmelzungsvorgangs, zur Zeit der Festsetzungen vom 18. August 1999 bzw. 14. September 1999 bereits erloschen war, hat das FA den Körperschaftsteuerbescheid bzw. den Gewerbesteuermessbescheid zutreffend an die Klägerin als Rechtsnachfolgerin gerichtet und bekannt gegeben.

1.) Nach § 49 Abs. 1 der für den Streitfall maßgeblichen Fassung des KStG (nachfolgend "KStG a.F.") in Verbindung mit § 25 Abs. 1 EStG werden Körperschaften nach dem Einkommen veranlagt, das sie in dem jeweiligen Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) bezogen haben. Das Ergebnis der Veranlagung findet in einem Steuerbescheid seinen Niederschlag (§§ 155 Abs. 1, 157 Abs. 1 AO), in dem das FA die Körperschaftsteuer nach Maßgabe des materiellen Körperschafsteuerrechts festsetzt. Ferner setzt das FA nach § 14 Satz 1 GewStG für den jeweiligen Erhebungszeitraum den Gewerbesteuermessbetrag durch Steuermessbescheid fest (§ 184 AO).

Erhebungszeitraum der Gewerbesteuer ist grundsätzlich ein bestimmtes Kalenderjahr (§ 14 Satz 2 GewStG). Besteht die Gewerbesteuerpflicht nicht während eines ganzen Kalenderjahres, so besteht ein abgekürzter Erhebungszeitraum (§ 14 Satz 3 GewStG). An die Stelle des Kalenderjahres tritt dann als Erhebungszeitraum der Zeitraum des Bestehens der Steuerpflicht. Die Gewerbesteuer entsteht nach § 18 GewStG mit Ablauf des Erhebungszeitraums, d.h. im Fall des abgekürzten Erhebungszeitraums mit dessen Ablauf. Die Aufgabe des FA, auch bei abgekürzten Erhebungszeiträumen hierauf bezogene Veranlagungen durchzuführen, bleibt von den §§ 14 Satz 3, 18 GewStG dem Grunde nach unberührt.

Bei der Körperschaftsteuer besteht eine geringfügig andere, für die hier interessierende Frage aber nicht wesentlich abweichende Rechtslage. Veranlagungszeitraum der Körperschaftsteuer ist nach § 49 Abs. 1 KStG a.F. (= § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG) in Verbindung mit § 25 Abs. 1 EStG nicht nur im Regelfall, sondern stets ein bestimmtes Kalenderjahr. Die Körperschaftsteuer ist eine Jahressteuer (§ 7 Abs. 3 Satz 1 KStG), die nach § 48 Buchst. c KStG a.F. (= § 30 Nr. 3 KStG) grundsätzlich mit Ablauf des Veranlagungszeitraums entsteht. Das bedeutet indessen nicht, dass eine körperschaftsteuerliche Veranlagung nur für solche Jahre in Betracht kommt, in denen die Körperschaftsteuerpflicht während des gesamten Kalenderjahres bestanden hat. Ist die unbeschränkte oder beschränkte Körperschaftsteuerpflicht bereits vor Ablauf eines Kalenderjahres entfallen, dann hat das nur zur Folge, dass als - faktischer - Bemessungszeitraum für die Steuerfestsetzung an die Stelle des Kalenderjahres der kürzere Zeitraum der jeweiligen Steuerpflicht tritt. Gesetzliche Erwähnung findet dieser Sonderfall in § 7 Abs. 3 Satz 3 KStG. Diese Norm stellt zwar keine Ausnahme von der Definition des Veranlagungszeitraums (= Kalenderjahr) dar. § 7 Abs. 3 Satz 3 KStG ist vielmehr lediglich eine Ausnahme von dem in § 7 Abs. 3 Satz 2 KStG formulierten Grundsatz, wonach die Grundlagen der Körperschaftsteuer jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln sind. Jedenfalls unberührt bleibt auch bei der Körperschaftsteuer - ebenso wie bei der Gewerbesteuer - die Verpflichtung des FA dem Grunde nach, die jeweilige Veranlagung durchzuführen.

Endet nun die Steuerpflicht im Verlauf eines Jahres, dann sind das in der Zeit vom 1. Januar dieses Jahres bis zum Zeitpunkt der Beendigung der Steuerpflicht bezogene Einkommen und der darauf beruhende Gewerbeertrag für die betreffenden Veranlagungen maßgebend. Das gilt insbesondere auch dann, wenn eine natürliche Person verstirbt und von einem Erben beerbt wird. Ebenso verhält es sich aber auch, wenn eine juristische Person ihre Rechtspersönlichkeit verliert, wie es etwa bei einer Verschmelzung zweier oder mehrerer juristischer Personen der Fall ist.

Eine Verschmelzung durch Aufnahme im Sinne des § 2 Nr. 1 UmwG führt dazu, dass der übertragende Rechtsträger mit der Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister erlischt (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UmwG) und sein Vermögen auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Der Anmeldung zum Handelsregister ist eine Bilanz des übertragenden Rechtsträgers (Schlussbilanz) beizufügen, die auf einen Stichtag aufgestellt sein muss, der höchstens acht Monate vor dem Tag der Anmeldung liegt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 und Satz 4 UmwG). Ist dies geschehen, so sind gemäß § 2 Abs. 1 UmwStG sowohl das Einkommen und das Vermögen als auch die Bemessungsgrundlagen der Gewerbesteuer bei der übertragenden Körperschaft und bei der Übernehmerin so zu ermitteln, als ob das Vermögen der übertragenden Körperschaft mit Ablauf des Stichtags der Schlussbilanz (steuerlicher Übertragungsstichtag) auf die Übernehmerin übergegangen wäre. In diesem Sinne wirkt die Registereintragung unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 UmwG auf den steuerlichen Übertragungsstichtag zurück.

Nach der Verschmelzung einer GmbH auf eine andere Gesellschaft sind diejenigen Besteuerungsgrundlagen, die die übertragende GmbH in der Zeit vor dem Verschmelzungsstichtag verwirklicht hat, weiterhin dieser Gesellschaft zuzurechnen; sie sind in Steuerbescheiden zu berücksichtigen, die an die übernehmende Gesellschaft als Rechtsnachfolgerin der übertragenden Gesellschaft zu richten sind (BFH, Urteil vom 29. Januar 2003 I R 38/01, BFH/NV 2004, 305; vgl. in derselben Sache auch BFH, Urteil vom 5. Juni 2003 I R 38/01, BFHE 202, 507 = BStBl II 2003, 822 ).

2.) Hiervon ausgehend waren auch für die A Wohnungsbau GmbH für deren abschließendes Rumpfwirtschaftsjahr noch Veranlagungen sowohl zur Körperschaftsteuer als auch zur Gewerbesteuer durchzuführen. Da die am 17. August 1999 erfolgte Eintragung der Verschmelzung gemäß §§ 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG, 2 Abs. 1 UmwStG körperschaftsteuerlich und gewerbesteuerlich auf den steuerlichen Übertragungsstichtag 30. Dezember 1998 zurückwirkte, galt die A Wohnungsbau GmbH mit Ablauf des 30. Dezember 1998 für steuerliche Zwecke als erloschen.

Dabei steht nach Auffassung des erkennenden Senats der Anerkennung der steuerlichen Rückwirkung der Verschmelzung nicht entgegen, dass für die A Wohnungsbau GmbH keine gesonderte Schlussbilanz auf den steuerlichen Übertragungsstichtag 30. Dezember 1998 erstellt worden ist. Nach der insoweit maßgeblichen Darstellung der Klägerin (vgl. im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 10. Oktober 2002) wurde auf die Erstellung einer solchen Bilanz nur deshalb verzichtet, weil diese mit der zum 31. Dezember 1998 erstellten Bilanz ohnehin inhaltsgleich gewesen wäre. Dann aber kann die auf den 31. Dezember 1998 bezogene Bilanz der A Wohnungsbau GmbH zugleich als deren - hinsichtlich der Steuerrückstellungen allerdings noch korrekturbedürftige - Schlussbilanz zum 30. Dezember 1998 dienen. Da die A Wohnungsbau GmbH im Kalenderjahr 1998 nach dem 30. Dezember auch keine weiteren Geschäftsvorfälle mehr verwirklichte, wird durch diese Gleichsetzung die zutreffende Ermittlung des für die Veranlagung der A Wohnungsbau GmbH erheblichen Einkommens bzw. Gewerbeertrags nicht beeinträchtigt. Aus dem formalen Fehlen einer Schlussbilanz zum 30. Dezember 1998 sind - nach Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister am 17. August 1999 - deshalb keine anderweitigen Rechtsfolgen abzuleiten.

Auch wenn die A Wohnungsbau GmbH aufgrund der rückwirkenden Verschmelzung auf die Klägerin ab 31. Dezember 1998 steuerrechtlich nicht mehr existent war, ändert dies jedoch nichts daran, dass das während ihrer gewerblichen Betätigung bis zum 30. Dezember 1998 erzielte Einkommen und der betreffende Gewerbeertrag in entsprechenden ertragsteuerlichen Veranlagungen zu erfassen waren. Der Senat sieht sich in dieser Auffassung nicht zuletzt auch durch Erwägungen des BFH in seinemUrteil vom 17. Juli 1991 I R 74, 75/90 (BFHE 165, 82 = BStBl II 1991, 899) bestärkt, wonach bei einer in ein neues Kalenderjahr hineinragenden Übertragung die übertragende Gesellschaft ein etwa im neuen Jahr bezogenes Einkommen noch selbst zu versteuern haben würde (vgl. dort unter Ziff. 3 der Entscheidungsgründe am Ende).

3.) Dass eine Veranlagung einer unterjährig erloschenen Gesellschaft für den ersten Teil des Veranlagungs- bzw. Erhebungszeitraums nicht mehr erfolgen dürfte, ist auch nicht aus § 45 AO abzuleiten. Zwar liegt bei Verschmelzungen nach Maßgabe des § 12 Abs. 3 UmwStG eine steuerliche Gesamtrechtsnachfolge vor. § 45 Abs. 1 Satz 1 AO regelt aber lediglich, dass bei Gesamtrechtsnachfolge die Forderungen und Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis auf den Rechtsnachfolger übergehen. Nach dem Wortlaut der Vorschrift gehen also nicht zunächst unbesteuert zu belassende Besteuerungsgrundlagen über, sondern die Rechte und Pflichten aus dem Steuerschuldverhältnis. Wenn für das bis zum steuerlichen Übertragungsstichtag erzielte Einkommen bzw. für den bis dahin erzielten Gewerbeertrag einer übertragenden Gesellschaft eigene Veranlagungen durchzuführen sind, stellt § 45 AO keine gesetzliche Grundlage für die von der Klägerin begehrte Saldierungsmöglichkeit dar.

Das gilt selbst dann, wenn man in § 45 AO in Übereinstimmung mit dem BFH einen Beleg dafür sieht, dass die übernehmende Körperschaft als Gesamtrechtsnachfolgerin in die Rechtsposition der Rechtsvorgängerin auch hinsichtlich verbleibender und nicht ausgeglichener Verluste eintritt (vgl.Urteil vom 31. Mai 2005 I R 68/03, BFHE 209, 535 = BStBl II 2006, 380). Denn das bedeutet nicht, dass die Durchführung einer Veranlagung der übertragenden Gesellschaft und insbesondere die Festsetzung einer sich dabei für die übertragende Gesellschaft aufgrund ihres positiven Einkommens ergebenden Steuer zu unterbleiben hätte. Dies wäre nur der Fall bei Identität des den Verlust und den Gewinn im selben Veranlagungs- bzw. Erhebungszeitraum erzielenden Rechtssubjekts (d.h. bei zwei im selben Kalenderjahr endenden (Rumpf-)Wirtschaftsjahren desselben Steuersubjekts, näher hierzu Lang, in Ernst & Young, KStG, § 7 Rz 47 ff.), nicht jedoch bei bloßer Gesamtrechtsnachfolge.

Während bislang nicht berücksichtigte Verluste eines untergehenden Rechtsträgers denklogisch - wenn überhaupt - nur noch bei dem Rechtsnachfolger steuerlich wirksam werden können, besteht in der umgekehrten Situation (d.h. bei positivem Einkommen bzw. Gewerbeertrag des untergehenden Rechtsträgers) nicht die Notwendigkeit, das Steuerrechtsverhältnis des übertragenden Rechtsträgers mit demjenigen des übernehmenden Rechtsträgers zu verzahnen. Es kann vielmehr durch eigenständige Veranlagungen zum Abschluss gebracht werden.

II. Die angefochtenen Festsetzungen sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Weder können nach den Feststellungen zum 31.12.1997 verbliebene oder im Jahr 1998 entstandene Verluste der Klägerin bei den die A Wohnungsbau GmbH betreffenden Festsetzungen mindernd berücksichtigt werden, noch werden das von der A Wohnungsbau GmbH im Jahr 1998 bezogene Einkommen und der entsprechende Gewerbeertrag der Klägerin für deren eigene Veranlagungen unmittelbar zugerechnet.

1.) Aus den nach § 8 Abs. 1 KStG auch für die Einkommensermittlung bei Körperschaften anwendbaren Vorschriften des EStG ergibt sich, dass ein Steuerpflichtiger Verluste, die ein anderer Steuerpflichtiger erlitten hat, grundsätzlich nicht von seinem Einkommen abziehen kann. Ebenso wenig kann ein Unternehmer gewerbesteuerrechtlich den maßgebenden Gewerbeertrag nach § 10a GewStG um Fehlbeträge kürzen, die ein anderer erlitten hat. Dementsprechend hat der BFH für die Zeit vor dem Inkrafttreten des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 die Auffassung vertreten, dass bei einer Verschmelzung die übernehmende Gesellschaft ihren Gewerbeertrag nicht um die von der übertragenden Rechtsträgerin erlittene Fehlbeträge mindern könne(Urteil vom 17. Juli 1991 I R 74, 75/90, BFHE 165, 82 = BStBl II 1991, 899, unter Hinweis auf die damalige Kommentierung bei Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Rz 6224).

Mit der Neuregelung des Umwandlungssteuerrechts durch das UmwStG 1995 hat der Gesetzgeber diesen Grundsatz durchbrochen und in § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG geregelt, dass die übernehmende Körperschaft bezüglich eines verbleibenden Verlustabzugs im Sinne des § 10d Abs. 3 Satz 2 EStG unter im Gesetz näher bestimmten Voraussetzungen in die Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft eintritt. Ob auf der Grundlage dieser Vorschrift bei Verschmelzungen von Körperschaften auch ein im Übertragungsjahr bei der übertragenden Körperschaft eingetretener (laufender) Verlust mit Gewinnen der übernehmenden Körperschaft des Übertragungsjahres verrechnet werden kann, ist umstritten (bejahend der BFH im Urteil vom 31. Mai 2005 I R 68/03, BFHE 209, 535 = BStBl II 2006, 380; verneinend hingegen das BMF im Schreiben vom 7. April 2006, BStBl I 2006, 344).

2.) Im Streitfall geht es allerdings nicht um eine Verrechnung von Verlusten der übertragenden Körperschaft mit Gewinnen der übernehmenden Körperschaft, sondern um die Zulässigkeit einer Verlustverrechnung in die umgekehrte Richtung. Nicht die übertragende A Wohnungsbau GmbH, sondern die übernehmende Klägerin hat im Jahr 1998 in ihrem Geschäftsbereich vor der Fusion einen Verlust bzw. Fehlbetrag erwirtschaftet.

Da es für diese Art einer interpersonalen Verlustverrechnung keine gesetzliche Grundlage gibt, kann ein bei der übernehmenden Gesellschaft entstandener oder entstehender Verlust nicht auf die übertragende Gesellschaft übertragen werden (ebenso der BFH in seinemUrteil vom 17. Juli 1991 I R 74, 75/90, BFHE 165, 82 = BStBl II 1991, 899).

So kann aus § 2 Abs.1 UmwStG nicht abgeleitet werden, dass das Einkommen bzw. der Gewerbeertrag der Überträgerin um Verluste bzw. Fehlbeträge der Übernehmerin zu mindern wäre. Auch bietet § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG für eine Verlustverrechnung von einem auf einen anderen Rechtsträger in dieser Konstellation keine rechtliche Grundlage. Die Vorschrift trifft für den hier gegebenen umgekehrten Fall keine Regelung. Sie ist auch nicht analogiefähig, da es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Anders als ein Verlust der übertragenden Körperschaft geht ein Verlust der übernehmenden Körperschaft bei einer Verschmelzung auch ohne eine Regelung nach Art des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG nicht verloren, sondern bleibt dem fortbestehenden Rechtsträger erhalten (vgl. auch den bereits zur Rechtslage nach Einfügung des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG ergangenen Beschluss des FG München vom 25. März 1999, 7 V 776/99, juris-Datenbank).

Dem Urteil des BFH vom 31. Mai 2005 I R 68/03 lag zwar - ebenso wie im vorliegenden Fall - der steuerliche Übertragungsstichtag 30. Dezember zu Grunde. Die Anerkennung der von der Klägerin begehrten Verlustnutzung ist nach Auffassung des erkennenden Senats gleichwohl eine Überinterpretation des BFH-Urteils vom 31. Mai 2005.

Mit der - nach diesem Urteil eröffneten - Anwendung der Regelungen über den horizontalen Verlustausgleich (§ 8 Abs. 1 und 2 KStG i.V.m. § 2 Abs. 3 EStG) lässt sich eine Berücksichtigung der Verluste der Klägerin jedenfalls nicht bei den die A Wohnungsbau GmbH betreffenden Steuerfestsetzungen begründen. Bis zum 30. Dezember 1998 handelte es sich bei den beiden betreffenden Gesellschaften um zwei verschiedene Rechtsträger. Für die Zusammenrechnung positiver und negativer Einkünfte zweier verschiedener Steuerpflichtiger bietet § 2 Abs. 3 EStG indessen keine Grundlage. Eine solche Zusammenrechnung käme allenfalls für die Zeit nach dem 30. Dezember 1998 in Betracht. Da in dieser Zeit steuerlich nur noch die Klägerin existent war, könnte es hierbei lediglich um eine Einkünfteverrechnung bei der Klägerin gehen. Deren sie selbst betreffende Körperschaftsteuer- bzw. Messbetragsfestsetzungen sind jedoch im vorliegenden Verfahren nicht streitbefangen.

3.) Schließlich fehlt es auch an einer gesetzlichen Grundlage dafür, das Einkommen bzw. den Gewerbeertrag der übertragenden Rechtsträgerin dergestalt der übernehmenden Rechtsträgerin zuzurechnen, dass sich das eigene zu versteuernde Einkommen bzw. der eigene Gewerbeertrag der Überträgerin auf jeweils 0 EUR reduzieren würde. Insbesondere können die Zurechnungsregeln der Organschaft (vgl. § 14 KStG, § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG) hier weder unmittelbar noch analog angewandt werden. Auch insoweit fehlt es an der Analogievoraussetzung einer planwidrigen Regelungslücke. Der Hilfsantrag der Klägerin blieb daher im Ergebnis ebenso wie der Hauptantrag ohne Erfolg.

IV. 1.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

2.) Die Revision wird gemäß dem Antrag der Klägerin nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen. Der BFH erhält hierdurch Gelegenheit zur Klarstellung, ob und gegebenenfalls in welcher Weise dasUrteil vom 31. Mai 2005 I R 68/03 (BFHE 209, 535 = BStBl II 2006, 380) entgegen der Auffassung des Senats Auswirkungen auch für den Fall der Verschmelzung einer Gewinn-GmbH auf eine Verlust-GmbH haben kann (vgl. insoweit kritisch Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 12 UmwStG n.F., Tz. 115 f.).

Ende der Entscheidung

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