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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 16.06.2005
Aktenzeichen: 3 K 210/00
Rechtsgebiete: EStG, GewStG


Vorschriften:

GewStG § 10a S. 1
GewStG § 10a S. 2
GewStG § 2 Abs. 5
EStG § 16 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Finanzrechtsstreit

wegen gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1990

hat der 3. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Juni 2005 durch Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ... Richter am Finanzgericht ... Richterin am Finanzgericht ... ehrenamtliche Richter ...

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Anschrift: Finanzgericht Baden-Württemberg - Außensenate Freiburg -, Postfach 52 80, 79019 Freiburg

Dienstgebäude: Gresserstr. 21, 79102 Freiburg

Fernsprecher: 0761 20724 201, Fax: 20724 200, E-Mail: Poststelle@FGFreiburg.justiz.bwl.de

Verkehrsverbindung: Haltestelle Maria-Hilf-Kirche

Tatbestand

Streitig ist, ob die in einem Teilbereich entstandenen Gewerbeverluste nach dessen Veräußerung mit positiven Erträgen des verbliebenen Teilbereichs gem. § 10 a Gewerbesteuergesetz - GewStG - verrechnet werden können.

I.

1. Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Ihr Unternehmensgegenstand war gemäß dem Gesellschaftsvertrag vom 28. Februar 1972 zunächst die Herstellung, die Veredelung und der Vertrieb von chemischen Produkten, Textilien und Papiererzeugnissen. Mit Beginn der Produktion wurde es erforderlich, die bei der Herstellung anfallenden Abfälle der Verwertung zuzuführen. Da nach Ansicht der Unternehmensführung die Einschaltung von Drittfirmen mit zu hohen Kosten verbunden gewesen wäre und sich die Rohstoffe verteuerten, erweiterte die Klägerin ihr Unternehmen um einen weiteren Betriebszweig, die Wiederverwertung (Recycling) von Kunststoffen zu Kunststoff-Granulaten und Compound sowie deren Vertrieb.

2. In den Jahren 1986 bis 1988 erlitt die Klägerin durch steigende Rohstoffkosten und die starke Konkurrenz größerer Produktionsbetriebe erhebliche Verluste. Danach belief sich ihr vortragsfähiger Gewerbeverlust per 31.12.1988 auf 12.237.748 DM (s. Bericht über die Außenprüfung - BP-Bericht vom 15.07.1997 Ziff. 5). Von diesem Verlust entfiel nach einer an den Umsatzverhältnissen orientierten und zwischen den Beteiligten unstreitigen Schätzung auf die Gewebeherstellung ein Anteil von 84,7 % (das sind 10.365.373 DM) und auf das Recycling ein Anteil von 15,3 % (das sind 1.872.375 DM).

Die Klägerin veräußerte in dem Wirtschaftsjahr 1989 mit Vertrag vom 13. März 1989 ihren Geschäftsbereich "Teppichgewebe- und sonstige Gewebeherstellung" einschließlich aller wesentlichen Geschäftsgrundlagen, bestehend aus dem Anlagevermögen, den Ersatzteilen, dem Vorratsvermögen, dem Produktions- und Vertriebsprogramm, Knowhow und den gewerblichen Schutzrechten zum Kaufpreis von rund 15 Millionen DM im Wege der Einzelrechtsübertragung an die Firma A GmbH.

Bei der Veräußerung gingen von dem gesamten Anlagevermögen der Klägerin nach Buchwerten 5.141.425 DM = 88,8 % bzw. nach ursprünglichen Anschaffungskosten 16.179.033 DM = 91,4 % auf die Käuferin über. Nicht verkauft und übertragen wurden die Büroeinrichtung der Verwaltung, des Vertriebs und sonstiger Abteilungen, sowie die EDV-Anlage. Danach verblieb bei der Klägerin ein Anlagevermögen zu einem Buchwert von 486.133 DM, dem ursprüngliche Anschaffungskosten von 2.055.090 DM zugrunde lagen.

Die Klägerin stand gemäß § 10 des Kaufvertrages vom 13. März 1989 dafür ein, dass die für den Geschäftsbetrieb benötigten Betriebsgebäude spätestens am Übergabestichtag von der Firma S GmbH (Vermieterin) und der Chem. Fabrik GmbH & Co. an die Käuferin vermietet und die auf dem Betriebsgelände befindlichen allgemeinen Verwaltungs- und Büroeinrichtungen (Pforte, Kantine, Sozialräume, EDV etc.) und der Regiebetriebe von der Firma Werke GmbH & Co., der S GmbH und der Firma Chem. Fabrik der Käuferin entgeltlich zur Nutzung überlassen wurden. Der Miet- und Nutzungsvertrag wurde entsprechend dieser vertraglichen Bestimmung am 20. März 1989 abgeschlossen (Ziff. 5 und 6 des Protokolls über die Schlussverhandlung vom 13. März 1989, Betriebsprüfungshandakte, Akt.-Bl. 75).

Gemäß § 9 des Kaufvertrages waren sich die Parteien einig, dass die Käuferin nach der Regelung der zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung des § 613 a des Bürgerlichen Gesetzbuches in alle Rechte und Pflichten der am Übergangsstichtag bestehenden Arbeitsverhältnisse der Klägerin einzutreten hatte, soweit die Arbeitnehmer ganz oder überwiegend dem veräußerten Geschäftsbereich angehörten und dem Übergang des Arbeitsverhältnisses nicht widersprachen.

Auf die Regelungen des Kaufvertrages vom 13. März 1989 (Betriebsprüfungshandakte Akt.-Bl. 74 ff.) wird ergänzend Bezug genommen.

Nach der Veräußerung des Produktionsbereichs Gewebeherstellung beschränkte sich der Unternehmensgegenstand der Klägerin auf die Herstellung, Veredelung und den Vertrieb von Kunststoff-Regranulaten (Recyclingbetrieb).

3. Anlässlich einer in den Jahren 1995 und 1996 durchgeführten Außenprüfung bei der Klägerin schloss sich der Prüfer der von dieser der Gewerbesteuererklärung zugrunde gelegten Auffassung an, dass es sich bei der Veräußerung des Geschäftsbereichs Gewebeherstellung ertragssteuerlich um eine begünstigte Teilbetriebsveräußerung handele, da der veräußerte Geschäftsbereich auch losgelöst von der verbliebenen Recycling-Abteilung jederzeit selbständig lebensfähig gewesen sei. Folglich bleibe der ermittelte Veräußerungsgewinn von rund 10 Millionen DM bei der Ermittlung des Gewerbeertrags 1989 außer Ansatz (Betriebsprüfungshandakte Akt.-Bl. 56 ff.).

Zur gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes stellte der Prüfer fest, dass der Verlust, der auf den im März 1989 verkauften Teilbetrieb (Teppichgewebe und sonstige Gewebeherstellung) entfalle, bei der Klägerin nicht vortragsfähig sei. Voraussetzung für den Verlustabzug im Sinne von § 10 a GewStG sei, dass in dem Jahr, in welchem der Verlust angerechnet werde, Unternehmensgleichheit vorliege. Der Verlust müsse bei demselben Unternehmen entstanden sein, dessen Gewerbeertrag gekürzt werden solle. Für den verbliebenen Recyclingbetrieb sei danach die Anrechnung der im Bereich Gewebeherstellung entstandenen Verluste rechtlich ausgeschlossen. Auf die Ausführungen des Prüfers in seinem Betriebsprüfungsbericht vom 15. Juli 1997 wird ergänzend Bezug genommen.

Das beklagte Finanzamt - FA - folgte den Feststellungen des Betriebsprüfers und erließ am 24. Oktober 1997 entsprechend den Berechnungen in Tz. 5 des Prüfungsberichts vom 15.07.1997 gemäß § 164 Abs. 2 AO einen geänderten Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31.12.1990, in dem es den vortragsfähigen Verlust - ausgehend von einem vortragsfähigen Verlust aus dem Recyclingbereich aus den Jahren 1986-1988 in Höhe von insgesamt 1.872.375 DM unter Berücksichtigung eines Gewerbeertrags im Jahr 1989 in Höhe von 1.543.675 DM und eines Gewerbeverlusts im Jahr 1990 in Höhe von 162.526 DM - in Höhe von 491.227 DM feststellte.

Der hiergegen beim FA am 24. November 1997 eingegangene Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 9. Oktober 2000 als unbegründet zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Argumentation des FA wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.

II.

Ihre wegen gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Verlusts auf den 31.12.1990 am 26. Oktober 2000 erhobene Klage lässt die Klägerin wie folgt begründen:

Sie habe als Personengesellschaft im Verlustentstehungszeitraum zwei Teilbetriebe geführt. Die Fortführung des Unternehmens als solches und des Teilbereichs Recycling könne auch nach der Veräußerung des Teilbereichs Gewebeherstellung nicht zweifelhaft sein. Die als Voraussetzung für den Verlustabzug von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- geforderte Unternehmensidentität sei danach gegeben.

Soweit erkennbar, lägen den vom FA zur Stützung seiner Rechtsauffassung angeführten BFH-Entscheidungen zur Unternehmensidentität Sachverhalte zugrunde, bei denen eine einheitliche Tätigkeit des Unternehmens eingestellt und eine mehr oder weniger davon abweichende Tätigkeit neu aufgenommen worden sei.

Vorliegend seien jedoch beide Teilbereiche nebeneinander betrieben und ein Teilbetrieb unverändert weitergeführt worden, während der zweite Teilbetrieb veräußert worden sei. Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofes - BFH - vom 15. März 1994 XI R 60/89, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 1994, 899 sei die Unternehmensidentität gewahrt, wenn die Änderung der Unternehmensstruktur durch veränderte wirtschaftliche Gegebenheiten verursacht worden sei. So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Die eigene Produktion von Teppichgeweben sei von der Klägerin marktbedingt nicht mehr wirtschaftlich aufrechtzuerhalten bzw. weiterzuführen gewesen. Sie habe daher nur die Möglichkeit gehabt, die Struktur des Unternehmens zu verändern und den zweiten Bereich weiterzuführen und nach Möglichkeit zu verstärken.

Die Ermittlung van Gewerbeverlusten für Teilbereiche sei weder durch gesetzliche Vorschriften noch durch die Rechtsprechung oder allgemeine Verwaltungsrichtlinien geregelt. Wenn der Gesetzgeber davon ausgegangen wäre, dass beim Wegfall eines Teilbereichs auch der durch ihn verursachte Gewerbeverlust entfalle, hätte es nahe gelegen, eine entsprechende Regelung in § 10 a GewStG aufzunehmen, zumal diese Vorschrift mit dem Steuerreformgesetz vom 25. Juli 1988 um die gesonderte Feststellung von Gewerbeverlusten erweitert worden sei. Es müsse daher aus der fehlenden Regelung geschlossen werden, dass Gewerbeverluste von Teilbetrieben nicht entfielen, wenn das Unternehmen im Übrigen identitätswahrend weitergeführt werde.

Die Gewerbesteuer sei eine Objektsteuer, die auf den Ertrag des Gewerbebetriebes erhoben werde, ohne dass es dabei auf die Rechtsform ankomme, in der die gewerblichen Tätigkeiten ausgeübt werden. Werde der Gewerbebetrieb durch eine Kapitalgesellschaft ausgeübt, so sei die Unternehmensidentität stets gewahrt, ganz gleich, welche Tätigkeiten diese Kapitalgesellschaft hintereinander oder nebeneinander ausübe. Der Gleichheitsgrundsatz erfordere, dass in beiden Rechtsformen die gleichen Voraussetzungen für dem Abzug der Gewerbesteuerverluste gelten würden.

Die Nichtbesteuerung des Veräußerungsgewinns bezüglich des Teilbetriebs führe entgegen der Auffassung des FA nicht zum Wegfall aller auf den veräußerten Teilbetrieb zurückzuführenden Besteuerungsmerkmale. Sie gehe auf den Zweck des Gewerbesteuergesetzes zurück, nur Erträge aus einer laufenden gewerblichen Tätigkeit zu besteuern. Der nicht der Gewerbesteuer unterliegende Veräußerungsgewinn stehe somit nicht in Zusammenhang mit dem Gewerbeverlust.

Die Hinweise des FA auf die Vorschrift des § 8 Abs. 4 Körperschaftsteuergesetz - KStG - und die einschränkenden Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes gingen fehl. Hätte der Gesetzgeber die Vorschriften zum Verlustvortrag bei Personengesellschaften weiter einschränken wollen, dann hätte er dies im Zuge der Verschärfung des Verlustabzugs für Kapitalgesellschaften regeln können und müssen. Die Tatsache, dass eine entsprechende Änderung nicht erfolgt sei, lasse nur den Schluss zu, dass ein dahingehender gesetzgeberischer Wille nicht vorhanden gewesen sei.

Die Änderung des § 8 Abs. 4 KStG könne nicht als Beleg dafür angesehen werden, dass § 10 a GewStG auch für Personengesellschaften verschärft worden sei. Dies sei nach den veröffentlichten Materialien zur Begründung der Änderungen des § 8 Abs. 4 KStG in der Fassung ab 1990 und ab 1995 nicht geplant gewesen.

Auf die Schriftsätze des Klägervertreters vom 22. Januar 2001 und 11. Juni 2001 wird ergänzend Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.1990 in Höhe von 10.856.599 DM festzustellen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im Streitfall seien lediglich die im verbliebenen Betriebszweig Recycling entstandenen, bzw. im Wege der Schätzung zugeordneten Verlustanteile vortragsfähig.

Tatbestandliche Voraussetzung für den Verlustvortrag sei neben der vorliegend unstreitigen Identität der Person des Gewerbetreibenden, dass die Gewerbeverluste bei demselben Gewerbebetrieb entstanden seien, dessen Gewerbeertrag im maßgeblichen Erhebungszeitraum gekürzt werden solle. Das - gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte - Erfordernis der Unternehmensidentität folge, wie der BFH in Anlehnung an die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs mehrfach ausgesprochen habe, aus dem in § 2 Abs. 1 GewStG verankerten Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer.

Danach erfasse diese nicht den auf ein bestimmtes Steuersubjekt bezogenen Gewinn, sondern den Ertrag, den der von dem jeweiligen Rechtsträger losgelöste Gewerbebetrieb abwerfe. Abgestellt werde dabei auf die objektive Wirtschaftskraft und die wirtschaftliche Ertragsfähigkeit. Daher seien Korrekturen in der gewerbesteuerlichen Belastung, wie sie § 10 a GewStG vorsehe, nur gerechtfertigt, wenn der Gewerbebetrieb, dem im Jahr der Verlustverrechnung die Kürzung des Gewerbeertrags zugute komme, mit demjenigen, der in einem früheren Erhebungszeitraum den Verlust erlitten habe, identisch sei.

Unternehmensgleichheit bedeute nicht nur Gleichartigkeit der gewerblichen Betätigung, sondern dem Wesen der Gewerbesteuer entsprechend auch Identität der hierzu eingesetzten sächlichen Mittel. Aus diesem Grund sei ein Verlustvortrag nach § 10 a GewStG ausgeschlossen wenn der bisherige betriebliche Organismus nicht mehr bestehe. Dabei sei unter Gewerbebetrieb die ausgeübte gewerbliche Betätigung zu verstehen.

Ob die gewerbliche Tätigkeit die gleiche geblieben sei, sei nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das sich aus ihren wesentlichen Merkmalen ergebe, wie insbesondere der Art der Betätigung, dem Kunden- und Lieferantenkreis, der Arbeitnehmerschaft, der Geschäftsleitung, der Betriebsstätten sowie dem Umfang des Betriebsvermögens. Betriebsbedingte - auch strukturelle - Anpassungen der gewerblichen Tätigkeit an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse stünden der Annahme einer identischen Tätigkeit nicht entgegen. Die Tätigkeit müsse jedoch nach den das Gesamtbild prägenden Merkmalen wirtschaftlich, organisatorisch und finanziell die Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit darstellen. Eine solche Teilidentität sei im Streitfall nicht gegeben. Die Veräußerung des ursprünglichen, zentralen Betätigungsbereichs "Gewebeherstellung" könne angesichts dessen Ausmaßes und Bedeutung im Verhältnis zum Gesamtbetrieb nicht mehr als bloße betriebsbedingte strukturelle Anpassung der gewerblichen Tätigkeit an veränderte wirtschaftliche Gegebenheiten gewertet werden. Die durch die Teilbetriebsveräußerung eingetretene Veränderung sei so grundlegend gewesen, dass die Unternehmensidentität dadurch verloren gegangen sei. Die Fortführung des "Restbetriebes" stelle keine Fortsetzung der bisherigen gewerblichen Betätigung dar; der begehrte Verlustvortrag sei daher zu Recht versagt worden.

Zwar sei der Hinweis der Klägerin, dass der Fall der Teilbetriebsveräußerung für die Frage des gewerbesteuerlichen Verlustvortrags nicht ausdrücklich geregelt sei, zutreffend. Die Schlußfolgerung, aus dem Teilbetriebsgedanken heraus den "mitveräußerten" Verlustanteil nicht zum Vortrag nach § 10 a GewStG zuzulassen, stehe aber durchaus im Einklang mit der am systemtragenden Objektsteuerprinzip der Gewerbesteuer orientierten Zielsetzung des Gesetzgebers.

Die von der Klägerin angestrebte Lösung würde zudem zu einer System- und sinnwidrigen gewerbesteuerlichen Doppelvergünstigung führen. Es seien keine sachlichen Gründe für ein solches Auslegungsergebnis ersichtlich.

Der Hinweis auf den Gleichheitsgrundsatz im Hinblick auf die Ungleichbehandlung von Kapital- und Personengesellschaften könne ein solches Ergebnis schon deshalb nicht rechtfertigen, weil deren unterschiedliche steuerliche Behandlung infolge der ungleichen Rechtsform verfassungsgerecht sei. Eine unterschiedliche Behandlung sei grundsätzlich Folge der von der Klägerin selbst gewählten Rechtsform, die gerade im Falle von Umstrukturierungen, Gesellschafterwechseln und Ähnlichem Risiken bezüglich des Verlustvortrags bürgen.

Andererseits rühre unmittelbar aus dieser Formwahl der Vorteil, dass der Gewinn aus der Teilbetriebsveräußerung bei der Gewerbesteuer außer Ansatz bleibe, während bei einer Kapitalgesellschaft auch der Gewinn aus einer Teilbetriebsveräußerung zum gewerbesteuerpflichtigen Gewerbeertrag zu rechnen sei.

Im übrigen zeige die im Jahr 1997 erheblich verschärfte Regelung des § 8 Abs. 4 KStG sowie weitere einschränkende Regelungen im Umwandlungssteuerrecht deutlich die restriktive Intention des Gesetzgebers hinsichtlich Verlustvorträgen gerade bei Kapitalgesellschaften.

Auf die Klageerwiderung des FA vom 26. April 2001 und die Einspruchsentscheidung vom 9. Oktober 2000 wird ergänzend Bezug genommen.

Das Gericht hat am 16. Juni 2005 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der folgende vom FA für die Klägerin geführten Akten vorlagen: 1 Bd. Gewerbesteuerakten, 1 Bd. Feststellungsakten, 1 Bd. Rechtsbehelfsakten, 1 Bd. Vertragsakten, 2 Bde. Betriebsprüfungsakten.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Das FA hat zu Recht den auf den veräußerten Teilbetrieb "Gewebeherstellung" entfallenden Verlust bei der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes der Klägerin auf den 31.12.1990 nicht berücksichtigt, da das von der Klägerin nach der Veräußerung dieses Teilbetriebs weitergeführte Unternehmen mit ihrem früheren Betrieb, in dem die Verluste entstanden waren, mindestens teilweise nicht identisch war. Es fehlte insoweit partiell an der Unternehmensidentität.

1. Gemäß § 10 a Satz 1 GewStG wird der Gewerbeertrag um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 GewStG ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Voraussetzung der Kürzung des Gewerbeertrags gemäß § 10 a GewStG sind nach ständiger Rechtsprechung darüber hinaus die Unternehmer- und Unternehmensidentität (BFH Urteil vom 16. April 2002 VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81 m.w.N.).

Das Merkmal der Unternehmensidentität, das sich nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt, wird allgemein aus dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer hergeleitet (vgl. BFH-Urteile in Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - 124, 348, 350 f. Bundessteuerblatt - BStBl - II 1978, 348, 350; in BFHE 138, 90, 91, BStBl II 1983, 425; Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 4. Aufl., § 10 a Rz. 6; von Twickel in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, § 10 a GewStG Rz. 65).

Danach erfasst die Gewerbesteuer nicht den auf ein bestimmtes Steuersubjekt bezogenen Gewinn, sondern den Ertrag, den der von dem jeweiligen Rechtsträger losgelöste Gewerbebetrieb an sich abwirft (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 13. Mai 1969 1 BvR 25/65, BStBl II 1969, 424, 426). Abgestellt wird dabei auf die objektive Wirtschaftskraft, die wirtschaftliche Ertragsfähigkeit, wie sie im Ertrag und in den Mitteln repräsentiert sind, die zur Erzielung dieses Ertrags eingesetzt werden (BVerfG-Beschluss in BStBl II 1969, 424, 426). Daher sind Korrekturen in der gewerbesteuerlichen Belastung, wie sie § 10 a GewStG zum Ausgleich von Verlust- und Gewinnjahren vorsieht, nur gerechtfertigt, wenn und soweit das Unternehmen, dem im Jahr der Verlustverrechnung die Kürzung des Gewinns zugute kommt, mit demjenigen, das in einem früheren Erhebungszeitraum den Verlust erlitten hat, identisch ist.

Unternehmensgleichheit bedeutet nicht nur Gleichartigkeit der gewerblichen Betätigung, sondern, dem Wesen der Gewerbesteuer entsprechend, vor allem auch Identität der hierzu eingesetzten sächlichen Mittel. Aus diesem Grund ist ein Verlustvortrag nach § 10 a GewStG ausgeschlossen, wenn der bisherige betriebliche Organismus nicht mehr besteht (vgl. BFH-Urteil vom 12. Januar 1978 IV R 26/73, BFHE 124, 348, 352, BStBl II 1978, 348, 350).

2. Nach diesen Grundsätzen ist die Feststellung der auf den veräußerten Teilbetrieb "Gewebeherstellung" entfallenden Verluste zur Verrechnung mit zukünftigen Gewinnen aus dem verbliebenen Teilbetrieb "Recycling" ausgeschlossen, da das nach der Veräußerung des Teilbetriebs betriebene Unternehmen nicht identisch war mit dem Unternehmen, das von der Klägerin vor der Veräußerung betrieben worden war und in dem die Verluste entstanden waren.

a) Für die Beurteilung der Frage, ob der im Anrechnungsjahr entstandene Gewerbebetrieb wirtschaftlich identisch ist mit dem Gewerbebetrieb, der im Jahr der Verlustentstehung bestand, und demgemäß Unternehmensgleichheit vorliegt, ist das Gesamtbild der Verhältnisse maßgeblich. Zu den für die Bestimmung der wirtschaftlichen Eigenart eines Gewerbebetriebs richtungweisenden Kriterien gehören im allgemeinen die Art der gewerblichen Betätigung, der Kunden- und Lieferantenkreis, die Arbeitnehmerschaft, die Geschäftsleitung, die Betriebsstätten, der Umfang und die Zusammensetzung des Aktivvermögens und die Finanzierung des Aktivvermögens durch Eigen- oder Fremdkapital (BFH Urteil vom 12. Januar 1978 IV R 26/73, BFHE 124, 348 ff., BStBl II 1978, 348 ff). Unter Berücksichtigung dieser Merkmale muss ein wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang zwischen den Betätigungen bestehen (BFH Urteil vom 16. April 2002 VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81 ff. m.w.N.).

Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist eine Unternehmensgleichheit vor und nach der Veräußerung des Teilbetriebes "Gewebeherstellung" zu verneinen.

Der Senat geht mit den Parteien davon aus, dass es sich bei der veräußerten Organisationseinheit "Gewebeherstellung" um die steuerlich begünstigte Veräußerung eines Teilbetriebs handelte. Bei dieser Teilbetriebsveräußerung wurde gemäß dem Kaufvertrag vom 13. März 1989 der gesamte Geschäftsbereich "Teppichgewebe- und sonstige Gewebeherstellung" einschließlich aller wesentlicher Geschäftsgrundlagen, bestehend aus dem für die Produktion erforderlichen Anlagevermögen, Ersatzteile, Vorratsvermögen, Produktions- und Vertriebsprogramm, Know-how sowie der in dem Teilbetrieb beschäftigen Arbeitnehmer auf die Käuferin, die Firma A GmbH, übertragen. Diese trat zudem - mit Zustimmung der Vermieterin - in die Mietverträge betreffend die für den Geschäftsbetrieb benötigten Betriebsgebäude und -grundstücke ein und schloss einen Nutzungsvertrag über die auf dem Betriebsgelände befindlichen allgemeinen Verwaltungs- und Büroeinrichtungen (Pforte, Kantine, Sozialräume, EDV etc.) und die Regiebetriebe.

Die Veräußerung des Teilbetriebes "Gewebeherstellung" hatte danach zur Folge, dass die Klägerin ihre Tätigkeit in diesem Teilbereich, der nach der Übernahme der sächlichen und persönlichen Betriebsmittel von einem anderen Unternehmer, der Käuferin, fortgeführt wurde, einstellte.

Da diese unternehmerische Tätigkeit sowie die dafür erforderlichen Betriebsmittel (Anlagevermögen, Vorratsvermögen, Produktions- und Vertriebsprogramm, Know-how, Arbeitnehmer, Betriebsgebäude) bei einer Gesamtbetrachtung einen wesentlichen Teil des betrieblichen Organismus der Klägerin ausmachten, wurde der wirtschaftliche, organisatorische und finanzielle Zusammenhang zwischen den Betätigungen der Klägerin vor und nach der Veräußerung zumindest hinsichtlich des Teilbetriebes Gewebeherstellung gelöst.

Weniger ins Gewicht fällt dabei, dass der Klägerin neben dem Anlagevermögen, das für den verbleibenden Teilbetrieb Recycling benötigt wurde, die Büroeinrichtung der Verwaltung, des Vertriebs und sonstiger Abteilungen, sowie die EDV-Anlage verblieben. Denn diesbezüglich wurde ein weiterer Nutzungsvertrag mit der Käuferin abgeschlossen, der ihr die Nutzung der auf dem Betriebsgelände befindlichen allgemeinen Verwaltungs- und Büroeinrichtungen (Pforte, Kantine, Sozialräume, EDV etc.) und der Regiebetriebe einräumte.

b) Der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelte Grundsatz, wonach die strukturelle Anpassung einer gewerblichen Betätigung an veränderte wirtschaftliche Gegebenheiten die wirtschaftliche Identität eines gewerblichen Unternehmens noch nicht in Frage stelle (s. BFH Urteil vom 12. Januar 1983 IV R 177/80 BFHE 138, 90, BStBl II 1983, 425; BFH Urteil vom 15. März 1994 XI R 60/89, BFH/NV 1994, 889 ff.), führt zu keiner anderen Beurteilung. Im Unterschied zu einer Unternehmensrestrukturierung unter Beibehaltung des sachlichen, wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Zusammenhangs wurde vorliegend ein Teilbetrieb, d.h. ein organisch geschlossener Teil des Gesamtbetriebes, der für sich lebensfähig und wirtschaftlich eigenständig war, auf einen anderen Unternehmer übertragen und von diesem weitergeführt. Dies hat nach Ansicht des Senats zur Folge, dass sowohl die Unternehmensidentität als auch die Unternehmeridentität hinsichtlich des übertragenen Teilbetriebes nicht mehr bestehen und folglich Verluste, die auf diesen entfallen, weder von der Veräußerin - vorliegend der Klägerin - noch von der Käuferin verrechnet werden können.

c) Für eine Unterbrechung des wirtschaftlichen Zusammenhangs spricht in diesem Kontext auch, dass in § 10 a Satz 2 GewStG für den Fall des § 2 Abs. 5 GewStG ausdrücklich bestimmt ist dass der Erwerber den Gewebeertrag nicht um die Gewerbeverluste aus dem auf ihn übergegangenen Unternehmen kürzen kann. Aus dem Vorhandensein dieser Vorschrift ergibt sich, dass dem "bisherigen Unternehmer" im Sinne von § 2 Abs. 5 GewStG die. Inanspruchnahme des Verlustabzugs mangels Unternehmensgleichheit erst recht verwehrt ist. Denn der Gesetzgeber ist offenbar davon ausgegangen, dass das Recht zur Geltendmachung der früheren Verluste aus dem übertragenen Betrieb keinesfalls dem bisherigen Unternehmer verbleibt, sondern u.U. als auf den Erwerber - abgesehen von dem Erfordernis der Unternehmeridentität - mit übergegangen angesehen werden könnte; andernfalls hätte es der Aufnahme dieser Vorschrift in das GewStG gar nicht bedurft. Sie bestätigt zwar ausdrücklich nur das Erfordernis der Unternehmergleichheit, setzt dabei aber stillschweigend voraus, dass die Inanspruchnahme des Verlustabzugs durch den Erwerber nicht bereits am Fehlen der Unternehmensgleichheit bei ihm scheitert.

Diesen Ausführungen des Niedersächsischen Finanzgerichts in seinem Urteil vom 25. Juni 1973 IX 87/91 EFG 1974, 29 f. schließt sich der Senat auch für den vorliegenden Fall der Übertragung eines Teilbetriebes an, da auch diese die Aufgabe der Tätigkeit voraussetzt, die mit dem veräußerten Betriebsvermögen verbunden war (BFH Urteil vom 12. Juni 1996 XI R 56, 57/95, BFHE 180, 436, BStBl II 1996, 527).

3. Aus der unterschiedlichen Behandlung von Kapital- und Personengesellschaften hinsichtlich des vortragsfähigen Gewerbeverlustes könnte entgegen der Auffassung des Klägervertreters, selbst wenn sie zuträfe, kein Gebot auf Gleichbehandlung zugunsten der Klägerin abgeleitet werden. Denn Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften werden wegen der Verschiedenheit der Rechtsform im Steuerrecht unterschiedlich behandelt (vgl. BFH Urteil vom 28. April 1977 IV R 165/76 BFHE 122, 307 ff., BStBl II 1977, 666 ff.).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -.

5. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO. Nach Auffassung des Senats bedarf die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die in einem Teilbereich entstandenen Gewerbeverluste nach dessen Veräußerung mit positiven Erträgen des verbliebenen Teilbereichs gem. § 10 a GewStG verrechnet werden können, im Interesse der Fortbildung des Rechts einer Entscheidung des BFH.

Ende der Entscheidung

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