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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 20.11.2008
Aktenzeichen: 3 K 2540/07
Rechtsgebiete: EStG, EGV, VO 1408/71


Vorschriften:

EStG § 62 Abs. 1
EStG § 65 Abs. 2
EGV Art. 249 Abs. 2
VO 1408/71 Art. 4 Abs. 1h
VO 1408/71 Art. 13 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe der Beklagte (die Familienkasse --FK--) dem Kläger Kindergeld für seinen Sohn (E) zu gewähren hat.

Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in (K), Bundesrepublik Deutschland (Deutschland). Mindestens seit dem 11. November 2005 ist er arbeitslos und bezieht Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II (sog. Arbeitslosengeld II; zum Werdegang des Klägers vgl. Bl. 24 ff. der Kindergeld-Akte --KiG-A--). Für den Kläger ist ein Betreuer bestellt (Bl. 15 KiG-A), dessen Aufgabenkreis die Vermögenssorge umfasst. Willenserklärungen des Klägers bedürfen keiner Einwilligung.

Der Kläger ist aufgrund Anerkennung der Vaterschaft (Urkunde des Sozial- und Jugendamts der Stadt K vom ..., Bl. 6 KiG-A) Vater des am ... geborenen E (Geburtsschein der Gemeinde R, Schweizerische Eidgenossenschaft --Schweiz-- vom 18. Februar 2004, Bl. 5 KiG-A). Die Mutter des Kindes, (S), ebenfalls deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in K, Deutschland, ist in der Schweiz als Logopädin nichtselbständig tätig. Mindestens seit Januar 2006 arbeitet sie in Teilzeit (42,42%) für die Volksschulgemeinde (A), von Februar 2006 bis Juli 2006 außerdem in Teilzeit (15%) für die Einheitsgemeinde (B) und ab August 2006 in Teilzeit (18%) für die Primar-Schulgemeinde (C). Aufgrund dieser Tätigkeiten ist S bei der Schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) sozialversichert und erhielt von den Arbeitgebern außerdem die folgenden Sozialzulagen ausgezahlt: Familienzulagen gemäß § 6 Nr. 2, § 19 Abs. 1 der Verordnung des Großen Rates des Kantons Thurgau über die Besoldung des Staatspersonals vom 18. November 1998 (Thurgauer Rechtsbuch Nr. 177.22, im Internet abrufbar unter http://www.rechtsbuch.tg.ch; --ThBesVO--) sowie Kinderzulagen im Sinne des § 6 Nr. 2, § 18 ThBesVO i.V.m. § 8 des Gesetzes des Kantons Thurgau über die Kinder- und Ausbildungszulagen vom 29. September 1986 (Thurgauer Rechtsbuch Nr. 836.1, http://www.rechtsbuch.tg.ch; --ThKiZG--), jeweils in Verbindung mit § 11 S. 1 der Verordnung des Großen Rates des Kantons Thurgau über die Besoldung der Lehrkräfte (Thurgauer Rechtsbuch Nr. 177.250, http://www.rechtsbuch.tg.ch; --ThLKrBesVO--).

E ist in den Haushalt der S in K aufgenommen. S erhält jedoch für E kein deutsches Kindergeld: Den Antrag der S vom 1. Februar 2007, ihr für E Kindergeld zu gewähren (Bl. 39 der KiG-A), lehnte die FK am 22. Februar 2007 ab. Den Einspruch der S (Bl. 44 KiG-A) wies die FK durch Einspruchsentscheidung vom 14. März 2007 (Bl. 3 Akte 14 K 61/07) als unbegründet zurück, weil nach Art. 13 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer, Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (konsolidierte Fassung, ABlEG Nr. 1 28 vom 30. Januar 1997, S. 1; --Verordnung 1408/71/EWG--) auf S deutsches Kindergeldrecht nicht anzuwenden sei. Ergänzend wurde S in der Einspruchsentscheidung auf die Möglichkeit und die Voraussetzungen der Abzweigung hingewiesen (Bl. 6 14 K 61/07). Ihre am 11. April 2007 erhobene, beim 14. Senat des erkennenden Gerichts unter dem Aktenzeichen 14 K 61/07 geführte Klage nahm S am 27. Juni 2007 zurück; der Ablehnungsbescheid der FK ist damit bestandskräftig geworden.

Aufgrund seines Kindergeldantrags vom 13. Februar 2004 (Bl. 1 KiG-A) erhielt der Kläger von der FK zunächst u.a. Kindergeld für E in Höhe der Differenz zu den schweizerischen Kinderzulagen (vgl. Bestätigung vom 22. März 2006, Bl. 12 KiG-A). Das Kindergeld für E wurde auf Weisung des Betreuers des Klägers (Bl. 14 KiG-A) auf das Konto der S überwiesen. Zur Prüfung der Kindergeldhöhe forderte die FK beim Kläger Bescheinigungen der Arbeitgeber der S zur Höhe der gezahlten Zulagen an.

Mit Schreiben vom 31. Mai 2006 übersandte S der FK Bescheinigungen von A und B. A bescheinigte am 15. Mai 2006, dass sie, A, eine Kinderzulage in Höhe von 80,60 Schweizer Franken (CHF) pro Monat an S auszahle. B bescheinigte am 19. Mai 2006, dass S eine Kinderzulage in Höhe von 28,50 CHF und eine Familienzulage in Höhe von 42,75 CHF erhalten habe. C bescheinigte am 27. September 2006, dass S monatlich eine Kinderzulage in Höhe von 34,20 CHF gezahlt werde. Die FK forderte anschließend die Lohnabrechnungen der Arbeitgeber der S an. Aus den von S sodann eingereichten Lohnabrechnungen ergab sich, dass A im Jahr 2006 neben der bescheinigten Kinderzulage auch eine Familienzulage in Höhe von 120,90 CHF (42,42% von 285 CHF) an S gezahlt hatte. Seit Januar 2007 beträgt die Familienzulage der A nur noch 95,45 CHF (42,42% von 225 CHF). C hatte S im Jahr 2006 neben der Kinderzulage eine Familienzulage in Höhe von monatlich 51,30 CHF (18% von 285 CHF) gezahlt. Seit Januar 2007 zahlt C an S monatlich nur noch 40,50 CHF (18% von 225 CHF) als Familienzulage.

Die nur anteilige Gewährung der Zulagen beruht auf § 19 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung des Regierungsrates zur Besoldungsverordnung (Thurgauer Rechtsbuch Nr. 177.223, http://www.rechtsbuch.tg.ch; --RRV--), der vorsieht, dass Sozialzulagen grundsätzlich anteilsmäßig gemäß dem Beschäftigungsgrad "ausgerichtet" werden. Die Ausnahmeregelung für Alleinerziehende (§ 21 S. 1 RRV) hat A nicht angewendet.

Die FK rechnete sowohl die Kinderzulagen als auch die Familienzulagen auf das deutsche Kindergeld des Klägers an (Berechnung Bl. 63 der KiG-A). Da die Summe der Zulagen höher war (2006: 180,52 EUR) und ist (ab 2007 wohl richtigerweise: 157,72 EUR) als das deutsche Kindergeld (154 EUR), hob die FK durch Bescheid vom 19. März 2007 die Festsetzung von Kindergeld für E gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) rückwirkend ab Januar 2006 auf und forderte vom Kläger das für Januar 2006 bis März 2007 gezahlte Kindergeld in Höhe von 1.114,44 EUR zurück.

Den Einspruch des Klägers vom 3. April 2007 (vom Klägervertreter wiederholt am 10. April 2007), mit dem der Kläger begehrte, nur die Kinderzulagen und nicht die Familienzulagen auf das Kindergeld des Klägers anzurechnen, weil die Familienzulagen nur bestimmte Personengruppen und nicht alle Arbeitnehmer beträfen, wies die FK durch Einspruchsentscheidung vom 6. November 2007 als unbegründet zurück. Die FK führte aus, Anhaltspunkte für eine falsche Entscheidung seien weder genannt noch aus den Unterlagen ersichtlich; der Bescheid entspreche den gesetzlichen Bestimmungen.

Mit seiner Klage lässt der Kläger vortragen, bei der Familienzulage des Schweizerischen Kantons Thurgau handele es sich um eine freiwillige Leistung eines staatlichen Arbeitgebers, die dem deutschen Kindergeld nicht vergleichbar und deshalb auf das deutsche Kindergeld nicht anzurechnen sei. Die Familienzulage sei vielmehr eher dem sog. "Ortszuschlag" der Arbeitnehmer im deutschen Öffentlichen Dienst vergleichbar. Die Familienzulage sei auch nicht in der Übersicht des Bundesamts für Finanzen (jetzt: Bundeszentralamt für Steuern --BZSt--) vom 14. Februar 2002 (BStBl I 2002, 242, Anlage Schweiz, 257 ff.) als vergleichbare Leistung genannt. Der Kläger habe deshalb über den 31. Dezember 2005 hinaus Anspruch auf Zahlung von Kindergeld in Höhe der Differenz zwischen dem deutschen Kindergeld und der schweizerischen Kinderzulage.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die FK unter Aufhebung des Kindergeldbescheids vom 19. März 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. November 2007 zu verpflichten, ihm, dem Kläger, auch über den 31. Dezember 2005 hinaus Kindergeld für E in Höhe der Differenz zwischen dem deutschen Kindergeld und der Thurgauer Kinderzulage zu gewähren.

Die Vertreterin der FK beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht namens der FK geltend, auch die Familienzulage sei bei der Berechnung des Differenzkindergelds zu berücksichtigen; denn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) sei Familienleistung alles, was eine Kinderkomponente enthalte. Dies sei im Streitfall auch für die Familienzulage zu bejahen, weil nach § 19 ThBesVO nur Mitarbeiter Anspruch auf Familienzulage haben, die eine Kinderzulage beanspruchen können. Diese Beurteilung entspreche der Rechtsauffassung der Behörden und Gerichte in der Schweiz.

Der Berichterstatter hat die Beteiligten mit Verfügung vom 7. Juli 2008 zu einer Erörterung der Sach- und Rechtslage geladen. Die Beteiligten haben daraufhin auf mündliche Verhandlung verzichtet. Sie haben sich außerdem mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle des Senats einverstanden erklärt.

Dem Senat lag bei seiner Entscheidung eine Kindergeldakte der FK vor.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zu einem ganz überwiegenden Teil begründet; die Familienkasse ist unter Aufhebung des Kindergeldbescheids vom 19. März 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden. Die FK hat nach Auffassung des Senats zu Unrecht die Familienzulagen vom Kindergeld des Klägers in Abzug gebracht. Der weitergehende Antrag des Klägers, Kindergeld durch das Gericht festzusetzen, wird jedoch abgewiesen.

I.

Der Kläger hat nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG Anspruch auf Kindergeld. E ist ein Kind im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 EStG. Der Kindergeldanspruch des Klägers ist nicht nach § 64 EStG ausgeschlossen, weil S, wie die FK bestandskräftig entschieden hat, nicht kindergeldberechtigt ist. Dies stimmt mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) überein, wonach der Grenzgänger im Wohnland keinen Anspruch auf (Differenz-)Kindergeld hat (z.B. BFH-Urteil vom 24. März 2006 III R 42/05, BFH/NV 2006, 1639, m.w.N.; siehe in diesem Zusammenhang aber EuGH-Urteil vom 20. Mai 2008 C-352/06, Bosmann, HFR 2008, 877, Randnr. 29, 33). Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf keiner weiteren Erörterung.

II.

Der Kindergeldanspruch des Klägers ist an sich durch § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 EStG ausgeschlossen; denn S bezieht für E im Kanton Thurgau (Schweiz) Kinderzulagen. Kinderzulagen des Schweizerischen Kantons Thurgau sind mit dem deutschen Kindergeld vergleichbar (vgl. die das Kanton Thurgau betreffenden BFH-Urteile vom 24. März 2006 III R 41/05, BFHE 212, 551, BStBl II 2008, 369, m. Anm. Dürr, juris PR-SteuerR 32/2006 Anm. 6; vom 24. März 2006 III R 42/05, BFH/NV 2006, 1639; zu Kinderzulagen der Kantone Solothurn und Freiburg vgl. Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 11. Juli 2003 2P.131/2002, BGE 129 I 265, auch abrufbar unter http://www.bger.ch). Es kommt auch nicht darauf an, ob die andere Leistung der nach deutschem Recht kindergeldberechtigten Person oder einem Dritten --wie hier S-- zusteht (vgl. EuGH-Urteil vom 5. Februar 2002 C-255/99, Humer, Slg 2002, I-1205 Randnr. 50; BFH-Beschluss vom 27. November 1998 VI B 120/98, BFH/NV 1999, 614). Auf die Frage, ob auch die Familienzulage eine Familienleistung ist, käme es nicht an.

Allerdings ergibt sich ausschließlich aus den Kollisionsregeln der Verordnung 1408/71/EWG und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung 1408/71/EWG (konsolidierte Fassung, ABlEG Nr. 1 28 vom 30. Januar 1997, S. 1; --Verordnung 574/72/EWG--), in welchem Umfang Leistungen eines anderen Staates, in dem diese beiden Verordnungen ebenfalls gelten, für dasselbe Kind auf das deutsche Kindergeld anzurechnen sind. § 65 Abs. 2 EStG, der die Anrechnung von im Ausland gewährten, dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen regelt, wird durch Gemeinschaftsrecht verdrängt (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -- BVerfG-- vom 8. Juni 2004 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, BFH/NV 2005, Beilage 1, 33, unter A.I.2.a). Es ist vorrangig das nach Art. 249 Abs. 2 EGV unmittelbar geltende (vgl. EuGH-Urteil vom 28. Juni 1978 Rs. 1/78, Kenny, Slg. 1978, 1489; BFH-Beschlüsse vom 18. Dezember 2002 VIII B 166/01, BFH/NV 2003, 921 , vom 16. Dezember 2002 VIII B 163/01, BFH/NV 2003, 497) Gemeinschaftsrecht anzuwenden. Dieser Anwendungsvorrang gilt seit Inkrafttreten des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (BGBl. II 2002, 1692) zum 1. Juni 2002 auch im Verhältnis zur Schweiz (vgl. aus neuerer Zeit BFH-Beschluss vom 24. September 2007 III S 14/07 (PKH), BFH/NV 2008, 67).

III.

Der Kindergeldanspruch des Klägers ruht --entgegen § 65 Abs. 2 EStG-- nach den Verordnungen 1408/71/EWG und 574/72/EWG nur in Höhe der Differenz zur Kinderzulage des Kantons Thurgau. Die Familienzulage des Kantons Thurgau hingegen ist keine Familienleistung und hat deshalb außer Betracht zu bleiben.

1. Nach Art. 13 Abs. 1 der Verordnung 1408/71/EWG unterliegen Personen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats, und zwar eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats abhängig beschäftigt ist, den Rechtsvorschriften dieses Staates, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt (Art. 13 Abs. 2 Buchst. a Verordnung 1408/71/EWG). Beamte und die ihnen gleichgestellten Personen unterliegen den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Behörde sie beschäftigt sind (Art. 13 Abs. 2 Buchst. d Verordnung 1408/71/EWG).

S ist Arbeitnehmerin im Sinne des Art. 1 Buchst. a i) der Verordnung 1408/71/EWG; denn sie ist in der Schweizerischen AHV versichert. Auf den Umstand, ob S einer Beamtin gleichgestellt ist, kommt es nicht an (vgl. dazu § 88 Abs. 3 der Verordnung des Regierungsrates über die Rechtsstellung des Thurgauer Staatspersonals vom 9. Dezember 2003, Rechtsbuch Nr. 177.112: Danach hat der Kanton Thurgau das Beamtenstatut abgeschafft und alle ehemaligen Beamten zu Angestellten gemacht); denn die Rechtsfolgen der Buchst. a und d sind identisch: es gilt Schweizer Recht.

2. Die Fälle, in denen -wie im Streitfall- die Familienleistungen im Wohnland des Kindes nicht von der Ausübung einer Erwerbstätigkeit abhängen, werden von Art. 10 der Verordnung Nr. 574/72/EWG erfasst. Da der Kläger (als Empfänger von Arbeitslosengeld II) in Deutschland nicht berufstätig ist, ruht nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 574/72/EWG sein Anspruch auf Familienleistungen in Deutschland bis zur Höhe der im Beschäftigungsland (hier: Schweiz) aufgrund innerstaatlicher Vorschriften (hier: ThLKrBesVO, ThBesVO und RRV) oder nach Art. 73 Verordnung 1408/71/EWG geschuldeten Familienleistungen.

Differenzkindergeld ist danach (nur) zu gewähren, wenn einem Elternteil Familienleistungen nach dem Recht des Beschäftigungslandes zustehen, während der andere Elternteil für dasselbe Kind im Wohnland Kindergeld beanspruchen kann (vgl. statt aller BFH-Urteil vom 24. März 2006 III R 41/05, BFHE 212, 551, BStBl II 2008, 369). Ein Anspruch des anderen Elternteils auf Gewährung von Kindergeld in Höhe der Differenz zwischen dem deutschen Kindergeld und den Familienleistungen im Ausland besteht hingegen nicht, wenn die Familienleistungen im Ausland höher als das deutsche Kindergeld sind (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 26. Oktober 2006 III B 15/06, BFH/NV 2007, 228). Da S in der Schweiz berufstätig war, sind alle von ihr nach Schweizerischem Recht für E bezogenen Familienleistungen auf das Kindergeld, das dem Kläger nach dem Recht des Wohnlandes Deutschlands --wie unter I. darlegt-- dem Grunde nach für E zusteht, anzurechnen.

Unerheblich für diese Anrechnung ist übrigens, ob S und der Kläger verheiratet sind/waren oder nicht. Entscheidend ist nur, dass dem Arbeitnehmer für dasselbe Kind gemäß Art. 73 der Verordnung 1408/71/EWG Familienleistungen gewährt wurden (vgl. schon EuGH-Urteil vom 3. Februar 1983 Rs. 149/82, Robards, Slg. 1983, 171, Randnr. 11 f.). Aus den zwischenzeitlichen Änderungen des Art. 10 folgt nichts anderes (vgl. EuGH-Urteile vom 7. Juli 2005 C-153/03, Weide, Slg. 2005, I-6017, Randnr. 30, 31; vom 7. Juni 2005 C-543/03, Dodl und Oberhollenzer, Slg. 2005, I-5049, Randnr. 58, m.w.N.). Dies ist hier bei S bezüglich E, für den der Kläger Kindergeld begehrt, der Fall.

3. Der Umstand, dass S im Öffentlichen Dienst beschäftigt ist, führt nicht zur Unanwendbarkeit der Bestimmungen der Verordnung 1408/71/EWG und 574/72/EWG.

Nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung 1408/71/EWG gilt die Verordnung 1408/71/EWG für die allgemeinen und die besonderen, die auf Beiträgen beruhenden und die beitragsfreien Systeme der sozialen Sicherheit sowie für die Systeme, nach denen die Arbeitgeber zu Leistungen verpflichtet sind (Art. 4 Abs. 2 Verordnung 1408/71/EWG). Der frühere Ausschluss der Sondersysteme für Beamte und ihnen Gleichgestellte wurde durch die Verordnung 1606/98/EG des Rates vom 29. Juni 1998 zur Änderung der Verordnung 1408/71/EWG zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer, Selbständige und deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, und der Verordnung 574/72/EWG zur Durchführung der Verordnung 1408/71/EWG zwecks Einbeziehung der Sondersysteme für Beamte und ihnen gleichgestellte Personen (ABlEG Nr. 1 209 vom 25. Juli 1998, 1) gestrichen, da der unbefristete Totalausschluss dieser Personengruppe gemeinschaftsrechtswidrig war (vgl. EuGH-Urteil vom 22. November 1995 C-443/93, Vougioukas, Slg. 1995, I-4033, Randnr. 33). Überdies zahlt S Beiträge zur Schweizerischen AHV. Auf den Umstand, ob S einer Beamtin gleichgestellt ist, kommt es deshalb auch insoweit nicht an.

Die Familienzulage ist auch eine Leistung der sozialen Sicherheit in diesem Sinne. Denn nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist eine Leistung dann als Leistung der sozialen Sicherheit anzusehen, wenn sie nicht aufgrund einer auf die persönliche Bedürftigkeit abstellenden Ermessensentscheidung, sondern aufgrund eines gesetzlichen Tatbestands gewährt wird (u.a. Urteile vom 16. Juli 1992 in der Rechtssache C-78/91, Hughes, Slg. 1992, I-4839, Randnr. 15). Dies ist bei der Familienzulage des Kantons Thurgau der Fall: Anspruchsberechtigung der S und Leistungspflicht von A, B und C folgen aus ThLKrBesVO, ThBesVO und RRV.

4. Allerdings ist die Familienzulage des Kantons Thurgau nach Auffassung des erkennenden Senats keine Familienleistung.

a) Der Begriff der Familienleistungen ist in Art. 1 Buchst. u) i) der Verordnung definiert:

aa) Familienleistungen sind nach dieser Vorschrift alle Sach- oder Geldleistungen, die zum Ausgleich von Familienlasten im Rahmen der in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe h) genannten Rechtsvorschriften bestimmt sind, jedoch mit Ausnahme der in Anhang I aufgeführten besonderen Geburtsbeihilfen.

Die Rechtsprechung des EuGH hat diese Definition wie folgt näher konkretisiert: Unter Familienleistungen sind staatliche Beiträge zum Familienbudget zu verstehen, welche die Kosten für den Unterhalt von Kindern verringern (EuGH-Urteile Offermanns, in Slg. 2001, I-2261, Randnr. 41; vom 7. November 2002 C-333/00, Maaheimo, Slg. 2002, I-10087, Randnr. 25; vom 5. Februar 2002 C-255/99, Humer, Slg. 2002, I-1205). Dadurch soll das Familienbudget entlastet und der Lebensstandard der Familie verbessert werden (BFH-Urteil vom 17. April 2008 III R 36/05, vom BFH zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2008, 1579, unter II.3.c.bb). Familienleistungen sollen dazu dienen, Arbeitnehmer mit Familienlasten dadurch sozial zu unterstützen, dass sich die Allgemeinheit an diesen Lasten beteiligt (EuGH-Urteile Offermanns, in Slg. 2001, I-2261, Randnr. 38; vom 4. Juli 1985 Rs. 104/84, Kromhout, Slg. 1985, 2205, Randnr. 14). Auch ein Pauschalbetrag, der sich weder nach der Zahl noch nach dem Alter der Kinder richtet, kann eine solche Familienleistung sein, wenn er die soeben genannten Eigenschaften aufweist (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 10. Oktober 1996 C-245/94 und C-312/94, Hoever und Zachow, Slg. 1996, I-4895, Randnr. 21, 24).

bb) "Rechtsvorschriften" sind nach Art. 1 Buchst. j der Verordnung 1408/71/EWG in jedem Mitgliedstaat die bestehenden und künftigen Gesetze, Verordnungen, Satzungen und alle anderen Durchführungsvorschriften in Bezug auf die in Art. 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung 1408/71/EWG genannten Zweige und Systeme der sozialen Sicherheit. Der Begriff "Rechtsvorschriften" umfasst allerdings u.a. bestehende oder künftige tarifvertragliche Vereinbarungen nicht, selbst wenn eine behördliche Entscheidung sie für allgemein verbindlich erklärt oder ihren Geltungsbereich erweitert hat.

cc) Sowohl das Kindergeld nach § 62 ff. EStG (vgl. BFH-Urteil vom 13. August 2002 VIII R 70/99, BFH/NV 2003, 29) als auch die kantonalen Kinder- und Ausbildungszulagen in der Schweiz (BFH-Urteil vom 27. Oktober 2004 VIII R 68/99, BFH/NV 2005, 535) gehören zu den Familienleistungen in diesem Sinne. Der 2. Senat des FG Baden-Württemberg (Urteil vom 26. März 2008 2 K 82/07, EFG 2008, 1394) hat die Auffassung vertreten, dass auch die Unterhaltszulagen des Kantons Basel-Stadt zu den Familienleistungen zu zählen sind. Die Unterhaltszulage weist ausweislich des genannten Urteils mehrere ähnliche Merkmale auf wie die Familienzulage des Kantons Thurgau.

dd) Nach Art. 5 der Verordnung 1408/71/EWG haben die Mitgliedstaaten die unter Art. 4 Abs. 1 fallenden Rechtsvorschriften und Systeme in Erklärungen, die gemäß Art. 97 notifiziert und veröffentlicht werden, anzugeben. Der Senat konnte eine Notifizierung der Familienzulage des Kantons Thurgau nicht auffinden. Läge eine solche Erklärung nicht vor, folgte daraus allerdings nicht, dass die Familienzulage vom Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71/EWG ausgeschlossen ist. Vielmehr ist nach der Rechtsprechung des EuGH dann zu prüfen, ob die Leistungen aufgrund dieser Rechtsvorschriften nach ihren grundlegenden Merkmalen, insbesondere ihrem Zweck und den Voraussetzungen ihrer Gewährung zum sachlichen Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 gehören (z.B. Urteil des EuGH vom 15. März 2001 C-85/99, Offermanns, Slg. 2001, I-2261, Randnr. 26 f.).

b) Nach diesen Grundsätzen hält der Senat die Familienzulage des Schweizerischen Kantons Thurgau nicht für eine Familienleistung i.S. des Art. 4 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung 1408/71/EWG.

aa) Die Familienzulage des Kantons Thurgau wird --anders als die Kinderzulage-- S nur deshalb gewährt, weil sie, S, bei kantonalen Schulen angestellt ist. Es handelt sich zwar um eine Leistung aus öffentlichen Kassen. Sie wird aber nicht als staatliche Leistung der Allgemeinheit, sondern vom staatlichen Arbeitgeber als Arbeitslohn gezahlt.

(1) Die Kinder- und Ausbildungszulagen dienen dem teilweisen Ausgleich der Familienlasten (§ 1 ThKiZG). Sie erhalten Arbeitnehmer nichtlandwirtschaftlicher Berufe (§ 2 Abs. 1 ThKiZG), wenn der Arbeitgeber Geschäftssitz, Zweigniederlassung oder Betriebsstätte im Kanton Thurgau hat. Ausgenommen sind die eidgenössischen und kantonalen Verwaltungen und Betriebe, die landwirtschaftlichen Arbeitgeber, die Arbeitgeber bezüglich des mitarbeitenden Ehegatten und die Schulgemeinden bezüglich der Lehrer im öffentlichen Schuldienst (§ 2 Abs. 3 ThKiZG), allerdings existieren insoweit vergleichbare Sonderregelungen für die Landwirtschaft (Bundesgesetz vom 20. Juni 1952 über die Familienzulagen in der Landwirtschaft - -FLG--; SR 836.1, im Internet abrufbar unter http://www.admin.ch). Die öffentlich Bediensteten werden durch die ThBesVO und § 11 ThLKrBesVO in den Geltungsbereich einbezogen. Zum 1. Januar 2009 werden die kantonalen Kinderzulagen durch das Bundesgesetz vom 24. März 2006 über die Familienzulagen (- -FamZG--; SR 836.2, http://www.admin.ch) ersetzt. Zu den Familienzulagen im Sinne des FamZG werden die Kinder- und die Ausbildungszulage sowie ggf. Geburts- und Adoptionszulagen zählen; weitere durch Gesamt- oder Einzelarbeitsvertrag oder andere Regelungen vorgesehene Leistungen gelten nicht als Familienzulagen im Sinne des FamZG (§ 3 Abs. 2 Satz 4 FamZG). Entsprechend befasst sich die Botschaft des Regierungsrats des Kantons Thurgau an den Großen Rat vom 5. Februar 2008 zum (Bundes-)Gesetz über die Familienzulagen (abrufbar unter http://www.tg.ch/documents/Familienzulagen_Botschaft_RR_an_GR.pdf) nur mit den Folgen für das ThKiZG und nicht mit den Familienzulagen nach der ThLKrBesVO, ThBesVO und RRV.

Systematisch wird das ThKiZG (836.1) im Thurgauer Rechtsbuch der Nr. 836 ("Familien- und Kinderzulagen, familienrechtliche Unterhaltsbeiträge und Kinderalimente") zugeordnet, der zum Bereich "Sozialversicherung" (83) zählt.

(2) § 6 ThBesVO bestimmt, dass die Besoldung des Staatspersonals aus der Grundbesoldung, den Sozialzulagen (Familienzulage, Kinderzulage, Ausbildungszulage) sowie weiteren, in § 2 ThBesVO genannten Zulagen besteht. Kinder- und Ausbildungszulagen richten sich dabei nach dem unter (1) erläuterten ThKiZG (§ 18 Satz 2 ThBesVO).

Zusätzlich dazu erhalten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Anspruch auf eine Kinder- oder Ausbildungszulage eine Familienzulage von 225.- CHF pro Monat (§ 19 Abs. 1 ThBesVO). Bis zum 31. Dezember 2006 erhielten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit ihren Kindern, für die eine Kinder- oder Ausbildungszulage ausgerichtet wird, im eigenen Haushalt leben, eine Familienzulage in Höhe des Anderthalbfachen der Kinderzulage (§ 19 Abs. 1 und 2 ThBesVO i.d. vor dem 1. Januar 2007 geltenden Fassung).

Anspruchsberechtigt ist nach § 1 Abs. 1 ThBesVO das im Dienste des Kantons stehende Personal. Der Kreis der Anspruchsberechtigten wird durch § 1 Abs. 2 bis 4 ThBesVO eingeschränkt. U.a. die Besoldung der Lehrkräfte an Schulen wird durch besondere Erlasse geregelt. Indes überträgt § 11 Abs. 1 ThLKrBesVO die Regelungen des § 19 ThBesVO und der dazu ergangenen Regelungen der RRV auch auf die gemäß der ThLKrBesVO besoldeten Lehrkräfte, zu denen auch S zählt. Nach § 1 ThLKrBesVO regelt die ThLKrBesVO die Besoldung der Lehrkräfte an den Kindergärten, Volks-, Berufs- und Mittelschulen und gilt als Richtlinie für die vom Kanton subventionierten Sonderschulen, d.h. die Personen i.S. des § 1 Abs. 4 ThBesVO .

Die Regelungen der ThBesVO, der ThLKrBesVO und der RRV sind systematisch der Nr. 177.22 des Thurgauer Rechtsbuchs ("Besoldungen, Entschädigungen") zugeordnet, die zum Bereich 177 "Staatspersonal" gehört.

(3) Der erkennende Senat verkennt nicht, dass das Recht des Kantons Thurgau Kinderzulage, Ausbildungszulage und Familienzulage unter dem einheitlichen Oberbegriff "Sozialzulagen" zusammenfasst. Dies ändert aber nichts daran, dass zwischen Kinderzulage und Familienzulage --aus Sicht des Senats entscheidungserhebliche-- Unterschiede bestehen: Die Kinderzulage oder eine der Kinderzulage vergleichbare Leistung steht allen Arbeitnehmern im öffentlichen oder privaten Dienst zu. Familienzulagenberechtigt ist nur das "Staatspersonal". Aus dem Zusammenhang der Vorschriften ergibt sich für den Senat, dass die Familienzulage --anders als die Kinderzulage-- eine zusätzliche Geldleistung des Kantons in seiner Eigenschaft als öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber an sein Personal ist. Sie ist Teil der Besoldung für die im Rahmen des Dienstverhältnisses geleisteten Dienste. Dieses zusätzliche Entgelt erhält nur ein Arbeitnehmer, der Kinder i.S. des ThKiZG hat (und vor dem 31. Dezember 2006: mit diesen in einem Haushalt lebte) und --anders als bei der Kinderzulage-- bei einem in der ThBesVO oder der ThLKrBesVO genannten kantonalen Arbeitgeber beschäftigt ist. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall entscheidungserheblich vom EuGH-Urteil Hover und Zachow (in Slg. 1996, I-4895, Randnr. 26).

Der Senat hält die Rechtslage im Kanton Thurgau in der Schweiz insoweit für eindeutig und die Einholung eines Sachverständigengutachtens (§ 155 FGO i.V.m. § 293 der Zivilprozessordnung --ZPO--) nicht für erforderlich, um dies aussprechen zu können (zur Amtsermittlungspflicht bei ausländischem Recht vgl. z.B. BGH-Urteil vom 23. Juni 2003 II ZR 305/01, NJW 2003, 2685, unter II.2.a).

bb) Sucht man im deutschen Recht eine Leistung, die mit der unter aa) beschriebenen Leistung vergleichbar ist, stößt man aus Sicht des Senats auf den Familienzuschlag der Beamten (§§ 39 ff. des Bundesbesoldungsgesetzes --BBesG--) und den (früheren) Ortszuschlag der Arbeitnehmer im Öffentlichen Dienst (§ 29 Abschnitt B. Abs. 3 des Bundesangestellten-Tarifvertrages). Auch dabei handelt (e) es sich um Leistungen eines öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers an seine Bediensteten bzw. Arbeitnehmer, die zusätzlich zum Grundgehalt gezahlt werden bzw. wurden. Auch sie werden, soweit es sich um den Familienzuschlag handelt, durch Gesetz gewährt. Sie werden im Rahmen der laufenden Bezügeerhöhungen (vgl. z.B. § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 4 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes des Landes Baden- Württemberg zur Integration der Sonderzahlungen und zur Anpassung der Besoldung und Versorgung 2008 vom 11. Dezember 2007, GBl BW 2007, 538) und nicht zusammen mit den Kindergelderhöhungen angepasst. Soweit es sich um den Ortszuschlag handelte, waren auch Arbeitnehmer anspruchsberechtigt.

cc) Die unter bb) genannten Leistungen sind nach deutschem Recht mit dem Kindergeld nicht vergleichbar.

(1) Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass in der Zuwendung kinderbezogener Gehaltsbestandteile kein "doppeltes Kindergeld" zu sehen ist (BVerfG-Beschluss vom 24. November 1998 2 BvL 6/97, BVerfGE 99, 300, unter C.II.1.). Auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Unterhaltsrecht sind kindbezogene Bestandteile der Dienst- und Versorgungsbezüge keine Leistungen, die mit dem Kindergeld vergleichbar sind (vgl. BGH-Urteil vom 3. November 1982 IVb ZR 322/81, FamRZ 1983, 49): Der BGH hat dazu ausgeführt, dass kindbezogene Bestandteile der Dienst- und Versorgungsbezüge zwar wegen des Vorhandenseins von unterhaltsberechtigten Kindern gewährt werden, aber nur mit Rücksicht auf das mit dem Empfänger begründete Beamtenverhältnis. Aus diesem erwachse dem Dienstherrn die Verpflichtung, den Beamten angemessen zu alimentieren, wozu gehöre, dass ihm bei Unterhaltspflichten gegenüber Kindern ein annähernd gleiches Lebensniveau gewährleistet werde wie einem kinderlosen Beamten. Es handele sich daher bei der Gewährung der kindbezogenen Gehaltsbestandteile um die Erfüllung einer Verpflichtung des Dienstherrn gegenüber dem im Beamtenverhältnis stehenden Elternteil, nicht um eine öffentliche Sozialleistung, auf die --wie beim Kindergeld-- beide Elternteile bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen gleichermaßen Anspruch hätten. Er hat dabei ebenfalls die Auffassung des Berufungsgerichts, im Ergebnis werde der Familie eines Beamten ein doppeltes Kindergeld gewährt, ausdrücklich abgelehnt.

(2) Mit den Zahlungen werden auch unterschiedliche Zwecke verfolgt (BVerfG-Beschluss vom 11. Juli 1967 1 BvL 23/64, BVerfGE 22, 163, unter C.II.1.b): Der Kinderzuschlag ist ein Bestandteil der Dienstbezüge, der dem Angehörigen des öffentlichen Dienstes die Erfüllung seiner Unterhaltspflichten gegenüber seinen Kindern erleichtern soll. Demgegenüber dient das Kindergeld --nunmehr-- vorrangig der steuerlichen Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums und, soweit --wie im Streitfall-- das Kindergeld dafür nicht erforderlich ist, der Förderung der Familie (§ 31 Satz 1 und 2 EStG).

(3) Der Gesetzgeber könnte zwar kinderbezogene Dienstbezüge und Kindergeld innerhalb gewisser Grenzen auch gleich behandeln (vgl. BVerfG-Beschluss vom 11. Juli 1967 1 BvL 23/64, BVerfGE 22, 163, unter C.II.1.c). Er tut dies aber nicht: In § 65 Abs. 1 Nr. 1 EStG hat er bestimmte Leistungen als dem Kindergeld vergleichbar eingestuft; die kinderbezogenen Dienstbezüge der öffentlich Bediensteten gehören jedoch nicht dazu. Deshalb geht auch die Literatur einhellig von einer fehlenden Vergleichbarkeit des Familienzuschlags und Ortszuschlags der öffentlich Bediensteten mit dem Kindergeld aus (siehe z.B. Dürr in Frotscher, EStG, § 65 Rz. 7, 3. Absatz; Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, § 65 EStG Rz 7; Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 65 Rz 40; Felix in Seewald/Felix, Kindergeldrecht, EStG § 65 Rz 69; dies. in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 65 Rz B 54, B 34 f.).

(4) Von der mangelnden Vergleichbarkeit von Arbeitgeberleistungen gehen Rechtsprechung und Finanzverwaltung auch in bestimmten Fällen mit Auslandsbezug aus: Anders als die Kinderzulagen sind freiwillige kinderbezogene Arbeitgeberleistungen, die von schweizerischen Arbeitgebern gezahlt werden und jederzeit wieder gestrichen werden können, mit dem Kindergeld nicht vergleichbar (vgl. Urteile des Bundessozialgerichts --BSG-- vom 25. Oktober 1977 8/12 RKg 6/76 und 8/12 RKg 13/77, [...]; vgl. allgemein auch Urteil des FG Münster vom 18. Januar 1999 12 K 3350/97 Kg, EFG 2000, 694, rkr.). Kinderzulagen, die von einem im Schweizerischen Kanton Zürich ansässigen Arbeitgeber an seine nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer gezahlt werden, sollen ebenso nicht vergleichbar sein (Abschnitt 65.1.3 Abs. 2 der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes --DA-FamEStG--; BStBl I 2004, 743). Nach Abschnitt 65.1.3 Abs. 2 DA-FamEStG zählt der Kinderzuschlag für Bedienstete des türkischen Staates und der staatlichen Betriebe gleichfalls nicht zu den dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen.

dd) Nach Auffassung des erkennenden Senats gilt gemeinschaftsrechtlich nichts anderes. Die Familienzulage des Kantons Thurgau ist angesichts ihrer objektiven Merkmale und dem mit ihr verfolgten Zweck keine Familienleistung i.S. der Verordnung 1408/71/EWG (so zu Thurgau im Ergebnis auch die BFH-Urteile in BFHE 212, 551, BStBl II 2008, 369, unter II.2.d, 2. Abs.; in BFH/NV 2006, 1639, unter II.2.d, 2. Abs.).

(1) Die Familienzulage des Kantons Thurgau ist nach Einschätzung des Senats trotz Gewährung im Rechtskleid einer Verordnung nach ihrem maßgeblichen Zweck und den Voraussetzungen ihrer Gewährung als zusätzlicher kinderbezogener Arbeitslohn anzusehen. Sie wird --wie unter aa) dargelegt-- vom Kanton als Arbeitgeber (nur) seinem Personal im Rahmen des Dienstverhältnisses gewährt. Sie ist deshalb auch gemeinschaftsrechtlich kein "staatlicher" Beitrag zum Familienbudget, der durch die "Allgemeinheit" gewährt wird. Dass Leistungen der genannten Art auch gemeinschaftsrechtlich nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung 1408/71/EWG fallen (sollen), zeigt auch Art. 1 Buchst. j der Verordnung 1408/71/EWG durch Herausnahme von Tarifverträgen und Gesamtarbeitsverträgen aus dem Begriff der Rechtsvorschriften.

(2) Allein die Gewährung einer solchen Leistung im Rechtskleid einer Verordnung führt nicht dazu, dass die Leistung --trotz der unter (1) genannten Eigenschaften-- in den Anwendungsbereich der Verordnung 1408/71/EWG einbezogen wird. Kinderbezogener Arbeitslohn fällt nicht unter Art. 4 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung 1408/71/EWG, und zwar auch dann nicht, wenn er durch eine Rechtsvorschrift gewährt wird. Nach Auffassung des EuGH ist für die Beurteilung einer Leistung unerheblich, wie der Mitgliedstaat sie rechtstechnisch ausgestaltet (EuGH-Urteil Offermanns, in Slg. 2001, 2261, Randnr. 46). Die Unterscheidung hängt vielmehr im Wesentlichen von den grundlegenden Merkmalen der Leistung ab, insbesondere von ihrer Zielsetzung und den Voraussetzungen ihrer Gewährung: Ein Zweig der sozialen Sicherheit, der in Art. 4 Abs. 1 nicht aufgeführt ist, kann auch dann nicht als solcher qualifiziert werden, wenn er dem Begünstigten einen Rechtsanspruch auf die Leistung einräumt (EuGH-Urteil vom 27. März 1985 C-249/83, Hoeckx, Slg. 1985, 973, Randnr. 11 f.).

(3) So liegt es hier. Dass ein Arbeitgeber die Regelungen zur Höhe des Arbeitslohns in Gesetzesform gießt, verändert den Charakter einer Leistung als (zusätzlicher) freiwilliger Arbeitslohn nicht. Der Staat als Arbeitgeber kann nämlich seine Besoldungsgesetze jederzeit ändern und --innerhalb verfassungsrechtlicher Grenzen-- Zulagen reduzieren oder streichen. Ersteres ist übrigens im Streitfall zum 1. Januar 2007 erfolgt: Die Familienzulage wurde vom kantonalen Arbeitgeber/Verordnungsgeber von 285 CHF auf 225 CHF reduziert, was belegt, dass diese Überlegung nicht nur theoretischer Natur ist.

ee) Der Senat ist im Übrigen der Auffassung, dass aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes, Art. 3 der Verordnung 1408/71/EWG) für Leistungen ausländischer öffentlicher Arbeitgeber insoweit nichts anderes gelten darf als für Leistungen inländischer öffentlicher Arbeitgeber und ausländischer privater Arbeitgeber. Andernfalls entstünden --aus Sicht des Senats unzulässige-- Ungleichbehandlungen:

(1) Dies gilt zunächst für Arbeitnehmer von inländischen und ausländischen öffentlichen Arbeitgebern. Würden zusätzliche Leistungen eines inländischen öffentlichen Arbeitgebers, die auf Gesetz beruhen, nicht auf das Kindergeld angerechnet, bei einem ausländischen öffentlichen Arbeitgeber aber wohl, wäre dies dazu geeignet, den Arbeitnehmer mittelbar daran zu hindern, von seiner Freizügigkeit dadurch Gebrauch zu machen, dass er in den Öffentlichen Dienst eines anderen Verordnungsstaats tritt.

(2) Mindestens ebenso schwer wiegt, dass bei anderer Auslegung Arbeitnehmer des Öffentlichen Dienstes gegenüber Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft benachteiligt würden. Während die --in der Schweiz anzutreffende (Bsp. Bl. 83 GA)-- Zahlung freiwilliger kinderbezogener Gehaltsbestandteile durch einen privaten Arbeitgeber nicht zum Ruhen des Anspruchs führen würde, führte sie bei öffentlichrechtlichen Arbeitgebern zum Ruhen, und dies nur, weil der Staat die freiwillige Leistung durch Gesetz gewährt hat, während sie bei privaten Arbeitnehmern auf Regelungen im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag (Gesamtarbeitsvertrag) beruht. Die Beschäftigten des Staates würden damit gegenüber Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft --aus Sicht des Senats gleichheitswidrig-- nur deshalb benachteiligt, weil der Staat seine freiwillige Leistung in Gesetzesform gegossen hat. Außerdem würde öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern, die die Besoldung ihrer Bediensteten durch Gesetz regeln (müssen), die Möglichkeit genommen, in ihren Besoldungsgesetzen freiwillige kinderbezogene Dienstbezüge außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnungen 1408/71/EWG und 574/72/EWG vorzusehen, während diese Möglichkeit privaten Arbeitgebern offen stünde.

(3) Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich die Problematik auch in umgekehrter Richtung wie im Streitfall stellen kann, wenn ein deutscher Beamter ein gemeinsames Kind mit einer Frau hat, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in der Schweiz wohnt und dort erwerbstätig ist. Für den deutschen Familienzuschlag könnte nichts anderes gelten wie für die mit ihm vergleichbare ausländische Leistung. Die sich bei anderer Beurteilung ergebende Rechtsfolge, dass die Bezügestelle vor Auszahlung des Familienzuschlags prüfen müsste, ob der Bezügeanspruch des Beamten aufgrund gemeinschaftsrechtlich vorrangiger Familienleistungen für die Mutter im Wohnstaat ruht, mutet dem Senat zumindest seltsam an.

c) An seiner Beurteilung sieht sich der Senat nicht durch Äußerungen der Behörden und Gerichte der Schweiz gehindert.

aa) Soweit die Behörden der Schweiz die Verordnung 1408/71/EWG tatsächlich in gleicher Weise auslegen wie die FK (vgl. möglicherweise gl.A. Leitfaden des Schweizerischen Bundesamts für Sozialversicherungen für die Durchführung des Freizügigkeitsabkommens zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft beziehungsweise des EFTA-Übereinkommens im Bereich der Familienleistungen, Ausgabe April 2007, abrufbar unter http://www.bsv.admin.ch, zu 2.3.1, dort unter 2.) entfaltet dies für den erkennenden Senat keine rechtliche Bindung (zur fehlenden Tatbestandswirkung selbst bei konkreten Entscheidungen ausländischer Behörden vgl. BFH-Urteil vom 13. August 2002 VIII R 54/00, BFHE 200, 204, BStBl II 2002, 869; zur fehlenden Bindung der Gerichte an norminterpretierende Verwaltungsanweisungen allgemein z.B. BFH-Urteil vom 20. Oktober 2005 III R 18/04, BFH/NV 2006, 815).

bb) Auch die nicht näher begründete Ansicht des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt im Urteil vom 10. Dezember 2004 (nicht veröffentlicht, S. 6, unter 3.d), dass die (der hier streitigen Familienzulage ähnliche) Unterhaltszulage im Kanton Basel-Stadt "unzweifelhaft" zu den Familienleistungen zähle, begründet keine Bindung.

Die Erkenntnis, dass zwei Staaten die nämliche Gemeinschaftsrechtsvorschrift unterschiedlich verstehen, ist grundsätzlich lediglich dazu geeignet, Zweifel an der zutreffenden Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu begründen (vgl. allgemein EuGH-Urteil vom 15. September 2005 C-495/03, Intermodal Transports BV, Slg. 2005, I-8151, BFH/NV 2006, Beilage 1, 43, Randnr. 28 ff.; aus der Rechtsprechungspraxis des BFH siehe z.B. BFH-Beschluss vom 10. Februar 2005 V R 59/03, BFHE 208, 502, BStBl II 2005, 537: EuGH-Vorlage trotz ständiger deutscher Rechtsprechung wegen festgestellter "Divergenz" zum Österreichischen Verfassungsgerichtshof). Deshalb hat der Senat eine Anrufung des EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 234 Abs. 2 EGV erwogen. Allerdings geht der BFH davon aus, dass zur Auslegung des Begriffs "Familienleistung" bereits eine gesicherte Rechtsprechung des EuGH besteht (vgl. BFH-Urteil vom 17. April 2008 III R 36/05, vom BFH zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2008, 1579, unter II.4.). Von dieser Rechtsprechung des EuGH geht auch der erkennende Senat aus; er sieht deshalb von einer EuGH-Vorlage ab.

Im Übrigen darf nicht übersehen werden, dass das Appellationsgericht Basel-Stadt in seinem Urteil die Anrechnung deutscher Familienleistungen auf die Unterhaltszulage des Kantons Basel-Stadt abgelehnt hat. Diese Auffassung teilt der erkennende Senat im Ergebnis ausdrücklich, wenn auch mit anderer Begründung.

IV.

Der Senat kann allerdings nicht -dem Antrag des Klägers entsprechend- die FK nach § 101 Satz 1 FGO verpflichten, ab Januar 2006 Kindergeld festzusetzen.

1. Gemäß § 101 Satz 1 FGO spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist. Spruchreife bedeutet, dass nach der für den Streitfall maßgeblichen Sach- und Rechtslage der Anspruch auf den Erlass des begehrten Verwaltungsakts besteht. Nach der Rechtsprechung des BFH kommt es bei der Entscheidung, ob ein Anspruch auf Erlass eines bestimmten Verwaltungsaktes besteht, grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des FG an (BFH-Urteil vom 21. Juli 1992 VII R 28/91, BFH/NV 1993, 440, m.w.N.). Das gilt auch bei der Prüfung eines Anspruchs auf Festsetzung monatlich wiederkehrender (§ 66 Abs. 2 EStG) Leistungen wie dem Kindergeld, der verfahrensrechtlich im Wege der Verpflichtungsklage geltend zu machen ist und für die die gesetzlichen Voraussetzungen für jeden Monat neu erfüllt sein müssen (siehe BFH-Urteil vom 2. Juni 2005 III R 66/04, BFHE 210, 265, BStBl II 2006, 184).

2. Der Senat legt die Klage trotz Verwendung des Worts "verurteilt" (statt "verpflichtet") als Verpflichtungsklage (§ 101 FGO) aus. Im Streitfall ist jedoch die zutreffende Höhe des zu gewährenden Kindergelds für keinen Monat des Antragszeitraums festgestellt.

a) Der Senat kann nur für einzelne Monate hinreichend sicher erkennen, welche Kinderzulagen an S gezahlt worden sind. Zwar kann der Senat die Höhe der Kinderzulage des Kantons Thurgau feststellen; er hat z.B. unter http://www.rechtsbuch.tg.ch ermittelt, dass die Kinderzulage des Kantons Thurgau zum 1. Januar 2008 von 190 CHF auf 200 CHF angehoben worden ist. Weiter kann der Senat die maßgeblichen Umrechnungskurse aus öffentlich zugänglichen Quellen ermitteln. Hingegen entzieht sich der Kenntnis des Senats, ob es seit 2007 zu Veränderungen im Umfang der Teilzeitbeschäftigung der S gekommen ist; dazu bedürfte es weiterer Sachaufklärung.

b) Weiter ist dem Senat unklar, warum A nicht die Bestimmung des § 21 RRV auf S angewendet hat. Falls S insoweit "nur" --aus Unkenntnis-- keinen Antrag gestellt hätte, wäre dies von S nachzuholen und könnte unerheblich sein (vgl. BFH-Urteile vom 27. Oktober 2004 VIII R 68/99, BFH/NV 2005, 535; vom 27. November 1998 VI B 120/98, BFH/NV 1999, 614, bzgl. Verzicht; zur Verordnung 574/72/EWG offen lassend BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 67), so dass trotz Zahlung nur eines Teilbetrags dennoch die volle Kinderzulage vom Kindergeldanspruch des Klägers abzuziehen sein könnte. Der Senat kann indes nicht ausschließen, dass S die Anwendung des § 21 RRV bei A beantragt hat, aber ihr Antrag von A aus Gründen, die sich aus den Akten nicht ergeben, zu Recht abgelehnt worden ist. Auch dazu bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen unter Mithilfe von S und A. Auf § 90 Abs. 2 AO werden der Kläger und S hingewiesen.

3. Der Senat sieht zur Verfahrensbeschleunigung und aus Zweckmäßigkeitsgründen davon ab, diesen offenen Fragen selbst nachzugehen und Spruchreife herbeizuführen. Dies ist im Streitfall (ausnahmsweise) zulässig.

a) Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein FG nicht in jedem Fall verpflichtet, die Sache zur Spruchreife zu bringen. Aufgabe der Gerichte ist es, das bisher Geschehene bzw. das Unterlassen auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen, nicht jedoch, grundsätzlich der Verwaltung zustehende Funktionen auszuüben. Insbesondere muss das FG bei Verpflichtungsklagen nicht von der Verwaltung bisher noch nicht geprüfte Sachverhalte aufgreifen und durch eigene Ermittlungen klären. Es hat lediglich die Pflicht, den Sachverhalt bis zur Entscheidungsreife für den Erlass eines sog. Bescheidungsurteils aufzuklären (vgl. BFH-Urteile vom 8. Dezember 1983 IV R 170/81, BFHE 139, 553, BStBl II 1984, 200; vom 7. April 1987 IX R 103/85, BFHE 150, 124, BStBl II 1987, 707, unter 2. der Gründe; vom 20. April 2004 VIII R 13/03, BFH/NV 2004, 1253, m.w.N.).

b) Die Sache ist bescheidungsreif. Das Klagebegehren zielt dem Klagantrag nach zwar auf die Verpflichtung der FK ab, Differenzkindergeld ab Januar 2006 in zutreffender Höhe festzusetzen. Die zutreffende Höhe hat der Kläger aber noch nicht einmal selbst berechnet. Im Kern geht es dem Kläger darum, die Verpflichtung der FK zu erreichen, die Kindergeldfestsetzung nicht mit dem Argument zu versagen, die Familienzulage des Kantons Thurgau sei dem Kindergeld vergleichbar und deshalb vom Kindergeld des Klägers (neben der Kinderzulage) in Abzug zu bringen, so dass kein Anspruch verbliebe. Dazu kann der Senat die FK aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse verpflichten.

c) Weitere Sachverhaltsaufklärung durch den Senat ist aus zwei Gründen nicht tunlich:

aa) Mit einer eigenen Prüfung der weiteren, aus Sicht der FK nicht entscheidungserheblichen und deshalb zwischen den Beteiligten noch nicht erörterten weiteren Voraussetzungen für die Festsetzung des Kindergeldes ab 1. Januar 2006 würde der Senat erstens die Aufgaben der FK wahrnehmen. Die nach einer weiterer Prüfung ausgesprochene Verpflichtung der Behörde zur Festsetzung oder Ablehnung wäre nicht die Korrektur oder Bestätigung einer behördlichen Entscheidung, sondern eine erstmalige Entscheidung, bei der der Bewertungs- und Handlungsspielraum der Verwaltung entfällt (BFH-Urteil in BFHE 210, 265, BStBl II 2006, 184). Dem Kläger würde damit eine außergerichtliche Instanz genommen (BFH-Urteil in BFHE 139, 553, BStBl II 1984, 200).

bb) Zweitens ist eine weitere Sachaufklärung nur auf Basis der Rechtsauffassung des Senats erforderlich. Diese Auffassung greift die FK mit beachtlichen Gegenargumenten an und kann sich außerdem für ihre Gegenauffassung auf Gegenstimmen berufen. Der Senat hält es deshalb für zweckmäßig, der FK vor weiteren aufwändigen Ermittlungen zu Auslandssachverhalten die Möglichkeit des Rechtsmittels zu eröffnen.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Zwar ist der Kläger insoweit teilweise unterlegen, als nicht das beantragte Verpflichtungsurteil, sondern "nur" ein Bescheidungsurteil ergangen ist. Gleichwohl ist es entsprechend § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO nicht gerechtfertigt, den Kläger deshalb mit Kosten zu belasten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 210, 265, BStBl II 2006, 184, m.w.N.).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt folgt aus § 151 Abs. 3, § 155 FGO i.V.m. § 708 Nr. 11, §§ 709, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

VI.

Die Revision wird zugelassen, weil der Senat die Rechtssache für grundsätzlich bedeutsam und eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für erforderlich hält. Zwar betrifft das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 26. März 2008 2 K 82/07 (EFG 2008, 1394) die Rechtslage in einem anderen Kanton der Schweiz; die Rechtsfrage ist nichtsdestotrotz im Ansatz vergleichbar. Öffentlich Bedienstete des Kantons Basel-Stadt sind nämlich in ähnlichem Umfang wie öffentlich Bedienstete des Kantons Thurgau von der Unterstellung ausgenommen (vgl. Bundesamt für Sozialversicherungen, Grundzüge der kantonalen Familienzulagen, Stand 1. Januar 2006, S. 12, unter 112.1, zu BS und TG, abrufbar unter http://www.bsv.admin.ch).

VII.

Die Entscheidung ergeht trotz des Einverständnisses der Beteiligten mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats durch den Senat. Senat und Berichterstatter sind übereinstimmend der Auffassung, dass die Entscheidung darüber, ob der Berichterstatter von seiner Befugnis nach § 79a Abs. 3 und 4 FGO Gebrauch macht, vom Berichterstatter nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen ist (BFH-Beschluss vom 9. Juli 2003 IX B 34/03, BFHE 202, 408, BStBl II 2003, 858, unter II.3.; a.A. Urteil des Niedersächsischen FG vom 31. März 2004 7 K 393/99, EFG 2005, 299: freies Wahlrecht; demgegenüber noch strenger Urteil des Bundessozialgerichts vom 8. November 2007 B 9/9a SB 3/06 R, NZS 2008, 446, unter 2.: bei grundsätzlicher Bedeutung Reduzierung des Ermessens des Berichterstatters auf Null; a.A. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. Juni 2006 II ZR 43/05, BGHZ 168, 201, unter I.1., m. zust. Anm. Gehrlein, [...]: auch ein "konsentierter" Einzelrichter darf die Revision zulassen).

Im Streitfall ist eine Entscheidung durch den Senat geboten; denn es war darüber zu befinden, ob die Revision zuzulassen oder ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten ist. Jedenfalls in solchen Fällen ist eine Entscheidung des Senats angezeigt (vgl. auch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Mai 1998 1 BvL 23/97, HFR 1998, 680, zu Art. 100 des Grundgesetzes).

VIII.

Die Entscheidung ergeht aufgrund des Verzichts der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung. Die Verknüpfung des Verzichts der Beteiligten mit dem Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter hindert den Senat daran nicht (vgl. BFH-Urteil vom 18. August 2005 VI R 7/03, BFH/NV 2006, 271, unter II.1.).



Ende der Entscheidung

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