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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 05.06.2008
Aktenzeichen: 3 K 56/07
Rechtsgebiete: EStG, AO


Vorschriften:

EStG § 34c Abs. 3
AO § 175 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Die Kläger sind Eheleute, die für die Veranlagungszeiträume 1984 - 1986 (Streitjahre) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Die Kläger wohnten in den Streitjahren in X (Hinweis auf die Angaben zu den Zeilen 22 und 23 der Mantelbögen der Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre -Bl. 23, 44 und 74 der Einkommensteuerakten Bd II).

Der Kläger war in den Streitjahren als Volkswirt in der Abteilung Wirtschaftsanalysen und Politikberatung bei der Y AG in Basel (im Folgenden: Y-AG) nichtselbständig beschäftigt (Hinweis auf die Lohnausweise für die Streitjahre 1984 [Bl. 27 der ESt-Akten Bd II], 1985 [Bl. 45 der ESt-Akten Bd II] und 1986 [ Bl. 76 ESt-Akten Bd II]). In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre gaben die Kläger unter Vorlage von Bescheinigungen der Y-AG an, dass der Kläger sich im Streitjahr 1984 an 62 Werktagen (Bl. 29-31 der ESt-Akten Bd II), im Streitjahr 1985 an 60 Werktagen (Bl. 58-59 der ESt-Akten Bd II) und im Streitjahr 1986 an 61 Werktagen (Bl. 83-85 der ESt-Akten Bd II) außerhalb der Grenzzone aufgehalten habe, und er deshalb nicht gemäß Art. 15 Abs. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom 11. August 1971 -DBA-Schweiz 1971- (BStBl I 1972, 519) in der bis einschließlich 1993 geltenden Fassung als Grenzgänger der deutschen Besteuerung unterliege.

Im Übrigen gab der Kläger in den Einkommensteuererklärungen an, dass er im Streitjahr 1984 an 55 Werktagen (Bl. 31 der ESt-Akten Bd II), im Streitjahr 1985 an 49 Werktagen (Bl. 59 der ESt-Akten Bd II) und im Streitjahr 1986 an 53 Werktagen (Bl. 85 der ESt-Akten Bd II) Dienstreisen in die Bundesrepublik Deutschland unternommen habe.

In Zusammenhang mit der Durchführung der ursprünglichen Veranlagungen reichte der Kläger beim Beklagten (dem Finanzamt -FA-) Bescheinigungen der Steuerverwaltungen des Kantons Basel-Stadt /der Kantonalen Verwaltung für die direkte Bundessteuer ein, nach denen ihm für die einzelnen Streitjahre "gemäß § 18 des Basler Steuergesetzes sowie Artikel 15 und Verhandlungsprotokoll vom 18. Juni 1971 des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Bundesrepublik Deutschland von seinem Gehalt Quellensteuer abgezogen worden" sei (Hinweis auf Bl. 28 -für 1984-, Bl. 51 -für 1985- und Bl. 81 -für 1986- jeweils der ESt-Akten Bd II). Des Weiteren bestätigte die Y-AG, dass der Kläger gemäß Doppelbesteuerungsabkommen BRD-CH der Quellenbesteuerung unterstellt worden sei, und sie -die YAG- die fälligen Steuern regelmäßig an die Finanzverwaltung Basel-Stadt abgeführt habe (Bl. 30, 58 und 83 der ESt-Akten Bd II). Die ursprünglichen Quellensteuerabzüge betrugen für das Streitjahr 1984: x.xxx,xx CHF, für das Streitjahr 1985: x.xxx,xx CHF und für das Streitjahr 1986 x.xxx,xx CHF (Hinweis auf das Schreiben des Finanzdepartementes des Kantons Basel-Stadt vom 27. Dezember 2002; Bl. 24 der Sonderakte).

Das FA folgte in den ursprünglichen Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre (vom 29. September 1986 für 1984, vom 27. Juli 1987 für 1985 und vom 26. Januar 1989 für 1986 -dieser unter dem Vorbehalt der Nachprüfung-) der Auffassung des Klägers und unterwarf ihn demzufolge nicht als Grenzgänger der deutschen Besteuerung. Den auf die Arbeitsausübung in der Bundesrepublik Deutschland (Bl. 148-153 der Y-Akten) rechnerisch entfallenden Anteil der Einnahmen des Klägers aus unselbständiger Arbeit beurteilte das FA als im Inland steuerpflichtig (Hinweis [auch] auf die Schreiben des FA vom 31. Oktober 1986 für 1984 [Anteil: 55/240 -Bl. 42 der ESt-Akten Bd II-], vom 24. November 1987 für 1985 [Anteil: 49/240, Bl. 67 der ESt-Akten Bd II] und vom 20. Februar 1989 [Anteil: 53/240 -Bl. 100 der ESt-Akten Bd II]). Die Bescheide wurden, weil sie nicht angefochten wurden, (für 1986 nur formell) bestandskräftig.

Anschließend wandte sich der Kläger an die Eidgenössische Steuerverwaltung (unter Vorlage der zuvor genannten Schreiben), damit ihm der Betrag der abgeführten Quellensteuer erstattet wird, der auf die in der Bundesrepublik Deutschland steuerpflichtigen Werktage entfällt (Schriftsatz der Kläger vom 22. Mai 2008 zu 1. S. 2 und 3, Bl. 314-316; Hinweis im übrigen auf vgl. Anlagen 9 und 10 zum Schriftsatz der Kläger vom 22. Mai 2008; Bl. 334 und 335 der FG-Akten). Dem Kläger wurden daraufhin für 1984: x.xxx,xx CHF, für 1985: x.xxx,xx CHF und für 1986 x.xxx,xx CHF zurückerstattet (s. Schreiben des Finanzdepartementes des Kantons Basel-Stadt vom 27. Dezember 2002, Bl. 24 der Sonderakte Änderung ESt 84-86). Damit unterwarf die Eidgenössische Steuerverwaltung den (restlichen) Arbeitslohn des Klägers für 1984 mit einem Anteil von 185/240stel, für 1985 von 191/240stel und für 1986 von 187/240stel der Besteuerung in der Schweiz. Es wurde demzufolge der Teil der Einkünfte des Klägers von Y-AG durch die Schweiz besteuert, der rechnerisch auf dessen in der Schweiz ausgeübte Tätigkeit entfiel. Ob der Kläger in diesem Zusammenhang bzw. ob der Kläger überhaupt Steuerfestsetzungen für die Streitjahre durch die Eidgenössische Steuerverwaltung erhalten hat, lässt sich nicht mehr aufklären.

Aufgrund der Ergebnisse einer Steuerfahndungsprüfung (s. Bericht vom 15. April 1991 über die steuerlichen Feststellungen -Bl. 10-18 der "Y"-Akten-) durch das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Q -Steuerfahndungsstelle- bei der Zweigniederlassung der Y-AG in Q gelangte das FA im Jahr 1992 zu der Überzeugung, dass die Angaben des Klägers über die Zahl seiner Dienstreisen unrichtig seien, und der Kläger in den Streitjahren an weit weniger als 45 Tagen pro Jahr außerhalb der Grenzzone tätig gewesen sei. Daraufhin unterwarf es in den Einkommensteueränderungsbescheiden vom 15. Januar 1992 (Bl. 151- 164 der ESt-Akten Bd II) den Kläger, der kein leitender Angestellter im Sinne des Art. 15 Abs. 5 DBA-Schweiz 1971 war, als Grenzgänger (Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971) mit seinen auf Grund der Tätigkeit für die Y-AG erzielten (gesamten) Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Einkommensteuer (Einkommensteuer für 1984: xx.xxx DM, für 1985: xx.xxx DM und für 1986: xx.xxx DM). Die Einsprüche waren im Wesentlichen erfolglos (Hinweis auf die Einspruchsentscheidungen vom 18. August 1995 [Bl. 157 ff Rechtsbehelfsliste Nr. 171 - 173 VI 30] der "Y"-Akten -betreffend die Streitjahre 1984 [Einkommensteuer: xx.xxx DM] und 1985 [Einkommensteuer: xx.xxx DM], -bzw. Bl. 173 ff der "Y"- Akten- betreffend das Streitjahr 1986 [Einkommensteuer: xx.xxx DM], Rechtsbehelfsliste Nr. 174 VI 30-). Eine Anrechnung der Schweizerischen Quellensteuer erfolgte nicht.

Nach Ergehen der Einspruchsentscheidung vom 18. August 1995 ordnete das FA hinsichtlich der Streitjahre 1984 und 1985 am 25. September 1995 die Aussetzung der Vollziehung der streitigen Einkommensteuer "bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch" an (Anlage 3 zum Schriftsatz der Kläger vom 22. Mai 2008, Bl. 314 ff [Bl. 323]). Zuvor -am 2. Januar 1995- hatte das FA die Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuer für 1984 und 1985 verfügt bis "zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch", Bl. 75 der "Y"-Akten).

Im Einspruchsverfahren und dem sich anschließenden Klageverfahren wurde der Kläger durch den Steuerberater, Dipl.-Volkswirt D.S. (im Folgenden: D. S.) aus H vertreten. In einem Aktenvermerk vom 16. Februar 1995 vertrat der zuständige Rechtsbehelfssachbearbeiter die Auffassung, dass die Kläger hinsichtlich der "45-Tage-Regelung" auf die Möglichkeit eines Antrags auf Eröffnung eines Verständigungsverfahrens zu verweisen seien (Bl. 112 und 113 der "Y"-Akten). Ob dies geschehen ist, lässt sich den Akten nicht entnehmen. Zuvor hatte die Eidgenössische Steuerverwaltung zugesagt, in bestimmten Fällen bei der Anwendung der 45-Tage-Regelung auf das Schweizerische Besteuerungsrecht zu verzichten (Schreiben der Oberfinanzdirektion -OFD- Freiburg vom 17. Juli 1992 S 1301 A - St 32 2/1317, Bl. 31-33 der Strafakte).

D.S. führte am 24. Januar 1995 ein Gespräch mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung, und zwar mit dem damaligen Delegationsleiter in den Verständigungsverfahren, A.K. (Hinweis auf dessen Schreiben vom 26. Januar 1995, Anlage 11 zum Schreiben des Klägers vom 22. Mai 2008). Anschließend wandte sich D.S. nochmals an den Vorgenannten (nach Erhalt des Schreibens des FA vom 20. Februar 1995 - Anlage 12 zum Schreiben des Klägers vom 22. Mai 2008). Bei diesen Gelegenheiten ging es jeweils um die sog. 45-Tage-Regelung. Weitere Eingaben hielt D.S. nicht für opportun (s. zu 2. im Schriftsatz des Klägers vom 22. Mai 2008).

Die wegen der Streitjahre erhobene Klage wies der erkennende Senat (in seiner damaligen Besetzung) ab. Auf das Urteil vom 13. Mai 2002 3 K 1/02 wird -soweit es die Streitjahre betrifft- Bezug genommen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Während des finanzgerichtlichen Klageverfahrens erließ das Amtsgericht H am 30. August 1995 einen Strafbefehl (ÜLStrNr. 412/88-91 Lö - GeschZ/StNr. 12/1; Bl. 1 der Strafakte zur Geschäftsnummer 30 Cs 370/95) gegen den Kläger wegen Hinterziehung von Einkommensteuer (u.a.) der Streitjahre und setzte zunächst eine Gesamtstrafe von xx.xxx DM fest (Hinweis auf die Steuerstrafakte). Hinsichtlich des Streitjahres 1986 wurde das Strafverfahren endgültig gemäß § 153a (Einstellung nach Erfüllung von Auflagen) der Strafprozessordnung -StPO- eingestellt, nachdem der Kläger eine Auflage von x.xxx DM gezahlt hatte, hinsichtlich der übrigen Streitjahre gemäß § 206a StPO (-Einstellung bei Verfahrenshindernissen- [im Sinne von eingetretener Verjährung]; Hinweis auf die Beschlüsse des Amtsgerichts H vom 8. Januar und 24. Februar 1998 30 Cs 370/95 [Hinweis auf die Steuerstrafakte]). Hinterziehungszinsen wurden hieran anschließend vom FA nicht festgesetzt.

Für das Streitjahr 1986 war bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Senatsurteils vom 13. Mai 2002 die Aussetzung der Vollziehung angeordnet worden (s. Verfügung vom 18. August 1995, Bl. 8 der FG-Akten zum Aktenzeichen 11 V 18/95 respektive Bl. 154 der "Y"-Akten).

Die Kläger legten gegen das Senatsurteil 3 K 1/02 beim Bundesfinanzhof -BFH- am 4. Juli 2002 Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ein, nunmehr vertreten durch den Prozessbevollmächtigten des vorliegenden Klageverfahrens. Während des Beschwerdeverfahrens stellten sie am 10. September 2002 beim FA (Hinweis auf den Schriftsatz vom 9. September 2002, Bl. 1-11 der Sonderakte) den Antrag (im Streitpunkt des vorliegenden Klageverfahrens), die Einkommensteueränderungsbescheide vom 15. Januar 1992 der Gestalt zu ändern, dass die in der Schweiz abgeführte Quellensteuer (in Höhe von 4,5 v.H. des Bruttogehalts des Klägers in den Streitjahren) angerechnet werde. Mit Schreiben vom 23. August 2002 sei bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung angefragt worden, um eine genaue Aufschlüsselung der Höhe der gezahlten Steuer zu erhalten. Bislang sei noch keine Reaktion erfolgt. Hierauf teilte das FA im Schreiben vom 18. September 2002 mit, dass eine Rechtsgrundlage für den Erlass von Änderungs bescheiden für die Streitjahre nicht erkennbar sei.

Im Februar 2003 wurde den Beteiligten der BFH-Beschluss vom 9. Dezember 2002 I B 111/02 ([...]) bekannt gegeben, mit dem die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Senatsurteil vom 13. Mai 2002 3 K 1/02 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Im Schriftsatz vom 3. März 2003 beantragten die Kläger nochmals, die in der Schweiz für die Streitjahre gezahlte Quellensteuer entsprechend den Bestimmungen des DBA-Schweiz 1971 von der deutschen Einkommensteuer abzuziehen, weil es ansonsten zu einer ungerechtfertigten Doppelbesteuerung käme. Die Kläger nahmen dabei Bezug auf das Schreiben des Finanzdepartements des Kantons Basel-Stadt vom 27. Dezember 2002 (Bl. 24 der Sonderakte). Danach ergaben sich "Total Steuern nach Abrechnung" für 1984: x.xxx,xx CHF, für 1985: x.xxx,xx CHF und für 1986: x.xxx,xx CHF. Das Finanzdepartement teilte dabei den Klägern "leider" mit, dass die Aufbewahrungspflicht von Steuerunterlagen 10 Jahre dauere. Nach dieser Zeit würden alle Unterlagen vernichtet und die Steuerverwaltung könne wegen Verjährung den Antrag der Kläger auf Rückerstattung nicht mehr berücksichtigen. Dank einer vorhandenen Statistik könne aber im vorliegenden Fall noch angegeben werden, wie viel Quellensteuer der Kläger damals bezahlt habe. Mit diesen Angaben könne der Kläger beim FA beweisen, dass er für die Streitjahre in der Schweiz besteuert worden sei. Welche Gründe das FA auch haben möge, nach so vielen Jahren eine Steuerforderung zu veranlassen, für die Eidgenössische Steuerverwaltung sei es jedenfalls unmöglich, eine Rückerstattung vorzunehmen.

Mit Verwaltungsakt vom 14. Mai 2003 (Bl. 108 und 109 der Sonderakte) lehnte das FA eine Änderung der Einkommensteueränderungsbescheide vom 15. Januar 1992 für die Streitjahre ab. Die Voraussetzungen für eine Änderung gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung -AO- lägen nicht vor, weil ein nachvollziehbarer Tatsachenzusammenhang im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht ersichtlich sei. Nach Abschluss des Klageverfahrens sei im übrigen eine Änderung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a AO nicht mehr möglich.

Hiergegen legten die Kläger form- und fristgerecht Einspruch ein. Den Klägern könne ein grobes Verschulden an dem nachträglichen Bekanntwerden der Besteuerung durch die Schweizerische Quellensteuer nicht unterstellt werden.

Mit Rechtsbehelfsentscheidung vom 19. Dezember 2003 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Das FA führt u.a. aus: Dem Begehren der Kläger stehe schon entgegen, dass ein Anspruch auf Anrechnung Schweizerischer Quellensteuer nicht bestehe. Die durch die Schweiz erhobene Quellensteuer beruhe offensichtlich auf der Annahme eines Besteuerungsrechts gemäß Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971 für die von der Y-AG bezogenen Lohneinkünfte des Klägers. Ein solches Besteuerungsrecht sei indes nach dem Senatsurteil 3 K 1/02 tatsächlich nicht gegeben, weshalb die Schweizerische Quellensteuer fälschlich erhoben worden sei. Für eine Anrechnung der abkommenswidrig erhobenen Quellensteuer bestehe keine Rechtsgrundlage. Im übrigen komme auch aus verfahrensrechtlichen Gründen eine Änderung der Einkommensteueränderungsbescheide vom 15. Januar 1992 nicht in Betracht. Einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO stehe entgegen, dass die Kläger ein vorzuwerfendes Verschulden am erst nachträglichen Bekanntwerden der neuen Tatsache treffe.

Mit der form- und fristgerecht erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter nach einer Berücksichtigung der in der Schweiz für die Streitjahre gezahlten Quellensteuer. In verfahrensrechtlicher Hinsicht stützen sie ihr diesbezügliches Begehren nach einer Änderung der inzwischen bestandskräftig gewordenen Einkommensteueränderungsbescheide vom 15. Januar 1992 auf die Vorschriften der §§ 173 Abs. 1 Nr. 2 und 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Wegen des weiteren Vortrags der Kläger wird auf die Schriftsätze vom 30. April und 11. Oktober 2004 bzw. vom 15. (Bl. 243-271 der FG-Akten) und 22. (Bl. 286-341 der FG-Akten) und vom 28. Mai 2008 (Bl. 344-365 der FG-Akten) und vom 2. Juni 2008 (Bl. 384- 392 der FG-Akten) Bezug genommen.

Die Kläger beantragten (auf Vorschlag des Senats):

1. den Einkommensteueränderungsbescheid für 1984 vom 15. Januar 1992,

2. den Einkommensteueränderungsbescheid für 1985 vom 15. Januar 1992,

3. den Einkommensteueränderungsbescheid für 1986 vom 15. Januar 1992,

jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 18. August 1995 und des Senatsurteils vom 13. Mai 2002 3 K 1/02 in der Weise zu ändern, dass die Schweizerische Quellensteuer

1. für das Streitjahr 1984 von x.xxx,xx CHF (= x.xxx,xx DM)

2. für das Streitjahr 1985 von x.xxx,xx CHF (= x.xxx,xx DM)

3. für das Streitjahr 1986 von x.xxx,xx CHF (= x.xxx,xx DM) angerechnet wird

und demzufolge die Einkommensteuer

1. für das Streitjahr 1984 auf xx.xxx DM

2. für das Streitjahr 1985 auf xx.xxx DM

3. für das Streitjahr 1986 auf xx.xxx DM

hilfsweise

die Schweizer Quellensteuer als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt wird und demzufolge die Einkommensteuer

1. für 1984 auf xx.xxx DM

2. für 1985 auf xx.xxx DM

3. für 1986 auf xx.xxx DM

festgesetzt wird hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen hilfsweise die Revision zuzulassen.

Zur Begründung verweist es auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und in den Schriftsätzen vom 16. Juni, vom 20. August 2004 und insbesondere vom 5. Mai 2008 (mit Anlagen, Bl. 214-228 der FG-Akten) und vom 29. Mai 2008 (Bl. 377 ff der FG-Akten).

Am 14. März 2008 fand vor dem Berichterstatter des erkennenden Senats ein Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes statt. Die Niederschrift zu diesem Termin wurde den Beteiligten bekannt gegeben.

Anschließend legte das FA dem Finanzgericht -FG- das Schreiben der OFD vom 3. März 2008 vor (Bl. 218-221 der FG-Akten). Hierin wird die Auffassung vertreten, dass nach einem gescheiterten Verständigungsverfahren ungeachtet der eingetretenen Doppelbesteuerung eine Anrechnung der Schweizerischen Steuer auch nicht durch einen Erlass gemäß §§ 163, 227 AO in Betracht komme. Diese Rechtsauffassung wurde nicht in einem ("Y"-)Parallelverfahren zu dem vorliegenden Verfahren geäußert. Es besteht jedoch zwischen den Beteiligten insoweit Einigkeit, dass eine Erlassbegehren keinen Erfolg gehabt hätte.

Des Weiteren wurde dem FG ein Schreiben der OFD vom 11. Juni 2002 vorgelegt (Bl. 222-228), in dem diese sich in einem Parallelverfahren zu dem vorliegenden Verfahren gegen die Einleitung eines Verständigungsverfahrens nach Art. 26 Abs. 1 DBA-Schweiz wendet. Einer Eröffnung eines Verständigungsverfahrens stimme sie deshalb nicht zu, weil der Steuerpflichtige eine Zeit von mehr als vier Jahren zwischen der Bekanntgabe der maßgebenden Besteuerungsmaßnahme und seinem Antrag habe verstreichen lassen und nicht besondere Umstände eine frühere Geltendmachung ausgeschlossen hätten. Dabei ließ die OFD offen, ob die letzten maßgebenden "Bescheide" die Einkommensteuerbescheide vom Dezember 1991 oder das FG-Urteil vom 29. Oktober 1997 waren. Im übrigen sei die absolute Verjährung der schweizerischen Steuer bereits eingetreten, weil der Rückerstattungsanspruch in der Schweiz erst nach Ablauf von fünf Jahren nach Eintritt der Rechtskraft bei der schweizerischen Steuerbehörde gestellt worden sei (Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 13. November 1987 IV C 6 -S 1301 Sch-153/87 Ast-Kartei BW C II DBA Schweiz Artikel 26 Nr. 1). Das damals noch zuständige BMF lehnte in einem dem vorliegenden Fall vergleichbaren Fall den Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahren ab wegen erkennbarer Aussichtslosigkeit (BMF-Schreiben vom 14. November 2002, Bl. 227-228).

Die Berechnung der -entsprechend dem Haupt- und Hilfsantrag sich ergebenden- Einkommensteuer für die Streitjahre (lt. dem Tenor und Klageantrag) beruht auf einem übereinstimmenden Vorschlag der Beteiligten (Hinweis auf den Schriftsatz des FA vom 29. Mai 2008 [Bl. 377 ff der FG-Akten] und die Erklärungen der Kläger in der mündlichen Verhandlung).

Dem Senat lagen folgende Akten vor:

Vom FA:

1 Bd Einkommensteuerakten Bd II Stnr.: xxx/xxx

1 Bd Sonderakte Rb-Verfahren ESt 84-86 (Y-Fall)

1 Bd "Y"-Akten Stnr.: xxx/xxx

1 Bd Sonderakte (Änderung ESt 84-86) Stnr.: xxx/xxx

1 Bd Rechtsbehelfsakten ESt (Änderungsablehnung)

vom Finanzamt l:

1 Bd Handakte Steuerstrafakte

1 Bd Handakte zur Beweismittelakte Steuerstrafakte

vom Amtsgericht H:

1 Bd Strafsache Geschäftsnummer:

vom Finanzgericht (FG):

1 Bd Az.: 11 V 18/95

1 Bd Az.: 3 K 1/02

Entscheidungsgründe:

A. Der Klageantrag lt. Seite 8 des Tatbestandes, der auf Vorschlag des Senats von den Klägern in der mündlichen Verhandlung gestellt wurde, lässt außer Acht, dass es sich im vorliegenden Verfahren um eine Verpflichtungsklage im engeren Sinne (Weigerungs- oder Vornahmeklage -Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 6. Aufl., 2006, § 40 Rn. 21) handelt. Das FA hat mit dem Verwaltungsakt vom 14. Mai 2003 den Erlass von Einkommensteueränderungsbescheiden (unter Berücksichtigung der vom Kläger gezahlten Schweizerischen Quellensteuer) abgelehnt (und damit den entsprechenden Antrag der Kläger vom 10. September 2002). Die hiergegen gerichtete (Verpflichtungs-) Klage beinhaltet notwendigerweise ein Anfechtungsbegehren, gerichtet auf die Beseitigung der entgegenstehenden Verwaltungsentscheidung (hier: des Verwaltungsaktes vom 14. Mai 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Dezember 2003). Deren Aufhebung muss im Falle des Erfolgs neben der Verpflichtung zum Erlass des begehrten Verwaltungsaktes (§ 101 Satz 1 FGO; hier: der Änderung der bereits bestandskräftig gewordenen Einkommensteueränderungsbescheide vom 15. Januar 1992 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 18. August 1995 und des Senatsurteils vom 13. Mai 2002 3 K 1/02 und des BFH-Beschlusses vom 9. Dezember 2002 I B 111/02) von Amts wegen ausgesprochen werden (BFH-Urteil vom 12. März 1970 IV 7/65, BStBl II 1970, 625; Lange in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, FGO § 101 Rz. 11 bzw. Rz. 33-35). Das FG kann im Falle des Erfolgs einer Weigerungsklage die Steuerfestsetzung nicht selbst durchführen (BFH-Urteil vom 11. Juli 1996 V R 18/95, BStBl II 1997, 259), sondern nur eine Verpflichtung zum Erlass der begehrten Steuerfestsetzung durch die Finanzbehörde aussprechen (BFH-Urteile in BStBl II 1970, 625; Lange in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., FGO § 101 Rz. 39 und 40). Demzufolge war der Klageantrag in der Weise zu ändern, dass das FA verpflichtet werden soll, den Verwaltungsakt vom 14. Mai 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Dezember 2003 aufzuheben und im übrigen Einkommensteueränderungsbescheide für die Streitjahre zu erlassen mit den im Hauptantrag und ggf. im Hilfsantrag genannten Einkommensteuerschulden. Diese Richtigstellung des Klageantrags durch den erkennenden Senat reicht aus. Hierdurch wird kein neuer Streitpunkt in das Verfahren eingeführt. Deshalb bedarf es keiner Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, nur um den Klägern die Gelegenheit zu geben, den in der mündlichen Verhandlung formulierten Klageantrag unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich hier um eine Verpflichtungsklage im engeren Sinne handelt, in der oben dargelegten Weise richtig zu stellen (Hinweis in diesem Zusammenhang auf den BFH-Beschluss vom 29. August 2003 II B 70/03, BStBl II 2003, 944).

B. Die Klage ist teilweise begründet. Der Hauptantrag war abzulehnen (siehe nachfolgend zu I.), dem Hilfsantrag war jedoch zu entsprechen (siehe nachfolgend zu II.).

I. Eine Anrechnung der durch den Kläger gezahlten Schweizerischen Quellensteuer, die rechnerisch auf dessen Tätigkeit für die Y-AG in der Schweiz entfällt, auf die (tarifliche) Einkommensteuer (Hinweis auf § 3 Abs. 6 der in den Streitjahren geltenden Fassung des Einkommensteuergesetzes -EStG-) ist weder nach § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG (siehe nachfolgend zu 1.) noch nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz 1971 (siehe nachfolgend zu 2.) zulässig.

1. Nach § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG ist bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, die festgesetzte und keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende ausländische Steuer auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen.

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im Streitfall nicht in dem erforderlichen Umfang erfüllt. Zwar war der Kläger in den Streitjahren in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Satz 1 EStG), und zwar mit seinen (Welt-)Einkünften (BFH-Urteil vom 15. März 2002 I R 15/01, BFH/NV 2002, 1411, II. B. 4.; Heuermann in: Die steuerliche Betriebsprüfung -StBP-2005, 303). Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die rechnerisch auf seine Tätigkeit in der Schweiz entfielen, unterlagen dem Quellensteuerabzug in der Schweiz. Die dort von seinem Lohn durch seinen Arbeitgeber, die Y-AG, einbehaltene und abgeführte Quellensteuer (vgl. in diesem Zusammenhang: BFH-Urteil vom 5. Februar 1992 I R 9/90, BStBl II 1992, 607) ist nach den zweifelsfreien Angaben der Eidgenössischen Steuerverwaltung (Hinweis auf das Schreiben des Finanzdepartementes des Kantons Basel-Stadt vom 27. Dezember 2002) eine der deutschen Einkommensteuer entsprechende Steuer (BFH-Urteil in BStBl II 1992, 607), die keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegt (Hinweis auf: BFH-Urteil vom 1. April 2003 I R 39/02, BStBl II 2003, 869 zu II.1.; Urteile des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 28. Juli 1993 IX 756/88, rechtskräftig, EFG 1994, 106; des Finanzgerichts München vom 22. Juni 2006 15 K 857/03, rechtskräftig, EFG 2006, 1910; vgl. im übrigen die für die Streitjahre nicht zur Anwendung kommende Fassung des § 34c Abs.1 Satz 1 EStG in der Gestalt des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006, BGBl. 2006, 2878, BStBl I 2007, 40; Gosch in: Kirchhof [Hrsg.] EStG KompaktKommentar, Einkommensteuergesetz, 8. Aufl., 2008 - im folgenden Kirchhof/Autor- § 34c Rn. 30, mit umfangreichen Nachweisen), weil eine Rückerstattung wegen Verjährung nicht mehr erfolgen kann. Die Voraussetzungen für eine Anrechnung der Schweizerischen Quellensteuer nach § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG liegen im Streitfall aber nicht vor, weil diese Steuer rechnerisch auf den Teil der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit für die YAG entfällt, die der Tätigkeit des Klägers in der Schweiz zuzuordnen ist (nach dem maßgeblichen deutschen Rechtsverständnis: Hinweis auf die BFH-Urteile in BStBl II 2003, 869 zu II.1.; vom 24. März 1998 I R 38/97, BStBl II 1998, 471, Erlass des Ministeriums der Finanzen des Landes Nordrhein- Westfalen vom 7. September 1970, Betriebs-Berater -BB- 1970, 1203).

a) Eine Anrechnung der Schweizerischen Quellensteuer auf diese Einkünfte des Klägers erlaubt § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG nicht, weil nach dieser Vorschrift nur solche (ausländischen) Steuern angerechnet werden können, die in einem Staat erhoben werden, aus dem die (ausländischen) Einkünfte stammen. Im Streitfall stammt (auch) der hier in Rede stehende Teil der Einkünfte des Klägers nicht aus der Schweiz (an die die Quellensteuer von der Y-AG abgeführt wurde), obwohl die Arbeitgeberin des Klägers (die YAG), die auch dessen Arbeitslohn gezahlt hat (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 22. Februar 2006 I R 14/05, BStBl II 2006, 743 zu II. 4. b cc), dort ihren Sitz und der Kläger insoweit seine Tätigkeit in der Schweiz (physisch) ausgeübt hat (BFH-Urteil in BStBl II 2003, 869 zu II.1.; BFH-Beschluss vom 19. April 1999 I B 141/98, BFH/NV 1999, 1317 zu II.1.). Denn (ausländische) Einkünfte (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 1411 zu II. B. 4.) stammen nur dann aus dem ausländischen Staat, der die Steuer erhoben hat (hier: der Schweiz), wenn sie entweder in dem Doppelbesteuerungsabkommen mit diesem Staat als solche definiert sind oder wenn dem ausländischen Staat für diese Einkünfte ein Quellenbesteuerungsrecht zusteht (Wied in: Blümich, Kommentar zu EStG, KStG, GewStG und Nebengesetzen, § 34c EStG Rn. 28 und 134, mit weiteren Nachweisen; offen gelassen in den BFH-Urteilen in BFH/NV 2002, 1411 zu II. B. 4.; in BStBl II 1998, 471; vom 20. Dezember 1995 I R 57/94, BStBl II 1996, 261).

b) Beides ist im Streitfall nicht gegeben. Aufgrund der Rechtskraftwirkung (§ 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-) des bezüglich der Streitjahre ergangenen Senatsurteils 3 K 1/02 steht für die Beteiligten bindend fest, dass die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in den Streitjahren nach Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971, auch soweit die Arbeit vom Kläger im "Tätigkeitsstaat" bzw. "Arbeitsortstaat" (der Schweiz) ausgeübt wurde, der Besteuerung in der Bundesrepublik Deutschland (dem Ansässigkeitsstaat) unterlagen, weil der Kläger als "Grenzgänger" zu beurteilen war. Nach Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971 sind die Einkünfte eines Grenzgängers aus unselbständigen Arbeit nur in dem Staat zu besteuern, in dem er ansässig ist. Damit sind die Einkünfte, auch soweit sie -wie im Streitfall- auf der Arbeit eines Grenzgängers im Tätigkeitsstaat (hier: der Schweiz) beruhen, nicht als "ausländische Einkünfte" definiert worden. Etwas anderes ergibt sich nur für solche Arbeitnehmer, die in der Bundesrepublik Deutschland ansässig sind, aber die nicht den Status eines Grenzgängers (oder eines leitenden Angestellten im Sinne von Art. 15 Abs. 5 DBA-Schweiz 1971) haben und in der Schweiz arbeiten. Halten diese Arbeitnehmer sich zur Arbeitsausübung (physisch) in der Schweiz auf, handelt es sich insoweit um ausländische Einkünfte, die grundsätzlich der Eidgenössischen Besteuerung unterliegen (§ 34d Nr. 5 EStG in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971 und vorbehaltlich des Art. 15 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971).

Schließlich ist dem Tätigkeitsstaat (der Schweiz) gerade nicht ein Besteuerungsrecht für die Einkünfte eines in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Grenzgängers (wie im Fall des Klägers) zuerkannt worden, sondern die gesamten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind gemäß Art. 15 Abs. 4 DBASchweiz 1971 der inländischen, deutschen Besteuerung zu unterwerfen (anderer Auffassung [wohl] zur Frage, aus welchem Staat die Einkünfte stammen: Urteil des FG München vom 22. April 2008 1 K 5245/04, rechtskräftig, zu II. 1. b und d, [...], EFG 2008, 1629; Wassermeyer in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, Kommentar, § 34c EStG Rn. 146 und 150).

2. Eine Anrechnung der (Quellen-)Steuer, die der Schweiz wegen der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zugeflossen ist, die dieser durch seine Tätigkeit in der Schweiz erzielt hat, ist auch nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz 1971 nicht zulässig.

Nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz 1971 kann nur eine solche Steuer angerechnet werden, die in Übereinstimmung mit dem Abkommen erhoben wurde (BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 1317, zu II. 1. b; BFH-Urteil vom 15. März 1995 I R 98/94, BStBl II BStBl II 1995, 580 zu II. 3). Soweit im Streitfall an die Eidgenössische Steuerverwaltung durch die Arbeitgeberin des Klägers Quellensteuer abgeführt wurde (Hinweis in diesem Zusammenhang: BFH-Beschluss vom 26. August 1993 I B 87/93, BFH/NV 1994, 175; BFH-Urteil in BStBl II 1992, 607) für dessen Tätigkeit in der Schweiz, demzufolge für einen in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Grenzgänger, ist dies nicht in Übereinstimmung mit dem DBASchweiz geschehen, weil die hieraus erzielten Einkünfte -wie der erkennende Senat in seinem Urteil 3 K 1/02 für die Beteiligten bindend festgestellt hat- nur der Besteuerung in der Bundesrepublik Deutschland unterliegen und demzufolge nicht in der Schweiz besteuert werden dürfen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Schweizerische Quellensteuer -wie im Streitfall- in der Weise erhoben wurde, dass der Arbeitgeber sie vom Lohn einbehalten hat (ohne dass eine Steuerfestsetzung durch die Eidgenössische Steuerverwaltung erfolgte) oder ob sie aufgrund einer Quellensteuerfestsetzung geschuldet und auch gezahlt wurde. Entscheidend ist allein, dass nach dem (maßgeblichen) deutschen Rechtsverständnis (auch unter Berücksichtigung der Rechtskraftwirkung des Senatsurteils 3 K 1/02) die Schweiz kein Besteuerungsrecht hatte für den hier in Rede stehenden Teil der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit.

II. Entsprechend dem Hilfsantrag hat die Klage Erfolg. In materiellrechtlicher Hinsicht ist die vom Kläger getragene Schweizerische Quellensteuer nach § 34c Abs. 3 2. Alternative EStG (im Ergebnis) wie Werbungskosten (Probst in: Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 34c EStG Rn. 111 [Lfg. 193]; Wassermeyer in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, a.a.O., § 34c EStG Rn. 321) bei den von der Y-AG bezogenen Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit abzuziehen (siehe nachfolgend zu 1.). In verfahrensrechtlicher Hinsicht sind die rechtskräftig gewordenen Einkommensteueränderungsbescheide vom 15. Januar 1992 auf der Grundlage des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern (siehe nachfolgend zu 2.).

1. Nach § 34c Abs. 3 EStG ist bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, bei denen eine ausländische Steuer vom Einkommen nach (§ 34c) Abs. 1 (EStG- wie im Streitfall) nicht angerechnet werden, weil die Steuer nicht der deutschen Einkommensteuer entspricht (1. Alternative) oder nicht in dem Staat erhoben wird, aus dem die Einkünfte stammen (2. Alternative) oder weil keine ausländischen Einkünfte vorliegen (3. Alternative), die festgesetzte und gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende ausländische Steuer bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte (= Einkommensermittlung -vgl. hierzu: BFH-Urteil in BStBl II 1998, 471 zu II. 1.-) abzuziehen, soweit sie auf Einkünfte entfällt, die der deutschen Einkommensteuer unterliegen.

a) Die Voraussetzungen der 2. Alternative des § 34c Abs. 3 EStG sind im Streitfall erfüllt (vgl. allgemein zum Verhältnis der 2. Alternative zur 3. Alternative des § 34c Abs. 3 EStG: Wassermeyer in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, a.a.O., § 34c EStG Rn. 315). Der Kläger war in den Streitjahren unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (und zwar in Bezug auf seine [Welt-]Einkünfte: Heuermann, StBP 2005, 303 -§ 1 Abs. 1 Satz 1 EStG-). Die ihm zugeflossenen Einkünfte (aus nichtselbständiger Arbeit) unterlagen (teilweise) der Besteuerung in der Schweiz in Gestalt einer von der Arbeitgeberin des Klägers einbehaltenen und an die Eidgenössische Steuerverwaltung abgeführten Quellensteuer im Sinne von Lohnsteuer (vgl. Wassermeyer in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, a.a.O., § 34c EStG Rn. 155). Die gezahlte Steuer ist demzufolge -insoweit auch unstreitig zwischen den Beteiligten- eine solche vom Einkommen, die keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegt (Hinweis auf die Verfügung der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 27. Dezember 2002). Die besteuerten Einkünfte stammen nach dem maßgeblichen deutschen Rechtsverständnis (auch) nicht (teilweise) aus der Schweiz (zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Erwägungen zu I. 1. a und b verwiesen).

b) Der Anwendung des § 34c Abs. 3 EStG im Streitfall steht nicht die Vorschrift des § 34c Abs. 6 Satz 1 EStG entgegen. Nach § 34c Abs. 6 Satz 1 EStG ist § 34c Abs. 3 (Alternative 2) EStG nicht anzuwenden, wenn die Einkünfte aus einem ausländischen Staat stammen, mit dem ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) besteht. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im Streitfall jedoch nicht erfüllt. Zwar bestand in den Streitjahren zur Schweiz das sog. DBA-Schweiz 1971/1978. Die Einkünfte des Klägers stammten jedoch nicht aus der Schweiz. Die Vorschrift des § 34c Abs. 6 Satz 1 EStG sieht (u.a.) die Nichtanwendung des § 34c Abs. 3 (Alternative 2) EStG nur für den Fall vor, dass die ausländische Steuer (nach deutschem Rechtsverständnis) auf Einkünfte erhoben wird, die -anders als im Streitfall- aus dem entsprechenden Vertragsstaat stammen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Erwägungen zu I. 1.a und b. (Hinweis im übrigen auf die BFH-Urteile in BStBl II 2003, 869 zu II. 2.; in BStBl II 1998, 471 zu II. 2.).

c) Entfällt die ausländische Steuer -wie im Streitfall- nicht auf Einkünfte, die aus dem ausländischen Staat stammen, ist sie (unter weiteren hier nicht streitigen Voraussetzungen) bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abzuziehen. Der Wortlaut der Vorschrift lässt auch keine Differenzierung hinsichtlich der Abziehbarkeit von ausländischer Quellensteuer dahingehend zu, ob der Kläger die Doppelbesteuerung zu vertreten hat bzw. ob sie auf einer unrichtigen Anwendung des DBA-Schweiz beruht (BFH-Urteil in BStBl II 1998, 471 zu II. 3).

d) Der erkennende Senat legt die Vorschrift des § 34c Abs. 3 EStG damit im Sinne einer Auffangvorschrift aus (Kirchhof/Gosch, a.a.O., § 34c Rn. 45; Wassermeyer in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, a.a.O., § 34c EStG Rn. 307), die den Abzug einer ausländischen Steuer erlaubt, die von der Anrechnung nach § 34c Abs. 1 EStG ausgeschlossen ist, sofern sie von steuerpflichtigen Einkünften eines Steuerpflichtigen erhoben wird, die -wie im Streitfall- nicht aus dem Ausland stammen bzw. nicht aus dem ausländischen Staat stammen, der die Steuer auf sie erhoben hat (Krabbe in: BB 1980, 1146, zu 8. a.E.; Manke, Deutsche Steuerzeitung -DStZ- 1980, 323 zu B. 3. a.E.). Den hierdurch eintretenden begrenzten einseitigen Steuerverzicht der Bundesrepublik Deutschland (Wassermeyer in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, a.a.O., § 34c EStG Rn. 316) hält der Senat für gerechtfertigt, wenn -wie im vorliegenden Fall- ein in der Bundesrepublik Deutschland ansässiger Grenzgänger mit seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der deutschen Besteuerung unterliegt, gleichzeitig die Schweiz aber auf diese Einkünfte (nach deutschem Rechtsverständnis) zu Unrecht Quellensteuer erhoben hat. Durch den Abzug der ausländischen Steuer bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird die Doppelbesteuerung/Doppelbelastung nicht insgesamt, aber wenigstens teilweise gemindert. Der einseitige Steuerverzicht ist deshalb gerechtfertigt, weil die Schweiz (als Einpendlerland) nach der vor dem 1. Januar 1994 wirksamen Grenzgängerregelung in Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971 bei der Besteuerung "zweimal verloren" hat. Zum einen bei der Besteuerung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von im Inland ansässigen Grenzgängern, die ausschließlich in der Bundesrepublik Deutschland erfolgte (vgl. nunmehr: Art. 15a Abs. 1 Sätze 2 und 3 [DBA-Schweiz 1971 in der Fassung des Protokolls vom 17. Oktober 1989 [BGBl. II 1993, 1886, BStBl I 1993, 927] DBA-Schweiz 1971/1989 mit dem Recht des Arbeitsortsstaates, von der Arbeitsvergütung 4,5 Prozent Abzugssteuer einzubehalten) und zum anderen bei der Besteuerung der in der Schweiz ansässigen Arbeitgeber, die den Lohn für die (deutschen) Grenzgänger als Betriebsausgaben zum Abzug brachten, wodurch sich deren steuerbarer Gewinn minderte und damit die an die Eidgenössische Steuerverwaltung abzuführenden (betrieblichen) Steuern (Kolb in: Gocke Gosch Lang, Körperschaftsteuer Internationales Steuerrecht Doppelbesteuerung, Festschrift für Wassermeyer, München 2005, S. 757 [S. 764] zu II. 2. b.; Züger in: Gassner/Lang/Lechner/Schuch/Staringer [Hrsg.], Arbeitnehmer im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, Wien, 2003, S. 177 [S. 188 und 189 zu II. 4.]; Prokisch, Recht der internationalen Wirtschaft -RIW- 1990, 396, zu VI. 2. bb Abs. 1; vgl. im übrigen zu den Folgen dieser Rechtsauffassung: Wassermeyer, Internationales Steuerrecht -IStR- 1998, 476 zu 3.).

e) Im Streitfall ist die Doppelbelastung/Doppelbesteuerung des Klägers hinsichtlich des Teils der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, der rechnerisch auf seine Tätigkeit in der Schweiz entfällt, auch endgültig eingetreten. Zwar hat der Kläger nicht (rechtzeitig) die Einleitung eines Verständigungsverfahrens beantragt zur Beseitigung der Doppelbesteuerung (BMF-Schreiben vom 1. April 1993 IV C 5 S 1300 - 158/92, BStBl I 1993 , 332 Tz. 2.2.2 [Abs. 2] in Verbindung mit BMF-Schreiben vom 13. November 1987 IV C 6 - S 1301 Schz-153/87, [...]; s. auch das Schreiben der OFD vom 11. Juni 2006 S 1304 B - St 334/CH-E 112 zu II. 1. in Verbindung mit dem BMF-Schreiben vom 1. Juli 1997 IV C 5 - S 1300 - 189/96, BStBl I 1997, 717 , zu 2.2.1). Des Weiteren hat er beim FA auch keinen Antrag gestellt, die in der Schweiz gezahlte Quellensteuer im Wege eines Erlasses zu berücksichtigen (§§ 163, 227 AO; BMF-Schreiben in BStBl I 1993, 332 Tz. 8). Die Doppelbesteuerung wäre jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht durch diesbezügliche Verfahren rückgängig gemacht worden (Hinweis auf die Urteile des FG München vom 23. Juli 2003 1 K 1231/00, IStR 2004, 168 und die Folgeentscheidung vom 22. April 2008 1 K 5245/04, [...]). Die Verfahren wären erfolglos geblieben (und dies nicht allein deshalb, weil z.B. der Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens rechtzeitig hätte gestellt werden müssen [Mitteilung der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 16. November 1983 in: Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb, Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz-Deutschland , B 26.1 Nrn. 9-19). In dieser Beurteilung ist sich der erkennende Senat mit den Beteiligten einig (wegen der Annahme der Finanzverwaltung, der Kläger habe sich missbräuchlich verhalten: Hinweis insbesondere auf das Schreiben der OFD Freiburg vom 18. Mai 2000 S 1304 B - St 342/CH-E 2542 [Bl. 276-280 der FG-Akten], was jedoch einer Anrechnung bzw. einem Abzug der Schweizerischen Quellensteuer für die Streitjahre nicht entgegensteht: s. BFH-Urteil in BStBl II 2003, 869 zu II. 3. b dd unter Berücksichtigung der Einfügung des § 34c Abs. 6 Satz 4 EStG durch das Steuerbereinigungsgesetz vom 22. Dezember 1999, BGBl. I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13; Hinweis im übrigen auf den Schriftsatz des FA vom 5. Mai 2008, zu 2. und 3., Bl. 214 ff der FG-Akten).

2. Die rechtskräftig gewordenen Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre (Hinweis auf die Einkommensteueränderungsbescheide vom 15. Januar 1992 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 18. August 1995) sind infolge des Erlasses der Verfügung der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 27. Dezember 2002, mit der eine Erstattung der ausländischen (Schweizerischen) Quellensteuer, die rechnerisch auf die Tätigkeit des Klägers in der Schweiz entfällt, abgelehnt wurde, gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern.

a) Gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist ein Steuerbescheid zu ändern, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).

Nach der in den Streitjahren wirksamen und mit Wirkung zum 1. Januar 1996 [gemäß Art. 10 Nr. 12 des Jahressteuergesetzes vom 11. Oktober 1995 -JStG 1996- BGBl. I 1995, 1250, weil der Vorschrift nur noch deklaratorische Bedeutung zukam -BT-Drucksache 13/901 S. 142 zu Nummer 7 (§ 68c EStDV)-] außer Kraft getretenen Vorschrift des § 68c Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV a.F.) ist der für einen Veranlagungszeitraum erteilte Steuerbescheid zu ändern (Berichtigungsveranlagung), wenn eine ausländische Steuer, die auf die in diesem Veranlagungszeitraum bezogenen Einkünfte entfällt, nach Erteilung dieses Steuerbescheids erstmalig festgesetzt, nachträglich erhöht oder erstattet wird und sich dadurch eine höhere oder niedrigere Veranlagung rechtfertigt. Wird eine ausländische Steuer, die nach § 34c des Einkommensteuergesetzes für einen Veranlagungszeitraum auf die Einkommensteuer anzurechnen oder bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abzuziehen ist, nach Abgabe der Steuererklärung für diesen Veranlagungszeitraum erstattet, so hat der Steuerpflichtige dies dem zuständigen Finanzamt unverzüglich mitzuteilen (§ 68c EStDV a.F.).

aa) Aus dem Bedeutungszusammenhang, in dem die Norm (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO; vgl. zum Verhältnis dieser Vorschrift zum aufgehobenen § 68c EStDV a.F.: Urteil des FG Düsseldorf vom 21. August 1998 4 K 5740/94 Erb, rechtskräftig, EFG 1998, 1605; Blümich/Wied, a.a.O., § 34c EStG Rn. 148) steht, ergibt sich, dass der Begriff "Ereignis" alle rechtlich bedeutsamen Vorgänge umfasst. Dazu rechnen nicht nur solche mit ausschließlich rechtlichem Bezug, sondern auch tatsächliche Lebensvorgänge. Das Ereignis muss ferner stattfinden, nachdem der Steueranspruch entstanden ist und für die Fälle der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids, nachdem dieser Steuerbescheid ergangen ist. Die nach dem Steuertatbestand rechtserhebliche Sachverhaltsänderung muss sich darüber hinaus steuerlich in die Vergangenheit auswirken, und zwar in der Weise, dass nunmehr der veränderte an Stelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Ob einer nachträglichen Änderung des Sachverhalts rückwirkende steuerliche Bedeutung zukommt, d.h. ob eine Änderung dazu führt, dass bereits eingetretene steuerliche Rechtsfolgen mit Wirkung für die Vergangenheit sich ändern oder vollständig entfallen, bestimmt sich allein nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BStBl II 1993, 897).

bb) Je nach Ausgestaltung des materiellen Besteuerungstatbestandes kann auch die Vorlage einer Bescheinigung ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sein (BFH-Urteile vom 24. Januar 2008 V R 3/05, BFH/NV 2008, 1078, zu II. 3.; 6. März 2003 XI R 13/02, BStBl II 2003, 554; vom 18. April 2000 VIII R 75/98, BStBl II 2000, 423), wenn sie sich steuerlich z.B. bezüglich bestimmter Steuervergünstigungen (Steuerermäßigungen -Hinweis auf die Überschrift zu § 34c EStG: "V. Steuerermäßigungen 1. Steuermäßigung bei ausländischen Einkünften"-) auswirkt (BFH-Urteil vom 21. April 1988 IV R 215/85, BStBl II 1988, 863).

b) Die Erteilung der Bescheinigung (im Sinne einer Verfügung) vom 27. Dezember 2002 durch die Eidgenössische Steuerverwaltung mit der Ablehnung der Erstattung der in der Schweiz gezahlten Quellensteuer ist ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, denn das Vorliegen dieser "Bestätigung" ist im Streitfall materiell-rechtliche Voraussetzung für die Abziehbarkeit der ausländischen Steuer nach § 34c Abs. 3 (2. Alternative) EStG (Urteil des FG München vom 22. Juni 2006 15 K 857/03, EFG 2006, 1910).

Nach § 34c Abs. 3 EStG ist die festgesetzte und gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende ausländische Steuer bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abzuziehen. Da die Vorschrift des § 34c Abs. 3 EStG zum Abschnitt "Steuerermäßigungen" gehört, ist die Zahlung (und ggf. auch Festsetzung -vgl. BFH-Beschluss in BStBl II 1992, 607, in BFH/NV 1994, 175) der Steuer und der Umstand, dass die gezahlte Steuer keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegt, Bestandteil der Steuerfestsetzung (BFH-Urteil vom 19. März 1996 VIII R 15/94, BStBl II 312, zu II. 4.). Demzufolge verändert die (erstmalige) Festsetzung und/oder die Zahlung einer ausländischen Steuer wie auch jede Änderung und ebenso die Feststellung, dass eine Erstattung nicht erfolgt (weil die ausländische Steuer keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegt), den im ursprünglichen Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 36 Abs. 1 EStG in Verbindung mit § 38 AO) verwirklichten Sachverhalt zur Anrechenbarkeit/Abzug der ausländischen Steuer (Jülicher in: Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge -ZEV- 1999, 80; anderer Auffassung: Urteil des FG Nürnberg vom 12. September 2007 V 248/05, [...]; offen gelassen: Urteil des FG München vom 22. April 2008 1 K 5245/04, rechtskräftig, zu II. 2. c, [...], EFG 2008, 1629; einen anderen Sachverhalt betreffend: BFH-Urteil vom 11. Juni 1996 I R 8/96, BStBl II 1997, 117 zu II. 2.).

Nach diesen Grundsätzen sind die rechtskräftig gewordenen Einkommensteueränderungsbescheide vom 15. Januar 1992 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 18. August 1995 zu ändern, weil durch die Verfügung der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 27. Dezember 2002 mit Wirkung auf den Zeitpunkt der Entstehung der Einkommensteuer in den jeweiligen Streitjahren (s. § 36 Abs. 1 EStG) nunmehr (endgültig) feststeht, dass die in der Schweiz vom Kläger gezahlte Quellensteuer keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegt, nachdem die Eidgenössische Steuerverwaltung eine Erstattung der Quellensteuer (auf den hier in Rede stehenden Teil der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit) abgelehnt hat. Der Senat beurteilt auch deshalb die zuvor erwähnte Verfügung der Eidgenössischen Steuerverwaltung als sachliche Voraussetzung für den Abzug der schweizerischen Steuer, weil er die Erfahrung gewonnen hat, dass deutsche Finanzrichter, Finanzbeamte und Steuerberater häufig die nach ausländischem (hier: schweizerischem) Recht sich ergebenden Ermäßigungsansprüche nicht beurteilen können (so zu Recht: Wassermeyer in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, a.a.O., § 34c EStG Rn. 163), sondern allenfalls in einer Art typisierender Betrachtungsweise (vgl. hierzu: Lange in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 96 FGO Rn. 124-126) die Rechtsfragen "geklärt" werden (so zu Recht: Wassermeyer in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, a.a.O., § 34c EStG Rn. 164). Bisweilen ist es erstaunlich "was so alles geht" bzw. "was auf einmal nicht geht". In Anbetracht dieser Umstände misst der Senat den Entscheidungen der ausländischen Steuerbehörden, die allein über die erforderliche Kompetenz zur Entscheidung über die Existenz von Ermäßigungsansprüchen verfügen, eine besondere Bedeutung zu (in dem Sinne, dass deren Entscheidungen eine notwendige, sachliche Voraussetzung für den Abzug der ausländischen Steuer ist: Urteil des FG München vom 22. Juni 2006 15 K 857/03, EFG 2006, 1910).

Der Senat kann offen lassen, ob die Entscheidung der ausländischen Steuerbehörde zur Existenz von Ermäßigungsansprüchen keine sachliche Voraussetzung für die Anrechnung/den Abzug ausländischer Steuer in dem Fall ist, wenn ein Antrag auf Rückerstattung bei der ausländischen Behörde nicht ernstlich gemeint ist und demzufolge ggf. als rechtsmissbräuchlich angesehen werden könnte. Hiervon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden.

Der Kläger hat sein Begehren auf Rückerstattung gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung ernsthaft betrieben, zumal ihm von vornherein klar sein musste, dass im Falle der Ablehnung der Erstattung seines Antrags, eine Berücksichtigung der in der Schweiz gezahlten Steuer bei den Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre durchaus abgelehnt werden könnte (bzw. dürfte). Im Übrigen verweist der erkennende Senat auf Folgendes:

Zwar verjähren nach Schweizerischem Recht öffentlich-rechtliche Ansprüche (u.a. auch Steueransprüche) innerhalb von fünf, bzw. ab dem 1. Januar 1995 innerhalb von 10 Jahren (Mitteilung der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 5. August 1996, abgedruckt in: Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb a.a.O. , B 26.1 Nr. 19 unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichts vom 19. Mai 1972 ; BGE 98 lb , 351 zu F. 2.). Entscheidend für die Fristberechnung ist der Zeitpunkt, in dem die Veranlagung in Rechtskraft erwächst (Mitteilung der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 13. November 1983, abgedruckt in: Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb, a.a.O. , B 26.1 Nr. 16). Im Streitfall wird jedoch auch aus dem Schreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 27. Dezember 2002, mit dem der Antrag des Klägers vom 23. August 2002 auf Erstattung der Schweizerischen Quellensteuer abgelehnt wurde, nicht ersichtlich, wie die Frist (und wie deren Dauer) berechnet wurde. Dabei ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass im Streitfall wohl keine (Quellen-)Steuer durch die Schweizerischen Steuerbehörden festgesetzt wurde. Die Erstattung wird nur deshalb abgelehnt, weil die Aufbewahrungspflicht der Steuerunterlagen lediglich 10 Jahre dauere, nach dieser Frist alle Unterlagen vernichtet würden und die Steuerverwaltung wegen Verjährung den Antrag auf Rückerstattung nicht mehr berücksichtigen könne. Aus diesen Formulierungen, mit denen die Eidgenössische Steuerverwaltung die Rückerstattung der gezahlten Quellensteuer abgelehnt hat, wird jedenfalls deutlich, dass das Begehren des Klägers nicht nur zum Schein geltend gemacht worden ist.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 und 711 der Zivilprozessordnung.

IV. Die Revision war zuzulassen. Der Frage, ob im Streitfall in materiellrechtlicher Hinsicht ein Abzug der in der Schweiz gezahlten Quellensteuer nach § 34c Abs. 3 (2. Alternative) EStG möglich ist (Hinweis auf das Urteil des FG München in EFG 2006, 1629) bzw. ob in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Verfügung vom 27. Dezember 2002 der Eidgenössischen Steuerverwaltung als ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu beurteilen ist (Hinweis auf das Urteil des FG Nürnberg vom 12. September 2007 V 248/2005, V 248/05, [...]), kommt grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Die sich im vorliegenden Fall stellenden Rechtsfragen waren zum Teil noch nicht Gegenstand von BFH-Entscheidungen und zum Teil werden diese Rechtsfragen von Finanzgerichten unterschiedlich beantwortet.

Ende der Entscheidung

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