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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 12.12.2006
Aktenzeichen: 4 K 73/04
Rechtsgebiete: StBerG


Vorschriften:

StBerG § 35 Abs. 4
StBerG § 36
StBerG § 37a Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg

4 K 73/04

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger (Kl) zur Eignungsprüfung nach § 37a Abs.2 Steuerberatungsgesetz (StBerG) zuzulassen ist.

Der Kl, der nach seiner Ausbildung zum Diplom-Betriebswirt (FH) ab 1984 hauptberuflich auf dem Gebiet des Steuerwesens tätig war, nahm dreimal erfolglos an der Steuerberaterprüfung in Deutschland teil. In Belgien wurde ihm aufgrund seiner in Deutschland erworbenen Qualifikationen und nach Ableistung von Praktika und Bestehen einer Prüfung am 05. Juli 2001 durch die zuständige Behörde (dem Amtsrat des Institut des Experts-Comptables et des Conseils Fiscaux nach dem Gesetz über die Berufe im Buchführungs- und Steuerwesen vom 22. April 1999 - Belgisches Staatsblad vom 06. Juli 2002 -) der Titel eines Conseil Fiscal verliehen. Dieser entspricht dem des deutschen Steuerberaters. In Belgien hat der Kl weder ein Universitätsstudium noch ein vergleichbares Studium absolviert. Am 22. April 2003 beantragte er beim Beklagten (Bekl) die Zulassung zur Eignungsprüfung 2003 und trug u.a. vor, er sei seit Januar 1984 bis heute bei einem Steuerberater im rund 250 km von seinem Wohnsitz entfernten -A- tätig und zwar regelmäßig von Montag bis Donnerstag, insgesamt ca. 40 Stunden wöchentlich. Darüber hinaus übe er seit Oktober 1993 bis heute eine selbständige Tätigkeit in -X- (Belgien) bzw. im rund 40 km von seinem Wohnsitz entfernten -Y- (Belgien) in Bürogemeinschaft mit einer großen Steuerberatungsgesellschaft aus und zwar von Freitag bis Sonntag, jedoch auch im Rahmen von sonstiger Freizeit (Feiertage) und anteilig im Urlaub. Er könne daher in Belgien dieselbe Zeit steuerberatend verbringen wie im Inland, zumal der unmittelbare Mandantenverkehr an den sonstigen Werktagen auch durch dort ansässige Kollegen absolviert werden könne.

Der Bekl lehnte den Antrag des Kl mit Entscheidung vom 22. Juli 2003 ab, weil der Kl bereits dreimal erfolglos an der Steuerberaterprüfung teilgenommen und er damit - da § 35 StBerG als Generalklausel den §§ 37 und § 37a StBerG vorgehe - die nach § 35 Abs.4 StBerG vorgesehenen Wiederholungsmöglichkeiten ausgeschöpft habe. Eine Entscheidung über den weiteren Antrag auf Entfallen sämtlicher Prüfungsgebiete des § 37 Abs.3 StBerG erübrige sich daher.

Mit der hiergegen gerichteten zulässigen Klage wird Folgendes vorgetragen:

Die Eignungsprüfung und die Steuerberaterprüfung seien zwei verschiedene Prüfungen. Die erfolgreich abgelegte Eignungsprüfung gebe lediglich dieselben Rechte wie die erfolgreich abgelegte Steuerberaterprüfung. Die Eignungsprüfung sei daher keine besondere (vereinfachte) Form der Steuerberaterprüfung, so dass die erfolglose Teilnahme an dieser unschädlich und kein Hinderungsgrund für die Eignungsprüfung sei. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des § 37 Abs.2 S.2 StBerG, wonach mit der erfolgreich abgelegten Eignungsprüfung dieselben Rechte erworben würden wie durch die erfolgreich abgelegte Steuerberaterprüfung. Diplome, die zur selbständigen Hilfe in Steuersachen in EUMitgliedsstaaten berechtigten, würden mit deutschen Diplomen gleichgestellt und dies allein schon berechtige zur Ablegung der Eignungsprüfung. Im Übrigen habe die Finanzverwaltung für den belgischen Conseil Fiscal die Vergleichbarkeit mit dem Beruf des Steuerberaters festgestellt (Bekanntmachung über den Zusammenschluss von Steuerberatern mit ausländischen Berufsangehörigen nach § 56 Abs.4 StBerG vom 23. Juni 2005, Bundessteuerblatt - BStBl - I 2005, 814). Da er über ein derartiges Diplom eines EU-Mitgliedsstaates verfüge, würde er dadurch benachteiligt, wenn das zusätzliche deutsche Diplom ein Hinderungsgrund für die Ablegung der Eignungsprüfung darstellte. Es gebe weder eine gesetzliche Regelung, wonach dieser Umstand verhindere, auf Grund eines ausländischen Diploms die Ergänzungsprüfung abzulegen, noch eine, wonach das Scheitern in der Steuerberaterprüfung die Ablegung der Ergänzungsprüfung ausschließe. Auch § 37a Abs.5 StBerG entfalte keine solche Sperrwirkung, weil darin nur die sinngemäße Anwendung der übrigen Vorschriften geregelt würde.

Der Kl beantragt

festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 22. Juli 2003 (AZ.: ...............) über die Nichtzulassung zur Eignungsprüfung rechtswidrig war,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Bekl beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Zur Begründung seines Antrags wird von ihm vorgetragen:

Da der Kl bereits dreimal an der Steuerberaterprüfung teilgenommen habe, könne er bereits aus diesem Grund nicht mehr zur Eignungsprüfung zugelassen werden. Bei der regulären und der Eignungsprüfung handele es sich lediglich um verschiedene Prüfungsformen. Dabei gehe es stets um den Nachweis, die Befähigung zum Steuerberater in Deutschland nachzuweisen. Die Annahme, ein Kandidat könne nach drei gescheiterten Versuchen bei einer Prüfungsform noch jeweils drei Versuche bei den anderen Prüfungsformen haben - somit insgesamt neun Prüfungsversuche - sei widersinnig und auch bei anderen Prüfungsordnungen nicht anzutreffen.

Entscheidungsgründe:

Da der Kl sein Diplom in Deutschland erworben habe, unterliege er nach der Rechtsprechung (Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12. April 2005 VII B 294/04, BFH/NV 2005, 1466) ohnehin der Zulassungsregelung des § 36 StBerG und habe deshalb keinen Anspruch auf Zulassung zur Eignungsprüfung. Der Kl habe bislang weder ein belgisches Hochschulstudium noch die erfolgreiche Teilnahme an einer Prüfung in Belgien nachgewiesen. Zudem habe er - der Bekl - aus den vorgelegten Unterlagen den Eindruck gewonnen, dass der Kl unzulässigerweise eine Eintragung in das dortige Mitgliederverzeichnis erreicht habe. Voraussetzung hierfür sei u.a., dass eine Person, die in Belgien keinen Wohnsitz habe, dort ein Büro zu unterhalten habe, in dem die Berufstätigkeit tatsächlich ausgeübt werde und diesbezügliche Akten, Briefe und Unterlagen aufbewahrt würden. Der Verweis auf eine Bürogemeinschaft reiche nicht aus. Der Kl habe bislang nicht bewiesen, dass er tatsächlich in Belgien seinen Beruf ausübe. Dies sei angesichts der großen Entfernungen und der dadurch bedingten Fahrzeiten fragwürdig. Die Bekanntmachung im BStBl I 2005, 814 beziehe sich lediglich auf die Zusammenarbeit deutscher Steuerberater mit ausländischen Berufsangehörigen, soweit eine Dienstleistung nach § 50 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) erbracht werde. Sofern aber eine Niederlassung im Inland angestrebt werde, seien die Qualifikationsanforderungen der §§ 35 - 38 StBerG zu erfüllen. Zudem werde bestritten, dass ein Wechsel zwischen Herkunfts- und Aufnahmestaat stattgefunden habe. Der Kl sei von Anfang an im Inland wohnhaft und berufstätig gewesen.

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kl hat keinen Anspruch auf Zulassung zur Eignungsprüfung, denn diesem Begehren steht § 35 Abs.4 StBerG - wonach die Prüfung (nur) zweimal wiederholt werden kann - entgegen. Diese Vorschrift gilt - im Gegensatz zur Auffassung des Kl - auch für die Eignungsprüfung.

Bereits nach dem Wortlaut des § 37a StBerG stellt die Eignungsprüfung eine "Prüfung in Sonderfällen" dar. Das Gesetz geht also nicht von zwei nebeneinander existierenden Prüfungen, sondern von einer Steuerberaterprüfung, die in verschiedenen Formen abgehalten werden kann, aus. Dies belegt auch die Formulierung in § 37a Abs.1 S.1 StBerG, wonach u.a. Wirtschaftprüfer die Steuerberaterprüfung "in verkürzter Form" ablegen können. Zudem gelten für die Eignungsprüfung "im Übrigen die Vorschriften für die Steuerberaterprüfung" (§ 37a Abs.5 StBerG), mithin die §§ 35 ff. StBerG, insbesondere also auch § 35 Abs.4 StBerG mit der Folge, dass 37a Abs.5 StBerG daher - im Gegensatz zum Vortrag des Kl - nicht nur die sinngemäße Anwendung der übrigen Vorschriften regelt.

Auch die Gesetzessystematik spricht für diese Auslegung. Der "Zweite Abschnitt. Voraussetzungen für die Berufsausübung" regelt in "Erster Unterabschnitt. Persönliche Voraussetzungen" die Zulassungsvoraussetzungen (§§ 35, 36StBerG), die Prüfung (§ 37 StBerG) nebst Prüfung in Sonderfällen (§ 37a StBerG), sowie in § 37b StBerG die Zuständigkeit für die Prüfung. Das Gesetz geht auch hier von der Prüfung aus, welche lediglich Besonderheiten, z.B. die Prüfungserleichterungen gemäß § 37a Abs.4 StBerG, aufweist.

Die Eignungsprüfung findet nach § 37a Abs.2 S.1 StBerG u.a. für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union mit einem Diplom statt, das in einem anderen Mitgliedstaat als Deutschland zur selbständigen Hilfe in Steuersachen berechtigt. Diese Regelung dient der Umsetzung der Richtlinie Nr. 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1989 Nr. 1 19 S.16). Sie soll also, entsprechend den Erwägungsgründen dieser Richtlinie, europäischen Bürgern, die Hochschuldiplome besitzen, welche eine Berufsausbildung abschließen und in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sie ihren Beruf ausüben wollen, ausgestellt wurden, die Ausübung ihrer Berufstätigkeit ermöglichen. Dies soll möglich sein, ohne diese Bürger aufgrund der unterschiedlichen, die Berufsausbildung betreffenden Reglements darauf zu verweisen, erneut in der auf Absolventen einer in Deutschland durchgeführten Ausbildung zugeschnittenen Prüfung nach § 37 StBerG unter Beweis stellen zu müssen, dass sie durch ihre Ausbildung die für den Beruf des Steuerberaters erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erworben haben. Als Diplom im Sinne von Absatz 2 gelten alle Befähigungsnachweise, die in einem Mitgliedstaat von der zuständigen Stelle ausgestellt sind, sofern aus ihnen hervorgeht, dass der Bewerber ein mindestens dreijähriges Hochschulstudium oder eine gleichwertige Ausbildung im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 89/84 EWG erfolgreich abgeschlossen hat und sofern von der zuständigen Stelle bestätigt wird, dass er damit in diesem anderen Mitgliedstaat zur Hilfe in Steuersachen berechtigt ist (§ 37 a Abs.3 S.1 StBerG).

Nur der Wortlaut, nicht jedoch dieser gemeinschaftsrechtliche Hintergrund des § 37a Abs.2 StBerG lassen daher die - in Wahrheit sinnwidrige - Annahme zu, auch Berufsbewerber, die ihre berufsqualifizierende Ausbildung in Deutschland erhalten und Anspruch auf Zulassung zur Steuerberaterprüfung gemäß § 36 StBerG haben, könnten allein deshalb zur Eignungsprüfung nach § 37a Abs.2 StBerG zugelassen werden, weil diese Ausbildung (auch) in einem anderen Mitgliedstaat als Deutschland zur selbständigen Hilfe in Steuersachen berechtigt oder weil sie aufgrund jener Ausbildung in einem anderen Mitgliedstaat tatsächlich selbständige Hilfe in Steuersachen geleistet haben.

Dass zu der in § 37a Abs.2 StBerG vorgesehenen Eignungsprüfung deutsche Staatsangehörige nicht zugelassen werden könnten (so Finanzgericht - FG - Düsseldorf, Urteil vom 21. November 1994 2 K 4475/94 StB, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1995, 342, sowie Kuhls in Kuhls/Meurers/Maxl/Schäfer/Goez/Willerscheid, StBerG, 2. Aufl., § 37a Rdnr. 4), ist allerdings weder dem Wortlaut des nationalen oder des Richtlinienrechts zu entnehmen, noch entspräche es vorgenannter Zielsetzung der Richtlinie und des § 37a Abs.2 StBerG . Dieser verlangt lediglich, dass der Diplomand Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates - nicht: eines anderen Mitgliedstaates - oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, schließt also Bürger von Drittstaaten von dem privilegierten Zugang zum Beruf des Steuerberaters insoweit aus. Im Übrigen ist die Staatsangehörigkeit desjenigen, der in Deutschland die Tätigkeit eines Steuerberaters ausüben will, völlig belanglos; es kommt nur darauf an, ob er das - seine Berufsausbildung abschließende - Diplom in Deutschland erworben hat und damit den Zulassungsregeln des § 36 StBerG unterliegt oder in einem anderen Mitgliedstaat als Deutschland, in welchem Falle ihm § 37a Abs.2 StBerG einen privilegierten Zugang zum Beruf des Steuerberaters ermöglicht, sofern das in dem anderen Mitgliedstaat erworbene Diplom zur selbständigen Hilfe in Steuersachen berechtigt. Ob in einem solchen Falle die Teilnahme an der Eignungsprüfung auch dann möglich wäre, wenn dessen Ausbildung auch die Voraussetzungen des § 36 StBerG erfüllt (dazu Urteil des BFH vom 8. Juni 1993 VII R 125/92, BFHE 172, 261 , BStBl II 1994, 665 ), bedarf hier keiner Erörterung.

Der Kl gehört zu der ersten Gruppe. Er hat seine Berufsausbildung in Deutschland erhalten und besitzt ein berufsqualifizierendes Diplom einer deutschen Fachhochschule. Ein in einem anderen Mitgliedstaat - hier in Belgien - erworbenes Diplom, das dort zur selbständigen Hilfe in Steuersachen berechtigt, besitzt er nicht. Dass er in Belgien Hilfe in Steuersachen leisten darf, beruht nicht auf einem dort erworbenen Diplom und einer dort absolvierten Berufsausbildung, sondern ebenfalls auf der in Deutschland erworbenen beruflichen Qualifikation. Bei der Teilnahme an Berufspraktika sowie der Eignungsprüfung in Belgien handelt es sich - was auch der Kl nicht bestreitet - ersichtlich nicht um ein Hochschuldiplom, das eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließt, und auch nicht um einen auf einer Berufsausbildung beruhenden berufsqualifizierenden Abschluss, sondern lediglich um eine Bestätigung der - sei es durch die in Deutschland absolvierte Berufsausbildung, sei es durch berufspraktische Erfahrung - erworbenen beruflichen Qualifikation des Kl. Um die Anerkennung solcher Bestätigungen in einem anderen Mitgliedstaat geht es aber weder in der Richtlinie 89/48/EWG noch in § 37a Abs.2 StBerG .

Der Kl kann sich gegenüber dieser Rechtslage, wie sie sich aus § 37a Abs.2 StBerG unter Berücksichtigung der vorgenannten Richtlinie ergibt, auch nicht auf Art. 14 Abs. 2 EG-Vertrag berufen. Der Kl wird in Deutschland nicht deshalb diskriminiert oder schlechter behandelt als andere Bürger, weil er in Belgien berufstätig war oder dort eine Berufsausbildung absolviert hat. Seine dortige Tätigkeit spielt für seine künftige Berufstätigkeit im Inland vielmehr weder positiv noch negativ irgendeine Rolle. Der Kl ist lediglich im Hinblick auf den Zugang zu dem Beruf des Steuerberaters in Deutschland den gleichen Bedingungen unterworfen wie andere, denen eine langjährige berufliche Tätigkeit den Zugang zum Beruf des Steuerberaters ohne Ablegung der in § 37 StBerG vorgesehenen Prüfung ebenfalls nicht ermöglicht, es sei denn, sie besitzen - anders als der Kl - ein ausländisches Diplom, was ihnen den Zugang zu diesem Beruf über die Eignungsprüfung nach § 37a Abs.2 StBerG eröffnet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs.1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs.2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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