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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 12.09.2007
Aktenzeichen: 5 K 81/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg

5 K 81/04

Tatbestand:

Der Kläger -Kl- ist Gesellschafter-Geschäftsführer der im Februar 2002 in das Handelsregister eingetragenen XX GmbH -XX GmbH-, A. Er wird mit seiner Ehefrau, der Klägerin, zusammen veranlagt. Die im November 2001 gegründete XX GmbH erforscht die ... Technologie. Diese ermöglicht, die Aktivität von ... direkt zu messen. Sie entwickelt Lösungen zur ..., wodurch Laborprozesse vereinfacht werden. Der ... dient der ...forschung.

Der Kl ist mit einer Einlage in Höhe von 13.750.- Euro an der XX GmbH beteiligt, deren Stammkapital von 25.000.- Euro auf 31.250.- Euro mit notariellem Vertrag vom 17. Mai 2002 erhöht wurde. Die neuen Stammeinlagen von 6.250.- Euro wurden gegen ein Aufgeld in Höhe von 493.750.- Euro ausgegeben und ein Aufsichtsrat aus drei Personen eingerichtet, dem Rechte und Pflichten der Gesellschafterversammlung übertragen wurden.

In seinem Anstellungsvertrag wurde dem Kl als Geschäftsführer die Möglichkeit eingeräumt, sich als stiller Gesellschafter an der XX GmbH mit einer Einlage bis zu 75.000 Euro zu beteiligen. Am 18. April 2002 schloss er mit der XX GmbH einen Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft, den der Aufsichtsrat genehmigte. Er verpflichtete sich zur Zahlung einer Einlage von 30.000.- Euro, die vertraglich am 25. Juni 2002 auf 50.000.- Euro erhöht wurde und leistete die Einlage jeweils bar. Die Gewinn- und Verlustbeteiligung richtet sich nach § 2 des Vertrages. Diese lautet:

"1. Der Stille nimmt jährlich am Gewinn und Verlust mit 50%, höchstens jedoch mit 50% seiner Einlage, teil.

2. Für die Gewinn- und Verlustermittlung des Stillen ist die Steuerbilanz der Gesellschaft maßgeblich. Als Gewinn bzw. Verlust ist das Ergebnis der Gesellschaft vor Ertragssteuern, Tantiemen oder steuerlichen Sonderabschreibungen anzusetzen.

3. Der Stille kann seinen Gewinnanteil zu Lasten seines laufenden Kontos entnehmen, sofern dieses nicht negativ wird. Andere Entnahmen bedürfen der Zustimmung der Gesellschaft."

Die XX GmbH hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr, das zum 30. Juni endet. Sie wies zum 30. Juni 2002 einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 56.686,88 Euro vor Berücksichtigung eines Verlustes des Kl aus der stillen Beteiligung aus. In ihren im September 2002 gefertigten Jahresabschluss zum 30. Juni 2002 wies sie im September 2002 einen Verlustanteil des stillen Gesellschafters in Höhe von 25.000.- Euro aus. Die Gesellschafterversammlung stellte ihn im Oktober 2002 fest.

Bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen 2002 erklärte der Kl einen Verlust von 25.000.- Euro aus der stillen Beteiligung. Der Beklagte -Bekl- veranlagte zunächst ohne Verluste aus der stillen Beteiligung. Während des Einspruchsverfahrens erkannte er bei den Einkünften aus Kapitalvermögen des Kl einen Verlust aus der stillen Beteiligung in Höhe von 50% aus 47.904,49 Euro, somit in Höhe von 23.952,25 Euro an, nachdem der Kl eine Summen- und Saldenliste der XX GmbH vorgelegt hat, wonach die XX GmbH für den Zeitraum der stillen Beteiligung vom 1. April 2002 bis 30. Juni 2002 einen Verlust in Höhe von 47.904,49 Euro erwirtschaftet hatte.

Mit der dagegen erhobenen Klage machen die Kl im Wesentlichen geltend, entsprechend der Steuerbilanz seien 25.000.- Euro negative Einkünfte aus Kapitalvermögen anzusetzen. Berechnungsgrundlage für den Verlustanteil als stiller Gesellschafter sei die Steuerbilanz und das vorläufige Jahresergebnis in Höhe von ./. 56.868,88 Euro vor Berücksichtigung einer Verlustübernahme aus der stillen Gesellschaft in Höhe von 25.000.- Euro. An diesem Fehlbetrag nehme er als stiller Gesellschafter mit 50% seiner Einlage teil. Da er eine Einlage von 50.000 Euro geleistet habe, betrage sein Verlustanteil 25.000.- Euro. Diesen Verlustanteil habe die Gesellschafterversammlung festgestellt. Mit der Feststellung erlange der Verlust die Qualität eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses und sei für beide Parteien rechtsverbindlich.

Die Kl beantragen sinngemäß,

1. den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 28. Januar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Februar 2004 dahingehend abzuändern, dass bei den Einkünften aus Kapitalvermögen des Kl Werbungskosten aus der stillen Beteiligung in Höhe von 25.000.- Euro berücksichtigt werden und

2. die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Bekl beantragt,

die Klage abzuweisen

und führt aus, der stille Gesellschafter habe nur an demjenigen Erfolg teil, der seit Bestehen der stillen Beteiligung im Handelsgewerbe des Inhabers realisiert worden sei.

Einen Antrag auf mündliche Verhandlung gemäß § 94a Satz 2 Finanzgerichtsordnung -FGO- haben die Beteiligten nicht gestellt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bekl hat zu Recht bei den Einkünften des Kl aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 Einkommensteuergesetz -EStG- Werbungskosten in Höhe von 23.952,25 Euro angesetzt. Sie entsprechen 50% der Verluste in Höhe von 47.904.49 Euro, die der XX GmbH seit Gründung der stillen Gesellschaft in dem betreffenden Wirtschaftjahr erwachsen waren und die der Kl gemäß der Regelung in § 2 des Gesellschaftsvertrages vom 18. April 2002, ergänzt am 25. Juni 2002, aus seiner Beteiligung zu tragen hat.

Nur in Höhe von 23.952,25 Euro und nicht in Höhe von 25.000.- Euro sind dem Kl Werbungskosten aus seiner Beteiligung als stiller Gesellschafter in dem betreffenden Wirtschaftsjahr angefallen. Dies ergibt sich aus der Summen- und Saldenliste der XX GmbH, aus der der Verlust für die Zeit des Bestehens der stillen Gesellschaft in dem betreffenden Wirtschaftsjahr hervorgeht. Lediglich diese Werbungskosten können dem Kl zugerechnet werden, nicht dagegen solche, die aus Geschäftsvorfällen aus der Zeit vor Bestehen der stillen Gesellschaft stammen. Dies folgt allein schon aus dem Gesetzestext des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, wonach die Einnahmen und damit spiegelbildlich die Ausgaben "aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter" bei den Einkünften aus Kapitalvermögen erfasst werden. Die Gewinn- und Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafter erstreckt sich daher nur auf den Gewinn oder Verlust, der bei Verfolgung des gemeinschaftlichen Zwecks erwirtschaftet wird (vgl. Harenberg in Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG und Körperschaftsteuergesetz -KStG-, § 20 EStG Rn. 441). Erst mit der Errichtung der stillen Gesellschaft bzw. mit dem Eintritt des Kl in die stille Gesellschaft konnten der Kl und die XX GmbH jedoch einen gemeinschaftlichen Zweck verfolgen. Vor Errichtung der stillen Gesellschaft dagegen existierte eine Beteiligung und damit eine gemeinschaftliche Zweckverfolgung noch nicht, so dass es keine Einnahmen bzw. Ausgaben aus einer entsprechenden Beteiligung geben konnte.

Eine Vereinbarung, die auf eine Gewinn- bzw. Verlustverteilung bezogen auf den Erfolg der XX GmbH am Jahresende abstellt, ist unbeachtlich. Es verstößt gegen das Rückwirkungsverbot, den bis zum Zeitpunkt der Errichtung der stillen Gesellschaft entstandenen Gewinn oder Verlust durch eine schuldrechtliche Rückbeziehung als laufenden Gewinn oder Verlust einkommensteuerrechtlich ganz oder teilweise auf den hinzugekommenen stillen Gesellschafter zu verlagern (Urteil des BFH vom 7. Juli 1983 IV R 209/80, Bundessteuerblatt -BStBl- 1984, 53 zu einem in eine bestehende stillen Gesellschaft neu eingetretenen Gesellschafter). Sie stellt eine unzulässige rückwirkende Sachverhaltsgestaltung dar (Urteile des BFH vom 21. Dezember 1972 IV R 194/69, BStBl. II 1973, 389;vom 25. Mai 1988 I R 92/84, BFH nichtveröffentlichte Entscheidungen -BFH/NV- 1989, 258;vom 22. August 2002 IV R 6/01, BFH/NV 2003, 36; Urteil des FG Nürnberg vom 28. Oktober 2002 VI 105/1999). Auch die stille Gesellschaft ist eine Personengesellschaft, die ihre vertraglichen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern erst mit Abschluss des Vertrages und damit für die Zukunft entfaltet, solange die Gesellschaft besteht.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus § 2 des zwischen der XX GmbH und dem Kl geschlossenen Gesellschaftsvertrages. Er regelt nur die Gewinnverteilung bei einer Beteiligung, die während eines ganzen Wirtschaftsjahres andauert, nicht aber einen Sachverhalt einer unterjährigen Beteiligung wie im Streitfall, bei dem der Kl seine Beteiligung erst während des Wirtschaftsjahres erwarb. Deshalb verbleibt es im Streitfall bei dem Grundsatz, dass Erträge aus einer Beteiligung zeitanteilig dem Berechtigten für die Dauer seiner Rechtsinhaberschaft zuzurechnen sind, wobei gleichgültig ist, ob dies aus § 101 Nr. 2 Halbsatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB- oder der allgemeinen steuerlichen Regel folgt, dass die Einkünfte demjenigen zuzurechnen sind, der den Tatbestand der Einkünfteerzielung erfüllt (Urteil des BFH vom 14. Dezember 1999 VIII R 49/98, BStBl. II 2000, 341). Die Sonderregelung in § 20 Abs. 2a EStG ist im Streitfall nicht anwendbar. Sie betrifft nur die Einnahmen aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG und nicht wie vorliegend Einnahmen aus der Beteiligung als stiller Gesellschafter gemäß Nr. 4 von § 20 Abs. 1 EStG.

Auch die Feststellung der Verlustzuweisung durch die Gesellschafterversammlung im Oktober 2002 und der Ausweis einer Belastung durch die Minderung der Einlage des Kl als stiller Gesellschafter in Höhe von 25.000.- Euro in der Bilanz bewirkt nicht die Abzugsfähigkeit des vom Bekl nicht berücksichtigten Betrages von (25.000.- Euro - 23.952,25 Euro =) 1.047,75 Euro als Werbungskosten. Für den Abzug als Werbungskosten ist nicht maßgebend, ob die Gesellschafterversammlung die Bilanz der XX GmbH zum 30. Juni 2002 mit dem entsprechenden Ausweis festgestellt hat und die Gesellschafter eine Verlustzuweisung in Höhe von 25.000.- Euro an den Kl gewollt haben. Für die Besteuerung kommt es infolge der Regelungen der § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG und §§ 8 und 9 EStG auf die tatsächlich verwirklichte Sachverhaltsgestaltung und nicht allein auf das von den Beteiligten gewollte wirtschaftliche Ergebnis an. Dies gilt auch, wenn das eigentlich Gewollte seinen Niederschlag in der Bilanz gefunden haben sollte und fehlende Einreden und Einwendungen des Kl gegen eine Verlustzuweisung in Höhe von 25.000.- Euro ein Schuldanerkenntnis sein sollten. Eine anerkannte Schuld führt nur dann zu einem Werbungskostenabzug, soweit sie mit der Einkunftserzielung zusammenhängt (vgl. Urteil des BFH vom 2. März 2005 VI R 36/01, BFH/NV 2006, 33). Dieser unmittelbare Zusammenhang fehlt -wie bereits ausgeführt- für Verluste, die von der XX GmbH vor der Beteiligung des Kl als stiller Gesellschafter erwirtschaftet worden sind.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 94a FGO im schriftlichen Verfahren, da der Streitwert 500.- Euro nicht überschreitet und die Beteiligten keine Anträge auf mündliche Verhandlung gestellt haben.

Da die Klage keinen Erfolg hat, haben die Kl gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Ende der Entscheidung

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