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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 09.11.2006
Aktenzeichen: 6 K 105/06
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 8 Abs. 1
EStG § 11 Abs. 1 S. 2
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 34 Abs. 2
EStG § 38a Abs. 1 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg

6 K 105/06

Tatbestand:

Streitig ist die Besteuerung der Erträge aus sog. EVA (Economic Value Added) - Zertifikaten.

Der Kläger war als Vorstand einer Tochtergesellschaft des X-Konzerns (-A- & ... GmbH) nichtselbständig tätig. Er wurde zusammen veranlagt. Der Kläger schied zum 31. Dezember 1998 aus dem Vorstand aus. Dafür erhielt er eine Entschädigung.

Die leitenden Angestellten des X-Konzerns und seiner Tochtergesellschaften hatten zum 1. Juli 1997 die Möglichkeit, sich durch Einsatz eigenen Kapitals in Form von Schuldverschreibungen am Erfolg des Unternehmens zu beteiligen, ohne tatsächlich Geschäftsanteile zu erwerben. Der leitende Angestellte erwarb virtuelle Anteile an seiner Gesellschaft, die nach einer Mindestbehaltefrist von 5 Jahren zum Kurswert an die Gesellschaft zurückgegeben werden konnten. Die maximale Behaltedauer betrug 10 Jahre. Beim Ausscheiden aus dem Unternehmen hatte der leitende Angestellte und der Emittent ein vorzeitiges Kündigungsrecht, von dem das Unternehmen regelmäßig Gebrauch gemacht hat. Die Zertifikate waren nur mit Zustimmung der Firma und nur auf andere Zeichnungsberechtigte übertragbar. Im übrigen konnten sie mit Zustimmung der Firma auf Ehepartner, Eltern oder Kinder übertragen werden, konnten jedoch auch dann vom Emittenten gekündigt werden, wenn der Zeichner aus der Firma ausschied. Der Kurswert richtete sich nach der Marktentwicklung des Unternehmens und wurde unter Berücksichtigung des Economic Value Added (EVA) "zuzüglich einer Risikoprämie in Höhe von 6 vom Hundert jährlich" berechnet. Der Berechnung wurde das in einem Geschäftsjahr erzielte Ergebnis nach Steuern vor Kosten des Eigen- und Fremdkapitals zugrunde gelegt. Hierbei wurde vom bilanziellen Jahresüberschuss nach Steuern ausgegangen, der um den Zinsaufwand nach Steuern und die Jahresabschreibung auf Geschäfts- und Firmenwerte erhöht oder um den Abgang kumulierter Abschreibungen auf Geschäfts- und Firmenwerte vermindert wurde. Auf Ziffer 1.5 der Zertifikatsbedingungen wird verwiesen. Für die Schuldverschreibung wurde ein Rangrücktritt gem. § 61 Abs. 1 der Konkursordnung vereinbart.

Nach einer Kontrollmitteilung des Finanzamts .... vom 15. Juli 2002 erhielt der Kläger 1999 für die in 1997 gezeichneten EVA-Anteile mit Anschaffungskosten in Höhe von DM 100.000 am 4. Januar 1999 DM 138.849 ausgezahlt.

Mit dem nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung -AO- geänderten Bescheid vom 16. Dezember 2003 über Einkommensteuer für 1999 wurden DM 38.849 den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit hinzugerechnet. Dagegen legten die Kläger am 19. Dezember 2003 Einspruch ein. Der Einspruch wurde mit Verfügung vom 8. September 2004 als unbegründet zurückgewiesen.

Dagegen erhoben die Kläger am 8. Oktober 2004 Klage. Sie machen geltend, die Überschüsse aus der Einlösung der EVA-Zertifikate seien den privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne der §§ 22 Nr. 2, 23 Einkommensteuergesetz -EStG- zuzuordnen, die wegen des Ablaufs der einjährigen Behaltefrist nicht der Besteuerung unterlägen. Der Kläger erläuterte zur Ausgabe der EVA-Zertifikate folgendes:

Für das Unternehmen mit rd. .... Gesellschaften im In- und Ausland bot sich eine verstärkte Verlagerung der Entscheidungskompetenz und Verantwortung von der Ebene der Holding auf die operativen Einheiten an. Dies ging mit einer Änderung der Kontroll- und Führungsinstrumente einher mit einem Anreiz zur langfristigen Erhöhung des Marktwerts des Unternehmens. Dazu sollte den leitenden Mitarbeitern eine "Gesellschafter ähnlicher Stellung" eingeräumt werden. Die Ausgabe der EVA-Zertifikate war zwar kein wesentliches Finanzierungsinstrument des Unternehmens, aber die leitenden Mitarbeiter konnten sich mit eigenem Kapital an "ihrer" Gesellschaft beteiligen, obwohl den familienangehörigen Gesellschaftern die Übertragung von Anteilen auf Fremde satzungsgemäß untersagt war. Die Gesellschaft war, was in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt wurde, auf diese Gelder der leitenden Angestellten nicht angewiesen.

Mit dem Erwerb der EVA-Zertifikate aus versteuerten Eigenmitteln sei kein Anrecht auf einen bei Ausgabe feststehenden oder errechenbaren Abrechnungsbetrag verbunden gewesen. Der Abrechnungsbetrag sei vielmehr maßgeblich abhängig von dem an der Entwicklung des EVA orientierten Kurswert am Fälligkeitstag. Der Zeichner habe somit an einer positiven wie an einer negativen Entwicklung des EVA teilgenommen. Der Ertrag sei ungewiss gewesen. Der Abrechnungsbetrag habe erheblich unter dem Zeichnungsbetrag liegen und im Extremfall zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen können.

Die Kläger gehen davon aus, dass die mögliche Vorteilsgewährung mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis ausschließlich im Zeichnungszeitpunkt 1997 zu untersuchen sei. Zu diesem Zeitpunkt habe der Arbeitnehmer die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die eingeschränkt übertragbare Schuldverschreibung erhalten. Damals hätten von 204 leitenden Angestellten 68 von dem Angebot zum Erwerb der Schuldverschreibung Gebrauch gemacht und die EVA-Zertifikate zum angemessenen Nennwert erworben.

Ein Vorteil sei nicht gewährt worden. Die Eingrenzung der Ausgabe von EVA-Zertifikaten ausschließlich an bestimmte Mitarbeiter reiche nicht aus, um die Erträge daraus als Arbeitslohn zu qualifizieren, weil nicht für die individuelle Arbeitskraft eine Gegenleistung gewährt worden sei. Der Abrechnungsbetrag habe sich ausschließlich aus dem Kurswert der EVA-Zertifikate im Zeitpunkt der Rückgabe an den Emittenten errechnet, die individuelle Arbeitsleistung sei damit nicht berücksichtigt worden. Zwar wirke der Arbeitnehmer mit seiner Arbeitskraft an der Ertrags- und Vermögenslage des Unternehmens mit, der Einzelne habe jedoch keine Möglichkeit den Gesamtkurswert zu beeinflussen. Der Umstand, dass der Personenkreis der Berechtigten ursprünglich auf Geschäftsführer begrenzt gewesen sei, führe nicht dazu, dass die EVA-Zertifikate anders zu behandeln seien als Aktien, Partizipationsscheine bzw. Discountzertifikate, die nach Auffassung der Finanzverwaltung mit ihren Erträgen den §§ 22, 23 EStG unterfallen würden.

Bei der Einräumung eines Optionsrechts zum späteren Erwerb von Aktien durch Arbeitnehmer fließe diesen erst bei der Übertragung der Aktien ein geldwerter Vorteil zu (Bundesfinanzhof -BFH- Urteil vom 24. Januar 2001 I R 100/98, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2001, 509). Zum Zeitpunkt der Einräumung des Optionsrechts trage der Arbeitnehmer keinerlei Risiko. Im vorliegenden Fall treffe der Anleger mit dem Erwerb des Zertifikats seine Anlageentscheidung und trage von da an alle Risiken und Chancen aus dieser Vermögensanlage, vergleichbar dem Erwerb von Arbeitnehmeraktien (§ 19 a EStG). Die anschließende Kursentwicklung der Aktien sei dann losgelöst vom Dienstverhältnis zu beurteilen. Der vom Kläger erzielte Einlösungsüberschuss sei nicht vom Dienstverhältnis verursacht, sondern Entgelt für die Kapitalnutzung oder ein Veräußerungsgewinn. Auch wenn die Zeichnung des Zertifikats durch das Dienstverhältnis mit veranlasst gewesen sei, weil sie nur einem bestimmten Kreis von Arbeitnehmern möglich war, reiche dies nicht aus, um den Einlösungsüberschuss den Einkünften im Sinne des § 19 EStG zuzuordnen. Den Zeichnern werde kein tantiemeähnlicher Vorteil gewährt. Lasse die Gesamtwürdigung des Sachverhalts mehrere Veranlassungsursachen erkennen, sei auf die entscheidende Veranlassung abzustellen. Dabei seien neben dem Interesse des Arbeitgebers an der Bindung des Arbeitnehmers an das Unternehmen und dessen Erfolg auch die Gründe für die Anlageentscheidung des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Er habe die Zeichnung freiwillig aus versteuertem Vermögen unter Einbeziehung des Risikos auf ganz oder teilweisen Verlust der Mittel unternommen. Die Chancen und Risiken seien nur zu einem geringen Teil durch die eigene Arbeitsleistung beeinflussbar gewesen. Wichtiger seien die Alternativen für die Kapitalanlage gewesen. Er habe die Entscheidung als Kapitalanleger getroffen. Der BFH habe den Verlust aus der Beteiligung an einer GmbH nicht dem Dienstverhältnis zugeordnet, selbst wenn Voraussetzung für die Beschäftigung des Arbeitnehmers die Beteiligung an der GmbH war (BFH-Urteil vom 12. Mai 1995 VI R 64/94, BStBl II 1995, 644). Dies müsse für eine freiwillige Einlage des Arbeitnehmers erst Recht gelten.

Es handle sich andererseits nicht um Kapitaleinkünfte im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz -EStG-, weil die Höhe des bei Fälligkeit zu zahlenden Betrags von der Wertermittlung des zugrunde liegenden Basiswerts abhängig sei, und weder die Rückzahlung des Kapitals noch eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals gewährleistet worden sei. Der Zeichner sei auch nicht unmittelbar am Gewinn und Verlust des Unternehmens beteiligt gewesen. Diese beeinflussten nur den Kurswert des Zertifikats. Es handle sich daher bei der Veräußerung des Partizipationsscheins um ein Veräußerungsgeschäft, welches nach Ablauf der Jahresfrist des § 23 EStG erfolgt sei.

Die Revision sei zuzulassen, weil die Finanzverwaltung in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen die EVA-Zertifikate unterschiedlich behandelt haben, eine verbindliche Auskunft nicht zu erhalten war und unter den Beteiligten Unsicherheit herrsche.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid vom 16. Dezember 2003 über Einkommensteuer für 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. September 2004 abzuändern und die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um DM 38.849 herabzusetzen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Er trägt vor, da nur leitende Angestellte der Konzernfirmen die Möglichkeit gehabt hätten, sich durch Einsatz von Kapital am Erfolg des Unternehmens zu beteiligen, die Schuldverschreibungen nicht handelbar gewesen seien und beim Ausscheiden aus dem Unternehmen hätten zurückgegeben werden müssen, sei der Partizipationsschein nicht mit Papieren des Kapitalmarkts vergleichbar. Der Besitz der Anteile stehe damit in einem so engen Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis, dass die reine Kapitalüberlassung dadurch überlagert werde und Tantiemeersetzenden Charakter habe. Dabei sei die 6%ige Risikoprämie nicht getrennt als Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu erfassen, weil sie nicht als feste Verzinsung zugesagt worden sei, sondern durch den erfolgsabhängigen Teil aufgezehrt werden und verloren gehen könne.

Es handle sich insoweit nur um eine Rechengröße. Ebenso wenig liege eine stille Gesellschaft i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG vor, da den leitenden Angestellten keine zusätzlichen Kontrollrechte gem. § 233 Abs. 1 HGB eingeräumt worden seien. Nicht bereits bei Ausgabe der Partizipationsscheine, sondern erst bei der Einlösung sei der Differenzbetrag zwischen dem Ausgabe- und dem Einlösungs- "Kurs" als positiver oder negativer Arbeitslohn im Sinne des § 19 EStG anzusehen.

Die Revision sei gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO - zuzulassen, wenn der Senat von der Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf vom 31. Mai 2006 13 K 2902/04E abweichen würde.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das zur Verfügung stellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Für das Vorliegen von Arbeitslohn ist der objektive Zusammenhang zwischen der Einnahme und dem Dienstverhältnis ausschlaggebend. Dieser wird jedoch auch durch den vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer verfolgten Zweck der Zuwendung erhellt. Sind mehrere Einkunftsarten berührt, ist die Einkunftsart maßgebend, die im Vordergrund steht (Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 27. Oktober 2005 3 K 50298/03, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2006, 113 und BFH-Urteil vom 31. Oktober 1989 VIII R 210/83, BStBl II 1990, 532). Das gilt auch dann, wenn daneben Voraussetzung für den Vorteil ist, dass dem Arbeitgeber ein Darlehen eingeräumt wird. Die enge wirtschaftliche Verknüpfung mit dem Arbeitsverhältnis kann dennoch bestehen, wenn Voraussetzung für den Abschluss des (Wandel-) Darlehensvertrags ist, dass der Zeichner beim Unternehmen oder einem verbundenen Unternehmen beschäftigter Arbeitnehmer ist und der Darlehensvertrag grundsätzlich im Falle der Beendigung des Anstellungsvertrags erlöschen soll. Das Bestehen des Dienstverhältnisses ist in solchen Fällen notwendige Voraussetzung und hinreichende Bedingung für die Wertung, dass der Vorteil aus dem Vertragsverhältnis durch das Arbeitsverhältnis veranlasst ist. Die Veranlassung des geldwerten Vorteils durch das Dienstverhältnis wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber mit der Darlehensgewährung ein weiteres Rechtsverhältnis neben dem Arbeitsverhältnis begründet wird, denn das durch die Darlehensgewährung begründete Rechtsverhältnis resultiert seinerseits aus dem Arbeitsverhältnis (BFH-Urteile vom 23. Juni 2005 VI R 10/03 und VI R 124/99, BStBl II 2005, 766 und 770; FG Köln, Urteil vom 21. September 2005 11 K 276/04, EFG 2006, 44; anderer Ansicht FG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 5. April 2005 5 V 285/04 Juris; ebenso aber schon BFH-Urteile vom 24. Januar 2001 I R 100/98 und I R 119/98, BStBl II 2001, 509 und 512 und Urteil vom 20. Juni 2001 VI R 105/99, BStBl II 2001, 689).

Ob bei einer vor allem risikobehafteten Beteiligungsform mit einer darauf abgestellten besonders hohen Verzinsung nicht mehr das Arbeitsverhältnis, sondern die Kapitalanlage im Vordergrund stehen würde (vgl. zu diesem Gedanken FG Köln, Urteil vom 11.Mai 2004 1 K 5497/03, EFG 2004, 1760), kann im vorliegenden Fall dahin stehen, weil Anhaltspunkte für eine ernstliche Verlustgefahr nicht ersichtlich sind. Ebenso kann dahin stehen, ob bei einem wesentlich beteiligten Gesellschafter - Geschäftsführer das Gesellschaftsverhältnis gegenüber dem Arbeitsverhältnis im Vordergrund stehen würde (vgl. Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 19. April 2005 3 K 50163/03, EFG 2005, 1535 und BFH-Urteil vom 12. Mai 1995 VI R 64/94, BStBl II 1995, 644 und BFH-Urteil vom 5. April 2006 IX R 111/00, BStBl II 2006, 655). Der BFH beurteilt den Zusammenhang des Darlehens mit dem Gesellschaftsverhältnis ohne von der zitierten Rechtsprechung des 1. und 6. Senats des BFH abzuweichen. Im vorliegenden Fall bestand dagegen kein Gesellschaftsverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber.

Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, hat der Kläger im Streitjahr einen geldwerten Vorteil aus dem Arbeitsverhältnis erhalten. Der Vorteil besteht aus dem ihm bei Rückgabe der Zertifikate zugeflossenen Betrag abzüglich seiner Anschaffungskosten. Eine Aufteilung in einen Anteil normaler Verzinsung und einen darüber hinausgehenden Teil ist nach den besonderen Vertragsbedingungen im vorliegenden Fall nicht möglich. Im übrigen würde sich eine Aufteilung in Arbeitslohn einerseits und einen Teil Erträge aus Kapitalvermögen andererseits steuerlich nicht auswirken, weil der Sparerfreibetrag bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (DM 46.173) bereits aufgezehrt ist.

Der Vorteil ist durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst, weil nur leitende Führungskräfte die Chance zum Bezug dieses Vorteils eingeräumt worden ist. Der Bezug zum individuellen Dienstverhältnis ist nicht so zu verstehen, dass der Arbeitsnehmer die Höhe des Ertrags durch seine individuelle Arbeitsleistung beeinflusst. Außer bei einem Akkordlohn sind Vorteile aus einem individuellen Arbeitsverhältnis regelmäßig nicht vom konkreten Arbeitseinsatz abhängig, sondern vom Erfolg des Unternehmens, zu dem der Arbeitnehmer seinen Beitrag geleistet hat. Nach den erkennbaren Motiven der Vertragsparteien ist im vorliegenden Fall der Vorteil im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis versprochen worden. Der Kläger sollte nach seinem Vortrag an das Unternehmen gebunden werden und seine Leistung im Rahmen der Führungsinstrumente des Unternehmens gefördert werden. Damit erweist sich im vorliegenden Fall der gewährte Vorteil im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers (vgl. BFH-Urteil vom 22. März 1985 VI R 170/82, BStBl II 1985, 529; BFH-Urteil vom 26. Juni 2003 VI R 112/98, BStBl II 2003, 886 und BFH-Urteil vom 23. Juni 2005 VI R 124/99 BStBl 2005, 766).

Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige Bezüge), wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (§ 11 Abs. 1 Satz 2 i.V.m § 38 a Abs. 1 Satz 3 EStG). Nach ständiger Rechtssprechung des BFH führt das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten gegenüber dem Arbeitgeber den Zufluss von Einnahmen regelmäßig noch nicht herbei. Der Zufluss ist regelmäßig erst mit der Erfüllung des Anspruchs gegeben (BFH-Beschluss vom 23. Juli 1999 VI B 116/99, BStBl II 1999, 684). Rechte aus einem Darlehensvertrag, die grundsätzlich personenbezogen und nicht handelbar sind, stellen nicht bereits bei Abschluss des Vertrags einen bewertbaren und realisierbaren Vorteil dar, sondern erst bei dessen Erfüllung. Während der Laufzeit des Darlehens bleibt die Wertentwicklung des zu erwartenden Vorteils als Zufluss unberücksichtigt (vgl. FG München, Urteil vom 11. Dezember 2002 1 K 1882/02, EFG 2003, 616; FG Köln, Urteil vom 16. September 2004 10 K 6905/03, EFG 2005, 39). Das Versprechen des Arbeitgebers auf einen Ertrag aus dem Darlehen wird erst dann zu einem greifbaren Vermögensvorteil, wenn es vom Arbeitgeber erfüllt wird (FG Köln, Urteil vom 11. Mai 2004 1 K 5497/03, EFG 2004, 1760). Der Vorteil ist daher vom Beklagten zu Recht im Streitjahr in Höhe von DM 38.849 als lohnwerter Vorteil erfasst worden.

Eine Vergünstigung nach § 34 EStG ist zu Recht nicht gewährt worden. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 34 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 24 Nr. 1 oder nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG liegen nicht vor. Der Einlösungsbetrag des EVA-Zertifikats ist trotzt der "Veranlassung" durch das Arbeitsverhältnis weder Ersatz für eine entgehende oder eine entgangene Einnahme noch für die Aufgabe einer Tätigkeit oder Entgelt für eine mehrjährige Tätigkeit, sondern Entgelt für die Überlassung des Kapitals auf Zeit. Allein der kausale Zusammenhang der Ertragschance mit dem Arbeitsverhältnis - ohne dessen Einfluss auf den weiteren Verlauf - reicht für die Vergünstigung nach § 34 Abs. 2 EStG nicht aus (a. A. FG Hamburg, Urteil vom 16. Dezember 2005 VII 243/04, EFG 2006,1059). Es ist nicht festzustellen, welcher Anteil des Ertrags auf vergangene Zeiträume entfällt, denn der Ertrag hat sich nach dem Kurswert im Zeitpunkt der Einlösung bemessen, unabhängig davon wann dieser gestiegen oder gefallen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO.

Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Ziffer 1 FGO zugelassen, weil die Angelegenheit grundsätzliche Bedeutung hat. Der vorliegende Sachverhalt ist zwar vom Finanzgericht Düsseldorf mit Urteil vom 31. Mai 2006 13 K 2902/04E ebenso entschieden worden; hiergegen ist Nichtzulassungsbeschwerde erhoben worden. Im Interesse einer Rechtseinheitlichkeit und aus rechtssystematischen Gründen ist daher die Revision zuzulassen.



Ende der Entscheidung

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