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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 15.10.2007
Aktenzeichen: 6 K 378/06
Rechtsgebiete: AO, EStG, FGO, ZPO


Vorschriften:

AO § 90 Abs. 2
AO § 108 Abs. 3
AO § 122 Abs. 2 Nr. 1
AO § 149 Abs. 1 S. 1
AO § 149 Abs. 1 S. 2
AO § 162
EStG § 25 Abs. 3
FGO § 81
FGO § 82
ZPO §§ 415 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg

6 K 378/06

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Einkommensteuerbescheide 1994 bis 2002.

Im Rahmen der bei der Firma ... GmbH - ABC - in 1999 durchgeführten Betriebsprüfung wurden dem zuständigen Prüfer zur Überprüfung der Position "Rechts- und Beratungskosten" am 22. Juni 1999 Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis des Klägers und seines Vaters, O.X., vorgelegt, die jeweils auf Beratervereinbarungen zwischen der ABC und diesen vom 1. August 1994 basierten. Als Rechnungsaussteller traten hierbei entweder der Kläger oder sein Vater auf. Über die ... Treuhandgesellschaft wurden dem Prüfer am 23. Dezember 1999 "neue" Rechnungen vorgelegt. In diesen tritt nur der Vater des Klägers als Rechnungsaussteller auf. Am 17. März 2000 wurde dem Prüfer eine Vereinbarung vom 10. August 1994 zwischen der ABC und dem Einzelunternehmen TT International O.X. - TT - vorgelegt, wonach die Vereinbarungen über Beratungsleistungen zwischen der ABC und dem Kläger bzw. der ABC und dem Vater des Klägers im Namen und für Rechnung der TT abgeschlossen wurden und die Abrechnung ausschließlich über die TT erfolgt. Das Original der Vereinbarung vom 10. August 1994 wurde trotz Aufforderung nicht vorgelegt. Der Betriebsprüfer stellte fest, dass der Kläger beim örtlich zuständigen Veranlagungsfinanzamt gar nicht geführt wurde.

Am 17. Juli 2000 wurde daraufhin ein Steuerstrafverfahren eingeleitet. Mit Schreiben vom 15. September 2000 teilte der Vater des Klägers dem beklagten Finanzamt - FA - mit, dass der Kläger in 1996 und 1997 bei ihm eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt und ansonsten kein Einkommen habe.

In den Steuerfahndungsberichten vom 7. November 2003 und 24. November 2004 wurde festgestellt, dass die ABC als Nachfolgeunternehmen der AB GmbH & Co.KG mit Gesellschaftsvertrag vom 17. März 1994 mit einem Stammkapital von 50.000 DM gegründet wurde. Zum Geschäftsführer wurde S.H. bestellt. Alleingesellschafterin war zunächst Frau R.A.. Mit Beschluss der Alleingesellschafterin vom 27. Juli 1994 wurde dem Kläger und seinem Vater eine Handlungsvollmacht für den gesamten Geschäftsbetrieb erteilt. Mit Beschluss der Alleingesellschafterin vom 12. August 1994 wurde das Stammkapital auf 1 Mio. DM erhöht und der seitherige persönliche Anlageberater und Bevollmächtigte der Alleingesellschafterin, O.X., Mitgesellschafter an der ABC mit einem Gesellschaftsanteil von 50 v.H. Bereits zuvor, nämlich am 1. August 1994, wurden zwischen dem Kläger und der ABC bzw. dem Vater des Klägers und der ABC Beratervereinbarungen getroffen. Danach sollten der Kläger und sein Vater in freiberuflicher Tätigkeit Aufgaben der Geschäftsführung der ABC übernehmen. Als Vergütung wurde für den Kläger ein Tageshonorar von 1.200 DM zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer und für seinen Vater ein solches von netto 2.500 DM vereinbart. Mit Vereinbarung vom 15. Juli 1996 zwischen der ABC und dem Kläger, auf deren Inhalt verwiesen wird, wurde das Tageshonorar auf 1.500 DM netto erhöht. Durch Gesellschafterbeschluss vom 19. Juli 1996 wurde der seitherige Geschäftsführer der ABC, S.H., abberufen und der Kläger zum neuen Alleingeschäftsführer bestellt. Die Buchungsanweisungen bei der ABC zur Vergütung der Beratungsleistungen erfolgten jeweils durch den Vater des Klägers. Buchhalterisch wurde der Beratungsaufwand auf einem Verrechnungs- bzw. Verbindlichkeitenkonto gegengebucht, wobei eine Aufteilung zwischen der Tätigkeitsvergütung des Klägers und dessen Vaters nicht vorgenommen wurde. Die eigentliche Auszahlung der Beratungsvergütungen erfolgte regelmäßig durch Scheckzahlungen oder Überweisungen an den Vater des Klägers respektive auf ein Konto der TT, von wo aus die anteilige Weiterleitung der Zahlungen an den Kläger erfolgte. Der Anteil des Klägers für die Jahre 1994 bis 1997 wurde von der Steuerfahndung auf der Grundlage der Vereinbarungen vom 1. August 1994 und 15. Juli 1996 in Verbindung mit den sichergestellten handschriftlichen Aufzeichnungen des Vaters des Klägers über die Anzahl der geleisteten Arbeitstage und den dem Betriebsprüfer am 22. Juni 1999 übergebenen Einzelabrechnungen des Klägers ermittelt. Hierbei wurden die nachvollziehbaren Zahlungen an den Kläger und seinen Vater sowie die Abgänge vom Verrechnungskonto zugrunde gelegt. Bezüglich der am 23. Dezember 1999 übergebenen Rechnungen wurde festgestellt, dass diese erst nachträglich und zwar am 13. Dezember 1999 auf einem PC der TT erstellt wurden.

Nach den handschriftlichen Aufzeichnungen des Vaters des Klägers erbrachte der Kläger an folgenden Tagen Beratungsleistungen für die ABC:

 1994 1995 1996 1997
 TageTageTageTage
JanuarApril bis Juli ins-241720
Februargesamt 78 Tage222319
März 202123
April 211826
Mai 261920
Juni 201823
Juli 192625
August20171518
September20221623
Oktober20222124
November15192123
Dezember25171530
insgesamt 178 249 230 274

Auf der Grundlage dieser Ermittlungen werden dem Kläger im Steuerfahndungsbericht vom 24. November 2004 folgende Beratervergütungen zugerechnet:

 DM
1994119.623
1995232.350
1996214.690
1997502.035
1998475.968
1999413.462
2000165.662.

Hierbei wurde in 1997 aufgrund des Umstandes, dass in diesem Jahr die Beratungsvergütungen des Klägers insgesamt höher gewesen wären als die seines Vaters, eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 100.000 DM zum Abzug gebracht und beim Vater des Klägers angesetzt.

Weiterhin werden dem Kläger im Steuerfahndungsbericht vom 7. November 2003 Einkünfte aus Kapitalvermögen unter anderem aus der Gewährung von Darlehen an seinen Vater in Höhe von insgesamt 1,6 Mio. DM zugerechnet. Laut Feststellungen der Steuerfahndung hat der Kläger seinem Vater mit Wertstellung 1. August 1994 ein Darlehen über 1 Mio. DM zu einem Zinssatz von 10 v.H. p.a. gewährt, welches er bei der P-Bank fremdfinanzierte. Gleichzeitig hatte der Vater des Klägers der ABC ein Darlehen über 500.000 DM gewährt. Die vierteljährlichen Zinszahlungen in Höhe von 12.500 DM wurden ab dem 1. Quartal 1995 von der ABC direkt an den Kläger überwiesen. Des weiteren gewährte der Kläger mit Wertstellung vom 1. Dezember 1996 seinem Vater zum selben Zinssatz ein Darlehen über 600.000 DM, wobei die Zinsen zum Ende eines Vierteljahres in Höhe von jeweils 15.000 DM fällig waren. Zeitgleich gewährte der Vater des Klägers der ABC ein Darlehen in Höhe von 600.000 DM. Konkrete Zinszahlungen zwischen den Herren X oder der ABC und dem Kläger konnten nicht festgestellt werden. Festgestellt wurde diesbezüglich, dass vereinzelte Zahlungen der ABC in Höhe von 15.000 DM auf dem Konto "Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen O.X." gegengebucht wurden.

Da der Kläger trotz mehrfacher Aufforderung seiner Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen nicht nachkam, erließ das FA am 26. März 2004 auf der Grundlage der Feststellungen der Steuerfahndung im Bericht vom 7. November 2003 Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1994 bis 1997 und am 22. April 2004 für die Jahre 1998 bis 2002, wobei es die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abgabenordnung - AO - schätzte. Die Kirchensteuerbescheide für die Jahre 1994 bis 1997 ergingen am 19. April 2004. Die Einkünfte der Streitjahre schätzte das FA wie folgt:

Einkünfte aus selbständiger Arbeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus Kapitalvermögen

 DMDMDM
1994119.623 - 22.748
1995232.350 6.413
1996323.80046.17420.516
1997 500.03565.050
1998 473.96864.000
1999 407.10264.000
2000 398.00067.000
2001 418.00067.000
2002 98.956 EUR34.450 EU

Betriebsausgaben wurden keine berücksichtigt. Bei den Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit als Geschäftsführer der ABC wurde die Arbeitnehmer-Pauschale abgezogen. Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen wurden die von der Steuerfahndung ermittelten Werbungskosten berücksichtigt.

Gegen die Bescheide vom 26. März 2004 und 22. April 2004 legte der Bevollmächtigte des Klägers am 23. April 2004 bzw. am 21. Mai 2004 Einsprüche ein. Zur Begründung wurde unter anderem vorgetragen, dass die TT mit Vereinbarung vom 10. August 1994 in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in die Vereinbarungen vom 1. August 1994 eingetreten sei und der gesamte für die ABC geleistete Beratungsaufwand entsprechend der Vereinbarung vom 10. August 1994 an den Vater des Klägers vergütet und bei diesem steuerlich erfasst worden sei. Das von der Steuerfahndung vermisste Einverständnis des Klägers zu der Vertragsänderung vom 10. August 1994 ergebe sich zumindest konkludent aus der Akzeptanz deren tatsächlicher Umsetzung. Bei den im Rahmen der Betriebsprüfung vorgelegten Rechnungen handele es sich um interne Berechnungsgrundlagen der TT und nicht um an die ABC gestellte Rechnungen. Gemäß der Vereinbarung vom 10. August 1994 seien die Leistungen in kumulierter Form der ABC belastet worden. Einzelrechnungen seien bei der ABC nicht eingereicht worden und hätten deren Buchhaltung folglich auch nicht vorgelegen. Die auf den Kläger und seinen Vater lautenden Einzelabrechnungen hätten dem Rechtsverkehr nicht zur Verfügung gestanden, weshalb sie auch nicht unterschrieben seien. Folgerichtig seien die Zahlungen bzw. Gutschriften von Seiten der ABC Herrn O.X. und nicht dem Kläger gegenüber erfolgt. Soweit von Seiten des FA direkte Zahlungen von der ABC an den Kläger festgestellt worden seien, sei dies vom Kläger zum einen nicht nachprüfbar und zum anderen anzunehmen, dass es sich insoweit um den Zahlungsweg abkürzende Leistungen der ABC auf von Herrn O.X. hingegebene und beim Kläger refinanzierte Darlehen handele. Der Kläger sei (zeitweilig) als Geschäftsführer organschaftlich für die ABC tätig gewesen; die schuldrechtliche Grundlage seiner Tätigkeit habe jedoch gegenüber seinem Vater bestanden.

Mit Schreiben vom 2. November 2004 nahm die Steuerfahndungsstelle zu den Einsprüchen, insbesondere zu den Zuflüssen beim Kläger, Stellung. Danach seien bei der Auswertung des Kontos des Klägers bei der P-Bank, Kontonummer 123..., Überweisungen vom Konto des Vaters des Klägers festgestellt worden und zwar in Höhe von 100.000 DM in 1994, von 90.000 DM in 1995 und von 83.000 DM in 1995. Auf das Konto des Klägers bei der P-Bank, Kontonummer 45..., seien insgesamt 437.500 DM in 1995 an Zahlungen eingegangen und 90.500 DM in 1996. Auf dem Girokonto des Klägers bei der F-Bank seien Zahlungseingänge der ABC zu verzeichnen gewesen, nämlich 10.250,84 DM in 1995 und 49.500 DM in 1996. Ferner habe das "Verrechnungskonto O.X." bei der ABC sogenannte "Bar-Quittungen an Dr.D.X." ausgewiesen und zwar in Höhe von 37.494 DM in 1996, 73.107 DM in 1997, 63.798 DM in 1998 und 56.058 DM in 1999. In den Anlagen 1 bis 7 zum Steuerfahndungsbericht vom 7. November 2003 würden in Spalte 2 unter "Zufluss...insgesamt" die Zahlungseingänge bei den Herren X und TT dargestellt. Diese beruhten auf der Auswertung der beim Vater des Klägers sichergestellten Kontoauszüge der TT.

Mit Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2006 wurden die Einsprüche zurückgewiesen. Das FA führt hierin aus, dass es mangels Abgabe von Steuererklärungen zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen befugt gewesen sei. Den Schätzungen seien die Feststellungen der Betriebsprüfung bei der ABC sowie die Feststellungen der Steuerfahndung zugrunde gelegt worden. Die Einkommensteuer der Jahre ab 1998 sei in Anlehnung an die für die Vorjahre getroffenen Feststellungen geschätzt worden. Nach dem Ergebnis der von der Rechtsbehelfsstelle durchgeführten erneuten Überprüfung enthielten die angegriffenen Bescheide keinen Verstoß gegen den Akteninhalt und keine Verletzung des formellen und materiellen Rechts.

Hiergegen erhob der Bevollmächtigte des Klägers am 31. August 2006 Klage. Zur Begründung nimmt er Bezug auf das bisherige Vorbringen. Zusätzlich führt er an, dass das FA fortwährend zum Ausdruck bringe, die Vereinbarungen zwischen dem Kläger, dessen Vater bzw. der TT und der ABC seien unklar und teilweise rückdatiert, nicht vereinbarungskonform durchgeführt und im Übrigen vom Vater des Klägers als beherrschendem Gesellschafter der ABC nach Belieben administriert worden. Damit widerspreche der Inhalt der Vereinbarungen und ihre (Nicht-) Umsetzung der Fremdüblichkeit, weshalb die Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen von Seiten der ABC an den Vater des Klägers nahelägen, soweit Zuflüsse von der ABC an den Kläger oder dessen Vater erfolgt seien. Der Kläger sei bei Vertragsschluss am 1. August 1994 erst 29 Jahre alt und Berufsanfänger gewesen, weshalb insbesondere die Vergütungshöhe, die Unkündbarkeit, der Verzicht auf eine Probezeit und Genehmigungsvorbehalte bezüglich besonders bedeutsamer Geschäfte nicht fremdüblich wären. Weiterhin seien die Vertragsregelungen zwischen dem Kläger und der ABC nicht vertragsgemäß durchgeführt worden. Die Zahlungen seien ohne vorherige Rechnungsstellung des Klägers und nach dem Liquiditätsstand der Gesellschaft erfolgt, an den Vater des Klägers ausbezahlt und von diesem versteuert worden. Der Kläger sei während seiner Geschäftsführertätigkeit für die ABC Geschäftsführer in weiteren fünf Gesellschaften gewesen, jedoch ausschließlich zu Lasten der ABC entgolten worden.

Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Q vom 18. Januar 2007 ... wurde der Kläger unter anderem wegen jeweils eines Vergehens der Einkommensteuerhinterziehung in den Jahren 1994 bis 1997 unter Einbeziehung der Strafen aus einem weiteren Urteil des Landgerichts U vom 24. Juni 2004 ... zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 11 Monaten verurteilt. Die Vollstreckung wurde zur Bewährung ausgesetzt. Der Verurteilung wegen Einkommensteuerhinterziehung lagen die Feststellungen der Steuerfahndung im Prüfungsbericht vom 24. November 2004 zugrunde. Auf den Inhalt des Strafurteils wird verwiesen.

In dieser Sache erging am 18. Juli 2007 ein Gerichtsbescheid, welcher dem Klägervertreter am 30. Juli 2007 zugestellt wurde. Mit Schriftsatz vom 30. August 2007 hat der Klägervertreter mündliche Verhandlung beantragt.

Der Kläger beantragt,

1. Die Einkommensteuerbescheide 1994 bis 1997 jeweils vom 26. März 2004 und die Einkommensteuerbescheide 1998 bis 2002 jeweils vom 22. April 2004 jeweils in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2006 aufzuheben.

2. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es nimmt im Wesentlichen Bezug auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt es an, dass die Steuererklärungen für die Streitjahre bisher nicht vorgelegt worden seien, weshalb das FA die Besteuerungsgrundlagen habe schätzen müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die beim FA und der Staatsanwaltschaft Q beigezogenen Akten und die Niederschriften über den Erörterungstermin vom 5. Juli 2007 und die mündliche Verhandlung vom 24. September 2007 und 15. Oktober 2007 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Klage ist zulässig.

Gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, bei Übermittlung im Geltungsbereich dieses Gesetzes am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Fällt der Bekanntgabetag jedoch auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so gilt der Verwaltungsakt erst mit Ablauf des nächstfolgenden Werktages als bekanntgegeben. Insoweit findet § 108 Abs. 3 AO auch im Rahmen des § 122 Abs. 2 AO Anwendung (vgl. Brockmeyer in Klein, AO-Kommentar, 9. Auflage 2006, § 122 Rz. 52 m.w.N.).

Vorliegend erging die Einspruchsentscheidung am 27. Juli 2006. Sie gilt damit grundsätzlich am 30. Juli 2006 als bekanntgegeben. Da der 30. Juli 2006 jedoch ein Sonntag war, gilt die Einspruchsentscheidung als mit Ablauf des nachfolgenden Montags, den 31. Juli 2006, als bekanntgegeben, so dass die Klageerhebung am 31. August 2006 innerhalb der Monatsfrist des § 47 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO - erfolgt ist.

2. Die Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Verwaltungsakte sind zu Recht ergangen. Eine Verletzung des Klägers in seinen Rechten liegt daher nicht vor.

a) Gemäß § 162 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides Statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO verletzt. Bei der Schätzung sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Nach § 149 Abs. 1 Satz 1 AO in Verbindung mit § 25 Abs. 3 Einkommensteuergesetz - EStG - hat der Steuerpflichtige für den abgelaufenen Veranlagungszeitraum eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Gemäß § 149 Abs. 1 Satz 2 AO ist zur Abgabe einer Steuererklärung auch verpflichtet, wer hierzu von der Finanzbehörde aufgefordert wird.

Der Kläger ist unstreitig mehrfach zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre aufgefordert worden, ohne dass er dieser Verpflichtung jemals nachgekommen wäre. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ist der Kläger seiner Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen nicht nachgekommen.

Die mangelnde Mitwirkung des Steuerpflichtigen durch Nichtabgabe von Steuer-erklärungen trotz Aufforderung hierzu berechtigt die Finanzbehörde zur Schätzung (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 9. Juli 1931 VI A 1329/31, Reichssteuerblatt - RStBl - 1931, 672; Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16. Februar 1984 I R 37/80, juris-Datenbank).

Das FA hat auf der Grundlage der Feststellungen der Betriebsprüfung bei der ABC sowie den Feststellungen der Steuerfahndung in den Berichten vom 7. November 2003 und 24. November 2004 die Besteuerungsgrundlagen geschätzt.

b) Auf der Grundlage der Feststellung der Steuerfahndung wurde der Kläger durch Urteil des Amtsgerichts Q vom 18. Januar 2007 wegen Vergehen der Einkommensteuerhinterziehung in den Jahren 1994 bis 1997 rechtskräftig verurteilt.

aa) Nach dem Strafurteil steht strafrechtlich fest, dass der Kläger in den Jahren 1994 bis Mitte 1996 aus seiner Beratertätigkeit gegenüber der ABC einkommensteuerpflichtige Einkünfte aus selbständiger Arbeit und, ab seiner Bestellung zum Geschäftsführer der ABC am 19. Juli 1996, solche aus nichtselbständiger Arbeit erzielt hat. Damit steht gleichzeitig fest, dass der Kläger auf der Grundlage der Vereinbarung vom 1. August 1994 und nicht auf der vom 10. August 1994 tätig geworden ist. Die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts beruhen auf der Beschränkung des Einspruchs des Klägers gegen den Strafbefehl auf den Rechtsfolgenausspruch gemäß § 410 Abs. 2 Strafprozessordnung - StPO -. Der Senat macht sich diese Feststellungen im Wege des Urkundenbeweises gemäß §§ 81, 82 FGO in Verbindung mit §§ 415 ff. Zivilprozessordnung - ZPO - zu Eigen (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 10. Januar 1978 VII R 106/74, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1978, 311 und23. Januar 1985 I R 30/81, BStBl II 1985, 305). Hierzu besteht vorliegend auch besonders deshalb Anlass, da die strafgerichtliche Entscheidung rechtskräftig geworden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Oktober 2004 VII B 69/04, juris-Datenbank). Aufgrund der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Senats sind die strafgerichtlichen Feststellungen zutreffend. Dies insbesondere auch deshalb, da der Kläger durch die Beschränkung seines Einspruchs gegen den Strafbefehl auf den Rechtsfolgenausspruch diese Feststellungen akzeptiert hat, sowie seinen steuerlichen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist.

bb) Substantiierte Einwendungen und verfahrenserhebliche Beweisanträge der am finanzgerichtlichen Verfahren Beteiligten, welche der Verwendung der strafgerichtlichen Feststellungen entgegenstehen könnten (vgl. BFH-Urteil vom 21. Juni 1988 VII R 135/85, BStBl II 1988, 841; BFH-Beschluss vom 25. Oktober 2004 VII B 69/04, a.a.O., m.w.N., vom 21. Mai 1999 VII B 37/99, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 1999, 1496, vom 22. März 1988 VII B 193/87, BFH/NV 1988, 722 undvom 29. Januar 1999 V B 112/97, BFH/NV 1999, 1103 ), wurden nicht erhoben. Da durch die strafgerichtliche Verurteilung eine Indizwirkung für das finanzgerichtliche Verfahren ausgeht, kann diese nur dadurch ausgeräumt werden, dass der Kläger substantiiert darlegt und unter Beweis stellt, weshalb er zu Unrecht ein Geständnis abgelegt hat (BFH-Beschluss vom 21. Mai 1999 VII B 37/99, BFH/NV 1999, 1496). Er muss eine plausible Erklärung für das zu Unrecht abgelegte Geständnis geben (BFH-Beschluss vom 22. März 1988 VII B 193/87, BFH/NV 1988, 722).

Diesen Anforderungen genügen die vom Kläger mit Schriftsatz vom 21. September 2007 erhobenen Einwendungen und gestellten Beweisanträge nicht.

(a) Soweit der Kläger den Inhalt der strafgerichtlichen Hauptverhandlung und der vertraglichen Regelungen vom 1. und 10. August 1994 sowie vom 15. Juli 1996, den Umstand, dass er zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vom 1. August 1994 Berufsanfänger war, die Zahlungen von der ABC an den Vater des Klägers erfolgten und von diesem versteuert wurden, die Finanzverwaltung die Vereinbarung zwischen der ABC und dem Kläger als freiberufliche und letztlich als nichtselbständige Tätigkeit interpretiert hat und der Kläger in einer Vielzahl von Gesellschaften als Geschäftsführer tätig war, unter Beweis stellt, bedarf es einer Beweisaufnahme nicht, da diese Umstände entweder durch beigezogene Unterlagen bereits erwiesen sind oder als wahr unterstellt werden können. Soweit der Kläger unter Beweis stellt, dass sein Vater beherrschender Gesellschafter der ABC war und 50 v.H. der Gesellschaftsanteile inne hatte, liegt lediglich ein Beweisermittlungsantrag vor, da dem Beweisantrag nicht zu entnehmen ist, zu welchem konkreten Zeitpunkt dieser Umstand vorgelegen haben soll. Aus den Akten ergibt sich insoweit nämlich, dass dem Vater des Klägers erst mit Beschluss der Alleingesellschafterin vom 12. August 1994 Gesellschaftsrechte eingeräumt wurden. Zu diesem Zeitpunkt bestand aber bereits der Beratervertrag zwischen der ABC und dem Kläger. Insgesamt bedarf es einer Beweisaufnahme aber auch deshalb nicht, da keiner der Beweisanträge die Frage, ob das Geständnis im Rahmen des strafgerichtlichen Verfahrens zu Recht oder zu Unrecht abgelegt wurde, betrifft.

(b) Schließlich ist auch die Einwendung, dass die Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch im Rahmen einer sogenannten Verständigung im Strafverfahren erfolgt sein soll, nicht nachvollziehbar, insbesondere deshalb nicht, da nach dem Vorbringen des Prozessbevollmächtigten es auch ohne Geständnis des Klägers bei einer bewährungsfähigen Gesamtfreiheitsstrafe verblieben wäre, so dass das Bestreiten der Taten durch den Kläger ohne besonderes Risiko möglich war (vgl. hierzu auch BFH-Beschluss vom 24. April 2006 VII B 78/05, BFH/NV 2006, 1668) und im Hinblick auf die daraus resultierende Indizwirkung für das finanzgerichtliche Verfahren auch ratsam gewesen wäre.

c) Da sich aus den Akten keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sich an der schuldrechtlichen Grundlage für die Tätigkeit des Klägers bei der ABC nach 1997 etwas geändert haben könnte, ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger auch in den weiteren Streitjahren eigene Einkünfte aus seiner nichtselbständigen Tätigkeit bei der ABC erzielte, die von ihm und nicht von seinem Vater zu versteuern sind. Für die Einkünfte aus Kapitalvermögen ergibt sich das bereits daraus, dass die an den Vater gewährten Darlehen vom Kläger bestätigt wurden.

d) Im Übrigen konnte der Kläger aber auch nicht darlegen, wovon er in den Streitjahren gelebt hat. Dass er - wie von ihm vorgetragen - lediglich bescheidene Einkünfte hatte, ist aufgrund der durch die Steuerfahndung festgestellten Bankguthaben widerlegt. Nicht nachvollziehbar ist für den Senat in diesem Zusammenhang auch, warum der Kläger den lukrativen Beratervertrag mit der ABC vom 1. August 1994 hätte aufgeben und dafür auf der Grundlage einer geringfügigen Beschäftigung eine bescheidene Vergütung von der TT hätte akzeptieren sollen. Hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen wird vom Kläger selbst eingeräumt, dass er aus der Überlassung von Darlehen an seinen Vater Zinserträge erzielt hat. Dennoch hat er bis zum heutigen Tage keinerlei Steuererklärungen abgegeben. Der Senat macht daher von der ihm nach § 96 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz FGO in Verbindung mit § 162 AO zustehenden Möglichkeit der Schätzung Gebrauch, wobei als Schätzgrundlage die Aufzeichnungen des Vaters des Klägers über die Arbeitstage des Klägers bei der ABC, die vertraglichen Vereinbarungen vom 1. August 1994 und 15. Juli 1996 sowie die strafgerichtlichen Feststellungen auf der Grundlage des Steuerfahndungsberichts vom 24. November 2004 herangezogen werden.

e) Hinsichtlich der Höhe der geschätzten Einkünfte wurden keine Einwendungen er-hoben. Der Senat ist insoweit nicht verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufzuklären, wenn ohne die Mitwirkung des Klägers keine Möglichkeit erkennbar ist, die Ungewissheit über die Besteuerungsgrundlagen in entscheidenden Punkten zu beheben (vgl. BFH-Urteil vom 16. Februar 1984 I R 37/80, a.a.O., m.w.N.). Derartige Anhaltspunkte sind nicht erkennbar und wurden vom Kläger auch nicht aufgezeigt. Aufgrund der Feststellungen der Steuerfahndung sind die vom FA vorgenommenen Schätzungen nicht zu beanstanden. Sie kommen nach Überzeugung des Senats der Wirklichkeit am nächsten (vgl. BFH-Urteil vom 16. Februar 1984 I R 37/80, a.a.O., m.w.N.). Diese werden hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger und nicht-selbständiger Arbeit für die Jahre 1994 bis 1997 auch durch die rechtskräftige strafgerichtliche Entscheidung bestätigt. Für die Folgejahre knüpfen sie an die Vorjahre an, sind in sich schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 7. November 2005 X B 49/05, BFH/NV 2006, 359). Anhaltspunkte dafür, dass die Schätzung den durch die Umstände des Einzelfalles gezogenen Schätzungsrahmen verlässt oder gar willkürlich und völlig lebensfremd ist, liegen - auch unter Berücksichtigung der unter d) dargestellten Schätzgrundlagen des Senats - nicht vor. Etwas anderes ergibt sich auch nicht für die geschätzten Einkünfte aus Kapitalvermögen, welche durch die Feststellungen der Steuerfahndung im Zusammenhang mit der Überprüfung der Bankverbindungen des Klägers bestätigt werden.

f) Die Zahlungen der ABC über den Vater des Klägers an den Kläger stellen auch keine verdeckten Gewinnausschüttungen - vGA - dar, noch sind diese aus anderen Gründen Einkünfte des Vaters des Klägers.

aa) Eine vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz - KStG - ist eine Vermögensminderung oder eine verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht (BFH-Urteil vom 22. Februar 1989 I R 44/85, BStBI II 1989, 475). Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt vor, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter (im Sinne von § 43 Abs. 1 GmbH-Gesetz - GmbHG -) die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung gegenüber einer Person, die nicht Gesellschafter ist, unter sonst gleichen Umständen nicht hingenommen hätte (vgl. BFH-Urteil vom 28. Juni 2006 I R 108/05, BFH/NV 2007, 107 undvom 6. April 2005 I R 10/04, BFH/NV 2005, 2058).Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn es für die Leistung der Kapitalgesellschaft an einer klar und eindeutig im Vorhinein getroffenen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (vgl. BFH-Urteil vom 28. Januar 2004 I R 50/03, BStBl II 2005, 524 m.w.N.). Schließlich ist eine vGA auch dann anzunehmen, wenn die Vorteilsziehung nicht unmittelbar durch den Gesellschafter, sondern durch eine ihm nahestehende Person erfolgt, denn dadurch kann auch für den Gesellschafter selbst ein Vorteil entstanden sein (BFH-Urteile vom 27. Januar 1972, BStBI II 1972, 320 und vom 22. Februar 1989, BStBl II 1989, 631).

Unter Anwendung dieser Grundsätze verbleibt vorliegend kein Raum für eine vGA. Grundlage für die Zahlungen der ABC an den Kläger ist nämlich nach den strafgerichtlichen Feststellungen nicht die Vereinbarung vom 10. August 1994, sondern der Beratervertrag vom 1. August 1994. Zu diesem Zeitpunkt war Frau R.A. noch Alleingesellschafterin der ABC. Der Vater des Klägers war lediglich mit einer Generalvollmacht ausgestattet. Anhaltspunkte dafür, dass die aus der Vereinbarung vom 1. August 1994 resultierenden Zahlungen an den Kläger aus sonstigen gesellschaftlichen Gründen erfolgt oder - neben der in 1997 vom FA vorgenommenen Kürzung - unangemessen sind, liegen nicht vor.

bb) Da Grundlage der Zahlungen die vertraglichen Vereinbarungen zwischen der ABC und dem Kläger vom 1. August 1994 und 15. Juli 1996 war und die Zahlungen über die TT bzw. den Vater des Klägers letztlich dem Kläger zugeleitet wurden, sind sie auch allein von diesem zu versteuern.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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