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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 28.06.2007
Aktenzeichen: 8 K 292/05
Rechtsgebiete: DBA-Belgien, EStG


Vorschriften:

DBA-Belgien Art. 16 Abs. 1
EStG § 50d Abs. 8
EStG § 50d Abs. 9
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg

8 K 292/05

Tatbestand:

Streitig ist, ob Zahlungen, die der im Inland ansässige Kläger als Geschäftsführer einer in Belgien ansässigen Besloten Vennootschap met Beperkte Aansprakelijkheid (BVBA) bezog, nach Art. 16 oder nach Art. 15 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA-Belgien) zu behandeln sind.

Der Kläger ist Geschäftsführer der -Z-mit Sitz in P in der Bundesrepublik Deutschland. Daneben war er in den Streitjahren auch Geschäftsführer der -X-BVBA mit Sitz in O, Belgien (künftig: -X-). Er unterhielt ab dem Jahr 2001 bis einschließlich 2005, also auch in den Streitjahren neben seiner Wohnung in Deutschland noch eine Wohnung in T, Belgien. Die Tätigkeit für die -X-übte der Kläger teilweise in Belgien und teilweise in Deutschland aus.

Bei der Einkommensteuerveranlagung der Jahre 2001 und 2002 (vgl. hierzu das Parallelverfahren beim erkennenden Senat mit dem Aktenzeichen 8 K 129/05 und das hierzu ergangene Urteil vom 28. Juni 2007) stellte das beklagte Finanzamt ......... (Beklagter) fest, dass der belgische Staat nur den Teil des Gehaltes der -X-besteuerte, den der Kläger für die in Belgien tatsächlich ausgeübte Tätigkeit erhalten hatte. Der Beklagte befreite bei der Einkommensteuerveranlagung der Jahre 2001 und 2002 das streitgegenständliche Geschäftsführergehalt nur insoweit von der Einkommensteuer, als es von der belgischen Einkommensteuer erfasst wurde. Den verbleibenden Teil des Geschäftsführergehaltes unterwarf es der Einkommensteuer. Auf dieser Grundlage setzte es am 1. Februar 2005 nachträgliche Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 2004 mit 20.000 EUR und laufende Vorauszahlungen für das Jahr 2005 in Höhe von 4 mal 5.000 EUR fest. Mit Schreiben vom 21. Februar 2005 wendete sich der Kläger gegen diese Vorauszahlungsbescheide und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Der Beklagte behandelte dieses Schreiben als Einsprüche gegen die Vorauszahlungsbescheide und wies diese mit Einspruchsentscheidung vom 25. November 2005 zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 22. Dezember 2005 Klage beim Finanzgericht.

Der Kläger meint, das Geschäftsführergehalt, das er von der -X-erhalte, müsse im Inland in vollem Umfang von der Einkommensteuer frei gestellt werden und dürfe nur dem Progressionsvorbehalt unterworfen werden. Es komme Art. 16 Abs. 1 des DBA-Belgien zur Anwendung. Dieses gelte über den Wortlaut der deutschen Fassung hinaus auch für die Entlohnung für eine Geschäftsführungstätigkeit für eine belgische Kapitalgesellschaft. Nach Art. 16 DBA-Belgien liege das Besteuerungsrecht für das von der belgischen Gesellschaft gezahlte Gehalt beim belgischen Staat unabhängig davon, an welchem Ort der Kläger die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt habe.

Auch die Regelung des § 50d Abs. 8 EStG stehe der Steuerbefreiung nicht entgegen, da anhand der vorgelegten belgischen Einkommensteuerbescheide für die Vorjahre eindeutig zu erkennen sei, dass der belgische Staat freiwillig auf einen Teil seines Besteuerungsrechts verzichtet habe.

Am 7. Juni 2006 gab der Kläger die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004 ab. Dabei legte er auch eine Kopie der belgischen Einkommensteuererklärung und des belgischen Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2004 vor, aus dem sich ergab, dass der belgische Staat nach Abzug bestimmter Kosten nur einen Anteil von rund 40% des belgischen Geschäftsführergehalts der Einkommensteuer unterwarf (vgl. Blatt 25 des Sonderhefters zur Einkommensteuerakte). Am 16. Oktober 2006 erließ der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2004 und verfuhr wie in den Vorjahren, indem er lediglich einen Anteil von rund 40% des Geschäftsführergehalts unter Anwendung des Progressionsvorbehalts als steuerfrei behandelte und den verbleibenden Teil von rund 60% als einkommensteuerpflichtig behandelte (vgl. Blatt 15 und 41 des Sonderhefters zur Einkommensteuerakte).

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 20. April 2007 sowie die Klageschrift und den Schriftsatz vom 18. August 2005 im Parallelverfahren 8 K 129/05 verwiesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung die angefochtenen Einkommensteuervorauszahlungsbescheide 2004 und 2005 auf der Grundlage abzuändern, dass der von der -X-gezahlte Arbeitslohn bei Anwendung des Progressionsvorbehalt insgesamt steuerfrei gestellt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, Art. 16 DBA-Belgien erfasse nur die dort genannten Aufsichtsrats-bzw. Verwaltungsratsvergütungen oder vergleichbare Entlohnungen. Es müsse sich daher um eine rein kontrollierende Tätigkeit handeln. Dies sei bei einer Geschäftsführungstätigkeit nicht gegeben. Daher komme Art. 15 DBA-Belgien zur Anwendung. Danach liege das Besteuerungsrecht nur insoweit bei Belgien, als die Tätigkeit für die belgische Gesellschaft auch in Belgien ausgeübt worden sei. Dies sei vorliegend nur in dem vom Beklagten bereits berücksichtigten Umfang der Fall gewesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung sowie die Schriftsätze vom 13. September 2005 und vom 10. Mai 2007 verwiesen.

Am 20. März 2003 erörterte der Berichterstatter die Sach-und Rechtslage mit den Beteiligten. In diesem Termin erklärten die Beteiligten übereinstimmend, dass der Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entschieden werden solle.

Mit Schriftsatz vom 20. April 2007 übersandte der Kläger die Kopie eines Schreibens des belgischen Finanzministeriums (Federale Overheidsdienst, Financien) vom 17. April 2003 (Blatt 34 der Gerichtsakten) nebst einer (nicht von einem öffentlich bestellten oder vereidigten Übersetzer angefertigten) Übersetzung, wonach die steuerliche Behandlung in Belgien auf der Richtlinie RH 624/325.294 des belgischen Finanzministeriums vom 8. August 1983 beruhe. Der Text dieser Richtlinie wurde dem Gericht in der Fassung einer unautorisierten Übersetzung der Deutsch-Belgisch-Luxemburgischen Handelskammer übermittelt. Danach werden -zur Verbesserung der Attraktivität Belgiens für ausländische Investoren durch die Richtlinie die rechtlichen Grundlagen für eine Sonderregelung für bestimmte ausländische Führungskräfte geschaffen. Nach der Richtlinie wird allein derjenige Teil des Gehalts der ausländischen Führungskraft steuerpflichtig, der für die in Belgien ausgeübte berufliche Tätigkeit gezahlt wird (Abschnitt III der Richtlinie, Blatt 26 Rückseite der Gerichtsakten und Randnummer 142/2 der Anlage zur o.g. Richtlinie, Blatt 29 Rückseite der Gerichtsakten).

Am 24. April 2007 änderte der Beklagte auf Antrag des Klägers gemäß § 164 Abs. 2 AO den Einkommensteuerbescheid 2004 und berücksichtigte noch geltend gemachte Steuerberatungskosten.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Soweit sich die Klage gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2004 richtete, wurde dieser Bescheid durch den Einkommensteuerbescheid 2003 ersetzt. Gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung wird damit der Einkommensteuerbescheid 2004 zum Gegenstand des Verfahrens (Beschluss des Bundesfinanzhofs http://lrbw.[...].de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&Gerich... 07.11.2007 (BFH) vom 26. Mai 2006 IV B 147/04, abrufbar unter www. [...].de m.w.N.).

2. Der Senat hielt es für sach- und ermessensgerecht gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, nachdem die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erteilt haben und im Streitfall lediglich über die Rechtsfrage zu entscheiden war, ob die Bezüge des Klägers nach Art. 15 oder Art. 16 des DBA-Belgien zu behandeln sind.

3. Der Beklagte hat zu Unrecht einen Teil des von der -X-gezahlten Arbeitslohnes als steuerpflichtig behandelt. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide sind daher rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die in den Bescheiden festgesetzte Einkommensteuer war daher gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 FGO in der Weise herabzusetzen, dass dieser Arbeitslohn insgesamt bei Anwendung des Progressionsvorbehaltes als steuerfrei zu behandeln ist.

a) Da der Kläger im Inland einen Wohnsitz hat, ist er unbeschränkt steuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die unbeschränkte Steuerpflicht erfasst alle in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG genannten Einkünfte. Dazu gehören insbesondere die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 19 EStG. Dies gilt unabhängig davon, wo die nichtselbständige Arbeit ausgeübt wird, wer der Arbeitgeber ist und wer das Gehalt bezahlt (BFH-Urteil vom 24. Februar 1988 I R 143/84, BStBl II 1988, 819). Nach Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 DBA-Belgien wird jedoch die Doppelbesteuerung bei Personen, die in der Bundesrepublik Deutschland ansässig sind dadurch vermieden, dass die aus Belgien stammenden Einkünfte, die nach den Vorschriften des DBA-Belgien in Belgien besteuert werden können, in der Bundesrepublik Deutschland von der Steuer befreit werden. Im Streitfall kann der Arbeitslohn, den der Kläger von der -X-bezog, nach Art. 16 Abs. 1 DBA-Belgien unabhängig von dem Ort der Ausübung der Tätigkeit und daher in voller Höhe in Belgien besteuert werden. Daher ist dieser Arbeitslohn in der Bundesrepublik entsprechend in voller Höhe von der Einkommensteuer befreit.

b) Der Kläger ist gemäß Art. 4 DBA-Belgien in der Bundesrepublik Deutschland ansässig. Der Kläger hatte in den streitigen Veranlagungszeiträumen nicht nur einen Wohnsitz in Deutschland, sondern auch in Belgien. Da der Kläger sich ausweislich der von ihm vorgelegten Kalenderaufzeichnungen überwiegend im Inland aufhielt und die Tätigkeit für die -X-nur vom Jahr 2001 bis 2005 währte, ohne dass der Kläger seinen inländischen Wohnsitz aufgab, befand sich der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen, in jedem Fall aber sein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland (Art. 4 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 DBA-Belgien).

c) Nach Art. 16 Abs. 1 DBA-Belgien können Aufsichtsrats-oder Verwaltungsratsvergütungen und ähnliche Zahlungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Aufsichts-oder Verwaltungsrats oder eines entsprechenden Organs einer in dem anderen Vertragsstaat ansässigen Aktiengesellschaft oder anderen Kapitalgesellschaft bezieht, in dem anderen Staat (Ansässigkeitsstaat der Gesellschaft) besteuert werden. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.

aa) Die -X-ist als eine Kapitalgesellschaft im Sinne des Art. 16 Abs. 1 DBA-Belgien einzustufen. Die -Xist eine BVBA bzw. SPRL belgischen Rechts. Handelsrechtlich wird das Stammkapital dieser Gesellschaftsform wie das Grundkapital einer Kapitalgesellschaft in Anteile zerlegt (Art. 124 b HGB). Hieraus wird abgeleitet, dass der Oberbegriff der Kapitalgesellschaft in Art. 16 Abs. 1 DBA-Belgien auch für die BVBA/SPRL gilt (Straka in Debatin/ Wassermeyer Art. 16 DBA-Belgien, Rn. 42; Malinski in Debatin/ Wassermeyer Art. 16 DBA-Belgien, Rn. 12).

bb) Über den Wortlaut des Art. 16 Abs. 1 DBA-Belgien hinaus ist die Vorschrift auch für die Entlohnung einer nicht lediglich überwachenden bzw. kontrollierenden, sondern auch geschäftsführenden Tätigkeit anzuwenden (ebenso: Malinski in Debatin/ Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Loseblattsammlung, Band II, DBA-Belgien, Art. 16 Rn. 8; Prokisch in Vogel, Doppelbesteuerungsabkommen, 4. Auflage, 2003, Art. 16 Rn. 22 und 24; Holthaus, IWB Nr. 2 vom 28. Januar 2004, Fach 10, S. 1751). Hierfür spricht, dass nach dem Wortlaut der niederländischen ("lid van beheer") bzw. der französischen Fassung ("conseil d' administration") des Art. 16 Abs. 1 DBA-Belgien auch die geschäftsführenden Organe einer Kapitalgesellschaft genannt werden. Daneben ist auf Art. 16 Abs. 2 DBA-Belgien zu verweisen, wonach Abs. 1 auch auf für Vergütungen gilt, die ein Vorstandsmitglied oder ein Geschäftsführer einer in der Bundesrepublik ansässigen Kapitalgesellschaft bezieht. Diese Gleichstellung mit Aufsichtsrats-und Verwaltungsratsmitgliedern ist nur verständlich, wenn die entsprechenden Bezüge bei belgischen Gesellschaften ebenfalls unter Art. 16 fallen (Malinski a.a.O. Rn. 8). Dementsprechend können die Bezüge in voller Höhe in Belgien besteuert werden, unabhängig davon, an welchem Ort die entlohnte Tätigkeit ausgeführt wurde.

cc) Nachdem Art. 16 DBA-Belgien im Streitfall zur Anwendung kommt, bleibt für die Anwendung des Art. 15 DBA-Belgien kein Raum mehr (vgl. Art. 15 Abs. 4 DBA-Belgien).

d) An diesem Ergebnis ändert sich auch deshalb nichts, weil der belgische Staat nur einen Teil der Bezüge der Besteuerung unterworfen hat.

aa) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 14. Dezember 1988 I R 148/87, BStBl II 1989, 319 m.w.N.; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Loseblattsammlung Stand Januar 2007, Band I, Art. 1 Musterabkommen, Rn. 11) haben die DBA zum Ziel, schon die virtuelle, d.h. bereits die nur denkbare Doppelbesteuerung zu vermeiden. Es kommt deshalb für die Entscheidung über den Streitfall nicht darauf an, ob die Einkünfte des Klägers in Belgien ganz, teilweise oder überhaupt nicht besteuert wurden. Eine Rückfallklausel (subject-to-tax-Klausel) enthalten weder Art. 23 noch Art. 16 des DBA-Belgien.

bb) Nach § 50d Abs. 8 EStG der durch Art. 1 Nr. 32 Buchst. b des Gesetzes vom 15. Dezember 2003 BGBl. I 2645 mit Wirkung vom 20. Dezember 2003 eingefügt wurde, wird bei Einkünften eines Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19), die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind, die Freistellung bei der Veranlagung ungeachtet des Abkommens nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat.

In den Erläuterungen zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2003 -StÄndG 2003, Bundestagsdrucksache 15/1562 vom 23. September 2003) in dem § 50d Abs. 8 EStG in der später Gesetz gewordenen Fassung enthalten ist, heißt es, durch die Vorschrift solle verhindert werden, dass die Einkünfte nicht besteuert würden, weil der Steuerpflichtige die Einkünfte im Tätigkeitsstaat pflichtwidrig nicht erkläre und dieser Staat deshalb häufig seinen Steueranspruch nicht mehr durchsetzen könne, wenn er von dem Sachverhalt erfahre, z.B. weil dann keine Vollstreckungsmöglichkeiten gegen den Steuerpflichtigen mehr bestünden. Der Gesetzgeber sei nicht gehindert, die Steuerbefreiung aufgrund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von einem solchen Nachweis abhängig zu machen. Hierzu werde auf die Ausführungen im Urteil des Bundesfinanzhofsvom 20. März 2002 I R 38/00, BStBl II S. 819 verwiesen.

Im Ergebnis handelt es sich bei der Vorschrift um eine unilaterale Rückfall-Klausel (subject-to-tax-Klausel) (vgl. Heinicke in Schmidt, EStG, Kommentar, 26. Auflage, 2007, § 50d, Rn. 52; vgl. zu den Nachweisanforderungen auch Merkblatt zur Steuerfreistellung ausländischer Einkünfte gemäß § 50d Abs. 8 EStG (IV B 1 -S 2411 -2/05) des Bundesministeriums der Finanzen vom 21. Juli 2005).

Im Streitfall hat der Kläger durch die Vorlage von Kopien seiner belgischen Steuererklärungen, der belgischen Einkommensteuerbescheide, des Schreibens des belgischen Finanzministeriums vom 17. April 2004 und der Richtlinie RH 624/325.294 vom 8. August 1983 zur Überzeugung des Senats nachgewiesen, dass der belgische Staat auf sein Besteuerungsrecht an dem vom Kläger von der -X bezogenen Geschäftsführergehalt insoweit verzichtet hat, als der Gehalt für Tätigkeiten außerhalb Belgiens gezahlt wurde. Der Kläger hat seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ausweislich der in Kopie vorgelegten Steuererklärungen in vollem Umfang gegenüber den belgischen Steuerbehörden erklärt. Diese haben jedoch auf einen Teil ihres Besteuerungsrechts verzichtet, da der Kläger nach der Einschätzung der belgischen Finanzverwaltung zu der Gruppe von Führungskräften gehört, die nach der Richtlinie RH 624/325.294 des belgischen Finanzministeriums vom 8. August 1983 begünstigt werden sollen.

cc) Die unilaterale "Switch-over-Klausel" des § 50d Abs. 9 EStG kommt vorliegend ebenfalls nicht zur Anwendung. § 50d Abs. 9 EStG gilt grundsätzlich erst für Veranlagungszeiträume ab 2007 (vgl. § 52 Abs. 59 i.V.m. Abs. 1 EStG i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. Oktober 2002 -BGBl. I 4621 -unter Berücksichtigung der Änderung durch Artikel 1 des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006 BGBl. I S. 2878 -). § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG ist zwar zeitlich auf alle noch nicht bestandskräftigen Steuerbescheide anzuwenden (vgl. § 52 Abs. 59a Satz 6 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2007). Im Streitfall ist er jedoch sachlich nicht anwendbar, weil der belgische Staat die streitigen Einkünfte nicht aufgrund einer abweichenden Auslegung des DBA-Belgien teilweise nicht besteuert hat, sondern weil hierfür innerstaatliche belgische Vorschriften (Richtlinie RH 624/325.294 des belgischen Finanzministeriums vom 8. August 1983) maßgebend waren.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Der Senat hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, um zur Fortbildung des Rechts die Überprüfung des Urteils zu ermöglichen, da über die entschiedene Rechtsfrage bislang anderweitig - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden wurde.

Ende der Entscheidung

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