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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 30.03.2007
Aktenzeichen: 9 K 162/04
Rechtsgebiete: AO, UStDV, BGB, UStG, FGO


Vorschriften:

AO § 191 Abs.1 AO
UStDV § 51
UStDV § 55
BGB § 427
BGB § 718
UStG § 2
FGO § 102
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
FG Baden-Württemberg

9 K 162/04

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit von zwei Haftungsbescheiden, die der Beklagte gegenüber den Klägern erlassen hat, weil diese als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) für deren Haftungsschulden einzustehen hätten.

Die miteinander verheirateten Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer eines von ihnen vermieteten Ärztehauses in X sowie des zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhauses in K, xxx.. Die Immobilie in X vermieteten die Kläger umsatzsteuerpflichtig an verschiedene Mieter. Der Kläger betrieb als Einzelunternehmer eine Zahnarztpraxis sowie ein Dentallabor in Z. Seine Frau ist gelernte Krankenschwester. Einer selbständigen Tätigkeit ging sie nicht nach.

Anlässlich einer Steuerfahndungsprüfung für die Jahre 1997 bis 2000 wurde festgestellt, dass die Eheleute am 27. Februar 1995 einen Bauvertrag über Gipserarbeiten an ihrem Einfamilienhaus in K mit der Firma "F" aus Italien als Auftragnehmer abgeschlossen hatten. Der vereinbarte Pauschalpreis für die von der Firma F zu erbringenden Leistungen betrug 1.310.000.000 italienische Lire inklusive 19% italienischer Umsatzsteuer. Der Bauvertrag weist als Auftraggeber "B und A, xxx" aus.

Bevor die Firma F am 07. August 1996 die Abschlussrechnung für ihre Arbeiten stellte, leisteten die Kläger mehrere Teilzahlungen je nach Baufortschritt. Die Überweisungen an den Auftragnehmer erfolgten über ein Girokonto des Klägers bei der xxx Bank. Soweit der Auftragnehmer Teilzahlungen durch Teilrechnungen anmahnte, waren diese in italienischer Sprache verfasst, wiesen den Fakturierungsort xxx auf und besaßen den Briefkopf "Fxxx".

Der Prüfer des Beklagten sah in den Gipserarbeiten für das Privathaus der Kläger eine Werklieferung, die im Inland umsatzsteuerpflichtig gewesen sei. Da der Auftragnehmer im Ausland ansässig und laut Auskunft des zuständigen Finanzamtes Q im Inland nicht steuerlich erfasst gewesen sei, hätten die Kläger als Gesellschafter einer mit dem Eigenheimbau in K befassten GbR nach § 18 Abs. 8 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) 1995 bzw. 1996 (nachfolgend 1996) in Verbindung mit § 51 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) 1995 bzw. 1996 (nachfolgend 1996) die auf die Werklieferung entfallende Umsatzsteuer einbehalten und an den Beklagten abführen müssen. Die Unternehmereigenschaft der mit dem Eigenheimbau in K befassten GbR ergebe sich daraus, dass die Kläger als Gesellschafter einer anderen beteiligungsidentischen GbR eine Immobilie in X umsatzsteuerpflichtig vermieteten. Nach § 55 UStDV 1996 hafte die mit dem Eigenheimbau befasste GbR für die nicht einbehaltene Umsatzsteuer aus den Gipserarbeiten der Firma Fxxx .

Am 07. Dezember 2000 erließ der Beklagte sowohl gegen den Kläger als auch die Klägerin Haftungsbescheide als Gesellschafter der GbR B und A nach § 191 Abgabenordnung (AO) i.V.m. §§ 51 Abs. 1 Nr. 1, 55 UStDV 1996. Diese beinhalteten jeweils eine Haftungsschuld von insgesamt 224.469,- DM, wovon 95.137,- DM auf das Jahr 1995 entfielen und 129.332,- DM auf das Jahr 1996. Der Betrag von 224.469 DM entspricht der Umsatzsteuer, die für die Arbeiten der italienischen Firma F insgesamt einzubehalten war. Gegenüber der GbR B und A wurde durch den Beklagten hingegen kein Haftungsbescheid erlassen. Der Beklagte begründete dies damit, dass die GbR "selbst über kein nennenswertes positives Vermögen" verfüge und die Gesellschafter einer GbR nach §§ 718, 427 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern hafteten. Daher seien die Gesellschafter im Wege des Durchgriffs in Haftung zu nehmen.

Gegen die Haftungsbescheide legten die Kläger am 03. Januar 2001 beim Beklagten Einspruch ein. Sie begründeten die Einsprüche anfangs damit, der Bau des Eigenheims in K sei ausschließlich im Rahmen des Privatlebens erfolgt. Da Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG nur derjenige sei, der eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig und nachhaltig ausübe, käme zwar ein unternehmerisches Tätigwerden der Kläger bei der Vermietung des Ärztehauses in X in Betracht. Dies gelte jedoch nicht für die Errichtung des Privathauses, so dass die Gipserarbeiten nur für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen worden seien. Daher seien die Kläger mangels Unternehmereigenschaft auch nicht verpflichtet gewesen, nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 UStDV 1996 die Steuer von der Gegenleistung einzubehalten.

In einem späteren Schriftsatz vom 02. September 2002 trug der steuerliche Vertreter der Kläger dann noch vor, Leistungsempfänger der bezogenen Gipserleistungen sei eine GbR A und Bxxx gewesen. Dieser GbR käme nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) eine eigene Rechts- und Parteifähigkeit zu.

Daneben hätte bezüglich der Vermietung des Ärztehauses in X eine andere, wenn auch personenidentische GbR bestanden, die ebenso als eigener Rechtsträger im Sinne des UStG anzusehen sei. Die GbR beim Bau des Eigenheims sei nur nichtunternehmerisch tätig geworden und habe keiner Einbehaltungspflicht nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 UStDV 1996 unterlegen. Es fehle daher an einer Rechtsgrundlage für die Durchgriffshaftung des Beklagten.

Mit den Einspruchsentscheidungen vom 01. April 2004 wies der Beklagte die Einsprüche des Klägers und der Klägerin gegen die Haftungsbescheide als unbegründet zurück. Die gemeinsame Vermietung des Ärztehauses durch die Kläger sei als Bruchteilsgemeinschaft zu qualifizieren. Die Errichtung des privat genutzten Einfamilienhauses sei durch eine (andere) Bruchteilsgemeinschaft erfolgt. Da die Gesellschafter der beiden Bruchteilsgemeinschaften die gleichen Personen seien und auch identische Beteiligungsverhältnisse vorlägen, handele es sich um ein einheitliches Unternehmen. Deshalb hätte die Kläger als Gesellschafter beider Bruchteilsgemeinschaften die Einbehaltungspflicht nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 UStDV 1996 getroffen.

Gegen die Einspruchsentscheidungen vom 01. April 2004 erhoben die Kläger am 29. April 2004 Klage beim Finanzgericht.

Sie tragen vor, die Errichtung des Hauses in K sei in Form einer GbR erfolgt, die Vermietung des Ärztehauses in X in Form einer Bruchteilsgemeinschaft. Es lägen zwei selbständige Rechtsträger im Sinne des UStG vor, bei denen es trotz Beteiligungsidentität nicht erlaubt sei, ein einheitliches Unternehmen anzunehmen, wie es der Beklagte getan habe. Im Übrigen sei höchstrichterlich nicht geklärt, ob und auf welcher gesetzlichen Grundlage Gesellschafter einer GbR für deren gesetzlich begründete Verbindlichkeiten einzustehen hätten. Die vom Beklagten im Haftungsbescheid angenommenen Vertretungsregeln des BGB oder der Rechtsgedanke des § 128 Handelsgesetzbuch (HGB) seien nur auf vertraglich begründete Verpflichtungen einer GbR anwendbar. Bereits deshalb fehle es an einer Rechtsnorm für die Inanspruchnahme der Gesellschafter. Zudem habe der Beklagte keinen Versuch unternommen, die fällige Umsatzsteuer bei der Firma F in Italien einzutreiben, so dass durch dieses Vorgehen das in § 219 AO niedergelegte Subsidiaritätsprinzip verletzt worden sei. Im Übrigen sei der Haftungsbescheid bereits deshalb nichtig, da aus ihm nicht ersichtlich sei, für wessen Steuerschuld gehaftet würde.

Die Kläger beantragen,

die Haftungsbescheide zur Umsatzsteuer 1995 und 1996 vom 07. Dezember 2000 sowie die dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 01. April 2004 ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verwies nochmals darauf, dass die Vermietung des Ärztehauses in X durch eine Bruchteilsgemeinschaft erfolgt sei. Unternehmer im Sinne des UStG seien in einem solchen Fall nicht nur die Bruchteilsgemeinschaft, sondern auch die dahinterstehenden Gesellschafter. Haftungsgrundlage für die Inanspruchnahme der Kläger seien nicht allein die zivilrechtlichen Vertretungsregeln für eine GbR sondern auch § 55 UStDV 1996. Dies sei bereits in den Haftungsbescheiden zum Ausdruck gekommen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die sich in der finanzgerichtlichen Akte befinden, sowie die vom Finanzamt vorgelegten Steuerakten Bezug genommen (§ 71 Abs. 2 FGO).

Entscheidungsgründe:

I)

Die zulässige Klage ist begründet. Die streitbefangenen Haftungsbescheide, die gegen die Kläger als Gesellschafter der GbR B und A ergangen sind, sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten.

Nach § 191 Abs.1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Diese Vorschrift umfasst nicht nur steuergesetzlich begründete Haftungsansprüche, sondern auch solche nach zivilem Recht (Urteil des Bundesfinanzhofes - BFH - vom 21. Juni 1995, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 178, 227; Bundessteuerblatt - BStBl - II 1995, 827).

Vorliegend hat der Beklagte die Haftungsbescheide gegen die Kläger auf § 55 UStDV 1996 gestützt, der zusammen mit § 51 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 UStDV 1996 sowie § 54 UStDV 1996 eine Haftung eines Leistungsempfängers begründen kann, wenn dieser als Unternehmer bei Werklieferungen oder sonstigen Leistungen eines anderen im Ausland ansässigen Unternehmers keine Umsatzsteuer von der Gegenleistung einbehält und an das Finanzamt abführt. Dabei verlangt § 51 Abs. 2 UStDV 1996 nicht, dass die Leistung für das Unternehmen erbracht wird. Der Gesetzgeber hat sich bei dieser Regelung nicht davon leiten lassen, dass die Leistung "für das Unternehmen" des Leistungsempfängers erbracht wird (BFH- Urteil vom 03. November 2005 V R 56/02, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2006, 477).

Voraussetzung der Haftung nach § 55 UStDV ist jedoch, dass der Leistungsempfänger entweder ein Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist (§ 51 Abs. 2 UStDV 1996). In den Haftungsbescheiden vom 07. Dezember 2000 nahm der Beklagte die Kläger als Gesellschafter der GbR B und A in Haftung und begründete die direkte Inanspruchnahme der Kläger mit der Vermögenslosigkeit der GbR sowie den §§ 718, 427 BGB. Daraus wird deutlich, dass der Beklagte bei Erlass der Haftungsbescheide und auch in den Einspruchsentscheidungen davon ausging, dass nicht die Kläger Leistungsempfänger der Gipserarbeiten für ihr Eigenheim waren, sondern eine GbR bzw. Bruchteilsgemeinschaft.

Zwar ist die gemeinschaftliche, Miteigentum begründende Errichtung eines selbst genutzten Einfamilienhauses durch Ehegatten als Bruchteilsgemeinschaft anzusehen (Palandt, Kommentar zum BGB, 66. Aufl. 2007, § 1008 Randnr. 1), da Eheleute mit dem Bau keinen weiteren, gesellschaftsrechtlichen Zweck verfolgen. Die Frage, wer in derartigen Fällen Leistungsempfänger im Sinne des UStG ist, muss jedoch dahingehend beantwortet werden, dass bei einer gemeinschaftlichen Auftragserteilung durch mehrere Personen entscheidend ist, ob die Personenmehrheit als solche eine (umsatzsteuerrechtlich) eigenständige Rechtsperson - Personen- oder Kapitalgesellschaft - bildet oder ob sie lediglich gemeinschaftlich verbunden ist (BFH- Urteile vom 16. Mai 2002 V R 15/00, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2002, 1346;vom 06. Oktober 2005 V R 40/01, BFH/NV 2006, 219). Im letzteren Fall ist grundsätzlich jeder Gemeinschafter mit dem auf ihn entfallenden Miteigentumsanteil Leistungsempfänger und nicht die Bruchteilsgemeinschaft.

Bei einer Ehegattengemeinschaft, die an sich keine Rechtspersönlichkeit besitzt und selbst keine originäre wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Sechsten EG- Richtlinie entfaltet, sind daher die Miteigentümer, die diese Gemeinschaft bilden, als Leistungsempfänger anzusehen. Da eine alleinige Eigennutzung einer Immobilie im Gegensatz zu einer Vermietung keine unternehmerische Verwendung darstellt, hat dies zur Folge, dass eine Bruchteilsgemeinschaft insoweit kein umsatzsteuerlicher Unternehmer im Sinne des § 2 UStG sein kann (BFH-Urteile vom 16. Mai 2002 V R 15/00, BFH/NV 2002, 1346, undvom 06. Oktober 2005 V R 40/01, BFH/NV 2006, 219).

Diese Grundsätze stehen auch nicht in Widerspruch zu der früheren Rechtsprechung des BFH, dass bei der Vermietung von Grundstücken durch beteiligungsidentische Bruchteilsgemeinschaften und einer gleichzeitigen einheitlichen Willensbildung nur ein Unternehmen anzunehmen ist (BFH-Urteile vom 25. März 1993 V R 42/89, BFHE 172, 134, BStBl II 1993, 729;vom 29. April 1993 V R 38/89, BFHE 172, 137, BStBl II 1993, 734). Die Vermietung von Grundstücken stellt eine unternehmerische Nutzung dar, so dass in den dort entschiedenen Fällen auch nach den BFH-Urteilenvom 16. Mai 2002 (V R 15/00, BFH/NV 2002, 1346) undvom 06. Oktober 2005 (V R 40/01, BFH/NV 2006, 219) die Bruchteilsgemeinschaft als Leistungsempfänger anzusehen wäre.

Vorliegend haben die Kläger ihr Haus in K nur zu eigenen Wohnzwecken errichtet und dieses weder vermietet noch auf sonstige Weise unternehmerisch genutzt. Insoweit waren die Kläger - ihren Miteigentumsanteilen entsprechend - je zur Hälfte Leistungsempfänger der Bauleistungen durch die italienische Firma F.

Eine Inanspruchnahme der Klägerin nach § 55 UStDV 1996 scheidet daher aus, weil diese kein Unternehmer im Sinne des § 51 Abs. 2 UStDV 1996 ist. Der gegen die Klägerin am 07. Dezember 2000 erlassene Haftungsbescheid entbehrt einer gesetzlichen Grundlage. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Auch der Haftungsbescheid gegen den Kläger, der diesen als Gesellschafter einer GbR B und A in Höhe der Gesamtforderung von 224.469 DM in Anspruch nimmt, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Zwar ist der Kläger als Zahnarzt und Inhaber eines Dentallabors unstreitig Unternehmer im Sinne des UStG, so dass er grundsätzlich nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 UStDV 1996 verpflichtet gewesen wäre, die Umsatzsteuer von der Gegenleistung für die Firma F einzubehalten.

Allerdings hat der Beklagte diesen Sachverhalt nicht seinem Haftungsbescheid vom 07. Dezember 2000 zugrunde gelegt. Der Beklagte ging von einer originären Leistungsempfängerrolle einer GbR B und A aus bzw. korrigierte diese Sichtweise in der Einspruchsentscheidung dadurch, dass nunmehr von einer Bruchteilsgemeinschaft gesprochen wurde. Diese habe - nach Ansicht des Beklagten - die Pflicht zum Einbehalt nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 UStDV 1996 getroffen. Da die GbR oder Bruchteilsgemeinschaft dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, müssten nach §§ 714, 718 BGB bzw. nach § 128 HGB analog (BFH- Beschluss vom 28. Januar 2005 III B 91/04, BFH/NV 2005, 1141) deren Gesellschafter für die gegen die Gemeinschaft bestehende Haftungsschuld einstehen.

In einem Haftungsbescheid ist es aber nicht zulässig, im Klageverfahren den zugrundeliegenden Sachverhalt oder den Haftungsanspruch auszutauschen, wenn es sich um einen anderen Lebenssachverhalt handelt (BFH- Beschluss vom 12. August 1998 VII B 212/96, BFH/NV 1998, 433). Denn für die Beurteilung von Ermessensentscheidungen - wie den Erlass eines Haftungsbescheides - gemäß § 102 FGO kommt es allein auf die zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (erkennbar) gegebenen Umstände und die hierauf bezogenen Erwägungen der Finanzbehörden an (ständige Rechtsprechung, s. z.B. BFH- Urteile vom 11. Juni 1997 X R 14/95, BFHE 183, 21, BStBl II 1997, 642;vom 28. Juni 2000 X R 24/95, BStBl II 2000, 514; Gräber, Kommentar zur FGO, 6. Aufl. 2006, § 102 Randnr. 15, jeweils m.w.N.). Es dürfen mithin keine Gründe im Prozess nachgeschoben werden.

Ob der Kläger als Zahnarzt oder Gesellschafter einer GbR bzw. Bruchteilsgemeinschaft nach § 55 UStDV vom Beklagten in Haftung genommen wird, mag zwar ein ähnlicher Sachverhalt sein, ein gleicher ist es jedoch nicht. Dies zeigt sich daran, dass der Kläger für die Gesamtforderung in Höhe von 224.469 DM in Haftung genommen wurde und nicht etwa nur zur Hälfte, wie es seinem Miteigentumsanteil am Eigenheim in K entsprochen hätte. Zumindest hätte sich der Beklagte bei einer Begründung seiner Ermessensentscheidung damit auseinandersetzen müssen, warum der Kläger in vollem Umfang haften sollte, obwohl er für die insgesamt bezogenen Bauleistungen nur zur Hälfte - seinem Miteigentumsanteil entsprechend - Leistungsempfänger war.

Daher war auch der gegen den Kläger erlassene Haftungsbescheid aufzuheben.

Nach alledem sind die Klagen gegen die Haftungsbescheide zur Umsatzsteuer 1995 und 1996 begründet.

II)

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

III)

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache lässt das Gericht gegen das Urteil die Revision zum BFH zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

IV)

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kosten ergibt sich aus §§ 151 FGO i.V.m.1, 709, 711 708 Nr. 1 ZPO.



Ende der Entscheidung

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