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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 16.07.2007
Aktenzeichen: 10 K 2162/03
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin Brandenburg

10 K 2162/03

Familienleistungsausgleich Oktober 2001 bis März 2003

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg -10. Senat -

ohne mündliche Verhandlung

am 16. Juli 2007

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ... als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand:

Der am 16. Januar 1979 geborene Sohn des Klägers schloss am 10. August 2001 an einer staatlich anerkannten Ergänzungsschule eine zweijährige Ausbildung zum Mediendesigner ( Diplom) ab und absolvierte anschließend ein einmonatiges Praktikum. Danach arbeitete er als selbstständiger Gewerbetreibender im Bereich Konzeption und Erstellung von Web-Auftritten, Präsentation sowie ab September 2002 zusätzlich Medienberatung, Verkauf von Digital -und Printmedien sowie Veranstaltungstechnik. Die gewerbliche Tätigkeit hatte der Sohn des Kl. bereits im Jahr 2000 angemeldet und begonnen. Ausweislich des Festsetzungsbescheides des Finanzamts vom ... hatte der Sohn des Kl. im Jahr 2001 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 8321 DM und Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 7984 DM. Im Jahr 2002 erreichte der Sohn des Kl. eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ein, aus der sich gewerbliche Einnahmen ohne gezogene Umsatzsteuer in Höhe von 5394,86 EUR ergaben.

Den Antrag des Kl. Vom ..., ihm für seinen ( erneut ) Ausbildung suchenden Sohn Kindergeld zu gewähren, lehnte die Bekl. mit Bescheid vom ... mit der Begründung ab, eine Kindergeldberechtigung bestehe wegen der durch den Sohn des Klägers ausgeübten selbstständigen Berufstätigkeit nicht. Zur Begründung des hiergegen eingelegten Einspruchs gab der Kläger an, sein Sohn sei nach dem Abschluss des Studiums ausweislich von Bewerbungsschreiben und Absagen jederzeit erneut ausbildungswillig gewesen. Seine selbstständige Tätigkeit habe lediglich dazu gedient, den eigenen Lebensunterhalt zu gewährleisten. Seine Einkünfte hätten aber, worauf es ankomme, den Grenzbetrag von 7.188 EUR nicht überschritten. Mit weiterem Bescheid vom ... bestätigte die Bekl. ihre Ablehnungsentscheidung mit der Begründung, aus der Ausübung seines Gewerbebetriebes folge, dass der Sohn nicht ernsthaft die Absicht zu einer Zweitausbildung gehabt habe. Hiergegen wandte der Kl. mit Schreiben vom ... ein, er unterstütze seinen Sohn monatlich mit 350,00 EUR, dieser könne mit seiner Nebentätigkeit lediglich die Bemühungen um einen Ausbildungsplatz finanzieren. Die Bekl. wies den Einspruch mit -so gemeinter -Einspruchsentscheidung vom ... ohne nochmalige nähere Begründung und ohne vollständige Rechtsmittelbelehrung zurück. Zur Begründung der hiergegen erst, aber fristgerecht am ... erhobenen Klage macht der Kläger geltend, sein Sohn sei seit dem 1. April 2003 an der Technischen Universität Berlin ... immatrikuliert. Im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum von Oktober 2001 bis März 2003 habe dieser sich ernsthaft, aber vergeblich um einen Ausbildungsplatz bemüht, was durch die zur Kindergeldakte gelangten Nachweise hinreichend belegt sei. Aus der Medienberatung habe sein Sohn im Jahr 2002 lediglich einen Gewinn in Höhe von 790,37 EUR erzielt. Er sei zu keiner Zeit vollzeiterwerbstätig gewesen.

Der Kläger beantragt,

die Bekl. unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide vom ... und ... in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... zu verpflichten, ihm für seinen Sohn ... Kindergeld für den Zeitraum von Oktober 2001 bis März 2003 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertieft ihre Auffassung, ein Kindergeldanspruch bestehe nicht, weil der Sohn des Kl. im Anschluss an eine berufsqualifizierende Ausbildung einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgegangen sei, ohne dass es insoweit auf die Höhe der erzielten Einkünfte ankomme. Dementsprechend könne der Sohn nicht als Kind ohne Ausbildungsplatz berücksichtigt werden. Tatsächlich habe auch kein ernsthafter Wille zu einer Zweitausbildung vorgelegen. Für eine berufliche Fortbildung zum geprüften Pharmareferenten hätten dem Sohn des Kl. die Zulassungsvoraussetzungen gefehlt. Die ferner hergereichten Bewerbungsschreiben für eine Ausbildung als Veranstaltungstechniker ließen aufgrund des späten Zeitpunkts der Abgabe der Bewerbung nicht auf einen ernsthaften Ausbildungswillen schließen.

Die Kindergeldakte (1 Band) hat zur Entscheidung vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 90 Absatz 2 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Bescheide, mit denen es die Bekl. abgelehnt hatte, dem Kl. für seinen Sohn im streitgegenständlichen Zeitraum Kindergeld zu gewähren, sind rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz FGO ).

Im streitigen Zeitraum waren die materiellen Voraussetzungen für einen Kindergeldanspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt erfüllt. Seine bisherige Berufsausbildung zum Mediendesigner hatte der Sohn des Kl. am ... mit dem Erwerb des Diploms, spätestens mit dem noch unmittelbar nachfolgenden einmonatigen Praktikum abgeschlossen. Eine weitere Ausbildung im Sinne einer zweiten Berufsausbildung hat dieser erst im April 2003 mit der Aufnahme des Studiums im Studiengang ... an der technischen Universität Berlin begonnen. In der Zwischenzeit befand sich der Sohn des Kl. weder in einer zum Bezug von Kindergeld berechtigenden Übergangszeit gemäß § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 b) EStG noch konnte er eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen ( § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c) EStG).

Die erfolglos gebliebenen Bewerbungen des Sohnes des Kl. um ein Praktikum bei der ... GmbH vom ... sowie beim ... vom .... sind schon deshalb unerheblich, weil damit nicht eine andere Berufsausbildung angestrebt wurde, vielmehr der Sohn des Kl. hiermit die Perspektiven seiner bisherigen Berufsausbildung verbessern wollte. Dahinstehen kann, ob ein tatsächlich abgeleistetes Praktikum im Nachgang zur Erstausbildung noch unter den Tatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a) EStG fiele. Für den streitigen Zeitraum scheitert der Kindergeldanspruch jedenfalls daran, dass der Sohn des Kl. nach dem Ende seiner Ausbildung im erlernten Beruf selbständig gewerblich tätig geworden ist. Ist eine Berufsausbildung bereits abgeschlossen, kann die Kindergeldberechtigung bei ernsthaften, aber erfolglosen Bemühungen um eine Zweitausbildung zwar erneut einsetzen, insbesondere dann, wenn ein Kind im erlernten Beruf keine Anstellung findet, hat das Kind jedoch nach Beendigung der Erstausbildung einen Arbeitsplatz gefunden oder mit #einer selbstständigen Erwerbstätigkeit begonnen, so tritt, solange der Arbeitsplatz besetzt wird beziehungsweise die selbstständige Erwerbstätigkeit fortgesetzt wird, der (weitere) Ausbildungswille hinter dem Erwerbswillen zurück ( vgl. FG München, Urteil vom 24. April 2001 12 K 2393/99 m.w.N.). Dies trifft auf den Sohn des Klägers zu. Er sich hat nach Abschluss seiner Ausbildung in den verbleibenden Monaten des Jahres 2001 sowie durchgängig im Jahr 2002 im erlernten Beruf gewerblich betätigt. Auf die Höhe der dabei erzielten Einkünfte und auch die Frage, ob selbst bei geringen Einkünften aus Gewerbebetrieb wegen des möglichen vollen Arbeitszeiteinsatzes von einer Vollerwerbstätigkeit auszugehen wäre, kommt es insoweit nicht an ( vgl. BFH Urteil vom 16. November 2006 III R 15/06 unter Bezugnahme auf Nr. 63.3.2.6. Abs. 2 a) Satz 2 DA-FamEStG).

Schon aus den vorgenannten Gründen führen auch die vom Sohn des Kl. nachgewiesenen Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz als Pharmareferent (Bewerbungen aus der Zeit vom ... bis ... und nochmals vom ...) nicht zu einem Kindergeldanspruch. Hierbei handelt es sich zwar um Bemühungen zum Erlernen eines anderen Berufs, sie können jedoch aus dem - zusätzlichen-Grund keine Anerkennung finden, dass die Bewerbungen mangels persönlichen Vorliegens der Voraussetzungen für eine Pharmareferententätigkeit von vornherein keine Erfolgsaussicht haben konnten. Gemäß § 3 der Verordnung über die berufliche Fortbildung zum geprüften Pharmareferenten vom 2. Mai 1978 (BGBl. I, S. 600) kann zum Fortbildungsgang des Pharmareferenten nur zugelassen werden, wer eine nach Bundes -oder Landesrecht geregelte einschlägige Berufsausbildung im naturwissenschaftlichen, medizinischen oder kaufmännischen Bereich absolviert hat oder wer sonst für die berufliche Fortbildung zum Pharmareferenten ähnliche bzw. geeignete Vortätigkeiten nachweisen kann. Dies trifft auf den Sohn des Kl. nicht zu. Seiner mediengewerblichen Betätigung liegt keine kaufmännische Berufsausbildung zu Grunde und sie ist auch vom Fachgebiet her nicht im weitesten Sinne einschlägig. Auch die vom Sohn des Klägers ferner nachgewiesenen Bewerbungen um eine Ausbildung zum Veranstaltungstechniker (Bewerbungen aus der Zeit zwischen ... und dem ...) sind entscheidungsunerheblich. Auch diese Ausbildungsbemühungen sind überlagert vom fortgesetzten Erwerbswillen aus dem bisher erlernten und praktizierten Beruf und würden in einen Kindergeldanspruch erst im Zeitpunkt einer tatsächlich aufgenommenen Ausbildung einmünden, wozu es jedoch nicht gekommen ist. Ob insoweit die weitere Annahme der Bekl. zutrifft, der Bewerbungszeitpunkt sei vom Sohn des Klägers bewusst oder fahrlässig erst nach Beginn des üblichen Ausbildungsjahres gewählt worden, so dass auch hinsichtlich dieser Bewerbungen nicht vom ernsthaften Bemühen um einen Ausbildungsplatz gesprochen werden könne, kann ebenfalls dahinstehen.

Der Kindergeldberechtigung des Kl. für den streitigen Zeitraum steht, allerdings ohne dass es hierauf angesichts der tatbestandlich nicht gegebenen Kindergeldberechtigung noch ankäme, schließlich entgegen, dass es an hinreichend konkreten Angaben zu den Einkünften und Bezügen seines Sohnes in dieser Zeit fehlt, so dass der Bekl. die Nachprüfung gemäß § 32 Abs. 4 Sätze 2 bis 8 EStG (Einhaltung des vollen oder anteiligen Grenzbetrags) nicht möglich war. Die Vordruckerklärung vom ..., die für den Zeitraum von September 2001 bis zum Studiumsbeginn im April 2003gelten soll, ist unzulänglich ausgefüllt. Auch im Klageverfahren sind trotz Ankündigung keine ausreichend detaillierten Einkommensnachweise vorgelegt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-.

Ende der Entscheidung

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