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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 10.09.2008
Aktenzeichen: 12 K 8279/05 B
Rechtsgebiete: UmwStG, EStG, KStG


Vorschriften:

UmwStG § 12 Abs. 3 S. 1
UmwStG § 12 Abs. 3 S. 2
EStG § 10d
KStG § 47 Abs. 1
KStG § 47 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

12 K 8279/05 B

Körperschaftsteuer 2000,

gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2000,

gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 1 KStG auf den 31. Dezember 2000,

gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 2 KStG 2000

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 12. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10. September 2008 durch

den Präsidenten des Finanzgerichts ..., die Richterin am Finanzgericht ..., den Richter am Finanzgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter Frau ... und Herr ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Bescheide über Körperschaftsteuer 2000, gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2000, gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 1 KStG auf den 31. Dezember 2000 und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 2 KStG 2000, sämtlich vom 25. März 2004, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. April 2005, werden dahingehend geändert, dass der zum 31. Dezember 2000 bestehende vortragsfähige Verlust der auf die Klägerin verschmolzenen B GmbH bei dieser berücksichtigt wird.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigungsfähigkeit eines bei der B GmbH (B) bestehenden Verlustvortrages bei der Klägerin nach Verschmelzung der B auf diese.

Die Klägerin produziert Unterhaltungsprogramme für den Rundfunk und organisiert Tourneen der darin eingebundenen Künstler. Das damit verbundene Merchandising (Vertrieb von CDs, T-Shirts, Tassen etc.) wurde über die zum 01. Januar 1998 gegründete B abgewickelt. Die B erwirtschaftete ausschließlich Verluste. Aus ihrer Bilanz ergaben sich folgende Werte (alle in DM):

 31.12.199831.12.199931.12.2000Ø
Jahresfehlbetrag50 204133 78211 207 
Aktivvermögen268 561230 014102 084200 220
Umsätze810 684587 866171 415523 322
Löhne + Gehälter133 457119 765084 407

In den Steuerbescheiden der B für 2000 wurden vortragsfähige Verluste zur Körperschaftsteuer in Höhe von DM 192 288 und zur Gewerbesteuer in Höhe von DM 184 835 festgestellt.

Mit Vertrag vom 08. August 2001 wurde die B mit Wirkung zum 31. Dezember 2001 auf die Klägerin verschmolzen.

Der Beklagte veranlagte die Klägerin für das Streitjahr 2000 zunächst erklärungsgemäß. Mit den hier angefochtenen Bescheiden änderte er die ursprünglich erlassenen Steuerbescheide in der Weise, dass er die Verluste der B nicht berücksichtigte.

Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein. Sie reichte zur Begründung Summen- und Saldenlisten sowie Kontennachweise ein, aus denen sich folgende Werte ergaben (alle in EUR):

 31.12.200031.12.200131.12.200231.12.200331.12.2004 31.12.2005
Aktivvermögen52 19461 51261 51189 75962 231 77 785
Umsätze87 64370 41045 32640 36057 136 50 297
Löhne und Gehälter00000 0

Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Die Klägerin trägt vor, dass sie den von der B übernommenen Verlustbetrieb in der Weise qualifiziert übernommen habe, dass die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) gegeben seien. Sie ist der Auffassung, dass für den nach dieser Vorschrift erforderlichen Vergleich der Zustand, der zum Zeitpunkt des steuerlichen Übertragungsstichtages bestanden habe, maßgeblich sei und nicht der Zustand im Verlustverursachungszeitraum. Letzteres sei weder mit dem Gesetzeswortlaut noch mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift in Einklang zu bringen und zudem unpraktikabel. Durch § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG solle zwar der Fortbestand des übertragenen Betriebes in einem bestimmten Umfang gesichert werden; eine Sicherung gerade in dem Umfang, den der Betrieb während der Verlustphase gehabt habe, sei jedoch vielfach wirtschaftlich verfehlt und widerspräche dem Zweck der Vorschrift. Zudem sei der von dem Beklagten zugrunde gelegte Vergleichszeitraum von drei Jahren zu kurz. Abzustellen sei allenfalls auf das "Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse" innerhalb eines Fünfjahreszeitraumes. Der Verlustabzug könne jedenfalls dann nicht versagt werden, wenn der Umsatz nach der Verschmelzung allein aufgrund konjunktureller Entwicklungen abschmelze, aufgrund innerbetrieblicher Maßnahmen aber zu erwarten sei, dass frühere Umsatzgrößen wieder erreicht würden. Das sei bei ihr, der Klägerin, der Fall. Die Sender seien dazu übergegangen, die von ihr entwickelten Figuren wieder verstärkt ins Programm zu nehmen. Zudem sei eine Ausweitung des Merchandising aufgrund von im Veranlagungszeitraum 2004 durchgeführten Tourneen zu beobachten.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über Körperschaftsteuer und Feststellungen nach § 47 Abs. 2 KStG für 2000, gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 1 KStG auf den 31. Dezember 2000, über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2000, sämtlich vom 25. März 2004, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. April 2005, dahingehend zu ändern, dass der zum 31. Dezember 2000 bestehende vortragsfähige Verlust der auf die Klägerin verschmolzenen B GmbH berücksichtigt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass die B über den Verschmelzungsstichtag hinaus nicht in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang fortgeführt worden sei. Aus der Formulierung "über den Verschmelzungsstichtag hinaus" lasse sich ableiten, dass der Verlustbetrieb zum Verschmelzungsstichtag noch in dem Umfang bestehen müsse, den er im Durchschnitt während der Verlustentstehungsphase gehabt habe. Auch ein kurzfristiges Absinken unter diesen Mindestumfang innerhalb des fünfjährigen "Überwachungszeitraumes" sei für die Verlustübernahme schädlich, weil der Verlustbetrieb "in den folgenden fünf Jahren" in vergleichbarem Umfang fortgeführt werden müsse. Vergleichsmerkmale seien u.a. der Umsatz, das Auftragsvolumen, das Aktivvermögen und die Anzahl der Arbeitnehmer. Im Falle der Klägerin seien Aktivvermögen um ca. 49%, die Umsätze um ca. 67% und die Löhne und Gehälter um 100% reduziert worden. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien äußere Einflüsse bei der Vergleichsberechnung zudem unberücksichtigt zu lassen, denn eine Berücksichtigung äußerer Einflüsse sei weder vom Gesetz vorgesehen noch sei dies praktikabel.

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagtenvertreter zudem ausgeführt, dass gerade im Falle der Klägerin das Aktivvermögen keine geeignete Kennzahl sei, um festzustellen, ob der Betrieb der B in dem erforderlichen vergleichbaren Umfang fortgeführt worden sei.

Entscheidungsgründe:

1. Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Beklagte hat die Berücksichtigung der bei der B zum 31. Dezember 2000 vorhandenen Verlustvorträge bei der Klägerin zu Unrecht versagt.

a) Gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG tritt bei einer Verschmelzung die übernehmende Körperschaft in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein. Nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG gilt dies auch für einen verbleibenden Verlustvortrag im Sinne des § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG), wenn der Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht hat, über den Verschmelzungsstichtag hinaus in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortgeführt wird. Zweck der Vorschrift ist es, den Übergang eines "funktionslosen Verlustvortrages" zu verhindern (Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 12 UmwStG, Rn. 660). § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG fordert dementsprechend, dass die wesentliche Struktur des Betriebes in qualitativer wie in quanitativer Hinsicht gewahrt bleibt (Klingberg in Blümich, EStG, KStG, GewStG und Nebengesetze, § 12 UmwStG, Rn. 40 f). Nicht fortgeführt im Sinne der Vorschrift wird ein Betrieb nach wohl h.M. dann, wenn er nicht während des gesamten Fünfjahreszeitraumes in dem Umfange besteht, wie er in dem zugrundezulegenden Umfang bei der übertragenden Gesellschaft bestand (Widmann a.a.O.., Rn. 661, 678; offen gelassen von Klingberg a.a.O..). Kriterien für die Beurteilung der Forführung eines Betriebes oder Betriebsteiles sind u.a. der Umsatz, das Auftragsvolumen, das Aktivvermögen und die Anzahl der Arbeitnehmer (Breuninger/ Frey, GmbHR 1998, 866, 873; Hofmeister, FS Widmann, 2000, 413, 421; Klingberg a.a.O..; Müller-Gatermann, FS Widmann, 2000, 425, 437; Postertz, DStR 2005, 1678, 1679; Widmann a.a.O.., Rn. 643; BMF-Schreiben vom 16. April 1999, BStBl. I 1999, 455, Tz. 17). Diese Aufzählung ist allerdings nicht abschließend; für die Gesamtwürdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles können auch andere Kriterien herangezogen werden (Müller-Gatermann a.a.O..; Postertz a.a.O..; Wisniewski in Haritz/Benkert, UmwStG, 2. Auflage 2000, § 12 Rn. 91). Lediglich der Gewinn (bzw. Verlust) scheidet naturgemäß als Beurteilungskriterium aus (Orth, DB 1998, 2242, 2248; Wisniewski a.a.O..).

Umstritten ist allerdings, auf welchen Zeitpunkt oder Zeitraum bei der Beurteilung des Zustandes der übertragenden Körperschaft abzustellen und in welchem Umfang ein Absinken der maßgeblichen Kriterien zulässig ist. Die Finanzverwaltung hält die durchschnittlichen Werte während des Zeitraumes, in dem der Verlust entstanden ist (sog. Verlustphase), für maßgeblich (BMF-Schreiben vom 16. April 1999, BStBl. I 1999, 455, Tz. 38 i.V.m. Tz. 15; ebenso Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Auflage 2006, § 12 UmwStG Rn. 107; ähnlich Hofmeister, FS Widmann, 2000, S. 413, 421 f., und Postertz, DStR 2005, 1678, 1680, die nicht die gesamte Verlustphase, sondern nur die letzten fünf Jahre vor dem Übertragungszeitpunkt betrachten wollen) und ein Absinken um mehr als die Hälfte des ursprünglichen Umfanges für schädlich (BMF-Schreiben vom 16. April 1999, BStBl. I 1999, 455, Tz. 38 i.V.m. Tz. 16; zust. Müller-Gatermann, FS Widmann, 2000, 425, 437 f.). In der Literatur wird demgegenüber auf den Zustand zum steuerlichen Übertragungsstichtag abgestellt (Bock, GmbHR 1999, 279, 281; Breuninger/Frey, GmbHR 1998, 866, 873 f.; Füger/Rieger, DStR 1997, 1427, 1438; Hörger/Endres, DB 1998, 388, 389; dies., FR 1998, 1017, 1020 f.; Krebs, BB 1998, 1921; Kröner, DStR 1998, 1495, 1503; Orth, DB 1997, 2242, 2248; Widmann a.a.O.., Rn. 664; Wisniewski a.a.O.., Rn. 92) und die Grenze von 50% des ursprünglichen Umfanges teils für zu hoch, teils für zu niedrig (Hofmeister, FS Widmann, 2000, 413, 423 f., hält eine Abschmelzung nur von bis zu ca. 10% für zulässig), jedenfalls aber für zu starr (Bock, GmbHR 1999, 279, 281 f.; Postertz, DStR 2005, 1678, 1680; Wisniewski a.a.O..) gehalten.

Der erkennende Senat folgt der Auffassung in der Literatur, dass ein Abstellen auf den durchschnittlichen Umfang der maßgeblichen Kriterien während der gesamten Verlustphase nicht in Betracht kommt. Abzustellen ist vielmehr auf den Geschäftsbetrieb in dem Umfang, wie er sich am Verschmelzungsstichtag darstellt. Dies folgt allerdings entgegen einer im Schrifttum geäußerten Ansicht (Bock, GmbHR 1999, 279, 281; Hörger/Endres, GmbHR 1999, 569, 581) nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG. Zwar verlangt die Vorschrift lediglich das Fortführen des Betriebes nach dem Verschmelzungsstichtag und nicht das Fortführen in einem bestimmten Umfang vor dem Verschmelzungsstichtag (vgl. Bock a.a.O..), aber wenn sie die Fortführung nach dem Verschmelzungsstichtag in einem "vergleichbaren Umfang" verlangt, so kann der Vergleichsmaßstab nur vor oder an dem Verschmelzungsstichtag liegen. Nicht entschieden ist nach dem soeben Gesagten allerdings, ob der Vergleich sich, wie die Finanzverwaltung meint, auf einen vor dem Verschmelzungszeitpunkt liegenden Zeitraum bezieht oder ob, wofür die wohl h.M. im Schrifttum plädiert, Vergleichsmaßstab der Verschmelzungszeitpunkt selbst ist. Der Wortlaut des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG lässt dies offen (ebenso Hofmeister, FS Widmann, 2000, 413, 421). Der Senat hält insoweit die Ansicht, dass es auf den Verschmelzungsstichtag ankomme, für vorzugswürdig. Anderenfalls wäre es einem Unternehmen, das in eine Verlustphase eintritt, praktisch verwehrt, zunächst Umstrukturierungsmaßnahmen, die zu einer Abschmelzung der maßgeblichen Kriterien führen, oder eine Verkleinerung des Geschäftsbetriebes insgesamt vorzunehmen, um zu versuchen, die Verlustphase aus eigener Kraft durch Ergreifen wirtschaftlich sinnvoller Maßnahmen wieder zu verlassen. Das Unternehmen wird diese wirtschaftlich sinnvollen Maßnahmen nämlich kaum ergreifen, wenn es sicher erwarten muss, dass es bei deren Scheitern im Falle einer Verschmelzung seine aufgelaufenen Verlustvorträge verliert, weil nach der Verschmelzung die Fortführung in dem Umfange, der durchschnittlich während der Verlustphase zu beobachten war, nicht möglich erscheint (ebenso Hofmeister, FS Widmann, 2000, 413, 422 f.; ähnlich Breuninger/Fey, GmbHR 1998, 866, 874; vgl. auch das von Krebs, BB 1998, 1921 f., gebildete Beispiel). Die Argumente, die gegen die Betrachtung der Verlustphase sprechen, sprechen in gleicher Weise gegen das Abstellen auf einen, wenn auch u.U. kürzeren Zeitraum vor der Verschmelzung (wie etwa von Hofmeister, FS Widmann, 2000, 413, 421 ff., und Postertz, DStR 2005, 1678, 1680, vorgeschlagen - fünf Jahre -), da auch in diesem Fall Umstrukturierungsmaßnahmen verhindert werden, wenn das Unternehmen sich jedenfalls die Möglichkeit offenhalten will, in absehbarer Zeit eine Verschmelzung vorzunehmen. Der Senat verkennt dabei nicht, dass es Fälle geben mag, in denen ein Unternehmen kurz vor dem Verschmelzungszeitpunkt eine radikale "Betriebsverkleinerung", etwa durch Veräußerung des gesamten Anlagevermögens und Entlassung sämtlicher Arbeitnehmer, vornehmen könnte mit der Folge, dass nach der Verschmelzung nur ein entsprechend kleiner Betrieb fortgeführt werden muss. Allerdings lassen sich nicht alle maßgeblichen Kriterien - z.B. der Jahresumsatz oder die auch gelegentlich als in Betracht kommendes Kriterium genannte Bilanzsumme (Hofmeister, FS Widmann, 2000, 413, 421; Klingberg in Blümich a.a.O.., Rn. 40 f.) - in dieser Weise willentlich reduzieren, so dass in derartigen Fällen den nicht beeinflussbaren Faktoren im Rahmen der Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles größeres Gewicht beigemessen werden könnte.

Hinsichtlich des aufrecht zu erhaltenden Umfanges hält der Senat eine starre Grenze von 50% des am Verschmelzungsstichtages bestehenden Geschäftsbetriebes für ungeeignet, um den zu beurteilenden Einzelfällen gerecht zu werden (gl.A. Bock, GmbHR 1999, 279, 281). Maßgeblich müssen vielmehr die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalles sein. Dabei hält der Senat die Grenze von 50% allerdings für einen geeigneten Richtwert. Nicht zuzustimmen ist der im Schrifttum demgegenüber geäußerten Ansicht, dass die Nichtvergleichbarkeit erst bei einem Absinken auf unter 25% des ursprünglichen Umfangen angenommen werden könne (Widmann a.a.O.., Rn. 648). Ein Geschäftsbetrieb, der 75% oder mehr seines ursprünglichen Umfanges verloren hat, ist mit dem ursprünglichen Geschäftsbetrieb allenfalls ausnahmsweise noch vergleichbar; regelmäßig endet die Vergleichbarkeit bei einem Absinken von unter 50% des ursprünglichen Geschäftsbetriebes. Dabei muss aber eine Kompensation in der Weise möglich sein, dass eine Erhöhung eines Kriteriums die Verminderung eines anderen Kriteriums ausgleicht, denn anderenfalls wäre die übernehmende Körperschaft gehindert, wirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungsmaßnahmen vorzunehmen, die z.B. eine deutliche Erhöhung des Anlagevermögens bei deutlicher Verminderung der Arbeitnehmerzahl oder umgekehrt mit sich bringen könnten. Das Einräumen einer Kompensationsmöglichkeit erscheint auch deshalb geboten, weil das Gesetz ein Fortführen in vergleichbarem Umfang, nicht aber in vergleichbarer Art und Weise fordert.

b) Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin den Betrieb, der den Verlust verursacht hatte, der B, in den folgenden fünf Jahren in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang fortgeführt. Zwar sind die Umsätze zurückgegangen, lagen jedoch lediglich in einem der fünf Folgejahre (2003) unter 50% des Wertes für das Jahr 2000. Zudem war der Wert des Anlagevermögens in jedem der fünf Folgejahre höher als zum 31. Dezember 2000. Arbeitnehmer hatte die B weder am Verschmelzungsstichtag noch in den Folgejahren. In der Gesamtschau ergibt dies ein Fortführen in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang. Gerade der Zugang an Anlagevermögen zeigt, dass der Umsatzrückgang nicht auf eine Einschränkung des Geschäftsbetriebes der ehemaligen B durch die Klägerin zurückzuführen sein dürfte, sondern auf äußere Umstände, auf die die Klägerin nur bedingt Einfluss nehmen konnte. Anders hätte der Fall zu beurteilen sein können, wenn die Klägern gleichzeitig oder jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit diesem erheblichen Umsatzrückgang auch das Anlagevermögen im großem Umfang verringert hätte. Dem erkennenden Senat erschließt sich nicht, warum gerade der Bestand des Anlagevermögens im vorliegenden Fall - wie der Beklagte meint - keine geeignete Kennzahl für die Beurteilung der Fortführung der Tätigkeit sein sollte. Die Tatsache, dass sich die B im Jahr vor der Verschmelzung von sämtlichen Arbeitnehmern getrennt hat, führt ebenfalls nicht zu einer Versagung des Verlustabzuges. Der Senat geht davon aus, dass es sich insoweit um einen Sanierungsversuch der B im letzten Jahr ihres Bestehens gehandelt hat. Dafür, dass insoweit eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung im Hinblick auf § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG vorliegen könnte, hat der Beklagte weder Anhaltspunkte genannt, noch ergeben sich solche aus dem Inhalt der Akten.

2. Die Revision zum Bundesfinanzhof war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da die Frage, auf welchen Vergleichszeitraum oder -zeitpunkt bei der Anwendung des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG abzustellen ist, höchstrichterlich noch nicht entschieden ist.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.

Ende der Entscheidung

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