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Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 11.07.2007
Aktenzeichen: 12 K 8345/06 B
Rechtsgebiete: AO
Vorschriften:
AO § 228 | |
AO § 229 Abs. 1 | |
AO § 162 | |
AO § 230 |
Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Körperschaftsteuer
In dem Rechtsstreit
...
hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg -12. Senat -
ohne mündliche Verhandlung am 11. Juli 2007
...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand:
Die Klägerin gab für das Jahr 1993 weder Steuererklärungen ab noch legte sie dem Beklagten einen Jahresabschluss vor. Der Beklagte schätzte daraufhin gemäß § 162 der Abgabenordnung (AO) die Besteuerungsgrundlagen. Aus dem danach erlassenen Körperschaftsteuerbescheid vom 05. März 1997 resultierte ein Guthaben in Höhe von DM 21 800, welches der Beklagte auf das ihm bekannte Geschäftskonto der Klägerin überwies. Dieses Konto war jedoch zwischenzeitlich erloschen, so dass der Betrag zurücküberwiesen wurde. Am 21. Mai 1997 wurde die Klägerin wegen Annahme der Vermögenslosigkeit aus dem Handelsregister gelöscht.
Am 21. November 2001 stellte der frühere Geschäftsführer der Klägerin einen Antrag auf Verrechnung des Guthabens. Der Beklagte teilte ihm daraufhin mit, dass die Klägerin im Handelsregister gelöscht worden sei und eine Verrechnung nur noch im Rahmen einer Nachtragsliquidation möglich sei. Mit Schreiben vom 23. Februar 2005 fragte der Bevollmächtigte der Klägerin bei dem Beklagten an, ob das Guthaben noch bestehe. Mit Schreiben vom 08. März 2005 teilte der Beklagte dazu mit, dass grundsätzlich die Möglichkeit bestehe, das Guthaben im Rahmen einer Nachtragsliquidation zu erstatten. Er gab jedoch gleichzeitig zu bedenken, dass es sich bei dem Körperschaftsteuerbescheid 1993 um einen Schätzungsbescheid handele, der mit dem Einspruch angefochten worden sei, so dass im Rahmen der Nachtragsliquidation das Rechtsbehelfsverfahren wieder aufgenommen sowie eine Körperschaftsteuererklärung und ein Jahresabschluss für 1993 eingereicht werden müssten, was zu einer Kostenbelastung der Klägerin führen würde. Mit Beschluss des Amtsgerichts K... vom 26. Mai 2005 wurde der frühere Geschäftsführer der Klägerin zu ihrem Liquidator bestellt. Sodann nahm die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten den Einspruch gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1993 zurück.
Mit Schreiben vom 17. Juni 2005 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass eine Erstattung des Guthabens aus dem Körperschaftsteuerbescheid 1993 wegen zum 31. Dezember 2002 eingetretener Zahlungsverjährung nicht in Betracht komme. Dementsprechend lehnte der Beklagte die Erfüllung einer Abtretungsanzeige ab, mit der die Forderung aus der Körperschaftsteuererstattung zwecks Erfüllung von Honoraransprüchen an ihren Bevollmächtigten abgetreten werden sollte.
Mit Schreiben vom 26. September 2005 beantragte die Klägerin die Erteilung eines Abrechnungsbescheides. Dieser erging am 21. Oktober 2005 und wies einen ursprünglichen Erstattungsbetrag in Höhe von insgesamt DM 21 800 (entspricht EUR 11 145,84) aus, der jedoch wegen Zahlungsverjährung erloschen sei. Den Einspruch gegen den Abrechnungsbescheid wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 17. Oktober 2006 als unbegründet zurück.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Lauf der Zahlungsverjährung durch den gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1993 eingelegten Einspruch gehemmt gewesen sei. Jedenfalls aber habe der von ihrem früheren Geschäftsführer und jetzigem Liquidator gestellte Verrechnungsantrag vom 21. November 2001 die Zahlungsverjährung unterbrochen. Darüber hinaus habe der Beklagte durch sein Schreiben vom 08. März 2005 einen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass die Zahlungsverjährung nicht eingetreten sei, geschaffen. Das Schreiben stellt nach Ansicht der Klägerin eine verbindliche Zusage dar. Sie, die Klägerin, habe auf diese Zusage vertraut, wie sich daran zeige, dass sie nach Erhalt des Schreibens die Bestellung ihres früheren Geschäftsführers als Nachtragsliquidator betrieben und damit nicht unerhebliche Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Justizkasse und ihrem Bevollmächtigten eingegangen sei.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Abrechnungsbescheides vom 21. Oktober 2005 und der Einspruchsentscheidung vom 17. Oktober 2006 den Beklagten zu verpflichten, ihr ein Guthaben in Höhe von EUR 10 225,84 zuzüglich 6% Zinsen p.a. seit dem 23. August 1995 zu erstatten
sowie, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 FGO).
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung eines Guthabens in Höhe von EUR 11 145,84.
1. Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung des Guthabens war zum Zeitpunkt des Antrags aufgrund Zahlungsverjährung bereits erloschen (vgl. §§ 47, 232 AO).
a) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis unterliegen gemäß § 228 AO einer besonderen Zahlungsverjährungsfrist von fünf Jahren. Sie beginnt nach § 229 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist.
Der Anspruch der Klägerin auf das Körperschaftsteuerguthaben wurde erstmals im Jahre 1997 fällig. Die Frist des § 228 AO begann somit mit Ablauf des Jahres 1997 und endete mit Ablauf des Jahres 2002. Zum Zeitpunkt des Antrags der Klägerin auf Erstattung des Guthabens war somit bereits Zahlungsverjährung eingetreten.
b) Die Verjährung war auch nicht gehemmt oder unterbrochen.
aa) Die Verjährung wird gemäß § 230 AO nur gehemmt, solange der Anspruch wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist nicht verfolgt werden kann. Für das Vorliegen dieser Voraussetzung hat die Klägerin nichts vorgetragen; dafür liegen nach der Aktenlage auch keine Anhaltspunkte vor.
bb) Die Verjährung war auch nicht durch die Einlegung des Einspruchs gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1993 unterbrochen. Ein gegen eine Steuerfestsetzung eingelegter Einspruch ist nämlich nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) allein nicht als schriftliche Geltendmachung eines Erstattungsanspruches i.S. des § 231 Abs.1 AO anzusehen (BFH-Urteil vom 09. Juli 1997 - VII R 136/95, BFH/NV 1997, 10). Das folgt schon daraus, dass das Rechtsinstitut der Zahlungsverjährung sich nur auf das Erhebungsverfahren auswirkt, der Einspruch aber gegen die Steuerfestsetzung selbst gerichtet ist.
cc) Auch das Schreiben, mit dem der frühere Geschäftsführer und jetzige Liquidator der Klägerin die Verrechnung des Erstattungsanspruchs begehrte, unterbrach die Verjährung des Anspruchs nicht.
Dieses Schreiben datiert vom 21. November 2001. Zu dieser Zeit war die Organstellung des Liquidators der Klägerin als Geschäftsführer aufgrund der Löschung der Klägerin wegen Vermögenslosigkeit beendet (vgl. Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, Kommentar, 18. Auflage 2006, § 38 Rn. 91). Zum Nachtragsliquidator war er noch nicht bestellt worden. Damit war der Nachtragsliquidator der Klägerin am 21. November 2001 für diese weder geschäftsführungs- noch vertretungsbefugt (vgl. Zöllner/Noack a.a.O.., Rn. 98) und konnte daher keine rechtswirksamen Erklärungen für sie abgeben. Das Schreiben von diesem Tage entfaltete somit keine Rechtswirkungen für die Klägerin. Ohne Erfolg wendet die Klägerin dagegen ein, dass Willenserklärungen oder Realakte, die für eine in Auflösung befindliche GmbH vorgenommen werden sollten, welche wegen fehlender Liquidatoren vorübergehend über kein Organ verfüge, und die ohne tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten problemlos vorgenommen werden könnten, "ohne weiteres" durch den früheren Geschäftsführer der Gesellschaft für die Liquidationsgesellschaft vorgenommen werden könnten. Es ist vielmehr anerkannt, dass eine gelöschte (aber nur aufgelöste) Gesellschaft im Zeitpunkt der erforderlich gewordenen Liquidation über keine aktuellen vertretungsberechtigten Organe mehr verfügt (LG Aachen, Urteil vom 17. April 2002 - 12 O 59/02, GmbH-Rundschau - GmbHR - 2002, 696), weshalb gerade die Bestellung von Nachtragsliquidatoren notwendig ist (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 07. Januar 1998 - 3Z BR 491/97, Neue Juristische Wochenschrift - Rechtsprechungsreport - 1998, 1333 = GmbHR 1998, 384).
2. Die Klägerin hat auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten keinen Anspruch auf Erstattung des Guthabens. Die Auskunft des Beklagten in dem Schreiben vom 08. März 2005 entfaltete keine Bindungswirkung. Allgemeine Auskünfte einer Finanzbehörde sind regelmäßig nicht bindend (Rüsken in Klein, AO, Kommentar, 9. Auflage 2006, § 204 Rn. 21). Etwas anderes galt in dem hier streitigen Zeitraum nur dann, wenn die Bindungswirkung gesetzlich festgeschrieben war oder wenn die Voraussetzungen einer verbindlichen Zusage außerhalb einer Außenprüfung vorliegen. Beides ist hier nicht der Fall.
a) Eine gesetzliche Bestimmung, nach der die Äußerung des Beklagten vom 08. März 2005 Bindungswirkung entfalten könnte, ist nicht ersichtlich.
b) Das Schreiben des Beklagten vom 08. März 2005 stellte auch keine verbindliche Auskunft dar. Die Rechtsprechung hat eine Reihe von Voraussetzungen aufgestellt, die vorliegen müssen, damit nach den Grundsätzen von Treu und Glauben das Vertrauen des Steuerpflichtigen auf eine Zusage des Finanzamtes geschützt wird. Dazu gehört u.a., dass der Steuerpflichtige in eindeutiger Weise eine verbindliche Zusage beantragt hat und die Zusage vom Vorsteher oder dem zuständigen Sachgebietsleiter erteilt wird (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 19. März 2002 - VIII R 57/99, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 2002, 662, unter II.B.5.b) der Gründe m.w.N.). An beidem fehlt es hier. Insbesondere genügt das eher allgemein gehaltene Schreiben des Bevollmächtigten der Klägerin vom 23. Februar 2005 nicht den Anforderungen, die an einen Antrag auf Erteilung einer bindenden Zusage gestellt werden. Dieser muss nämlich u.a. folgende Angaben enthalten: eine umfassende und in sich abgeschlossene Darstellung eines ernsthaft geplanten, im Wesentlichen noch nicht verwirklichten Sachverhalts, die Darlegung des besonderen steuerlichen Interesses, eine ausführliche Darlegung des Rechtsproblems mit eingehender Begründung des eigenen Rechtsstandpunktes, die Formulierung konkreter Rechtsfragen (wobei globale Fragen nach den eintretenden Rechtsfolgen nicht ausreichen), die Erklärung, dass über den zur Beurteilung gestellten Sachverhalt bei keiner an deren Finanzbehörde eine verbindliche Auskunft beantragt wurde sowie die Versicherung, dass alle für die Erteilung der Auskunft und für die Beurteilung erforderlichen Angaben gemacht wurden und der Wahrheit entsprechen (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 29. Dezember 2003, BStBl. I 2003, 742). Zudem ist das Schreiben des Beklagten nicht vom Vorsteher oder Sachgebietsleiter unterzeichnet worden.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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