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Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 25.03.2008
Aktenzeichen: 12 V 12287/07
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 7g Abs. 3 |
Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§ 69 FGO) - Gewerbesteuermessbetrag 2004
In dem Verfahren
...
hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 12. Senat - am 25. März 2008 durch
den Präsidenten des Finanzgerichts ..., die Richterin am Finanzgericht ... sowie den Richter am Finanzgericht ...
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag wird abgewiesen.
Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Gründe:
Die Antragstellerin führt Leistungen auf dem Gebiet des Im- und Exports von Waren, Bau- und Anlagetechnik, Transportlogistik sowie der Transportvermittlung aus. Sie reichte am 10. März 2006 ihre Steuererklärung für 2004 bei dem Antragsgegner ein. Darin berücksichtigte sie eine Ansparabschreibung gemäß § 7g Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von EUR 60 000. Ein Teilbetrag in Höhe von EUR 30 000 war dabei für das Streitjahr neu gebildet worden.
Der Antragsgegner nahm in der Zeit von Oktober 2006 bis Februar 2007 bei der Antragstellerin eine Außenprüfung für die Veranlagungszeiträume 2002 bis 2004 vor. Er erkannte danach insbesondere die für das Jahr 2004 neu gebildete Ansparabschreibung in Höhe von EUR 30 000 mangels Benennung der anzuschaffenden Wirtschaftsgüter sowie ihrer voraussichtlichen Anschaffungskosten und Funktion nicht an. Zudem zinste er ein der Antragstellerin von ihrer Gesellschafterin gegebenes Darlehen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG ab.
Am 03. Januar 2007 beantragte die Antragstellerin die Berücksichtigung einer neu gebildeten Ansparabschreibung in Höhe von EUR 30 000 für einen im Juli 2006 zum Preis von EUR 212 000 angeschafften Kettendozer. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner ab. Am 13. Juli 2007 erließ der Antragsgegner entsprechend den im Rahmen der Außenprüfung getroffenen Feststellungen die hier angefochtenen Änderungsbescheide über Gewerbesteuer und Gewerbesteuermessbetrag 2004. Gegenüber den Ausgangsbescheiden war der Gewinn darin um EUR 109 317 erhöht. Dagegen legte die Antragstellerin Einspruch ein, über den der Antragsgegner noch nicht entschieden hat.
Mit Schreiben vom 02. Oktober 2007 beantragte die Antragstellerin für das Streitjahr die Bildung einer neuen Ansparabschreibung für drei im Juli 2006 angeschaffte Baumaschinen (zwei Kettenbagger zu je EUR 190 000 sowie ein Kettendozer zu EUR 220 000) in Höhe von EUR 109 317, um, wie sie selbst vorträgt, das Mehrergebnis der Außenprüfung zu kompensieren. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner ab. Die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide lehnte der Antragsgegner ebenfalls ab.
Die Antragstellerin weist darauf hin, dass das Fehlen eines Finanzierungszusammenhanges nur dann ausgeschlossen sei, wenn die Rücklage später als zwei Jahre nach Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsgutes geltend gemacht werde. Das sei bei ihr nicht der Fall, denn sie habe die Investition im Jahre 2006 getätigt und im Jahre 2007 die Bildung der Ansparabschreibung beantragt. Sie, die Antragstellerin, habe im übrigen ihre Investitionsabsicht bereits dadurch glaubhaft gemacht, dass sie in ihrem ursprünglichen Jahresabschluss des Streitjahres eine Ansparabschreibung für Baumaschinen gebildet gehabt habe, welche der Antragsgegner allerdings wegen zu ungenauer Bezeichnung abgelehnt habe. Die Bildung der Rücklage in der nun beantragten Höhe in dem ursprünglichen Jahresabschluss hingegen hätte zu einem erheblichen Jahresfehlbetrag geführt, welcher für die Verhandlungen mit Banken für die Finanzierung geplanter Investitionen schädlich gewesen wäre. Jedenfalls seien die angeschafften Baumaschinen für den Bau von Gasleitungen in Weißrussland eingesetzt worden; derartige Projekte bedürften jahrelanger Vorbereitungen, so dass schon aus diesem Grund die ursprüngliche Investitionsabsicht glaubhaft sei.
Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung des Bescheides über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer 2004 vom 13. Juli 2007 sowie des Bescheides über die Gewerbesteuerzahlung der Stadt ... vom 19. Juli 2007 auszusetzen und die Vollziehung der Festsetzung einer Gewerbesteuernachzahlung für 2004 vom 13. Juli 2007 in Höhe von EUR 14 377,41 aufzuheben.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Er macht geltend, dass die Antragstellerin nicht, wie es für die nachträgliche Bildung einer Ansparabschreibung erforderlich sei, einen Finanzierungszusammenhang zwischen der Bildung der Rücklage und der Anschaffung der Baumaschinen glaubhaft gemacht oder nachgewiesen habe. Zu dem Vortrag der Antragstellerin hinsichtlich des Einsatzes der angeschafften Baumaschinen in Weißrussland führt der Antragsgegner aus, dass danach sogar zweifelhaft sei, ob für diese Maschinen überhaupt eine Ansparabschreibung hätte gebildet werden dürfen oder ob es nicht möglicherweise an der Voraussetzung der Zugehörigkeit zu einer inländischen Betriebsstätte fehle.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Hinsichtlich des Bescheides der Stadt ... über die Verpflichtung der Antragstellerin zur Zahlung von Gewerbesteuer sowie hinsichtlich der Festsetzung der Gewerbesteuernachzahlung für 2004 ist der Antrag unzulässig. Bei dem Bescheid der Stadt ... handelt es sich um einen Folgebescheid zum Gewerbesteuerbescheid, den die Antragstellerin nicht mit eigenständigen Argumenten angreift; zudem fehlt es insoweit an der Eröffnung des Finanzrechtsweges. Die Festsetzung der Gewerbesteuernachzahlung für 2004 ist kein eigenständig angreifbarer Bescheid, sondern stellt den lediglich den Abrechnungsteil des Bescheides über den Gewerbesteuermessbetrag und Gewerbesteuer 2004 dar. Soweit die Antragstellerin diesen für rechtswidrig hält, muss sie einen Abrechnungsbescheid nach § 218 der Abgabenordnung (AO) beantragen; dies ist indes (noch) nicht geschehen.
Es ist auch nicht ersichtlich, inwieweit die Antragstellerin in dem Abrechnungsteil des Bescheides - über die Frage der Berücksichtigungsfähigkeit der beantragten Ansparabschreibung hinaus - eine Beschwer sieht.
2. Im übrigen ist der Antrag zulässig, aber nicht begründet.
a) Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) soll die Vollziehung eines angefochtenen Steuerbescheides ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH), der der beschließende Senat sich anschließt, vor, wenn neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Bei der notwendigen Abwägung der im Einzelfall entscheidungsrelevanten Umstände und Gründe sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bzw. des Rechtsmittels zu berücksichtigen. Irgendeine vage Erfolgsaussicht genügt nicht (BFH-Beschluss vom 17. Dezember 1998 - I B 101/98, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 1999, 753; Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Auflage 2006, § 69 Rn. 86, m.w.N.).
b) Derartige ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides über den Gewerbesteuermessbetrag und Gewerbesteuer 2004 bestehen hier nicht. Der Antragsgegner hat die Berücksichtigung der beantragten Ansparabschreibung zu Recht versagt.
Nach § 7g Abs. 3 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung kann ein Steuerpflichtiger für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes eine den Gewinn mindernde Rücklage (Ansparabschreibung) von bis zu 40% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des anzuschaffenden oder herzustellenden Wirtschaftsgutes bilden. Das begünstigte Wirtschaftsgut muss sodann bis zum Ende des zweiten des auf die Bildung der Rücklage folgenden Jahres angeschafft oder hergestellt werden; anderenfalls ist die Rücklage gewinnerhöhend aufzulösen.
Der Senat kann offen lassen, ob er der neueren Rechtsprechung des BFH folgt, nach der Aufzeichnungen über die Bildung einer Ansparabschreibung spätestens bei Abgabe der Steuererklärung vorhanden sein müssen (vgl. BFH-Beschluss vom 03. Dezember 2007 - VIII B 28/07, [...]; BFH-Urteil vom 02. August 2006 - XI R 44/05, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 2006, 903, unter II.3. der Gründe). Danach wäre die Anerkennung der Rücklage im vorliegenden Fall schon deshalb zu versagen, weil es an Aufzeichnungen über die anzuschaffenden Wirtschaftsgüter zum Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärung im März 2006 fehlte, denn die Antragstellerin räumt selbst ein, dass sie die Spezifizierung erst im Jahre 2007 vorgenommen habe.
Die Bildung einer Ansparabschreibung für die angeschafften Baumaschinen war jedenfalls zu versagen, da es an einem Finanzierungszusammenhang zwischen der Rücklagenbildung und den getätigten Investitionen fehlt. Ein solcher Finanzierungszusammenhang ist nicht verzichtbar. Er ergibt sich aus dem Zweck des § 7g Abs. 3 EStG, der darin liegt, durch die Gewährung der Möglichkeit, späteres Abschreibungspotential steuertechnisch vorzuverlagern, die Liquidität und damit die Investitions- und Innovationskraft mittelständischer Unternehmen zu stärken (vgl. BFH-Urteile vom 08. November 2006 - I R 89/05, BFH/NV 2007, 671, unter II.2. der Gründe;vom 06. März 2003 - IV R 23/01, BStBl. II 2004, 187, unter 2.a) der Gründe;vom 14. August 2001 - XI R 18/01, BStBl. II 2004, 181, unter II.1. der Gründe).
Dieser Finanzierungszusammenhang besteht nur dann, wenn die Ansparabschreibung tatsächlich der Finanzierungserleichterung von bestimmten Investitionen dient. Dass kann zwar auch noch dann der Fall sein, wenn die Bilanz für das Jahr der Rücklagenbildung erst nach Anschaffung oder Herstellung der entsprechenden Wirtschaftsgüter aufgestellt wird (so auch BFH in BFH/NV 2007, 671, unter II.3.a) der Gründe; BStBl. II 2004, 181, unter II.2. der Gründe). Die nachträgliche Bildung der Ansparabschreibung darf aber nach der Überzeugung des beschließenden Senats nicht allein der allgemeinen - also nicht spezifisch im Hinblick auf eine bestimmte Investitionsabsicht - Liquiditätsverbesserung dienen (ebenso BFH in BFH/NV 2007, 671, unter II.3.b) der Gründe). Der BFH hat in diesem Zusammenhang das Fehlen eines Finanzierungszusammenhanges unwiderleglich vermutet, wenn die Ansparabschreibung später als zwei Jahre nach der Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsgutes gebildet wurde (BFH in BFH/NV 2007, 671). Das bedeutet allerdings nicht, dass nachträglich, aber innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren nach der Anschaffung oder Herstellung gebildete Ansparabschreibungen grundsätzlich anzuerkennen wären. An dem Finanzierungszusammenhang fehlt es vielmehr auch, wenn die Ansparabschreibung ersichtlich nicht im Hinblick auf bestimmte geplante Investitionen, sondern aufgrund eines im Nachhinein, insbesondere in der Folge eines Mehrergebnisses nach einer Außenprüfung, erkannten Liquiditäts- und Steuerstundungsbedürfnisses, gebildet wird (ähnlich BFH in BFH/NV 2007, 671, unter II.3.b) der Gründe). Das ist nach der Überzeugung des beschließenden Senats hier der Fall. Dafür sprechen deutliche Anhaltspunkte. Zum einen begehrt die Antragstellerin die Bildung der Ansparabschreibung exakt in der Höhe des sich aus der Außenprüfung ergebenden Mehrergebnisses. Zum anderen hat die Antragstellerin selbst vorgetragen, dass im Streitjahr 2004 die Bildung einer Ansparabschreibung gar nicht opportun gewesen wäre. Daraus folgt, dass die Ansparabschreibung zunächst überhaupt nicht der späteren Ermöglichung der Investition hätte dienen können, sondern allein den Zweck hatte, die sich nach der Außenprüfung ergebende aktuelle Situation liquiditätsmäßig abzumildern. Das entspricht nicht dem Sinn und Zweck des § 7g Abs. 3 EStG.
3. Der Senat hat die Beschwerde zugelassen, weil die Frage, ob eine Ansparabschreibung nachträglich zum Ausgleich eines steuerlichen Mehrergebnisses nach einer Außenprüfung gebildet werden darf, von grundsätzlicher Bedeutung ist, zu der eine höchstrichterliche Entscheidung in dem bei dem BFH anhängigen Verfahren IV R 82/05 noch aussteht.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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