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Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 06.11.2008
Aktenzeichen: 13 K 13009/08
Rechtsgebiete: FGO, AO, EStG, BGB


Vorschriften:

FGO § 100 Abs. 1 S. 1
AO § 367 Abs. 2 S. 2
EStG § 33a Abs. 1 S. 1
BGB § 1360 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

13 K 13009/08

Einkommensteuer 2006

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 13. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 6. November 2008

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,

den Richter am Finanzgericht ...,

den Richter am Finanzgericht ..., sowie

die ehrenamtlichen Richterinnen ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen.

Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit durch eine Tätigkeit vom 13. März bis zum 30. November in Höhe von 19.855,17 EUR. In der übrigen Zeit war er nach einer Fehlzeitenerklärung nicht bei der Agentur für Arbeit gemeldet, weil er sich im Ausland aufgehalten habe.

Der Kläger ist seit November 1986 verheiratet. Seine Ehefrau M, deren Beruf mit Hausfrau ohne eigenes Einkommen angegeben wurde, lebte mit den gemeinsamen Söhnen E (geboren: 22. Oktober 1988, im Streitjahr in der Ausbildung als Autospengler ohne eigene Einkünfte) und F (geboren: 24. März 1993, Schüler) in ... in Bosnien-Herzegowina.

Der Kläger machte mit der Steuererklärung im Streitjahr Unterhaltsleistungen für bedürftige Personen als außergewöhnliche Belastungen geltend. Dabei gab er an, für seine Ehefrau und die beiden Söhne viermal jeweils 1.857 EUR (= 7.428 EUR) bei Familienheimfahrten am 17. April, am 25. Mai, am 3. August sowie am 24. November 2006 mitgenommen zu haben. Nach den Angaben in einer Unterhaltsbescheinigung war die Ehefrau nicht beruflich tätig und verfügte weder über Einkommen noch über Vermögen.

Der Beklagte setzte die Einkommensteuer für 2006 durch Bescheid vom 13. Juni 2007 auf 1.279 EUR fest. Dabei berücksichtigte er außergewöhnliche Belastungen lediglich in Höhe von 1.440 EUR.

U.a. hiergegen richtete sich der Kläger mit dem am 2. Juli 2007 eingelegten Einspruch. Dabei forderte er die Berücksichtigung der vollen anteiligen Summe des von ihm geleisteten Unterhalts für seine Ehefrau in Bosnien in Höhe von 1.920 EUR.

In einem Änderungsbescheid vom 20. Juli 2007 setzte der Beklagte die Einkommensteuer in Höhe von 953 EUR fest. Ein veränderter Ansatz der außergewöhnlichen Belastungen erfolgte dabei nicht. In der Begründung hieß es dazu, Unterhaltsaufwendungen für die Ehefrau seien bereits zeitanteilig im ersten Bescheid in voller Höhe berücksichtigt worden.

Gegen diesen geänderten Einkommensteuerbescheid wandte sich der Kläger mit einem weiteren Einspruch vom 25. Juli 2007. Er begründete diesen Einspruch damit, dass eine zeitanteilige Aufteilung von Unterhaltsleistungen unabhängig vom Zahlungszeitpunkt der ersten Unterhaltszahlung auf der Grundlage des Schreibens des Bundesministers der Finanzen -BMF- vom 15. September 1997 nicht erfolge. Das Schreiben des BMF vom 9. Februar 2006, auf das sich der Beklagte anlässlich der Erteilung eines Verböserungshinweises im Hinblick auf eine Erwerbsobliegenheit der Ehefrau des Klägers berufen hatte, sei erst ab dem Veranlagungszeitraum 2007 anzuwenden.

Der Beklagte änderte in der Einspruchsentscheidung vom 10. Dezember 2007 die Einkommensteuerfestsetzung zum Nachteil des Klägers auf 1.293 EUR und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

In der Begründung führte der Beklagte aus, nach § 33 a Einkommensteuergesetz -EStGkönnten unter bestimmten Voraussetzungen typische Unterhaltsaufwendungen bis zu einem Höchstbetrag von 7.680 EUR im Kalenderjahr als außergewöhnliche Belastungen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, wenn die unterstützte Person gesetzlich unterhaltsberechtigt und bedürftig sei. Bei der Prüfung der Bedürftigkeit sei für Personen in erwerbsfähigem Alter grundsätzlich davon auszugehen, dass sie ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit verdienten. Insoweit bestehe eine so genannte Erwerbsobliegenheit. Der Einsatz der eigenen Arbeitskraft dürfe nicht gefordert werden, wenn die unterhaltsberechtigte Person aus gewichtigen Gründen keiner oder nur einer geringfügigen Beschäftigung gegen Entgelt nachgehen könne. Eine Kürzung des Höchstbetrages sei für jeden vollen Kalendermonat vorzunehmen, wenn der Steuerpflichtige nur für einen Teil des Veranlagungszeitraums unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen sei. Die in Bosnien- Herzegowina wohnhafte Ehefrau des Klägers sei zu Beginn des Streitjahres 38 Jahre alt gewesen und somit in erwerbsfähigen Alter. Wichtige Gründe im vorgenannten Sinne, durch welche die Ehefrau möglicherweise an einer ihren Lebensunterhalt sicherstellenden Erwerbstätigkeit gehindert gewesen sei, seien vom Kläger weder geltend gemacht worden noch ansonsten ersichtlich. Die Bescheinigungen der Heimatorte enthielten keine Angaben darüber, ob sich die Ehefrau eventuell erfolglos um eine Erwerbstätigkeit bemüht habe. Die Erwerbsobliegenheit sei nicht erst ab dem Veranlagungszeitraum 2007 von Bedeutung. Auch liege kein Inlandsachverhalt vor, bei dem die Bedürftigkeit der unterstützten Person typisierend zu unterstellen und die so genannte Erwerbsobliegenheit nicht mehr zu prüfen sei.

Mit der am 10. Januar 2008 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung seiner Klage vertieft er das Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren insbesondere im Hinblick darauf, dass die Erwerbsobliegenheit im Umfang des BMFSchreibens vom 9. Februar 2006 erst ab dem Veranlagungszeitraum 2007 zu beachten sei. Im Streitjahr sei die Entscheidung der Eheleute zu beachten, dass die Ehefrau ihre Erwerbsobliegenheit durch Übernahme der Haushaltsführung erbringe. Der Kläger räumt ein, dass Unterhaltszahlungen nicht auf Monate im betreffenden Jahr zurückbezogen werden könnten, die vor dem Zahlungsmonat liegen. Aus Vereinfachungsgründen sei bei Unterhaltszahlungen zwischen Ehegatten aber davon auszugehen, dass selbst eine einmalige Zahlung zur Deckung des Lebensbedarfs für das gesamte Jahr bestimmt sei. Der Kläger ist der Ansicht, seine unbeschränkte Steuerpflicht werde durch die Abwesenheit aus Deutschland im Winter nicht unterbrochen.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid vom 13. Juni 2007 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 20. Juli 2007 sowie der Einspruchsentscheidung vom 10. Dezember 2007 zu ändern und Unterhaltszahlungen an die Ehefrau als außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 1.920 EUR zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte nimmt zur Begründung seines Klageabweisungsantrages Bezug auf die Gründe der Einspruchsentscheidung. Er ist außerdem der Ansicht, es sei nicht ausreichend, dass die Ehefrau des Klägers ihre Verpflichtung zum Unterhaltsbeitrag bereits durch die Haushaltsführung in Bosnien-Herzegowina erfüllt habe. Eine Bedürftigkeit sei nur anzunehmen, wenn der Ehepartner im Ausland seiner Erwerbsobliegenheit aus gewichtigen Gründen nicht nachgekommen sei.

Dem Senat liegt die bei dem Beklagten für den Kläger geführte Einkommensteuerakte (1 Band) vor.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Der Beklagte konnte die ursprünglich gewährte unzutreffende Berücksichtigung eines Teilbetrages im Wege der Verböserung gemäß § 367 Abs. 2 Satz 2 Abgabenordnung -AO- rückgängig machen. Der Kläger ist darauf hingewiesen worden und konnte dazu Stellung nehmen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung der von ihm geltend gemachten Unterhaltsleistungen an seine Ehefrau als außergewöhnliche Belastungen.

Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer ihm oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird gemäß § 33 a Abs. 1 Satz 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 7.680 EUR vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden.

Die Ehefrau des Klägers ist diesem gegenüber gemäß § 1360 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB- unterhaltsberechtigt. Ob ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch besteht, richtet sich nach inländischen Maßstäben, d.h. nach dem BGB. Dies gilt nach § 33 a Abs. 1 Satz 5 2. Halbsatz EStG auch für die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden ausländischen Steuerpflichtigen, die Angehörige im Ausland unterstützen (vgl. Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom 4. Juli 2002 -III R 8/01-, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2002, 760).

Ist die unterhaltene Person nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, so können die Aufwendungen nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates der unterhaltenen Person notwendig und angemessen sind ( § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG). Die vom BMF im Schreiben vom 17. November 2003 (BStBl I 2003, 637) für die Bemessung des Höchstbetrages für Unterhaltszahlungen ins Ausland erlassene sog. Ländergruppeneinteilung stellt eine rechtlich nicht zu beanstandende Auslegung des Gesetzes dar (vgl. Bundesverfassungsgericht -BVerfG-, Beschluss vom 31. Mai 1988 -1 BvR 520/83-, Sammlung der Entscheidungen des BVerfG -BVerfGE- 78, 214). Für das Streitjahr 2006 galt für Bosnien-Herzegowina eine Verringerung des Höchstbetrages auf 1/4, also auf 1.920 EUR pro unterhaltener Person.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf einkommensteuerliche Berücksichtigung der von ihm geltend gemachten Unterhaltsleistungen an die in Bosnien-Herzegowina lebende Ehefrau. Der Senat folgt der ständigen Rechtsprechung des BFH zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Angehörige berücksichtigt werden können. Personen im arbeitsfähigen Alter, die die zum Bestreiten des Lebensunterhalts zur Verfügung stehenden Quellen, insbesondere ihre Arbeitskraft nicht ausschöpfen, sind nicht unterstützungsbedürftig. Dabei darf aus der Tatsache, dass am Wohnort Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung geherrscht haben, nicht ohne nähere Ermittlungen geschlossen werden, die unterstützte Person habe trotz Bemühens keine Arbeitsstätte, zumindest in der Form von Gelegenheitsarbeit, gefunden (vgl. BFH, Urteil vom 2. Dezember 2004 -III R 49/03-, BStBl 2005, 483, 486 m.w.N. aus der Rspr.).

Der Senat geht davon aus, dass der BFH mit den Erwägungen in seinem Urteil vom 18. Mai 2006 (-III R 26/05-, BStBl II 2007, 108 ff.), in dem er grundsätzlich zu der Auslegung der hier streitentscheidenden Norm Stellung genommen hat, nicht insgesamt von diesem Erfordernis abgerückt ist. In diesem Urteil hat sich der BFH grundsätzlich dafür entschieden, dass für eine Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an unterhaltsberechtigte Personen eine - sich aus den inländischen Regelungen des BGB ergebende - abstrakte Unterhaltspflicht entscheidend ist.

Dabei geht der BFH davon aus, dass ein Verwandter, der Unterhalt beansprucht, nach bürgerlichem Recht verpflichtet sei, zunächst seine Arbeitskraft zu verwerten (sog. Erwerbsobliegenheit). Komme er dieser Verpflichtung nicht nach, sei er nicht bedürftig und damit nicht unterhaltsberechtigt. Der BFH schließt sich dabei der Auffassung an, dass die Bedürftigkeit zwar Voraussetzung für die gesetzliche Unterhaltsberechtigung sei, aber bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 33 a Abs. 1 EStG typisierend zu unterstellen sei. Hierfür spreche bereits der Wortlaut der Vorschrift, der auf die gesetzliche Unterhaltsberechtigung abstellt, die sich nur aus dem Zivilrecht ergeben könne. Nach § 1602 Abs. 1 BGB sei aber unterhaltsberechtigt nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Die Bedürftigkeit des Unterhaltsempfängers sei somit Voraussetzung für seine Unterhaltsberechtigung, welche nach dem Wortlaut des § 33 a Abs. 1 Satz 1 EStG wiederum Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen beim Leistenden sei. Auch die Begründung zum Jahressteuergesetz -JStG- 1996 vom 11. Oktober 1995 (Bundesgesetzblatt -BGBl- I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438), durch das § 33a Abs. 1 EStG geändert worden ist, weise darauf hin, dass Unterhaltsleistungen nur dann abziehbar sein sollen, wenn der Unterhaltsempfänger bedürftig i.S.d. § 1602 BGB sei. Mit der Ersetzung des Tatbestandsmerkmals der Zwangsläufigkeit durch den Begriff der gesetzlichen Unterhaltsberechtigung gebe es kein eigenständiges steuerrechtliches Merkmal mehr, nach dem die Bedürftigkeit der unterstützten Person zu prüfen sei (vgl. BFH, Urteil vom 18. Mai 2006 -III R 26/05-, BStBl II 2007, 108, 110 m.w.N.).

Mit dieser Auslegung des Begriffs der Unterhaltsverpflichtung ist in dem hier zu entscheidenden Fall mit Auslandsbezug die Bedürftigkeitsprüfung nicht ausgeschlossen. Die Auslegung gilt nach dem Verständnis des Senats allein für Inlandsfälle. Der BFH verweist in unmittelbarem Zusammenhang mit der vorbezeichneten Feststellung, es gebe kein eigenständiges steuerrechtliches Merkmal mehr, nach dem die Bedürftigkeit der unterstützten Person zu prüfen sei, auf die Regelung des § 33 a Abs. 1 Satz 5 EStG. Daraus schließt der BFH, nur wenn die unterstützte Person nicht unbeschränkt steuerpflichtig sei, komme es für die Abziehbarkeit der Unterhaltsleistungen noch darauf an, ob sie notwendig und angemessen seien.

Dagegen sprechen auch nicht die weiteren in seiner Begründung für die abstrakte Unterhaltspflicht in Inlandsfällen enthaltenen Erwägungen des BFH zur Verwaltungsvereinfachung. Er führt dazu aus, wenn die Steuerverwaltung jeweils die zivilrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen für die Gewährung von Unterhalt prüfen müsste, würde das Steuerverfahren erheblich erschwert und außerdem ein Eindringen in die persönlichen Verhältnisse der unterhaltenen Person erforderlich sein. Es entspreche dem Wesen der Besteuerung als einem Massenverfahren, den Weg der leichteren Abgrenzung zu beschreiten, die zugleich auch eine bessere Gewähr für die gleichmäßige Anwendung der Steuergesetze biete (vgl. BFH, Urteil vom 18. Mai 2006 -III R 26/05-, BStBl II 2007, 108, 111). Zunächst dürfte die Anzahl der zu prüfenden Fälle mit Unterhaltszahlungen in das Ausland erheblich geringer als die Zahl der Inlandsfälle sein. Vor allem jedoch ist der Ermittlungsaufwand für die Finanzbehörde angesichts der Regelung des § 90 Abs. 2 AO zu Lasten des Steuerpflichtigen deutlich zurückgedrängt.

Der Senat sieht in dieser Auslegung keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz -GG-. Eine gleichheitssatzwidrige Ungleichbehandlung von Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Angehörige liegt nicht vor.

Schon die Beschränkung des Abzugs auf Unterhaltsleistungen an nach inländischem Recht unterhaltsberechtigte Personen verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Dabei ist vor allem zu beachten, dass die Unterhaltspflichten selbst dem Kläger - unabhängig von ihrer steuerlichen Anerkennung, die nach deutschem Recht erfolgt - nicht durch die inländische, sondern durch die bosnische Rechtsordnung auferlegt werden. Bei der Ausgestaltung von Steuernormen, die den Abzug von Unterhaltsleistungen regeln, hat der Gesetzgeber einen unterschiedlichen Gestaltungsspielraum. Hat er selbst die Ursache für die Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen gesetzt, indem er eine Unterhaltspflicht gesetzlich anordnet, hat er dem grundsätzlich durch einen gesetzlichen Abzug der Unterhaltsleistungen in Höhe des existenznotwendigen Bedarfs Rechnung zu tragen. Demgegenüber besteht keine ähnlich strikte Pflicht, Unterhaltsleistungen, die einem Steuerbürger von einer ausländischen Rechtsordnung auferlegt werden, zum steuerlichen Abzug zuzulassen, auch wenn er sie über das internationale Privatrecht im Inland für verbindlich erklärt (vgl. BFH, Urteil vom 4. Juli 2002 -III R 8/01-, BStBl II 2002, 760, 762 f.) .

Damit wird das verfassungsrechtliche Gebot, dem Steuerpflichtigen sein Einkommen insoweit steuerfrei zu belassen, als es zur Deckung des Existenzminimums benötigt wird, nicht verletzt. Dabei ist hier entscheidend zu beachten, dass die geltend gemachten Zahlungen in ein fremdes Wirtschafts- und Sozialsystem geleistet werden. Die Pflicht zur Sicherung des Existenzminimums korrespondiert mit der sozialstaatlichen Pflicht nach Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG, dem mittellosen Bürger das Existenzminimum erforderlichenfalls durch Sozialleistungen zu sichern. Auch das Gebot der steuerlichen Verschonung des Familienexistenzminimums, das zusätzlich auf Art. 6 Abs. 1 GG beruht, folgt nicht zuletzt daraus, dass der Staat, wenn er dem Steuerpflichtigen die Mittel für die Unterstützung der unterhaltsbedürftigen Familienmitglieder entzöge, letztere in entsprechender Höhe aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Verpflichtung aus dem Sozialstaatsgebot selbst unterstützen müsste. Überlässt er dagegen in verfassungsmäßiger Weise die Unterstützung dem Bürger, wäre es inkonsequent, diesem die dafür benötigten Mittel im Wege der Besteuerung ganz oder teilweise mit der Folge zu entziehen, dass der Staat die Unterstützung des Bedürftigen selbst übernehmen müsste (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1990 -1 BvL 20/84 u.a.-, BVerfGE 82, 60, 85 f.). Aus diesem verfassungsrechtlichen Zusammenhang folgt, dass den deutschen Gesetzgeber für Unterhaltspflichten nach ausländischem Recht gegenüber Personen, die im Ausland leben, das vorbezeichnete Gebot nicht mit der gleichen Konsequenz trifft wie in reinen Inlandsfällen. Gegenüber den im Ausland lebenden ausländischen Staatsangehörigen trägt der deutsche Gesetzgeber keine sozialstaatliche Verantwortung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 -2 BvR 1683/02-, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht -FamRZ- 2005, 1813).

Die danach gesetzlich bestehende Erwerbsobliegenheit ist entgegen der Ansicht des Klägers auch für die Veranlagungszeiträume zu beachten, für die auf der Ebene der Verwaltungsvorschriften etc. keine Regelungen vorhanden sind. Insbesondere kann aus der Nichterwähnung der Erwerbsobliegenheit und ihrer näheren Ausgestaltung im für das Streitjahr relevanten BMF-Schreiben vom 15. September 1997 (BStBl I 1997, 826 ff.) nicht geschlossen werden, dass eine solche Obliegenheit nicht besteht. Ebenso kann aus der erstmaligen Erwähnung der Erwerbsobliegenheit im BMF-Schreiben vom 9. Februar 2006 (BStBl I 2006, 217) unter Ziffer 4. der Schluss gezogen werden, diese habe vorher nicht bestanden oder sei nicht zu beachten gewesen. Solchen Verwaltungsanweisungen fehlt die Rechtsnormqualität (vgl. BFH, Urteil vom 21. Februar 1990 -X R 174/87-, BStBl II 1990, 578, 579).

Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass die Ehefrau des Klägers die grundsätzlich für sie bestehende Erwerbsobliegenheit ausnahmsweise erfüllt hat oder nicht erfüllen musste, sind nicht ersichtlich.

Allein die Entscheidung der Eheleute, dass die Ehefrau ihren Unterhaltsbeitrag durch Haushaltführung erbringen soll, ist zur Erfüllung der einkommensteuerlichen Erwerbsobliegenheit nicht ausreichend. Dabei kann offen bleiben, ob eine solche Entscheidung schon wegen des Auslandsbezuges keinen Einfluss auf die steuerliche Behandlung von Unterhaltsleistungen in Deutschland haben kann.

Die insoweit einschlägige Norm des § 1360 Satz 2 BGB, wonach die gegenseitige Unterhaltsverpflichtung bei Überlassung der Haushaltsführung durch diese Arbeit erfüllt wird, ist ausdrücklich nur als Regelfall ausgestaltet. Vor allem jedoch betrifft sie lediglich das Innenverhältnis der Eheleute. Das Abstellen auf die Disposition der Eheleute ändert nichts an der gesetzlich normierten Verpflichtung, zum Familienunterhalt im Außenverhältnis und gegebenenfalls zum Unterhalt beizutragen. Ein Verzicht ist insoweit nicht möglich. Es kann sich daher eine von der Vereinbarung der Parteien abweichende Verpflichtung ergeben, zum Geldeinkommen beizutragen (vgl. nur Beutler in: Bamberger/Roth, Beckscher Online-Kommentar -Beck OK- BGB § 1360 Rn. 5, Stand: 01.01.2008). Zudem darf der haushaltsführende Ehegatte gemäß § 1353 die Aufnahme einer zumutbaren Erwerbstätigkeit nicht ohne triftigen Grund verweigern (vgl. Wacke in: Münchner Kommentar zum BGB, 4. Aufl. 2000, § 1360 Rn. 17).

Angesichts des Alters der Söhne ist auch nicht ersichtlich, dass die Ehefrau an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gehindert gewesen wäre. Ob insoweit die Kriterien in Ziffer 4. des BMF-Schreibens vom 9. Februar 2006 (BStBl I 2006, 217) auch schon auf Veranlagungszeiträume vor 2007 anwendbar sein können, muss hier nicht entschieden werden.

Das Alter der Kinder des Klägers und seiner Ehefrau hindert hier jedenfalls nicht die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Hierzu können die Kriterien herangezogen werden, die auch für Erwerbsobliegenheiten im sonstigen Unterhaltsrecht entwickelt worden sind (vgl. dazu etwa Palandt/Diedrichsen Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Aufl. 2008, § 1602 BGB Rn. 8 und § 1603 Rn. 34 ff. jeweils m.w.N.). Eine Vollzeitbetreuung ist für keinen der Söhne erforderlich gewesen.

Der Senat hat gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alt. FGO die Revision in dieser Sache zur Klärung der Frage des Bestehens einer Erwerbsobliegenheit im Ausland lebender ausländischer Angehöriger im Rahmen des § 33 a EStG in der Folge der Entscheidung des BFH vom 18. Mai 2006 (-III R 26/05-, BStBl 2007, 108 ff.) zugelassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.

Ende der Entscheidung

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