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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 31.07.2008
Aktenzeichen: 13 V 13119/08
Rechtsgebiete: FGO, InvZulG


Vorschriften:

FGO § 69 Abs. 2 S. 2
FGO § 69 Abs. 3 S. 1
InvZulG 1999 § 2 Abs. 2
InvZulG 1996 § 3 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

13 V 13119/08

Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich der Investitionszulage 2003

In dem Verfahren

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 13. Senat -

am 31. Juli 2008

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,

den Richter ... und

den Richter am Finanzgericht ...

beschlossen:

Tenor:

Die Vollziehung des Änderungsbescheids über eine Investitionszulage nach § 2 InvZulG 1999 für das Jahr 2003 vom 24. Juni 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Januar 2008 wird ab Fälligkeit bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer abschließenden Entscheidung im Verfahren 13 K 13067/08 in Höhe von EUR 190.000 ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt.

Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin zu 8 von Hundert und dem Antragsgegner zu 92 von Hundert auferlegt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Investitionszulage nach § 2 Investitionszulagengesetz 1999 -InvZulG 1999- für eine Windkraftanlage -WKA-, welche die Antragstellerin der A GmbH & Co. KG (vor dem 1. Januar 2008 unter der Firma "B GmbH & Co. KG" handelnd) zur Nutzung überlässt.

Die Antragstellerin ist eine im Jahr 2000 gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Gegenstand des Unternehmens ist die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energien. Mit Vertrag vom 14. November 2003 beauftragte die Antragstellerin die Firma C GmbH mit der Errichtung einer WKA am Standort D. Nach dem Vertrag sollte die Anlage am 30. Juni 2004 fertig gestellt sein. Mit Vertrag vom 17. Dezember 2003 vermietete die Antragstellerin die WKA an die im Jahr 2003 gegründete A KG, die darüber hinaus am Standort E eine Anlage zur Herstellung von Bioethanol errichtete. Diese Anlage wurde im Jahr 2004 fertig gestellt. Mit der Produktion von Bioethanol begann die A KG im Jahr 2005.

Nach Durchführung einer Investitionszulagen-Sonderprüfung, über die die Antragstellerin am 26. Juli 2004 eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 Abgabenordnung -AO- erhielt, gewährte der Antragsgegner mit Bescheid vom 11. August 2004 für das Jahr 2003 eine Investitionszulage nach § 2 InvZulG 1999 in Höhe von EUR 275.000. Bemessungsgrundlage war eine an die Firma C GmbH geleistete Anzahlung in Höhe von EUR 1.000.000. Die Festsetzung erfolgte hinsichtlich des Zeitpunktes der Fertigstellung der WKA und hinsichtlich der Verwendung der WKA in einem begünstigten Wirtschaftszweig nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig.

Die WKA begann am 21. Oktober 2004 mit der Stromerzeugung. Die Firma C GmbH stellte in der Schlussrechnung weitere EUR 50.000 in Rechnung. Hierfür beantragte die Antragstellerin im Jahr 2004 die Gewährung einer Investitionszulage.

Mit dem Änderungsbescheid vom 24. Juni 2005 reduzierte der Antragsgegner die für das Jahr 2003 gewährte Investitionszulage auf EUR 0 und setzte für die Zeit vom 12. August 2004 bis zum 4. August 2005 Zinsen in Höhe von EUR 15.125 fest. Zur Begründung wies er darauf hin, dass die Nutzung der Anlage bei der A KG einen eigenständigen Betrieb darstelle, der nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige 2003 -WZ 2003- unter die Kennziffer 40.11.3 einzuordnen sei und damit nicht zum begünstigten verarbeitenden Gewerbe gehöre. Dabei stützte sich der Antragsgegner auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -BMF- vom 22. April 2005 (IV C 8 - InvZ 1271 - 11/05, BStBl I 2005, 625).

Mit der gleichen Begründung und unter dem gleichen Datum setzte der Antragsgegner auch die Investitionszulage für das Jahr 2004 auf EUR 0 fest.

Die Antragstellerin legte gegen die Bescheide Einspruch ein und beantragte in Höhe von EUR 205.125 eine Aussetzung der Vollziehung, die der Antragsgegner mit Bescheid vom 1. August 2005 bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung gewährte. Die Aussetzung der Vollziehung bezog sich auf EUR 190.000 Investitionszulage und EUR 15.125 Zinsen.

Mit der Einspruchsentscheidung vom 17. Januar 2008 wies der Antragsgegner den Einspruch als unbegründet zurück. Die nutzende A KG betreibe die WKA unabhängig von der Produktionsstätte für die Herstellung von Bioethanol wie ein Unternehmen der Stromerzeugung. Die Stromerzeugung und die Herstellung von Bioethanol stünden weder sachlich noch räumlich in einem Zusammenhang. Der Standort der WKA in D sei von der Produktionsstätte für Bioethanol in E weit entfernt. Außerdem werde der Strom nicht direkt zur Herstellung von Bioethanol genutzt, sondern nach dem Erneuerbaren-Energien- Gesetz zu festgeschriebenen Garantiepreisen in das Stromnetz eingespeist. Den für die Bioethanolanlage benötigten Strom erwerbe die A KG zu Marktpreisen von dem örtlichen Energieversorger.

Gegen die Einspruchsentscheidung hat die Antragstellerin am 18. Februar 2008 Klage erhoben. Diese Klage ist bei dem erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen 13 K 13067/08 anhängig.

Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung für das Klageverfahren in Höhe von EUR 190.000 Investitionszulagen und EUR 15.125 Zinsen lehnte der Antragsgegner am 27. Februar 2008 ab. Der hiergegen gerichtete Einspruch wurde vom Antragsgegner mit Bescheid vom 26. März 2008 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit ihrem gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung macht die Antragstellerin geltend, dass die Bindungsvoraussetzungen durch die langfristige Nutzungsüberlassung an die A KG erfüllt seien. Dabei sei entscheidend, dass der Betrieb der A KG nach den Grundsätzen zur Behandlung von Mischbetrieben insgesamt zu einem begünstigten Wirtschaftszweig gehöre. Personengesellschaften könnten nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- nur einen Betrieb haben. Dass die Produktion von Bioethanol erst im Jahr 2005 begonnen habe, sei für die Klassifizierung als begünstigter Betrieb unerheblich.

Selbst wenn man die Kriterien des BMF-Schreibens vom 22. April 2005 anwenden wolle, lägen darüber hinaus die Voraussetzungen für eine Trennung der A KG in zwei Betriebe nicht vor. Insbesondere bestehe ein wirtschaftlicher Zusammenhang, da sich die A KG durch die Kombination der Herstellung von Bioethanol mit der Erzeugung von Strom durch Windkraft einen Vorteil im Rahmen des § 2a Mineralölsteuergesetz -MineralölStG - verschaffen wollte. Dies sei durch die am 5. Dezember 2007 vom Bundeskabinett verabschiedete Biomasse-Nachhaltigkeitsverordnung -BioNachV-, die unter anderem den Energieeinsatz bewerte, bestätigt worden. Der von der WKA erzeugte Strom werde dabei der A KG trotz der Einspeisung in das öffentliche Netz als für die Bioethanolproduktion verwendet angerechnet. Des Weiteren habe die A KG durch die Nutzung der WKA die Produktionskosten für die Herstellung von Bioethanol stabilisieren und dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen wollen. Die A KG habe zwischen der Herstellung von Bioethanol in E und der Erzeugung von Strom durch die WKA in D auch keine organisatorische oder finanzielle Trennung vorgenommen. Die tatsächlich gegebene räumliche Trennung sei allein dadurch verursacht worden, dass aufgrund der raumplanungsrechtlichen Gegebenheiten eine standortnahe Genehmigung zum Betrieb einer WKA unsicher war. Da Strom keine physikalische Identität habe, sei die fehlende Standortnähe für die Erreichung der von der A KG verfolgten Zwecke letztlich auch unerheblich.

Im Übrigen sei es unschädlich, dass die A KG ihre Bioethanolanlage im Jahr 2007 aufgrund von Absatzschwierigkeiten heruntergefahren habe. Zum einen habe der Umsatzanteil der Windkraft bei der A KG im Jahr 2007 trotzdem nur 28 von Hundert betragen und damit weit hinter dem Umsatzanteil im Bereich Bioethanol gelegen. Zum anderen sei es absurd, bei einem Ausfall der Umsätze aus dem Bereich Bioethanol aus Sicht der Investitionszulage auch ein Herunterfahren der Windkraftumsätze zu verlangen. Ein zweites Standbein trage in solch einem Fall vielmehr zur wirtschaftlichen Genesung des gesamten Unternehmens bei.

Aus verfahrensrechtlicher Sicht verweist die Antragstellerin auf den erhöhten Bestandsschutz nach § 173 Abs. 2 AO aufgrund der durchgeführten Investitionszulagen- Sonderprüfung. Außerdem rechtfertige die bessere Rechtskenntnis aufgrund des BMF-Schreibens vom 22. April 2005 keine Änderung nach § 165 Abs. 1 AO.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Vollziehung des Änderungsbescheids über eine Investitionszulage nach § 2 InvZulG 1999 für das Jahr 2003 sowie des Bescheides über Zinsen zur Investitionszulage für das Jahr 2003 vom 24. Juni 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Januar 2008 ab Fälligkeit bis einen Monat nach Rechtskraft der finanzgerichtlichen Entscheidung in Höhe von insgesamt EUR 205.125 (EUR 190.000 Investitionszulage und EUR 15.125 Zinsen zur Investitionszulage) auszusetzen, hilfsweise, die Beschwerde zuzulassen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Einspruchsentscheidung vom 17. Januar 2008 bestünden und verweist auf die dort ausgeführten Gründe. Im Übrigen sei ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich des Jahres 2004 unzulässig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags nimmt das Gericht auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze in den Verfahren 13 V 13119/08 und 13 K 13067/08 einschließlich sämtlicher Anlagen Bezug. Dem Gericht lag ein Band Investitionszulagenakten vor, der vom Antragsgegner unter der Steuernummer ... geführt wird.

II.

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des geänderten Investitionszulagenbescheids für das Jahr 2003 in Höhe von EUR 190.000 ist zulässig und begründet. Hinsichtlich des Zinsbescheids für das Jahr 2003 ist der Antrag unzulässig.

1. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des geänderten Investitionszulagenbescheids ist trotz der Jahresangaben 2003 und 2004 in Schriftsätzen vom 7. April 2008 und vom 25. April 2008 und der zusammengefassten Einspruchsentscheidung vom 17. Januar 2008 auf die Investitionszulage für das Jahr 2003 beschränkt. Dies ergibt sich aus dem konkreten Antrag im Schriftsatz vom 7. April 2008 und wurde vom Bevollmächtigten der Antragstellerin ausdrücklich bestätigt. Darüber hinaus ergibt sich aus dem konkreten Antrag im Schriftsatz vom 7. April 2008, dass keine Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung in Höhe des ursprünglich ausgezahlten Betrages in Höhe von EUR 275.000, sondern nur eine Aussetzung der Vollziehung in Höhe von EUR 190.000 begehrt wird. Nachdem die Antragstellerin im Jahr 2005 EUR 85.000 an den Antragsgegner zurückgezahlt hatte, entspricht dies den noch offenen Rückzahlungsforderungen des Antragsgegners. Auch im Verwaltungsverfahren waren die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung auf EUR 190.000 beschränkt.

2. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen oder wenn seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts bestehen, wenn und soweit bei summarischer Prüfung der Sachund Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, des unstreitigen Sachverhalts und der gerichtsbekannten Tatsachen erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen oder Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen könnte (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Beschluss vom 17. Mai 2005 I B 108/04, BFH/NV 2005, 1778). Bei Anwendung dieser Grundsätze bestehen nach Auffassung des erkennenden Senats im Streitfall ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheids vom 24. Juni 2005. Ob die Vollziehung gleichzeitig eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte, kann dahingestellt bleiben.

a. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1999 in der für den Streitfall geltenden Fassung sind die Anschaffung und Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens begünstigt, wenn sie - unter anderem - mindestens fünf Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehören, in einer Betriebsstätte im Fördergebiet verbleiben und in jedem Jahr zu nicht mehr als 10 von Hundert privat genutzt werden (Zugehörigkeits-, Verbleibens- und Nutzungsvoraussetzung). Zusätzlich müssen die geförderten Wirtschaftsgüter während der fünfjährigen Bindefrist in einem Betrieb der nach § 2 Abs. 2 InvZulG 1999 begünstigten Wirtschaftszweige verbleiben. Für Gebäude und Gebäudeteile, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind, sieht § 2 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1999 ebenfalls eine fünfjährige Bindefrist vor, in der die Wirtschaftsgüter in einem begünstigten Betrieb verwendet werden müssen (Verwendungsvoraussetzung).

Wird ein bewegliches Wirtschaftsgut innerhalb der Bindefristen veräußert, ist dies unschädlich, soweit der Erwerber die Bindungsvoraussetzungen erfüllt (BFH, Urteil vom 31. August 2006 III R 26/04, BFH/NV 2007, 103 m.w.N.). Entsprechendes gilt bei der langfristigen Nutzungsüberlassung an einen Dritten. Hier kommt es darauf an, ob dem Nutzenden, wenn er anstelle des Überlassenden investiert hätte, eine Investitionszulage zustehen würde (BFH, Urteil vom 19. Februar 2004 III R 14/02, BStBl II 2004, 570 m.w.N.). Auch bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern kommt es trotz einer Veräußerung bzw. Nutzungsüberlassung nicht zu einer Verletzung der Bindungsvoraussetzungen, sofern der Erwerber bzw. Nutzende das Wirtschaftsgut im Sinne des § 2 Abs. 3 InvZulG 1999 verwendet (vgl. auch Urteil des FG Sachsen-Anhalt vom 18. August 2005 1 K 107/02, EFG 2006, 134; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -BMF- vom 28. Juni 2001 IV A 5 - InvZ 1271 - 21/01, BStBl I 2001, 379, Rz. 71).

b. Bei einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage kann sich der Antragsgegner nicht darauf berufen, dass die nutzende A KG mehrere Betriebe im Sinne des Investitionszulagenrechts unterhalte und die WKA zum nicht begünstigten Betrieb "Stromerzeugung" gehöre.

Zunächst ist festzustellen, dass für die im Streitfall maßgebliche Klassifizierung als verarbeitendes Gewerbe in § 2 Abs. 2 Nr. 1 InvZulG 1999 ausdrücklich auf den Betrieb und nicht auf die einzelnen Betriebsstätten abgestellt wird. Insofern besteht ein wesentlicher Unterschied zu der (auch) auf Betriebsstätten bezogenen Betrachtungsweise in § 3 Satz 3 InvZulG 1996 (vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. Januar 2008 13 K 2235/05, EFG 2008, 1060 m.w.N. zum Förderausschluss für die Elektrizitätsversorgung) und in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999, aber auch zur Förderung von Betrieben des Handwerks nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 und zum Ausschluss von Investitionen in sensiblen Sektoren in § 2 Abs. 2 Satz 2 InvZulG 1999, wo es letztlich auf die konkrete Nutzung des einzelnen Wirtschaftsguts ankommt (vgl. BFH, Beschluss vom 31. Mai 2005 III B 143/04, BFH/NV 2005, 1632; BFH, Urteil vom 19. Oktober 2006 III R 51/04, BStBl II 2007, 329).

Der Begriff des Betriebs ist nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, im Investitionszulagenrecht nach den für die Einkommensbesteuerung maßgebenden Grundsätzen auszulegen, soweit sich aus dem Investitionszulagengesetz, seinem Zweck und seiner Entstehungsgeschichte nicht etwas anderes entnehmen lässt (BFH, Urteil vom 26. Januar 2006 III R 5/04, BStBl II 2006, 771 m.w.N.). Die einkommensteuerlichen Grundsätze sehen eine Trennung in mehrere Betriebe, auf die sich der Antragsgegner im Streitfall stützt, nur bei Einzelunternehmen und nicht bei Personengesellschaften wie der A KG vor. Auch § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 InvZulG 1999 soll nach der Rechtsprechung des BFH nur eine Begünstigung im Rahmen der Einordnung in einen Wirtschaftszweig des verarbeitenden Gewerbes bei mehreren Betriebsstätten inner- und außerhalb des Fördergebiets enthalten (vgl. BFH, Urteil vom 26. Januar 2006 III R 5/04, BStBl II 2006, 771). Eine generelle Trennbarkeit in mehrere Betriebe dürfte sich allein aus dieser Regelung auch nicht für die Bestimmung des Wirtschaftszweigs herleiten lassen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass im Investitionszulagenrecht gezielt zwischen dem (gesamten) Betrieb und den einzelnen Betriebsstätten unterschieden wird. Durch die Bezugnahme auf den Betrieb werden bei Mischbetrieben auch Investitionen im Bereich der grundsätzlich nicht begünstigten (Neben)Tätigkeiten gefördert.

Ob eine Personengesellschaft im Rahmen der investitionszulagenrechtlichen Einordnung in einen Wirtschaftszweig des verarbeitenden Gewerbes ausnahmslos nur einen einheitlichen oder unter bestimmten Voraussetzungen auch mehrere investitionszulagenrechtliche Betriebe haben kann, braucht aber letztlich nicht entschieden zu werden. Entsprechendes gilt für die Frage, ob im Streitfall eine Änderung nach § 165 Abs. 1 AO darauf gestützt werden kann, dass mehrere Betriebe vorliegen. Denn die Antragstellerin hat im Rahmen einer summarischen Prüfung glaubhaft dargelegt, dass bei der A KG in jedem Fall nicht die Voraussetzungen für eine Trennung in mehrere Betriebe vorliegen.

Nach Auffassung des erkennenden Senats darf eine solche Trennung jedenfalls nicht weiter gehen als die einkommen- und gewerbesteuerlichen Grundsätze für die Trennung eines Einzelunternehmens in mehrere Gewerbebetriebe, die auf die vollkommene Eigenständigkeit der jeweiligen Betriebe abstellen. Es darf also keine sachliche Verbindung wirtschaftlicher, finanzieller oder organisatorischer Art bestehen. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände sind insbesondere auch Gleichartigkeit bzw. Ungleichartigkeit der Betätigungen sowie die räumliche Nähe bzw. Entfernung zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 9. August 1989 X R 130/87, BStBl II 1989, 901; BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2000 X B 111/00, BFH/NV 2001, 816).

Im Streitfall liegt eine deutliche räumliche Trennung zwischen der Bioethanolanlage in E und der WKA in D vor. Darüber hinaus wird der durch die WKA erzeugte Strom nicht im Produktionsbetrieb genutzt, sondern nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz in das Stromnetz eingespeist. Entgegen der generellen Aussage im BMF-Schreiben vom 22. April 2005 reicht dies aber nicht für eine investitionszulagenrechtliche Trennung in zwei Betriebe aus. Insbesondere kann allein aus diesem Sachverhalt nicht geschlossen werden, dass die WKA in keinem sachlichen (wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen) Zusammenhang mit dem Produktionsbetrieb steht. Vielmehr muss im Streitfall berücksichtigt werden, dass sowohl die Herstellung von Bioethanol als auch die Erzeugung von Strom aus Windkraft unter den Oberbegriff erneuerbare Energien fallen. Insofern bestehen nicht zwei völlig ungleichartige Tätigkeiten. Außerdem hat sich die Antragstellerin für einen wirtschaftlichen Zusammenhang nachvollziehbar auf Vorteile im Rahmen des § 2a MineralölStG sowie auf den organisatorischen und finanziellen Zusammenhang zwischen der Herstellung von Bioethanol und der Stromerzeugung durch die WKA berufen.

Zwar werden im Klageverfahren zu den Einzelheiten gegebenenfalls weitere Erläuterungen und Nachweise erforderlich sein (z.B. Vorlage von Business-Plänen oder internen Entscheidungsvorlagen, aus denen sich die Gründe für die langfristige Nutzung der WKA im Zusammenhang mit § 2a MineralölStG ergeben, Angaben zu den Konten, die für die WKA und die Bioethanolanlage genutzt werden, und Angaben zu den Aufgabenbereichen der im Bereich der Stromerzeugung handelnden Personen). Die derzeitigen Angaben der Antragstellerin reichen bei einer summarischen Prüfung aber aus, um ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des geänderten Investitionszulagenbescheids zu begründen. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner zu diesem Vortrag der Antragstellerin bisher keine Ausführungen gemacht hat, sondern sich trotz der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls allein auf die räumliche Trennung und die Einspeisung des Stroms nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz stützt.

c. Die ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des geänderten Investitionszulagenbescheids entfallen im Rahmen einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage auch nicht deshalb, weil die Rückforderung der Investitionszulage aus anderen Gründen als der investitionszulagenrechtlichen Trennung in der A KG in mehrere Betriebe gerechtfertigt sein könnte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der hierfür maßgebliche Sachverhalt noch in erheblichem Umfang ungeklärt ist. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, im auf vorläufigen Rechtsschutz angelegten Verfahren der Aussetzung der Vollziehung auf ungesicherter Tatsachengrundlage Rechtsfragen zu klären, die sich nach weiterer Aufklärung des Sachverhalts möglicherweise gar nicht stellen (vgl. BFH, Beschluss vom 19. Mai 1999 V B 5/99, BFH/NV 1999, 1495).

Vielmehr sind diese Fragen nach einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts im Klageverfahren zu entscheiden, wobei die objektive Beweislast (Feststellungslast) für alle die Antragstellerin begünstigenden Tatsachen grundsätzlich bei der Antragstellerin liegen wird (vgl. BFH, Urteil vom 22. Januar 2004 III R 52/01, BStBl II 2004, 542).

Dies betrifft zum einen die Frage, ob die A KG schon in den Jahren 2003 und 2004 zu einem begünstigten Wirtschaftszweig gehörte, obwohl sie erst im Jahr 2005 mit der Herstellung von Bioethanol begonnen hat. Wird dies verneint, wäre eine Änderung des Investitionszulagenbescheids nach § 165 Abs. 1 AO möglich. Allerdings ist in diesem Zusammenhang noch unklar, welche Tätigkeiten die A KG wann und in welchem Umfang vor dem Beginn der Herstellung von Bioethanol ausgeführt hat. Insbesondere hat die A KG anscheinend nicht nur die von der Antragstellerin hergestellte WKA, sondern noch weitere WKA genutzt. Auch die Einordnung durch das statistische Landesamt für die Jahre 2003 und 2004 wird eine wesentliche Rolle spielen. Erst nach Aufklärung dieser Punkte wird gegebenenfalls zu entscheiden sein, ob sich die Antragstellerin auf die Rechtsprechung des BFH zur Einordnung eines Unternehmens als verarbeitendes Gewerbe in der Gründungsphase (BFH, Urteil vom 7. März 2002 III R 44/97, BStBl II 2002, 545) oder zur Anschaffung von Wirtschaftsgütern vor Betriebsbeginn (BFH, Urteil vom 7. November 2000 III R 19/98, BStBl II 2001, 256 m.w.N.) berufen muss und kann.

Zum anderen werden im Klageverfahren die genauen Umstände und Folgen der Produktionsunterbrechung im Jahr 2007 aufzuklären sein, die sowohl vom Antragsgegner als auch von der Antragstellerin bisher nur sehr grob angerissen worden sind, obwohl sie eine Änderung des Investitionszulagenbescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO rechtfertigen könnten. Denn nach Auffassung des erkennenden Senats dürfte eine schädliche Produktionsunterbrechung der (begünstigten) Herstellung von Bioethanol in jedem Fall auf die (bei isolierter Betrachtung nicht begünstigte) WKA durchschlagen. Das InvZulG 1999 beschränkt die Förderung gerade auf bestimmte Wirtschaftszweige, wobei eine entsprechende Einordnung des Betriebs zu jedem Zeitpunkt innerhalb der Bindefrist erfüllt sein muss. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass damit aus investitionszulagenrechtlicher Sicht ein Herunterfahren der nicht begünstigten Tätigkeit gefordert würde. Da eine solche Maßnahme zu einer Unterbrechung sämtlicher Aktivitäten des Betriebs führen würde, käme es erst recht zu einer (gegebenenfalls schädlichen) Produktionsunterbrechung. Vielmehr ist darauf abzustellen, dass ein Mischbetrieb durch zusätzliche (nicht begünstigte) Tätigkeiten im Fall einer Produktionsunterbrechung im begünstigten Bereich nicht besser stehen darf als ein Betrieb, der sich von vornherein auf die begünstigten Tätigkeiten beschränkt.

Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Produktionsunterbrechung schädlich ist, hat der BFH bisher nur entschieden, dass eine Nichteinsetzbarkeit geförderter Wirtschaftsgüter für mehr als ein Jahr in jedem Fall schädlich ist. Dagegen hat er offen gelassen, ob bei einer geringeren Dauer der Produktionsunterbrechung die Grundsätze zur Anschaffung von Wirtschaftsgütern vor Betriebsbeginn entsprechend anzuwenden sind, d.h. die infolge der Produktionsunterbrechung fehlende aktive Teilnahme des Betriebs am wirtschaftlichen Verkehr dann als unschädlich angesehen werden kann, wenn die Produktionsanlagen zügig umgebaut und alsbald wieder in Betrieb genommen werden (vgl. BFH, Urteil vom 7. März 2002 III R 41/98, BFHE 198, 173, BStBl II 2002, 582). Darüber hinaus sind diese Grundsätze gegebenenfalls nur dann anzuwenden, wenn zum Zeitpunkt der Produktionsunterbrechung feststeht, dass und wie der Betrieb wieder aufgenommen wird.

Bevor es zu einer Klärung dieser Streitfragen kommt, muss zunächst die genaue Dauer der Produktionsunterbrechung festgestellt werden. Anschließend sind die genauen Umstände der Produktionsunterbrechung zu ermitteln, und zwar insbesondere die Frage, ob die Produktionsunterbrechung zunächst zeitlich unbegrenzt oder von vornherein auf eine bestimmte Zeit angelegt war.

d. Ob eine (teilweise) Rückforderung der Investitionszulage auch deshalb in Betracht kommen könnte, weil die WKA bei der (lediglich vermietenden) Antragstellerin keine Betriebsvorrichtung und damit kein bewegliches Wirtschaftsgut, sondern ein unbewegliches Wirtschaftsgut darstellt, kann im Streitfall dahingestellt bleiben. Für diesen Punkt fehlt es jedenfalls an einer Änderungsnorm, zumal der ursprüngliche Bescheid auf Grundlage einer Investitionszulagen-Sonderprüfung erging und daher über § 173 Abs. 2 AO einen erhöhten Bestandsschutz genießt.

3. Die sachkundig vertretene Antragstellerin bezieht ihren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO ausdrücklich auch auf den Zinsbescheid für das Jahr 2003, der im Verhältnis zum Investitionszulagenbescheid als Folgebescheid anzusehen ist (vgl. BFH, Urteil vom 20. Oktober 2005 - III R 24/04, BFH/NV 2006, 816). Da der Zinsbescheid ausschließlich mit Einwendungen gegen den geänderten Investitionszulagenbescheid (Grundlagenbescheid) angegriffen wird, fehlt es für den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Zinsen an der Darlegung einer Beschwer (vgl. § 42 FGO i.V.m. § 351 Abs. 2 AO; Koch in: Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl. 2006, § 69 FGO Rz. 62). Insbesondere sind keine Anhaltspunkte erkennbar, dass sich der Antragsgegner weigern wird, bei einer Aussetzung der Vollziehung des Investitionszulagenbescheids nach § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO die Vollziehung des Zinsbescheids auszusetzen. Da Einwendungen gegen einen Grundlagenbescheid nur im Verfahren gegen den Grundlagenbescheid geltend gemacht werden können, ergibt sich eine ausreichende Beschwer auch nicht daraus, dass der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des geänderten Investitionszulagenbescheids auf EUR 190.000 beschränkt ist, während sich der Zinsbetrag in Höhe von EUR 15.125 auf die volle Investitionszulage in Höhe von EUR 275.000 bezieht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar. Für die Entscheidung über den vorläufigen Rechtsschutz ergibt sich die Unanfechtbarkeit aus § 128 Abs. 3 FGO, da die Beschwerde nicht zugelassen worden ist, im Übrigen aus § 128 Abs. 4 FGO.



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