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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 25.09.2008
Aktenzeichen: 14 K 2114/05 B
Rechtsgebiete: EStG, GG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5
GG Art. 6 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

14 K 2114/05 B

Einkommensteuer 2001 und 2002

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht D-Brandenburg - 14. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 25. September 2008 durch den Richter ... als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten wegen Werbungskosten bei doppelter Haushaltsführung.

Die Kläger wohnten und arbeiteten ursprünglich in B bei C. Zu Beginn des Jahres 2001 bewarben sich beide auf Stellen in D. Letztlich gelang es jedoch nur der Klägerin ab dem 01. Juli 2001 eine neue Anstellung in ihrem auch zuvor ausgeübten Beruf als ... in D zu finden. Im Juli 2001 verlagerten die Kläger mit ihren zwei gemeinsamen Töchtern den Familienwohnsitz nach D. Der Kläger machte im August 2001 Urlaub und nahm sich ab September 2001 in der Nähe des bisherigen Familienwohnsitzes, in E, ein Zimmer als Nebenwohnsitz. Eine dem Kläger im Oktober 2001 mündlich erteilte Stellenzusage für D wurde nicht eingehalten. Der Kläger blieb daher bei seinem alten Arbeitgeber beschäftigt und wechselte dort lediglich intern den Arbeitsplatz.

In ihren Einkommensteuererklärungen der Streitjahre machten die Kläger Werbungskosten für eine vom 01. September 2001 bis zum 31. Dezember 2002 währende doppelte Haushaltsführung des Klägers in folgender Höhe geltend:

2001

 18 Heimfahrten à 606 km8.694 DM
Mietkosten am Arbeitsort 4 x 225 DM1.000 DM
Verpflegungsmehraufwand für 60 Tage2.544 DM
Gesamtsumme:12.238 DM

2002

 erste und letzte Fahrt363 Euro
40 Heimfahrten à 606 km9.680 Euro
Mietkosten am Arbeitsort 12 x 115 Euro1.381 Euro
Verpflegungsmehraufwand für 60 Tage1.296 Euro
Gesamtsumme:12.720 Euro

Mit unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abgabenordnung -AO-) stehenden Einkommensteuerbescheiden 2001 und 2002 vom 15. Januar 2004 berücksichtigte der Beklagte die geltend gemachten Aufwendungen zunächst dem Grunde nach. Für 2002 erkannte er den Verpflegungsmehraufwand und die Kosten der ersten und letzten Fahrt nicht an, da das Gesetz Verpflegungsmehraufwand allenfalls in den ersten drei Monaten zulasse und die doppelte Haushaltsführung in 2002 weder begonnen noch geendet habe. Er bat um Erläuterung des Anlasses für die doppelte Haushaltsführung.

Die Kläger teilten daraufhin mit, wegen der notwendigen Unterstützung ihrer Eltern nach D gezogen zu sein.

Mit Änderungsbescheiden vom 25. März 2004 erkannte der Beklagte daraufhin keine Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung mehr an. Denn diese sei - nach Auffassung des Beklagten - nicht aus beruflichem Anlass begründet worden.

Gegen die Änderungsbescheide wehrten die Kläger sich mit fristgerechten Einsprüchen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 21. Februar 2005 entsprach der Beklagte den Einsprüchen dahingehend, dass er für 2001 11 Heimfahrten und für 2002 18 Heimfahrten als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ansetzte. Denn die Durchführung dieser Heimfahrten habe der Kläger durch Unterlagen belegt. Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung erkannte er weiterhin nicht als berücksichtigungsfähig an.

Die Aufteilung der Haushaltsführung sei nicht beruflich veranlasst. Der Umzug der Kläger nach D sei vorwiegend privat motiviert gewesen, denn die Kläger hätten ihre dort lebenden Eltern unterstützen wollen.

Hiergegen wehren die Kläger sich mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage.

Der Kläger habe durch den internen Stellenwechsel eine doppelte Haushaltsführung aus beruflichem Anlass neu begründet. Denn dies sei vergleichbar mit einer Kündigung und zeitgleicher Neueinstellung.

Zwar sei der Umzug einerseits privat veranlasst gewesen. Die Klägerin habe sich jedoch zusätzlich wegen Problemen am alten Arbeitsplatz beruflich verändern wollen. Außerdem schütze Art. 6 Grundgesetz -GG- Ehe und Familie.

Die Kläger beantragen (im Hinblick auf die ihnen bereits anerkannten Fahrtkosten),

die Einkommensteuerbescheide 2001 und 2002 vom 25. März 2004 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 03. März 2005 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers zusätzliche Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung in Höhe von 3.455 DM für 2001 und 1.388 Euro für 2002 Berücksichtigung finden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält im Klageverfahren an seiner Einspruchsentscheidung fest. Insbesondere sei das Arbeitsverhältnis des Klägers durch den internen Stellenwechsel nicht beendet und kurze Zeit später mit der Folge einer neuen doppelten Haushaltsführung neu begründet worden. Laut Lohnsteuerkarte habe eine ununterbrochene Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber vorgelegen.

Mit Beschluss vom 07. Juli 2008 hat der zuständige Senat die Entscheidung des Rechtsstreits gemäß § 6 Finanzgerichtsordnung -FGO- dem Einzelrichter übertragen. Diesem hat bei der Entscheidungsfindung ein Band der die Kläger betreffenden Einkommensteuerakten der Streitjahre vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO in ihren Rechten. Der aufgrund des Beschlusses vom 07. Juli 2008 zur Entscheidung berufene Einzelrichter bestätigt die Entscheidung des Beklagten, dass die Kläger die streitgegenständlichen Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung nicht steuermindernd gelten machen können. Es handelt sich bei diesen Aufwendungen nicht um Werbungskosten, denn gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Einkommensteuergesetz -EStG- sind Werbungskosten nur die wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehenden notwendigen Aufwendungen. Die Kläger haben im Jahr 2001 zwar eine - auch im Jahr 2002 gegebene - doppelte Haushaltsführung begründet. Zu dieser Aufsplittung auf zwei Haushalte ist es jedoch nicht aus beruflichen Gründen gekommen.

Das Gericht hat aus dem Inhalt der Akten und der mündlichen Verhandlung die Überzeugung gewonnen, dass die Kläger ihren Hauptwohnsitz aus privaten Gründen nach D verlegt haben. Sie haben wiederholt vorgetragen, dass der Wunsch, wieder in der Nähe ihrer Eltern in D zu wohnen, den Ausschlag für diese Entscheidung gab. Der Beschäftigungswechsel der Klägerin war nach Einschätzung des erkennenden Einzelrichters lediglich eine Folge dieser privat motivierten Entscheidung. Es sind keine beruflichen Gründe für den Wohnungswechsel erkennbar, die die privaten Motive völlig überlagern könnten. Die Klägerin hat in D eine gegenüber der vorherigen Tätigkeit adäquate Beschäftigung als Erzieherin aufgenommen. Die Information des Klägers, dass die Klägerin die Stelle wechseln musste, weil sie bei der alten nicht mehr zurechtkam, gab er erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung nach Erörterung der Rechtslage kund. Daher scheinen diese Beweggründe weniger entscheidend für den Umzug gewesen zu sein. Es ist auch nicht plausibel, dass eine solche berufliche Neuorientierung nicht auch vor Ort hätte geschehen können, sodass für das Gericht feststeht, dass Hauptgrund für den Umzug und die Aufsplittung auf zwei Haushalte familiäre Erwägungen waren.

Es handelt sich bei der doppelten Haushaltsführung der Kläger mithin nicht um eine "aus beruflichem Anlass begründete" im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG. Der Umstand, dass die Einrichtung der Zweitwohnung am Beschäftigungsort des Klägers - für sich gesehen - aus beruflichen Gründen erforderlich war, sowie der interne Stellenwechsel des Klägers waren nicht Ursache der doppelten Haushaltsführung.

An dieser Einschätzung ändert auch Art. 6 Abs. 1 GG nichts. Das Gericht ist sich bewusst, dass es bei der Beurteilung des Streitfalles insbesondere auch die Grundentscheidung des Grundgesetzgebers, Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung zu stellen, zu beachten hat. So hat die höchstrichterliche Finanzrechtsprechung im Hinblick auf den aus Art. 6 Abs. 1 GG resultierenden Schutz von Ehe und Familie eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung dann angenommen, wenn beide Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung an verschiedenen Orten beruflich tätig sind, jeweils dort wohnen und anlässlich ihrer Heirat eine der beiden Wohnungen oder eine neue Wohnung an einem dritten Ort zum Familienhausstand machen.

Die Bundesrichter sahen es hier in "verfassungskonformer Auslegung" des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG als unerheblich an, dass grundsätzlich zunächst ein eigener (Haupt-) Hausstand des Steuerpflichtigen bestanden haben muss, bevor es zur Einrichtung einer Zweitwohnung am Beschäftigungsort gekommen ist. Für unerheblich hielten sie ferner den Umstand, dass eine anlässlich der Heirat begründete doppelte Haushaltsführung streng genommen nicht beruflich begründet ist.

Maßgebend für diese Rechtsprechung ist, dass bei Heirat zweier Berufstätiger diese sich nicht mit einem einzigen Wohnsitz am Ort der Berufsausübung eines von ihnen begnügen können, ohne die Berufstätigkeit des anderen zu beeinträchtigen (ständige Rechtsprechung; siehe BFH vom 4. April 2001 VI R 130/99, BFH/NV 2001, 1384, m.w.N).

Diese Erwägung lässt sich auf den Fall der Kläger nicht übertragen. Sie hätten sich mit einem einzigen Wohnsitz am Ort ihrer Berufsausübung begnügen können, haben sich aber aus privaten Gründen entschlossen, ihre einheitliche Haushaltsführung aufzuteilen.

Das Gericht fühlt sich in dieser Einschätzung des Streitfalls durch das zutreffende Urteil des BFH vom 21. Juni 2006 (Aktenzeichen: IX R 108/00, BFH/NV 2006, 1273) bestätigt. Die Bundesrichter haben hier in einem der Konstellation der Kläger ähnlichen Fall entschieden, dass im Falle von Ehegatten, die zunächst am selben Ort arbeiten und den Wohnsitz anschließend aus privaten Gründen wegverlegen, wobei ein Ehegatte infolge der Wegverlegung des Wohnsitzes am neuen Wohnort eine Arbeitsstelle annimmt, der andere Ehegatte keine Aufwendungen aus Anlass einer doppelten Haushaltsführung geltend machen kann. Zum Tragen kommt damit der Grundsatz, dass nur beruflich veranlasste Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig sind.

Das Gericht sah keinen Grund für die Zulassung der Revision im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO. Die Entscheidung weicht nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab. Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung, da es letztlich auf die Würdigung der im Einzelfall der Kläger gegebenen tatsächlichen Verhältnisse ankam, die nicht auf andere Fälle übertragbar ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

Ende der Entscheidung

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