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Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 01.07.2009
Aktenzeichen: 14 K 2532/04 B
Rechtsgebiete: AO, KWG, ZPO, BGB
Vorschriften:
AO § 46 Abs. 4 | |
KWG § 1 Abs. 1 | |
ZPO § 170 | |
BGB § 406 |
In dem Rechtsstreit
...
hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 14. Senat -
aufgrund mündlicher Verhandlung vom 01. Juli 2009
durch
die Vorsitzende Richterin am Finanzgericht ...,
den Richter am Finanzgericht ...,
den Richter ... sowie
die ehrenamtlichen Richter ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Rückforderungsbescheid vom 14. Juli 2004 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2004 werden aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Beschluss:
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Aufhebung des Rückforderungsbescheides vom 14. Juli 2004 über einen - von ihr bereits entrichteten - Betrag von 444.361,76 Euro. Diesem Bescheid lag eine entsprechende Auszahlung durch das damals zuständige Finanzamt Y aufgrund einer Abtretung der Investitionszulage -IZ- 2001 durch ... (Zedent) an die Klägerin (Zessionarin) zugrunde. Die Klägerin hatte die Abtretung dem Finanzamt zunächst mit Telefax vom 13. Februar 2002, welchem die Abtretungsanzeige in Kopie beigefügt war, angezeigt. Ausweislich der Anzeige hatte der Zedent der Klägerin am 03. Januar 2002 seinen erwarteten Anspruch auf IZ 2001 i. H. v. "ca. 5.000.000 DM" aus dem Objekt G.1. abgetreten. Als Abtretungsgrund war "Sicherungsabtretung" angegeben; insoweit soll es sich um die Besicherung von Darlehensverbindlichkeiten des Zedenten handeln, wie es die Vertragsparteien im Darlehensvertrag vom 13. Juni 2001 zuvor vereinbart hatten. Die IZ für 2001 des Zedenten hatte dieser mit Schreiben vom 10. Januar 2002 beantragt. Sie wurde später mit am 08. April 2002 zur Post gegebenen Bescheid in Höhe von 1.334.607 Euro festgesetzt.
Das Finanzamt Y bestätigte der Klägerin am 18. Februar 2002, dass die abgetretene Forderung bestehe, dass von der Abtretung Kenntnis genommen, ihr erforderlichenfalls zugestimmt und sie beachtet werde und die Zahlungen auf ein bestimmtes Konto der Klägerin geleistet würden. Das Nichtvorliegen eigener Ansprüche bestätigte das Finanzamt Y nicht, da der Zedent dem Land ... zum Zeitpunkt des Eingangs der Abtretungsanzeige bereits zahlreiche Abgaben schuldete, die zum Teil im Hinblick auf den zu erwartenden Anspruch auf die IZ gestundet waren. So hatte der Beklagte gegenüber dem Zedenten Umsatzsteuerrückstände von 536.126,10 Euro mit Stundungsverfügungen vom 21. Dezember 2001 und 22. Januar 2002 bis zum 30. April 2002 gestundet. Ferner hatte das Finanzamt Y am 16. Januar 2002 bis zum 25. April 2002 Grundsteuer nebst Säumniszuschlag in Höhe von insgesamt 671,22 Euro gestundet. Weitere Stundungen erfolgten nach dem 13. Februar 2002. Wegen der näheren Einzelheiten nimmt das Gericht auf die Kopien der Stundungsverfügungen und die hierzu gefertigte Aufstellung Bezug, die der Beklagte mit Schriftsätzen vom 21. Januar 2009 und 13. Februar 2009 bei Gericht eingereicht hat.
Nach Aufrechnung diverser Abgabenrückstände gegenüber dem Zedenten überwies das Finanzamt Y der Klägerin in den Jahren 2002 und 2003 in Teilbeträgen den vom Beklagten später zurückgeforderten Betrag von 444.361,76 Euro. Die Aufrechnungen betrafen unter anderem auch die oben erwähnten gestundeten Umsatz- und Grundsteuern.
Mit Schreiben vom 30. April 2003 erteilte das Finanzamt Y der Klägerin eine Auskunft über die Verwendung des IZ-Guthabens unter Beifügung einer detaillierten Aufstellung der zur Tilgung der Abgabenschulden des Zedenten mit der IZ 2001 vorgenommenen Verrechnungen. Auf das Schreiben nimmt der Senat wegen der näheren Einzelheiten Bezug. Hiergegen legte die Klägerin über ihre Prozessbevollmächtigte "Einspruch" ein. Sie führte aus, dass das Finanzamt Y die abgetretene Forderung nicht mit nicht fälligen Steuerforderungen habe aufrechnen dürfen und dass es zur Zahlung von weiteren 578.372,70 Euro an die Klägerin verpflichtet sei. Der nunmehr zuständig gewordene Beklagte wertete den "Einspruch" als Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 218 Abgabenordnung -AO-. Nachdem der Beklagte im Zuge der Bearbeitung rügte, dass die Abtretungsanzeige nicht im Original vorliege, übersandte ihm die Klägerin am 04. Mai 2004 die Original-Abtretungsanzeige.
Der Beklagte erließ am 14. Juli 2004 den hier streitigen Bescheid nach § 37 Abs. 2 AO, in welchem er den ausgezahlten Betrag von 444.361,76 Euro zurückforderte und ausführte, dass die Abtretungsanzeige vom 13. Februar 2002 lediglich in Kopie vorgelegen habe und daher nicht wirksam sei. Er berief sich bei seiner Entscheidung insbesondere auf das Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 13. Oktober 1987 VII R 166/84, BFH/NV 1988, 416. Die Überweisungen seien mithin aufgrund der unwirksamen Abtretung erfolgt, so dass das Finanzamt Y ohne rechtlichen Grund gezahlt habe und die Klägerin zur Rückzahlung verpflichtet sei.
Mit ihrem hiergegen eingelegten Einspruch trug die Klägerin vor, dass Grundlage für die Rückforderung nur ein Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO sein könne, den der Beklagte nicht ereilt habe. Ferner lägen die Voraussetzungen einer wirksamen Abtretung vor, denn die Übermittlung der Abtretungsanzeige per Telefax sei nach heutiger Sicht für eine wirksame Abtretung ausreichend. Sie berief sich auf die Entscheidung des BFH, Urteil vom 04. Juli 2002 V R 31/01, BStBl II 2003, 45 betreffend Umsatzsteuer- Voranmeldungen. Auch nach Auffassung des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes reiche eine Übermittlung bestimmender, Frist wahrender und eigenhändig zu unterschreibender Schriftsätze per Telefax aus, und zwar in allen Gerichtszweigen (siehe Beschluss vom 05. April 2000 GmS-OGB 1/98; NJW 2000, 2340).
Dem Rückforderungsbegehren stehe auch der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen. Das Finanzamt Y habe am 18. Februar 2002 bestätigt, dass die Abtretung akzeptiert und berücksichtigt werde und es habe auch während der zwei Jahre dauernden Bearbeitung die Klägerin nicht auf die angebliche Unwirksamkeit der Anzeige hingewiesen, sondern Teilzahlungen vorgenommen. Die Klägerin hätte selbstverständlich das Original bei Anforderungen nachgereicht, worauf das Finanzamt nach § 89 AO hätte hinweisen müssen.
Der Beklagte erließ am 22. Oktober 2004 einen Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 AO, in dem er die Zahlung der geforderten weiteren 578.372,70 Euro ablehnte. Die Abtretungsanzeige sei wegen Formmangels unwirksam. Die Originalunterschrift könne nicht nachgeholt werden, da eine Rang wahrende Abtretungsanzeige nicht von den Unwägbarkeiten der Nachholung erforderlicher Angaben abhängig sein dürfe. Bei Eingang der wirksamen Abtretungsanzeige am 04. Mai 2004 habe der Anspruch wegen vorgenommener Aufrechnungen aber nicht mehr dem Zedenten zugestanden, so dass die Abtretung ins Leere gegangen sei. Der Abrechnungsbescheid ist Gegenstand des Klageverfahrens Finanzgericht Berlin-Brandenburg 14 K 2119/05.
Ebenfalls am 22. Oktober 2004 wies der Beklagte den Einspruch gegen den Rückforderungsbescheid als unbegründet zurück und führte aus, dass der Rückforderungsanspruch aus fehlgeleiteter Zahlung (§ 38 AO) entstehe und grundsätzlich ohne besondere Festsetzung zu erfüllen sei. Bei Streitigkeiten über Ansprüche nach § 37 Abs. 2 AO entscheide gemäß § 218 Abs. 2 Satz 2 AO die Finanzbehörde durch Verwaltungsakt, der mit seinem Wirksamwerden die Grundlage für die Verwirklichung des betreffenden Zahlungsanspruchs bilde, und zwar nicht nur hinsichtlich der Höhe sondern auch hinsichtlich der materiellen Grundlage des Anspruchs. Die Finanzbehörde dürfe jedoch einen förmlichen Rückforderungsbescheid schon erlassen, bevor Streit über die Ansprüche entstanden sei, so dass es unschädlich sei, dass im vorliegenden Fall ein Rückforderungsbescheid ohne vorherigen Abrechnungsbescheid erteilt worden sei. Die Rückforderung sei gegen die Klägerin als Leistungsempfängerin zu richten (§ 37 Abs. 2 AO), da der Beklagte willentlich an sie geleistet habe, diese in die Rechtsstellung des Zedenten eingetreten sei und folglich den ohne rechtlichen Grund ausgezahlten Betrag aus eigenem, erworbenen Recht erhalten habe. Im Übrigen brauche das Finanzamt die Wirksamkeit der angezeigten Abtretung nicht zu überprüfen (§ 46 Abs. 5 AO); es könne bei Anzeige der Abtretung grundsätzlich auch dann mit befreiender Wirkung an den Zessionar leisten, wenn es wisse, dass die Abtretungsanzeige nicht der vorgeschriebenen Form entspreche oder die Abtretung aus sonstigen Gründen unwirksam sei.
Die Einspruchsentscheidung ging der Klägerin am 28. Oktober 2004 zu. Gegen die Entscheidung wehrt sie sich mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage.
Die Klägerin beantragt,
1. den Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 14. Juli 2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 22. Oktober 2004 aufzuheben;
2. hilfsweise,
die Revision zum BFH zuzulassen;
3. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
1. die Klage abzuweisen;
2. hilfsweise,
die Revision zum BFH zuzulassen.
Er hält die Klage unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung für unbegründet. Abtretungsanzeigen seien nur im Original zugangsfähig. Anderenfalls seien für das Finanzamt die Urheberschaft und der Wille des Zedenten, die Abtretungsanzeige in den Rechtsverkehr zu bringen, nicht zuverlässig erkennbar.
Mit Beschluss vom 10. Juni 2005 hat der 2. Senat des Finanzgerichts Berlin die Vollziehung des streitgegenständlichen Rückforderungsbescheides aufgehoben, da er ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit hegte. Auf den Beschluss Finanzgericht Berlin 2 B 2473/04 vom 10. Juni 2005 nimmt der Senat Bezug.
Der Beklagte hat hierauf mit folgendem Vortrag reagiert: Er zweifele an, dass der Klägerin das Betreiben von Bankgeschäften erlaubt sei. Laut einer Auskunft der ... sei der Klägerin keine Erlaubnis gemäß § 32 Kreditwesengesetz -KWG- erteilt worden. Möglicherweise scheitere die Abtretung daher an § 46 Abs. 4 AO.
Ferner habe er während des Verfahrens erfahren, dass der abgetretene Anspruch auf IZ 2001 bereits am 14. Januar 2002 (Datum der Zustellung) von der M in Höhe von 675.097,01 Euro gepfändet worden sei (Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 07. Januar 2002, Geschäftsnummer ... des Amtsgerichts ...). Bereits am 10. Januar 2002 sei dem Finanzamt Y ein vorläufiges Zahlungsverbot zugestellt worden. Das Finanzamt Y habe dies versehentlich nicht beachtet. Zum Zeitpunkt der Abtretung am 13. Februar 2002 habe der Erstattungsanspruch dem Zedenten mithin nicht mehr zugestanden. Die Abtretung sei schon deshalb ins Leere gegangen. Auf den genannten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss einschließlich der Abschrift der Zustellungsurkunde nimmt das Gericht Bezug.
Und selbst wenn die Abtretung wirksam sein sollte, könne das Finanzamt gegen den Erstattungsbetrag noch mit Abgabenrückständen des Zedenten aufrechnen. Das Finanzamt habe am 10. Januar 2002 mit Eingang des vorläufigen Zahlungsverbotes Kenntnis von der bevorstehenden Pfändung des Erstattungs- und Vergütungsanspruchs des Zedenten betreffend die IZ 2001 durch die M erlangt. Zu diesem Zeitpunkt seien bereits zahlreiche Gegenforderungen des Finanzamts fällig gewesen. Auf die Aufstellung des Beklagten zum Schriftsatz vom 11. April 2006 nimmt der Senat Bezug. Auf diese Aufrechnungslage dürfe er, der Beklagte, sich auch gegenwärtig noch berufen. Letztlich verbleibe deswegen von dem Erstattungsanspruch für die Klägerin nichts mehr übrig.
Soweit die Finanzverwaltung dem Zedenten vor dem 13. Februar 2002 zinslose Verrechnungsstundungen gewährt gehabt habe, sei dies erkennbar nur im Hinblick auf den zu erwartenden Anspruch auf IZ geschehen. Aus einer solchen zwecks Aufrechnung gewährten Stundung dürfe man nicht das Fehlen einer Aufrechnungslage konstruieren.
Die Klägerin erwidert hierzu, dass die Klägerin berechtigt sei, Bankgeschäfte (Kreditgeschäfte) im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 KWG zu betreiben. Eine Erlaubnis nach § 32 KWG benötige sie als Versicherungsunternehmen nicht. Daher sei sie gemäß § 46 Abs. 4 Satz 1 AO befugt, geschäftsmäßig zur Sicherung abgetretene Erstattungs- oder Vergütungsansprüche zu erwerben bzw. einzuziehen.
Eine ordnungsgemäße Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses der M am 14. Januar 2002 sei nicht ersichtlich, denn der Gerichtsvollzieher habe nur eine einfache Kopie des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zugestellt. Ein Beglaubigungsvermerk fehle. Gemäß § 192 Abs. 2 Zivilprozessordnung -ZPO- (§ 170 Abs. 1 ZPO a.F.) habe der Gerichtsvollzieher Abschriften zu beglaubigen. Eine formunwirksame Zustellung begründe kein Pfändungspfandrecht des Gläubigers.
Zum Zeitpunkt des Zugangs des vorläufigen Zahlungsverbotes der M am 10. Januar 2002 seien zumindest die Forderungen des Beklagten aus Umsatzsteuer für die Zeiträume 41/01 in Höhe von 217.426,38 Euro, 07/01 in Höhe von 269.798,56 Euro sowie in Höhe von 4.908,40 Euro stundungsbedingt nicht fällig gewesen. Damit würde sich die Verrechnung zum Zeitpunkt des Eingangs des vorläufigen Zahlungsverbots der M so darstellen, dass trotz dem Finanzamt gestatteter Verrechnungen und der Pfändung von dem Erstattungsbetrag in Höhe von 1.334.607,00 Euro ein Restbetrag von 454.598,24 Euro zur Verfügung gestanden habe. An sie, die Klägerin, habe der Beklagte jedoch lediglich 444.361,76 Euro ausgekehrt. Auf die Berechnung der Klägerin im Schriftsatz vom 22. Juni 2006 nimmt der Senat Bezug.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens nimmt das Gericht Bezug auf den Schriftverkehr im hiesigen Verfahren, im Verfahren Finanzgericht Berlin 2 B 2473/04 und in den Verfahren Finanzgericht Berlin-Brandenburg 14 K 2533/04 und 14 K 2119/05. Dem Gericht haben zudem zwei Bände IZ-Akten zur Steuernummer ... vorgelegen, auf die der Senat ebenfalls wegen der näheren Einzelheiten Bezug nimmt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet, denn der angefochtene Rückforderungsbescheid vom 14. Juli 2004 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO- in ihren Rechten. Er war daher aufzuheben.
Die Voraussetzungen für einen auf § 37 Abs. 2 AO gestützten Rückforderungsbescheid sind nicht erfüllt, da das Finanzamt Y die streitgegenständliche IZ mit rechtlichem Grund an die Klägerin ausgezahlt hat. Ein Rückforderungsanspruch setzt jedoch voraus, dass der Rechtsgrund für die Zahlung entweder von vornherein fehlte, § 37 Abs. 2 Satz 1 AO, oder später entfallen ist, § 37 Abs. 2 Satz 2 AO.
Grundlage für die Auszahlung von Steuervergütungen, zu denen auch die IZ zählt (vgl. § 6 Abs. 1 des Investitionszulagengesetzes 1999 -InvZulG 1999-), sind regelmäßig die der Zahlung zugrunde liegenden Steuerbescheide (§ 218 Abs. 1 AO). Der Rechtsgrund für die Leistung des Finanzamts Y an die Klägerin war der sich aus der Festsetzung ergebende, an die Klägerin abgetretene Anspruch auf IZ 2001 für das Objekt G.1..
Die Klägerin hat die Abtretung wirksam mittels Telefax angezeigt.
Der Senat schließt sich der im Beschluss 2 B 2473/04 vom 10. Juni 2005 geäußerten zutreffenden Auffassung des 2. Senats des Finanzgerichts Berlin an, dass die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber dem Beklagten bereits am 13. Februar 2002 nicht an dem Umstand scheitert, dass die Klägerin die Abtretung dem Finanzamt zunächst nur mit Telefax vom 13. Februar 2002 angezeigt hatte. Die im Urteil des BFH vom 13. Oktober 1987 VII R 166/84, BFH/NV 1988, 416 geäußerte Rechtsauffassung, eine Abtretungsanzeige im Sinne des § 46 AO sei nur im Original und nicht per Telefax zugangsfähig, teilt der Senat nicht (wie der BFH allerdings auch Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 46 AO, Rz. 49; Brockmeyer in Klein, AO, § 46 Rz. 14; Schwarz, § 46 AO, Rz. 14; kritisch Kruse in Tipke/Kruse, § 46 AO, Rz. 18: "übertriebener Formalismus").
Nach § 46 Abs. 1 AO können Ansprüche auf Erstattung von Steuern nach ihrer Entstehung abgetreten werden, wobei es unerheblich ist, ob sie - wie hier - noch nicht festgesetzt waren. Nach § 46 Abs. 3 AO ist die Abtretung der zuständigen Finanzbehörde unter Angabe des Zessionars sowie der Art und Höhe des abgetretenen Anspruchs und des Abtretungsgrundes auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck anzuzeigen und vom Zedenten und Zessionar zu unterschreiben. Diese formalisierte Abtretungsanzeige soll zum einen die Zedenten davor schützen, ihre Erstattungsansprüche unüberlegt, zu unangemessenen Bedingungen oder an unseriöse Zessionare abzutreten; es soll zum anderen dem Finanzamt, das aufgrund der Abtretungsanzeige an den Zessionar zahlt, die Bearbeitung erleichtern und es von seiner Leistungspflicht freistellen (§ 46 Abs. 5 AO). Die Abtretung wird erst wirksam, wenn der Gläubiger sie in der in § 46 Abs. 3 AO vorgeschriebenen Form der Finanzbehörde anzeigt (§ 46 Abs. 2 AO); die Abtretungsanzeige ist materielle Wirksamkeitsvoraussetzung der Abtretung (BFH in ständiger Rechtsprechung, siehe etwa Urteil vom 06. Februar 1996 VII R 116/94, BStBl II 1996, 557).
Im Streitfall hat - entgegen § 46 Abs. 2 AO - nicht der Gläubiger, d.h. der Zedent, dem Finanzamt die Abtretung angezeigt, sondern die Klägerin als Zessionarin. Allerdings kann sich der Zedent zur Übermittlung der Anzeige eines Vertreters oder Boten bedienen, er kann sie daher auch dem Zessionar überlassen, damit dieser sie dem Finanzamt übermittelt (BFH, Urteil vom 13. März 1997 VII R 39/96, BStBl II 1997, 522). Auch handelt es sich bei dem dem Finanzamt Y übermittelten Telefax um einen amtlichen Vordruck, der Zedent, Zessionar, Art und Umfang des abgetretenen Anspruchs ausweist. Zwar wird als abgetretener Anspruch ein Betrag in Höhe von "ca. 5.000.000 DM" angegeben, wogegen die IZ für 2001 lediglich in Höhe von 1.334.607 Euro festgesetzt wurde. Dies kann indes so ausgelegt werden, dass der gesamte, zum Zeitpunkt der Abtretung nicht festgesetzte Anspruch auf IZ für 2001 abgetreten werden sollte, worauf auch der Vermerk "Voll- Abtretung" hindeutet. Es ist in solchen Fällen unschädlich, wenn die Höhe des tatsächlichen Anspruchs von der Angabe in der Anzeige abweicht (vgl. auch BFH, Urteil vom 16. November 1993 VII R 23/93, BFH/NV 1994, 598).
Die Abtretung ist nicht unwirksam, weil die Abtretungsanzeige dem Finanzamt nicht - jedenfalls nicht im maßgeblichen Zeitpunkt - im Original, sondern als Telefax zugegangen ist. Das Gesetz knüpft die Wirksamkeit der Abtretung an die Vorlage der Abtretung auf einem amtlichen Vordruck, damit der Zedent die Warnhinweise auf der Rückseite des Vordrucks liest. Hier wird darauf hingewiesen, dass Abtretungen aus unterschiedlichen Gründen unwirksam sein können, dass das Finanzamt die Wirksamkeit der Abtretung nicht zu prüfen hat und dass der Zedent selbst dann keinen Anspruch mehr gegen das Finanzamt hat, wenn die Abtretung unwirksam ist. Verbunden hiermit ist die Anregung, Abtretungen nur zu unterschreiben, wenn sich dies auszahlen kann. Damit ist nach dem Willen des Gesetzgebers dem Schutz des Steuerpflichtigen genüge getan. Die Klägerin weist insoweit zutreffend darauf hin, dass der Zweck der eigenhändigen Unterschrift, nämlich dem Unterzeichnenden die Bedeutung seiner Erklärung vor Augen zu führen, es nicht unbedingt erfordert, dass die Unterschrift im Original eingehen muss, sondern dass sich deren Bedeutung dem Erklärenden bereits durch den Vollzug der eigenhändigen Unterschrift erschließt. Auch lässt sich den Geboten der Verwendung des amtlich vorgeschriebenen Vordrucks, der Schriftlichkeit und der Feststellung der Urheberschaft der Erklärung und deren Widmung für den Rechtsverkehr nicht nur anhand des Originals Rechnung tragen; vielmehr können sich diese ebenso gut aus einer per Telefax übermittelten Kopie ergeben.
Die Wirksamkeit der Abtretung scheitert nicht an § 46 Abs. 4 AO.
§ 46 Abs. 4 Satz 1 AO bestimmt, dass der geschäftsmäßige Erwerb von Erstattungs- bzw. Vergütungsansprüchen zum Zwecke der Einziehung und sonstigen Verwertung auf eigene Rechnung unzulässig ist. Eine Ausnahme besteht nach § 46 Abs. 4 Satz 2 und 3 AO für die Sicherungsabtretung, wobei zum geschäftsmäßigen Erwerb nur Unternehmen befugt sind, denen das Betreiben von Bankgeschäften erlaubt ist.
Der Senat kann offen lassen, ob die Abtretung im Streitfall - wofür einiges spricht - geschäftsmäßig erfolgt ist. Es handelt sich jedenfalls um eine zulässige Sicherungsabtretung an ein Unternehmen, dem das Betreiben von Bankgeschäften erlaubt war.
Im Streitfall sind die Voraussetzungen einer Sicherungsabtretung gegeben. Eine Sicherungsabtretung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Sicherungsnehmer Befriedigung zunächst aus dem zu sichernden Anspruch suchen muss und sich erst nach Erfolglosigkeit dieser Bemühungen aus der Sicherung bedienen darf. Ein hinreichendes Indiz dafür, dass bei Abschluss des Abtretungsvertrages der Sicherungszweck im Vordergrund stand, ist aus Sicht des Senats das Ankreuzen des dafür auf dem amtlichen Vordruck vorgesehenen Kästchens. So geht auch die Finanzverwaltung bei Kreditinstituten aus verwaltungsökonomischen Gründen grundsätzlich von einer Sicherungsabtretung aus, wenn das entsprechende Feld auf dem Formular angekreuzt ist (Verfügung der OFD München vom 12. Januar 2001 - S 0166 - 42 St 312, StEK § 46 Nr. 55, Tz. 3. 5). Nichts anderes kann für Kreditbesicherungen einer großen ...versicherung gelten, zumal vorliegend nichts dafür spricht, dass die Klägerin in erster Linie aus der abgetretenen Forderung Befriedigung zu suchen hatte, die Abtretung mithin erfüllungshalber erfolgt wäre. Ferner hat der Senat bei seiner Einschätzung auch den Gesetzeszweck berücksichtigt. Ausweislich der Gesetzesbegründung verfolgt § 46 Abs. 4 AO den Zweck, eine besondere Form der Wirtschaftskriminalität - die Vorfinanzierung von Erstattungsansprüchen aus einem "Lohnsteuer- Jahresausgleich" - zu unterbinden (vgl. BFH, Urteil vom 23. Oktober 1985 VII R 196/82, BStBl II 1986, 124). Um ein solches Geschäft ging es im Streitfall ersichtlich nicht.
Der Klägerin war das Betreiben von versicherungstypischen Bankgeschäften gemäß § 7 Abs. 2 Versicherungsaufsichtsgesetz -VAG- und damit auch im Sinne des § 46 Abs. 4 AO erlaubt. Der Umstand, dass ihr keine Erlaubnis nach § 32 KWG erteilt wurde, steht dem nicht entgegen, da sie einer solchen Erlaubnis nicht bedurfte.
Grundsätzlich fallen unter die Aufsicht nach dem KWG zwar sämtliche Kreditinstitute. Kreditinstitute sind nach § 1 Abs. 1 Satz 1 KWG Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Bankgeschäfte wiederum sind nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG u.a. die "Gewährung von Gelddarlehen". Die Klägerin hat daher durch die Vergabe der Darlehens Bankgeschäfte im Sinne des KWG betrieben. Sie unterfällt dennoch nicht der Erlaubnispflicht nach § 32 KWG, denn nach § 2 Satz 2 Nr. 4 KWG i.V.m. § 2 Abs. 3 KWG gelten Versicherungsunternehmen insoweit nicht als Kreditinstitute, als sie Bankgeschäfte betreiben, die zu den ihnen eigentümlichen Geschäften gehören. Da Versicherer im Rahmen der Anlage des dem Geschäftsbetrieb dienenden Vermögens in der Regel auch Gelddarlehen gewähren (vgl. § 54 Abs. 2 Nr. 1 VAG), gehört die Kreditvergabe zu einem ihnen eigentümlichen Geschäft.
Das am 10. Januar 2002 zugestellte vorläufige Zahlungsverbot sowie der von der M erwirkte Pfändungs- und Überweisungsbeschluss stehen der wirksamen Abtretung nicht entgegen.
Zwar hat die M den Anspruch des ... (Zedent) gegen das Finanzamt Y auf IZ 2001 in Höhe von 675.097,01 Euro wirksam gepfändet. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts ... vom 07. Januar 2002 ist dem Finanzamt Y entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin am 14. Januar 2002 wirksam zugestellt worden. In dieser Höhe ging die Abtretung vom 13. Februar 2002 mithin ins Leere, denn nach § 804 Abs. 3 ZPO geht das durch eine frühere Pfändung begründete Pfandrecht demjenigen vor, das durch eine spätere Pfändung begründet wird. Dieser Vorrang gilt auch gegenüber einer späteren Abtretung.
Gemäß § 46 Abs. 1 AO kann ein Anspruch auf IZ gepfändet werden. Da die Abgabenordnung die Art und Weise der Pfändung nicht regelt, sind insoweit die Vorschriften der ZPO - hier in der bis zum 30. Juni 2002 geltenden Fassung - maßgebend. Mit der wirksamen Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschluss an den Drittschuldner ist die Pfändung als bewirkt anzusehen (§ 829 Abs. 3 ZPO). Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist auf Betreiben des Gläubigers (§ 829 Abs. 2 S. 1 ZPO) durch den Gerichtsvollzieher zuzustellen (§ 166 Abs. 1 ZPO a.F.), wobei die Partei den Gerichtsvollzieher unter Vermittlung der Geschäftsstelle des Prozessgerichts mit der Zustellung beauftragen kann (§ 166 Abs. 2 S. 1, § 168 ZPO a.F.).
Die Zustellung besteht, wenn eine Ausfertigung zugestellt werden soll, in deren Übergabe, in den übrigen Fällen in der Übergabe einer beglaubigten Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks (§ 170 Abs. 1 ZPO a.F.), wobei die Beglaubigung von dem Gerichtsvollzieher vorgenommen wird (§ 170 Abs. 2 ZPO a.F.). Da auch für die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner nicht vorgeschrieben ist, dass diesem eine Ausfertigung zu erteilen ist, war hier eine beglaubigte Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks zuzustellen.
Der Gerichtsvollzieher hat eine beglaubigte Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks übergeben.
Da bei gerichtlichen Entscheidungen die Urschrift stets bei den Akten bleibt, ist für die Zustellung zwischen Parteien die Ausfertigung als Urschrift anzusehen. Die M hat ausweislich der vorliegenden Kopie des Beschlusses diesen in einer Ausfertigung erhalten.
Die Zustellung einer beglaubigten Abschrift der Ausfertigung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses genügte den Anforderungen an eine wirksame Zustellung.
Es handelt sich bei dem zugestellten Schriftstück auch um eine wirksam beglaubigte Abschrift der Ausfertigung.
Die beglaubigte Abschrift der Ausfertigung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses stimmte mit der Ausfertigung in den wesentlichen Teilen überein. Sie enthält insbesondere die Unterschrift der Rechtspflegerin, die den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen hat. Hierfür genügt - wie für die Ausfertigung auch - die maschinenschriftliche Wiedergabe des Namens. Ferner enthält sie den Ausfertigungsvermerk, der der Ausfertigung die Eigenschaft einer öffentlichen Urkunde verleiht und die Übereinstimmung mit der in den Akten des Gerichts verbliebenen Urschrift bestätigt. Den Ausfertigungsvermerk hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle angebracht.
Der Senat ist überzeugt, dass der Gerichtsvollzieher dem Finanzamt eine beglaubigte Abschrift zugestellt hat.
Das übergebene Schriftstück trägt den Stempelaufdruck "Beglaubigte Abschrift". Auf der Abschrift der Ausfertigung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses selbst befindet sich zwar kein Beglaubigungsvermerk des Gerichtsvollziehers. Dieser ist nur auf der beglaubigten Abschrift der Zustellungsurkunde enthalten. Der Senat ist aber überzeugt, dass der Gerichtsvollzieher die einzelnen Blätter der Abschrift der Ausfertigung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und der Abschrift der Zustellungsurkunde durch Zusammenheften zu einer einheitlichen Urkunde miteinander verbunden hat. Dies folgt aus der Inaugenscheinnahme in der mündlichen Verhandlung des dem Finanzamt zugestellten Schriftstücks, das deutliche Spuren der Zusammenheftung der Blätter aufweist, die offensichtlich nachträglich gelöst worden sind, um diese abzulichten. Die Herstellung einer derartigen körperlichen Verbindung, die nur durch Inkaufnahme einer teilweisen Substanzzerstörung wieder gelöst werden kann, reicht aus, um eine einheitliche Urkunde zu schaffen, bei der sich aus der Zusammenheftung ergibt, dass ihre dauerhafte Verbindung gewollt ist. Wird bei einer derart zusammengehefteten Urkunde der Beglaubigungsvermerk, für dessen Anbringung es keine besonderen Vorschriften gibt, auf der letzten Seite dieser Gesamturkunde als abschließende Bestätigung der Übereinstimmung der beglaubigten Abschriften mit der Ausfertigung, von der diese beglaubigte Abschrift stammt, festgehalten, so reicht dies aus, um eine beglaubigte Abschrift zu schaffen, die wiederum für die Zustellung nach § 170 ZPO a.F. geeignet ist.
Die wirksame Zustellung führt aber dennoch nicht zur Klageabweisung im hiesigen Verfahren. Mit Bescheid, aufgegeben am 08. April 2002 hat das Finanzamt Y die IZ 2001 in Höhe von 1.334.607 Euro festgesetzt, gepfändet hat die M lediglich 675.097,01 Euro. Damit konnte der Zedent der Klägerin die überschüssigen 659.509,99 Euro wirksam abtreten. Ausgezahlt hat die Finanzverwaltung an die Klägerin jedoch nur 444.361,76 Euro.
Der Beklagte kann einen Rückforderungsanspruch nicht aus den von ihm genannten Aufrechnungen herleiten.
Grundsätzlich durfte das Finanzamt zwar auch mit Wirkung gegenüber der Klägerin den abgetretenen Anspruch auf IZ 2001 mit den am 13. Februar 2002 wirksamen und fälligen eigenen Forderungen gegen den Zedenten verrechnen. Denn für eine solche Aufrechnung mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis und gegen solche Ansprüche sind nach § 226 Abs. 1 AO die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs -BGB- sinngemäß anzuwenden. Der damit auch im öffentlichen Recht anwendbare § 406 BGB schützt das Vertrauen des Schuldners in eine gegenüber dem bisherigen Gläubiger zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der Abtretung bestehende Aufrechnungslage.
Hinsichtlich der Forderungen, mit denen die Finanzverwaltung aufgerechnet hat, bestand jedoch zu einem hier entscheidenden Teil am 13. Februar 2002 keine Aufrechnungslage. Dies betrifft die mit Stundungsverfügungen vom 21. Dezember 2001 und 22. Januar 2002 bis zum 30. April 2002 gestundeten 536.126,10 Euro Umsatzsteuer, die somit am 13. Februar 2002 nicht fällig waren. Ferner ist die am 16. Januar 2002 bis zum 25. April 2002 gestundete Grundsteuer inklusive Säumniszuschlag in Höhe von insgesamt 671,22 Euro betroffen. Eine Aufrechnungslage setzt die Fälligkeit der Gegenforderung voraus (vgl. § 387 BGB). Mit den im Übrigen am 13. Februar 2002 fälligen Forderungen in Höhe von 172.317,69 Euro konnte die Finanzverwaltung hingegen wirksam aufrechnen.
Nach dem Urteil des BFH vom 08. Juli 2004 VII R 55/03, BStBl II 2005, 7, auf das sich der Beklagte beruft, soll eine nach Kenntniserlangung von der Abtretung vom Finanzamt gewährte Stundung der Gegenforderung, die auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der Abtretung zurückwirkt, die Rechtswirkungen des § 406 BGB nicht beseitigen. Maßgebende Erwägung der Bundesrichter hierbei war, dass eine rückwirkende Stundung nicht dazu führt, dass die bis zum Erlass des Stundungs-Verwaltungsakts bereits eingetretenen Rechtsfolgen der Säumnis - wie etwa verwirkte Säumniszuschläge, Vollstreckungsmaßnahmen, Haftungsverpflichtungen - mit der Bekanntgabe des rückwirkenden Verwaltungsakts gleichsam automatisch entfallen. Gleiches müsse auch für das schützenswerte Vertrauen in eine Aufrechnungslage gelten.
Diese Erwägungen lassen sich auf vor Kenntniserlangung von der Abtretung ausgesprochene Stundungen nicht übertragen. Der Zweck des § 406 BGB, die Rechtsstellung des Schuldners durch die Abtretung der Hauptforderung nicht zu verschlechtern und sein Vertrauen in den Bestand der Aufrechnungslage zu schützen, greift dann nicht, wenn zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der Abtretung eine Aufrechnungslage mangels Fälligkeit nicht bestand. Tritt infolge einer Stundung durch die Behörde die Fälligkeit der Gegenforderung erst nach Kenntniserlangung von der Abtretung und später als die Fälligkeit der abgetretenen Forderung ein, hat die Behörde keine Aufrechnungsmöglichkeit gegenüber dem Zessionar (so zutreffend BFH, Urteil vom 25. April 1989 VII R 36/87, BStBl II 1990, 352). Denn § 406 BGB schützt zwar neben einer bestehenden Aufrechnungslage auch das Vertrauen des Schuldners auf eine Aufrechnungslage, die sich nach Kenntniserlangung von der Abtretung (ohne die Abtretung) bis zur Fälligkeit des abgetretenen Anspruchs entwickelt hätte. Dies ist aber nur der Fall, wenn die Fälligkeit der Gegenforderung spätestens mit der Fälligkeit der abgetretenen Forderung eintritt.
Insofern konnte das Finanzamt für die genannten Umsatz- und Grundsteuerforderungen angesichts ihrer Fälligkeit am 30. April 2002 bzw. am 25. April 2002, also nach der Fälligkeit der mit am 08. April 2002 zur Post gegebenen Bescheid festgesetzten IZ 2001 nicht wirksam zu Lasten der Klägerin aufrechnen. Denn aus diesem Postaufgabedatum folgt eine Fälligkeit der IZ bereits mit Bekanntgabe des Bescheids am 11. April 2002 (§ 6 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1999 i.V.m. §§ 122 Abs. 2 AO, 220 Abs. 2 Satz 2 AO). Der Senat sieht die Regelung in § 6 Abs. 3 InvZulG 1999 nicht als spezielle Fälligkeitsbestimmung im Sinne des § 220 Abs. 1 AO an. Denn die Norm bestimmt keinen konkreten Fälligkeitszeitpunkt, sondern regelt die Finanzierung und die Auszahlungsmodalitäten der IZ, mithin die Erfüllung des fälligen Anspruchs.
Somit besteht ein Rückforderungsanspruch in der streitgegenständlichen Höhe nicht, denn jedenfalls im Umfang von 444.361,76 Euro konnte Klägerin die Auszahlung der IZ beanspruchen:
IZ 2001 | 1.334.607,00 Euro |
./. Forderung M | 675.097,01 Euro |
./. Forderung, die am 13. Februar 2002 fällig waren (Aufrechnung) | 172.317,69 Euro |
= verbleibender Anspruch der Klägerin | 487.192,30 Euro |
Dass der Beklagte seine Aufrechnungsmöglichkeit im Ergebnis durch die gewährten Stundungen selbst vereitelt hatte, kann nicht rechtlich und wirtschaftlich zu Lasten der Klägerin gehen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der unterlegene Beklagte, § 135 Abs. 1 FGO. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig, § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO, da die Sache nicht so einfach war, dass die Klägerin im Vorverfahren auf sachkundige Vertretung hätte verzichten müssen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO, § 708 Nr. 10 ZPO. Die Revision war zuzulassen, da der Senat bei der Frage der Zugangsfähigkeit einer Abtretungsanzeige per Telefax von höchstrichterlicher Rechtsprechung abweicht, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.
Ende der Entscheidung
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