Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 25.06.2008
Aktenzeichen: 3 K 1012/06 B
Rechtsgebiete: EStG, AO


Vorschriften:

EStG § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2. Buchst. a
EStG § 21
AO § 179 Abs. 1
AO § 179 Abs. 2 S. 2
AO § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

3 K 1012/06 B

Einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1999

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 3. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 25. Juni 2008

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,

die Richterin am Finanzgericht ...,

den Richter am Finanzgericht ... sowie

die ehrenamtlichen Richterinnen ... und ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1999 vom 27. Juli 2000, in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 14. Dezember 2005, wird mit der Maßgabe geändert, dass weitere Sonderwerbungskosten der Beigeladenen in Höhe von 1.961,07 DM einkünftemindernd berücksichtigt werden.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts -GbR-, welche durch die Vermietung eines Mietwohngrundstückes Einkünfte im Sinne des § 21 Einkommensteuergesetz -EStG- erzielt. Die Klägerin wendet sich gegen die Höhe der gesondert und einheitlich festgestellten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 1999. Allein streitig ist die Frage, ob die Sonderwerbungskosten der Miteigentümerin Y. (= Beigeladene) um die anteilige Absetzung für Abnutzung -AfA- auf weitere Anschaffungskosten in Höhe von 315.000,- DM zu erhöhen sind.

Die Klägerin bestand bis zum 30. Juni 1999 aus den damaligen Feststellungsbeteiligten A. und B.. Ab 1. Juli 1999 trat die Beigeladene an die Stelle des Gemeinschafters A. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Feststellungsbeteiligte A. wurde mit dem Tod seiner Ehefrau C. am 27. November 1997 deren testamentarischer Alleinerbe. Die Eheleute A. und C. hatten einen gemeinsamen Sohn, D., der erst nach dem Tode von A. Alleinerbe sein sollte (Schlusserbe im Sinne des § 2269 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-). Die Erblasserin hatte ferner zwei Töchter, Frau E., und die Beigeladene. Nach dem Testament der Erblasserin vom 6. April 1986 sollten die Töchter lediglich den Pflichtteil erhalten. Nachdem die Töchter gegenüber dem (erstgenannten) Alleinerben ihren Pflichtteilsanspruch geltend gemacht hatten, einigten sich dieser und die Töchter darauf, dass jeder Tochter ein Pflichtteil in Höhe von 340.000,- DM zustehe. Da die Tochter E. auf einer Geldauszahlung bestand, dies aber zu einem hohen Barmittelabfluss aus dem Nachlass geführt hätte, einigten sich die Töchter mit dem Alleinerben Anfang 1999 zunächst auf eine anteilige Auszahlung von jeweils 25.000,- DM durch die Überlassung von Nachlassgegenständen und Schmuck der Erblasserin.

Zum Nachlass der Erblasserin gehörte u.a. ein hälftiger Miteigentumsanteil an dem Grundstück X.. Mit dem Tode der Erblasserin ging dieser hälftige Miteigentumsanteil im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Alleinerben A. über. Um die Pflichtteilsfrage zu lösen, versuchte die Beigeladene sich mit der Grundstücksmiteigentümerin B. darüber zu verständigen, das zum Nachlass gehörende Grundstück gemeinsam zu bewirtschaften. Dies setzte das Einverständnis des Alleinerben voraus, seinen Grundstücksanteil auf die Beigeladene zu übertragen. Den ihrer Schwester zustehenden Pflichtteil wollte die Beigeladene direkt an diese auszahlen, soweit Frau B. mit einer Grundschuldbelastung des Grundstückes einverstanden war.

Nach Teilauszahlung des Pflichtteils von jeweils 25.000,- DM kamen die Töchter und der Alleinerbe mit schriftlicher Vereinbarung vom 27. Juni 1999 überein, dass der Alleinerbe den ursprünglich zum Nachlass gehörenden, zwischenzeitlich an ihn im Wege der Erbfolge übergegangenen Miteigentumsanteil an dem streitigen Grundstück auf die Beigeladene übertrage. Zugleich sollte die Beigeladene gegenüber dem Alleinerben verpflichtet sein, den ihrer pflichtteilsberechtigten Schwester zustehenden restlichen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 315.000,- DM zu erfüllen.

Dementsprechend schlossen der Alleinerbe und die Beigeladene den notariellen Vertrag vom 29. Juni 1999 (Bl. 41 ff. der Streitakte; UR-Nr. ... des Notars F.), in dem die Verpflichtung zur Übertragung des Miteigentumsanteils an dem Grundstück sowie die Auflassung desselben an die Beigeladene festgehalten wurden. Nutzen und Lasten sollten nach dem Willen der Vertragsparteien auf die Beigeladene am 1. Juli 1999 übergehen. Des Weiteren verpflichtete sich die Beigeladene, an ihre Schwester einen Betrag von 315.000,- DM zu entrichten. Nach Zahlung wurde die Beigeladene aufgrund der Auflassungserklärung vom 29. Juni 1999 am 6. April 2000 als Miteigentümerin des streitigen Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Am 27. März 2000 reichte die Klägerin, vertreten durch die Beigeladene als Bevollmächtigte, die Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für den Veranlagungszeitraum 1999 ein. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden wie folgt erklärt:

 Feststellungsbeteiligte Frau B.Herr A.Frau Y.
Einkünfte in DM gesamt./. 10.110,-./. 11.958,-./. 1.612,-3.460,-
Sonderwerbungskosten7.420,-0,-0,-./. 7.420,-
Zurechenbare Einkünfte./. 17.530,-./. 11.958,-./. 1.612,-. /. 3.960,-

In der Erklärung ging die Klägerin davon aus, dass die Beigeladene die Zahlung von 315.000,- DM an ihre Schwester und ihren eigenen Anteil (Pflichtteil) von 315.000,- DM, in der Summe also 630.000,- DM (+ Nebenkosten von 3.083,52 DM, Bl. 172 Feststellungsakte I) als Anschaffungskosten für den hälftigen Grundstücksanteil aufgewendet habe.

Entsprechend berücksichtigte sie die auf das Wirtschaftsgut Gebäude nach Maßgabe der anteilig angenommenen Anschaffungskosten (= unstreitig 81,3%) entfallenden Absetzungen für Abnutzungen von 2% pro Jahr, im Streitjahr bezogen auf die Zeit der Zugehörigkeit der Beigeladenen zur Klägerin (= 1/2 Jahr).

Mit Bescheid vom 25. Juli 2000 stellte der Beklagte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abweichend folgendermaßen fest:

 Feststellungsbeteiligte Frau B.Herr A.Frau Y.
Einkünfte in DM gesamt./. 9.509,82./. 11.957,41./. 1.611,824.059,41
Sonderwerbungskosten./. 5.064,-0,-0,-./. 5.064,-
Zurechenbare Einkünfte./. 14.573,82./. 11.957,41./. 1.611,82./. 1.004,59

Dabei erkannte der Beklagte Anschaffungskosten der Beigeladenen nur insoweit an, als die Beigeladene diese an ihre Schwester gezahlt hatte, also in Höhe von 315.000,- DM + Nebenkosten von 3.083,52 DM, in der Summe somit 318.083,52 DM. Eine weitergehende Berücksichtigung unterblieb. Daneben berücksichtigte der Beklagte im Hinblick auf den seines Erachtens unentgeltlichen Erwerb einen AfA-Betrag in Höhe von 599,88 DM wegen der Fortführung der Abschreibung des Rechtsvorgängers (= Erblasserin) als weiteren (Sonder-)Aufwand der Beigeladenen.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 14. Dezember 2005) hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben.

Sie ist der Auffassung, der zum Erwerb des Grundstücks eingesetzte Pflichtteilsanspruch der Beigeladenen in Höhe von 315.000,- DM sei als - weitere - Anschaffungskosten der Beteiligung an der Klägerin zu behandeln und, soweit er auf das Gebäude als abnutzbares Wirtschaftsgut entfalle (= 256.095,- DM), im Wege der AfA als Sonderwerbungskosten der Beigeladenen zu berücksichtigen. Damit wäre nach Auffassung der Klägerin ein weiterer Betrag von jährlich 5.121,90 DM als Absetzungen für Abnutzungen bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen. Für das Streitjahr ergäben sich daraus weitere Abschreibungen in Höhe von 1.961,07 DM (5.121,90 DM x 50% <1/2 Jahr> = 2.560,95 DM ./. 599,88 DM <= bereits gewährte AfA des Rechtsvorgängers> = 1.961,07 DM), um die die streitige Feststellung nach unten zu korrigieren sei.

Der Bundesfinanzhof -BFH- habe seine frühere Rechtsprechung, wonach die Übertragung von Nachlassgrundstücken auf den Pflichtteilsberechtigten zur Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs nicht zu Nachlassverbindlichkeiten in Höhe des Nennwerts des Pflichtteilsanspruchs führte, durch Urteil vom 7. Oktober 1998 aufgegeben (II R 52/96, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1999, 50). Den Gründen dieses Urteils sei zu entnehmen, dass der BFH auch für steuerliche Zwecke entsprechend der zivilrechtlichen Regelung (§ 2303 BGB) in Pflichtteilsverbindlichkeiten reine Geldschulden sehe, die zu entsprechendem Aufwand des Verpflichteten in Höhe des Nennwerts der Verbindlichkeit führe. Dementsprechend habe der Pflichtteilsberechtigte, der sich an Erfüllungs statt zum Ausgleich seines auf Geldzahlung gerichteten Pflichtteilsanspruchs einen Nachlassgegenstand vom Erben übertragen lasse, in Höhe des Nennwerts seines Pflichtteilsanspruchs Anschaffungskosten für den übertragenen Nachlassgegenstand. Es könne keinen Unterschied machen, ob sich der Pflichtteilsberechtigte zunächst seinen Pflichtteil auszahlen lasse und sodann mit dem Geld einen Nachlassgegenstand vom Erben erwerbe, oder ob - wie im Streitfall - quasi im abgekürzten Zahlungswege der Pflichtteilsanspruch direkt durch Übertragung des Nachlassgegenstandes erfüllt werde.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1999 vom 27. Juli 2000 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 14. Dezember 2005 weitere Sonderwerbungskosten der Beigeladenen in Höhe von 1.961,07 DM zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte geht nach wie vor von einem unentgeltlichen Erwerb aus, soweit der Pflichtteilsanspruch der Beigeladenen gegen den Erben durch Übertragung des Miteigentumsanteils an dem Grundstück der Klägerin erfüllt wurde.

Die Abgeltung eines Erbersatzanspruchs (Pflichtteilsanspruch) durch Übertragung eines Nachlassgrundstücks führe beim Pflichtteilsberechtigten nicht zu Anschaffungskosten. Es fehle an dem für die Bejahung von Anschaffungskosten erforderlichen Leistungsaustausch. Der Pflichtteilsberechtigte erwerbe in diesen Fällen den Nachlassgegenstand unmittelbar und unentgeltlich aus dem Nachlass. Er könne daher nur die AfA auf die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers (Erblassers) fortführen, was im Streitfall vom Beklagten beachtet worden sei.

Die von der Klägerin zur Stützung ihrer Ansicht angeführte BFH-Rechtsprechung sei zur Grunderwerbsteuer und zur Erbschaftsteuer ergangen und daher auf die ertragsteuerliche Behandlung nicht übertragbar.

Der Senat hat durch Beschluss vom 7. Februar 2008 Frau Y. gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO- zum Verfahren beigeladen.

Dem Gericht hat bei seiner Entscheidung neben der Streitakte die vom Beklagten für die Klägerin zur Steuernummer ... geführte Feststellungsakte (Band I) vorgelegen, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin wird durch den angegriffenen Feststellungsbescheid in ihren Rechten verletzt, da dieser Bescheid rechtswidrig ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Die Beteiligten der Klägerin erzielen durch die Gebrauchsüberlassung auf Zeit des Hausgrundstücks X. gemeinsam Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Gemäß § 179 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 2. a) Abgabenordnung -AO- werden die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen gesondert und einheitlich festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) auch im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung grundsätzlich beteiligtenfähig und klagebefugt ist, hat der BFH in mittlerweile gefestigter Rechtsprechung mehrfach bestätigt (BFH-Urteile vom 18. Mai 2004, IX R 83/00, BStBl II 2004, 898 und vom 18. Mai 2004, IX R 42/01, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2005, 168; Beschluss vom 16. Oktober 2006, IX B 7/05, BFH/NV 2007, 238).

Gegenstand der gesonderten und einheitlichen Einkünftefeststellung sind die durch die Beteiligten der Klägerin gemeinsam erzielten Einkünfte einerseits sowie die im Zusammenhang mit der Beteiligung stehenden Sondereinnahmen und Sonderwerbungskosten jedes der Beteiligten andererseits. Da vorliegend ausschließlich über die Höhe der Sonderwerbungskosten der Beteiligten Frau Y. gestritten wird, bedurfte es weder einer Hinzuziehung (§ 360 Abs. 3 AO) noch einer Beiladung (§ 60 Abs. 3 FGO) des im Streitjahr ausgeschiedenen Gesellschafters der Klägerin A., da dieser unter keinem denkbaren Gesichtspunkt durch den Ausgang dieses Verfahrens steuerrechtlich betroffen sein kann (vgl. BFH, Urteile vom 22. Mai 1990, VIII R 120/86, BStBl II 1991, 780 und vom 26. April 1995, XI R 80/94, BFH/NV 1996, 37; Brockmeyer in Klein, AO, 9. Aufl. 2006, § 360 Rz. 4 f.; Stapperfend in Gräber, FGO, 6. Aufl. 2006, § 60 Rz. 65, Stichwort "Nichtbetroffensein"). Denn da sich die Klage der Feststellungsbeteiligten Y. (Beigeladene) nur gegen die gesonderte und einheitliche Feststellung ihrer Sonderwerbungskosten richtet, ist nur diese Feststellung Streitgegenstand. Aufgrund des eingeschränkten Klagebegehrens, an das der Senat gebunden ist (vgl. BFH-Urteil vom 1. Dezember 1987, IX R 170/83, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFHE- 152, 101), ist der festgestellte Gesamtüberschuss der von den Gesellschaftern der Klägerin gemeinsam erzielten Einkünfte, der eine selbständige Besteuerungsgrundlage i.S. von §§ 157 Abs. 2, 182 Abs. 1 AO darstellt, in Bestandskraft erwachsen (vgl. BFH, Urteil vom 26. Februar 2002, IX R 20/98, BStBl II 2002, 796 m.w.N.).

Die von der Beigeladenen aufgewendeten Kosten für die Anschaffung des anteiligen Eigentums an den der Abnutzung unterliegenden Wirtschaftsgütern der Klägerin, hier also im Wesentlichen das auf dem Gesellschaftsgrundstück aufstehende Mietwohngebäude, sind gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2. a) EStG nur im Wege der Absetzung für Abnutzung in jährlichen Raten von 2 vom Hundert als Werbungskosten (§ 9 EStG) abzugsfähig; da es sich insoweit um persönlich von der Beigeladenen getragene Anschaffungskosten handelt, sind die daraus resultierenden AfA-Beträge als Sonderwerbungskosten der Beigeladenen zu berücksichtigen.

Die Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung sind im Ergebnis um weitere Sonderwerbungskosten der Beigeladenen in Höhe von 1.961,07 DM zu vermindern. Die Anschaffungskosten der Beigeladenen für den hälftigen Miteigentumsanteil an der Klägerin betrugen nicht, wie vom Beklagten berücksichtigt, lediglich 318.083,52 DM sondern 633.083,52 DM. Denn die Beigeladene hat auch insoweit, als sie sich zur Abgeltung ihres Pflichtteilsanspruchs einen Anteil an dem Grundstück X. vom Erben übertragen ließ, diesen entgeltlich erworben.

Der Pflichtteilsberechtigte ist nicht am Nachlass beteiligt, er hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Wertersatz in Geld gegenüber dem Erben (vgl. § 2303 BGB). Für den Bereich der betrieblichen Einkünfte hat der BFH entschieden, dass dann, wenn zur Abgeltung von Pflichtteilsansprüchen die Pflichtteilsberechtigten an einem Unternehmen des Erben beteiligt werden, darin ein entgeltliches Rechtsgeschäft liegt, weil der Erbe im Gegenzug für die Beteiligung von einer Verbindlichkeit befreit wird (BFH, Urteil vom 16. Dezember 2004, III R 38/00, BStBl II 2005, 554). Entsprechendes hat der BFH entschieden, wenn zur Abgeltung von Ansprüchen auf Zugewinnausgleich dem einen Ehegatten Betriebsvermögen oder Anteile von wesentlichen Beteiligungen i.S.d. § 17 EStG übertragen werden. In beiden Fällen kommt auch eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG nicht in Betracht. Beide Ansprüche sind kraft Gesetzes mit der Auflösung der Zugewinngemeinschaft bzw. mit dem Tod des Erblassers entstanden. Die Übertragung von Betriebsvermögen zur Befriedigung dieser Ansprüche beruht jedoch auf einer hiervon zu trennenden Vereinbarung der Beteiligten (vgl. Anmerkung von Heger zum BFH-Urteil III R 38/00 in: [...] Praxis Report - Steuerrecht -jurisPR-SteuerR- 17/2005, Anm. 6).

Diese für die Gewinneinkünfte entwickelten Grundsätze sind nach Auffassung des erkennenden Senats im Falle der vorliegend zu beurteilenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung entsprechend anwendbar und führen im Ergebnis zur Annahme von Anschaffungskosten des Pflichtteilsberechtigten. Denn wie im Falle der Übertragung von Anteilen an einem Gewerbebetrieb zur Erfüllung von Pflichtteils- oder Zugewinnausgleichsansprüchen erfordert die Übertragung des (Mit-)Eigentums an einem Nachlassgegenstand eine vom Erwerb des Pflichtteilsanspruchs durch Erbfall (vgl. §§ 2303, 2317 BGB) zu trennende weitere schuldrechtliche Vereinbarung zwischen Erben und Pflichtteilsberechtigten. Diese Vereinbarung, hier also der notariell beurkundete Vertrag, durch den der Miteigentumsanteil am Grundstück vom Erben auf die pflichtteilsberechtigte Beigeladene übertragen wurde, diente der Befreiung des Erben von seiner Nachlassverbindlichkeit gegenüber der Pflichtteilsberechtigten; es handelt sich somit um ein entgeltliches Rechtsgeschäft, welches der Erfüllung des (gesetzlich erworbenen) Pflichtteilsanspruchs diente. Dies gilt jedenfalls dann, wenn nach der Auslegungsregel des § 2304 die Zuwendung des Pflichtteils nicht als Erbeinsetzung anzusehen ist, was im vorliegenden Streitfall unstreitig gegeben ist. Denn im Unterschied zum Erben, auf den kraft Gesetzes gemäß § 1922 BGB das Vermögen des Erblassers unentgeltlich übergeht, erwirbt der Pflichtteilsberechtigte durch den Erbfall unentgeltlich lediglich einen schuldrechtlichen Wertersatzanspruch gegen den Erben; die Erfüllung dieses schuldrechtlichen Anspruchs ist demgegenüber ein entgeltlicher Vorgang (so auch BFH, Urteil vom 7. Oktober 1998, II R 52/96, BStBl II 1999, 23). Setzt der Pflichtteilsberechtigte das zum Ausgleich vom Erben erlangte Geld ein, um ein Wirtschaftsgut aus dem Nachlass vom Erben zu erwerben, so handelt es sich insoweit unstreitig um einen entgeltlichen Anschaffungsvorgang. Nichts anderes kann aber gelten, wenn im abgekürzten Zahlungsweg der Erbe zur Erfüllung seiner Verpflichtung gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten aufgrund gesonderter schuldrechtlicher Vereinbarung ein Wirtschaftsgut aus der Erbmasse auf den Pflichtteilsberechtigten an Erfüllungs statt (§ 364 Abs. 1 BGB) überträgt.

Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit der geänderten Rechtsauffassung des BFH, wie sie im Hinblick auf die Grunderwerbsteuer zum Ausdruck gekommen ist(Urteil vom 10. Juli 2002, II R 11/01, BStBl II 2002, 775). Der BFH hat in dieser Entscheidung ausgeführt: "Danach ist der durch den Vertrag ... erfolgte Übergang der Grundstücke auf die Klägerin kein Grundstückserwerb der Klägerin von Todes wegen im Sinn des Erbschaftsteuergesetzes, denn Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch sind auf Erfüllung in Geld gerichtet. Von Todes wegen erworben wurden diese Geldansprüche. Die nachfolgende Erfüllungsabrede vom ... (Übertragung von Grundstücken an Erfüllungs statt) hat das ursprüngliche Schuldverhältnis zwar zum Erlöschen gebracht, dessen für die Erbschaftsteuer maßgeblichen Inhalt (= Geldanspruch) aber nicht verändert. Diese Auffassung hat der Senat mit Urteil in BFHE 187, 50, BStBl II 1999, 23 zum Pflichtteilsanspruch (§ 2303 BGB) vertreten. Sie gilt auch für den Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB), da insoweit zivilrechtlich kein relevanter Unterschied zwischen beiden Anspruchsarten besteht. Die abweichende Auffassung im BFH-Urteil in BFHE 135, 336, BStBl II 1982, 350 hat der Senat im Urteil in BFHE 187, 50, BStBl II 1999, 23 ausdrücklich aufgegeben."

Diese zur grunderwerbsteuerlichen Behandlung ergangene Entscheidung ist nach Überzeugung des erkennenden Senats ohne weiteres auf die Ertragsteuer übertragbar, da die maßgebliche zivilrechtliche Ausgangslage dieselbe ist und Gründe für eine abweichende Beurteilung für den Senat nicht ersichtlich sind (im Ergebnis ebenso: Finanzgericht -FG- Hamburg, Urteil vom 29. April 2004, VI 148/03, veröffentlicht in: [...]).

Die von verschiedenen Finanzgerichten vertretene entgegenstehende Ansicht, wonach der Pflichtteilsberechtigte, der zum Ausgleich seines Geldanspruchs ein Grundstück aus dem Nachlass erhält, dieses unmittelbar und unentgeltlich durch den Erbfall erhalte (vgl. z.B. FG Köln, Urteil vom 27. Mai 1993, 10 K 4218/87, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1994, 94), ist nach Auffassung des erkennenden Senats im Hinblick auf die zitierte geänderte BFH-Rechtsprechung, die der Senat für zutreffend erachtet, nicht mehr haltbar. Es wäre zudem mit dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung unvereinbar, einerseits zwar für grunderwerbsteuerliche Zwecke von einem entgeltlichen (Grundstücks-)Erwerb des Pflichtteilsberechtigten auszugehen, andererseits jedoch ertragsteuerlich einen unentgeltlichen Erwerb anzunehmen.

Die Klägerin hat die Sonderwerbungskosten der Beigeladenen auch in rechnerisch zutreffender Höhe geltend gemacht. Von dem der Beigeladenen zustehenden weiteren AfABetrag in Höhe von 2.560,95 DM (2% von 256.095 DM <Gebäude-AK> : 2 <1/2 -Jahres- AfA>) war die vom Beklagten gewährte AfA des Rechtsvorgängers in Höhe von 599,88 DM gemäß § 177 Abs. 2 AO abzuziehen (Summe = 1.961,07 DM), da für diese Absetzungsbeträge bei Annahme eines entgeltlichen Erwerbs die Rechtsgrundlage entfallen ist.

Der Senat hat die Revision zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, da zur Frage der einkommensteuerlichen Behandlung (Entgeltlichkeit) der Übertragung von Grundbesitz aus der Erbmasse auf den Pflichtteilsberechtigten zur Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs divergierende Rechtsansichten vertreten werden und deshalb eine Klärung dieser Frage durch eine höchstrichterliche Entscheidung geboten erscheint.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung -ZPO-.



Ende der Entscheidung

Zurück