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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 04.12.2007
Aktenzeichen: 5 K 1605/04
Rechtsgebiete: AO, InsO


Vorschriften:

AO § 37 Abs. 2 S. 1
InsO § 38
InsO § 131 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 143 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

5 K 1605/04

Rückforderung erstatteter Beträge nach § 37 Abs. 2 AO

In dem Rechtsstreit

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 5. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 4. Dezember 2007

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ..., die Richterin am Finanzgericht ..., die Richterin am Finanzgericht ..., sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Tatbestand:

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der X-GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Gesellschafter und Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin war der Beigeladene. Zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Beigeladenen bestand eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft.

Am 27.02.2003 zahlte die Insolvenzschuldnerin an den Beklagten einen Betrag in Höhe von 41.344,30 EUR zur Begleichung der Umsatzsteuerschulden des Beigeladenen für den Monat Februar 2003. Am 28.02.2003 beantragte der Beigeladene beim Amtsgericht L die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin.

Mit Schreiben vom 16.06.2003 zeigte der Kläger dem Beklagten gegenüber seine Bestellung zum Insolvenzverwalter an und teilte mit, dass er die am 27.02.2003 geleistete Zahlung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 Insolvenzordnung -InsO- anfechte. Der Beklagte sei Insolvenzgläubiger, da die Zahlung bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sei. Die Zahlung sei innerhalb des letzten Monats vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt. Der Beklagte habe durch die Zahlung eine Befriedigung erlangt, auf die er zum damaligen Zeitpunkt noch keinen Anspruch gehabt habe. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die zur Gerichtsakte gereichte Fotokopie des Schreibens Bezug genommen (Blatt 6 f der Gerichtsakte).

Zeitgleich verklagte der Kläger den Beigeladenen vor dem Landgericht M auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 116.895,40 EUR. Im Juli 2003 kam der Beklagte der Aufforderung des Klägers, den Betrag in Höhe von 41.344,00 EUR an ihn auszukehren, zunächst nach. Daraufhin nahm der Kläger die Klage vor dem Landgericht M in Höhe dieses Betrages zurück. Der Kläger und der Beigeladene schlossen dann einen Vergleich, wonach der Beigeladene 50.000,00 EUR an den Kläger zu leisten hatte, und zwar unter anderem zur Abgeltung der zuvor erklärten Teilrücknahme. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den von dem Beigeladenen eingereichten Schriftsatz des Klägers vom 13.08.2003 (Blatt 88 der Gerichtsakte) und auf das Protokoll des Landgerichts M vom 21.04.2004 (Blatt 90 der Gerichtsakte) verwiesen.

Mit Bescheid vom 16.06.2004, auf den verwiesen wird (Blatt 8 ff der Gerichtsakte), forderte der Beklagte den an den Kläger ausgezahlten Betrag zurück. Er berief sich dabei auf § 37 Abs. 2 Abgabenordnung -AO-. Diese Norm sehe einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch für den Fall vor, dass eine Zahlung ohne rechtlichen Grund geleistet worden sei. Erstattungsverpflichteter sei der Leistungsempfänger, Erstattungsberechtigter derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung geleistet worden sei, auch wenn ein Dritter die Zahlung tatsächlich geleistet habe. Der Kläger sei nicht berechtigt gewesen, nach § 37 Abs. 2 AO die Zahlung des Betrages in Höhe von 41.344,30 EUR zu verlangen. Denn die Insolvenzschuldnerin habe die Zahlung auf die Steuerschuld des Beigeladenen geleistet. Dies sei als Schenkung der Insolvenzschuldnerin an den Beigeladenen anzusehen, so dass nur der Beigeladene einen Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO haben könnte. Diesem stehe ein Erstattungsanspruch aber ebenfalls nicht zu, da die Zahlung für ihn nicht ohne Rechtsgrund erfolgt sei. Ein Erstattungsanspruch des Klägers ergebe sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung, da sich dieser Anspruch nicht gegen ihn, den Beklagten, sondern gegen den Beigeladenen zu richten habe, in dessen Eigentum der von der Insolvenzschuldnerin geleistete Zahlungsbetrag zumindest für eine juristische Sekunde übergegangen sei. Abgesehen davon komme es im Insolvenzverfahren nicht auf die Frage der steuerrechtlichen Entstehung einer Forderung an, sondern nur noch auf den Zeitpunkt ihrer Begründetheit. Damit sei eine Forderung immer dann Insolvenzforderung, wenn ihr Rechtsgrund zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bereits gelegt gewesen sei. Ein Vorsteuerrückforderungsanspruch, um den es bei dem Beigeladenen gegangen sei, sei damit bereits mit der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit und damit vor Insolvenzeröffnung begründet gewesen.

Der gegen den Rückforderungsanspruch eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg.

Mit der Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass er sich nicht auf einen Rückforderungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-gestützt habe, sondern auf einen solchen nach § 143 Abs. 1 InsO als Folge der gemäß § 131 InsO erklärten Anfechtung der von der Insolvenzschuldnerin ursprünglich geleisteten Zahlung. Anfechtungsgegner und Rückzahlungsverpflichteter sei dabei derjenige, der die Zahlung erhalten habe, hier also der Beklagte. Der Beklagte sei nämlich auch als Insolvenzgläubiger im Sinne des § 131 InsO anzusehen. Es treffe zwar zu, dass aufgrund des bestehenden umsatzsteuerrechtlichen Organschaftsverhältnisses der Beigeladene Schuldner der Umsatzsteuer gewesen sei und nicht die Insolvenzschuldnerin. Da der Beigeladene als Organträger aber die Insolvenzschuldnerin als Organgesellschaft angewiesen habe, die Umsatzsteuer an den Beklagten zu überweisen, sei damit ein unmittelbarer Anspruch des Beklagten gegen die Insolvenzschuldnerin entstanden, der weiter zur Folge habe, dass der Beklagte Insolvenzgläubiger sei. Der Kläger beruft sich in diesem Zusammenhang auf einen Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 14.12.2005 (2 U 89/05).

Abgesehen davon sei der von ihm, dem Kläger, geltendgemachte Rückforderungsanspruch auch deshalb begründet gewesen, weil die Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO vorgelegen hätten. Danach komme eine Anfechtung nämlich für solche Rechtshandlungen in Betracht, die der Insolvenzschuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in der Absicht vorgenommen habe, seine Gläubiger zu benachteiligen. Hiervon müsse der Anfechtungsgegner lediglich gewusst haben. Diese Voraussetzungen lägen vor. Insbesondere seien dem Beklagten die nachteiligen Auswirkungen der Zahlung geläufig gewesen. Da der Beklagte selbst von einer Schenkung des Betrages an den Beigeladenen ausgehe, müsse er die dadurch herbeigeführte Schmälerung der Haftungsmasse der Insolvenzschuldnerin gekannt haben. Von der Gläubigerbenachteiligungsabsicht habe der Beklagte deshalb wissen müssen, weil die Steuerschuld des Beigeladenen von einem Dritten beglichen worden sei, was auch angesichts der Höhe des Betrages unüblich sei, so dass sich die Gläubigerbenachteiligungsabsicht aufdränge. Soweit der Beklagte hierzu das Gegenteil behaupte, werde dies mit Nichtwissen bestritten.

Ihm, dem Kläger, habe auch ein Rückzahlungsanspruch nach § 812 Abs. 1 BGB zugestanden. Bei einem Bereicherungsanspruch im Dreiecksverhältnis sei die Rückabwicklung zwar grundsätzlich unmittelbar zwischen dem Leistenden und dem Bereicherten vorzunehmen, hier also zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Beigeladenen. Das setze aber voraus, dass der Leistende tatsächlich den Willen gehabt habe, die Schuld des Bereicherten zu tilgen. Sei dies nicht der Fall, erfolge der Bereicherungsausgleich im direkten Verhältnis zwischen dem Leistenden und demjenigen, der die Leistung erhalten habe, hier also zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Beklagten. Letzteres gelte auch hier. In dem Verfahren vor dem Landgericht M habe der Beigeladene vortragen lassen, dass er nur deshalb die Insolvenzschuldnerin zur Zahlung der Umsatzsteuer veranlasst habe, um seine, des Beigeladenen, Haftung nach § 69 i.V.m. § 34 AO zu verhindern. Daraus lasse sich ersehen, dass der Beigeladene als Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin davon ausgegangen sei, dass die Insolvenzschuldnerin selbst die Umsatzsteuer geschuldet habe. Damit habe es bei der Insolvenzschuldnerin an einem Fremdtilgungswillen gefehlt, so dass ein unmittelbarer Bereicherungsanspruch zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Beklagten bestanden habe.

Der Anspruch sei auch nicht durch den vor dem Landgericht M geschlossenen Vergleich untergegangen. Er, der Kläger, habe die Teilrücknahme hinsichtlich des auch hier streitigen Betrages erst erklärt, nachdem der Beklagte den fraglichen Betrag an ihn ausgezahlt gehabt habe.

Der Kläger beantragt,

den Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 16.06.2004 und die Einspruchsentscheidung vom 16.07.2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt ergänzend vor, er sei im Verhältnis zu der Insolvenzschuldnerin zwar grundsätzlich Insolvenzgläubiger, nicht aber in Bezug auf die hier streitige Umsatzsteuer. Damit fehle es an der für eine Anfechtung nach § 131 Abs. 1 InsO erforderlichen Begünstigung eines Insolvenzgläubigers. Er, der Beklagte, sei durch die Leistung der Insolvenzschuldnerin lediglich als Steuergläubiger des Organträgers begünstigt worden. Dem stehe auch der von dem Kläger zitierte Beschluss des Oberlandesgerichts Köln nicht entgegen. Das Finanzgericht des Landes Brandenburg habe mit Urteil vom 16.10.2000 (1 K 169/99, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2001, 1006) entschieden, dass Schuldner eines Vorsteuerrückforderungsanspruchs, um den es hier gehe, der Organträger sei und nicht die Organgesellschaft. Damit hätte er, der Beklagte, den fraglichen Anspruch nicht gegenüber der Insolvenzschuldnerin geltend machen können, sondern nur gegenüber dem Beigeladenen als Organträger.

Abgesehen davon sei ihm, dem Beklagten, zum Zeitpunkt der Zahlung die Insolvenzreife der Insolvenzschuldnerin nicht bekannt gewesen, zumal Steuerrückstände - wie der Kläger in seinem Insolvenzgutachten selbst ausgeführt habe - nicht bestanden hätten. Aus diesem Grunde scheitere auch eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO. Abgesehen davon sei es auch nicht unüblich, dass Organgesellschaften die Umsatzsteuerschulden der Organträger begleichen würden. Schon aus diesem Grunde habe auch kein Zweifel an dem Tilgungswillen der Insolvenzschuldnerin bestanden.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 17.09.2007 Herrn A zum Verfahren beigeladen (Blatt 61 der Gerichtsakte). Er hat sich der Auffassung des Beklagten angeschlossen und trägt vor, dass die Insolvenzschuldnerin auch in der Vergangenheit des Öfteren seine, des Beigeladenen, Umsatzsteuerschulden beglichen habe. So sei auch für den Monat Februar 2003 verfahren worden. Die Insolvenzschuldnerin habe dabei natürlich einen Tilgungswillen gehabt. Dies ergebe sich schon daraus, dass in der Überweisung seine, des Beigeladenen, Steuernummer angegeben gewesen sei. Folglich sei der Beklagte kein Insolvenzgläubiger, so dass der Kläger ihm gegenüber keine Anfechtung habe vornehmen können. Dem stehe auch die von dem Kläger zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln nicht entgegen. Anders als hier sei dort auf eine fällige oder demnächst fällig werdende Verbindlichkeit der GmbH geleistet worden. Zusammenfassend bedeute dies, dass der Kläger einen Bereicherungsanspruch nur ihm, dem Beigeladenen, gegenüber hätte geltendmachen können. Dies habe der Kläger auch in dem Verfahren vor dem Landgericht M getan. Der Anspruch sei mit dem abgeschlossenen Vergleich abgegolten.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Rückforderungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 AO derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrages. Hiervon hat der Beklagte mit dem Rückforderungsbescheid Gebrauch gemacht.

Leistungsempfänger und damit Erstattungsverpflichteter im Sinne des § 37 Abs. 2 Satz 1 AO ist derjenige, der die Erstattung oder Vergütung erhalten hat (vgl. Tipke/Drüen, AO, § 37 Textziffer -Tz.- 113 m.w.N.). Dies war der Kläger, an ihn hatte der Beklagte im Juli 2003 den Betrag in Höhe von 41.344,30 EUR ausgezahlt.

Diese Auszahlung erfolgte ohne rechtlichen Grund. Der rechtliche Grund für eine Zahlung fehlt dann, wenn ihr nach materiellem Recht kein entsprechender Anspruch zugrundeliegt (Tipke/Drüen, AO, § 37 Textziffer -Tz.- 27 m.w.N.). Dies war hier der Fall. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Auszahlung des genannten Betrages. Die Insolvenzschuldnerin hatte diesen Betrag ursprünglich zur Tilgung der Umsatzsteuerschulden des Beigeladenen an den Beklagten überwiesen. Eine Rückzahlung zur Insolvenzmasse hätte der Kläger nach § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO nur verlangen können, wenn er die durch die Insolvenzschuldnerin getätigte Zahlung rechtswirksam angefochten hätte. Dies war indes nicht der Fall, da es an einem Anfechtungsgrund fehlte.

Gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu dem Zeitpunkt zu beanspruchen hatte, wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da der Beklagte nicht Insolvenzgläubiger war. Insolvenzgläubiger ist nach § 38 InsO jeder persönliche Gläubiger, der einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner hat. Daran fehlt es jedoch, wenn der Insolvenzschuldner nicht eigene, sondern fremde Verbindlichkeiten tilgt. Da der Insolvenzschuldner dem Empfänger gegenüber nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist der Empfänger nicht Insolvenzgläubiger, so dass eine Anfechtung nach § 131 InsO ausscheidet; es kommt nur eine Anfechtung nach §§ 132 ff in Betracht (ausdrücklich Bundesgerichtshof -BGH-, Urteil vom 05.02.2004 IX ZR 473/00, Monatsschrift des deutschen Rechts -MDR- 2004, 904; Rogge in Schmidt, Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 2. Aufl. Münster 2007, § 130 Tz. 3). Die Insolvenzgläubigerschaft des Beklagten ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Haftung der Insolvenzschuldnerin als Organgesellschaft für die Steuerschulden des Organträgers. Eine solche Haftung sieht § 73 AO zwar grundsätzlich vor. Gleichwohl hatte der Beklagte hieraus zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung keinen Anspruch gegen die Insolvenzschuldnerin. Denn die Umsatzsteuerschuld des Beigeladenen, für die die Insolvenzschuldnerin hätte haften können, war durch deren Überweisung vom 27.02.2003 getilgt worden. Da die Haftungsschuld akzessorisch zur Steuerschuld des Organträgers ist, war damit auch ein eventueller Haftungsanspruch des Beklagten gegen die Insolvenzschuldnerin untergegangen. Auf die vom OLG Köln im Beschluss vom 14.12.2005 (2 U 89/05) erörterte Frage, ob eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft generell zu einer Insolvenzgläubigerschaft des Finanzamtes im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Organgesellschaft führt, kommt es damit nicht an.

Eine Anfechtung nach § 132 InsO kommt ebenfalls nicht in Betracht. Nach § 132 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist ein Rechtsgeschäft des Schuldners, das die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt, anfechtbar, wenn es in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit des Rechtsgeschäfts der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der andere Teil zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte. Letztere Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Angesichts dessen, dass die Insolvenzschuldnerin keine Steuerrückstände hatte, hatte der Beklagte keine Anhaltspunkte für deren Zahlungsunfähigkeit. Auch aus den beigezogenen Akten lässt sich diese Kenntnis nicht entnehmen.

Auch eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO scheidet aus. Diese setzt voraus, dass der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag eine Rechtshandlung mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, und wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Der Senat kann offen lassen, ob der Beigeladene tatsächlich vorsätzlich gehandelt hat. Jedenfalls bestehen aus den schon dargestellten Gründen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte eine eventuelle Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Beigeladenen kannte.

Der Kläger hatte gegen den Beklagten auch keinen Rückgewähranspruch nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO. Wie bereits ausgeführt, sieht diese Norm einen Erstattungsanspruch dann vor, wenn eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist. Zwar hatte die Insolvenzschuldnerin auf eine (fremde) Steuerschuld gezahlt, nämlich auf die Umsatzsteuerschuld des Beigeladenen. Ein eventueller Erstattungsanspruch hieraus stand aber jedenfalls nicht dem Kläger zu. Denn erstattungsberechtigt im Sinne des § 37 Abs. 2 Satz 1 AO ist der Steuerpflichtige, für dessen Rechnung die Zahlung geleistet worden ist. Demnach kommt es nicht darauf an, von wem, mit wessen Mitteln und auf wessen Kosten gezahlt worden ist, sondern darauf, wessen Schuld nach dem erkennbaren Willen des Zahlenden im Zeitpunkt der Zahlung getilgt werden sollte (Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., Tz. 58 m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung). Dies war nicht der Kläger, da die Insolvenzschuldnerin den Willen hatte, die Steuerschuld des Beigeladenen zu tilgen. Die von dem Kläger diesbezüglich geäußerten Zweifel teilt der Senat nicht. Es ist insoweit auch gerichtsbekannt, dass im Falle von Organschaften Umsatzsteuerzahlungen durchaus von den Organgesellschaften vorgenommen werden, obwohl sie nicht Umsatzsteuerschuldner sind. Dem Kläger steht schließlich auch kein Bereicherungsanspruch nach § 812 Bürgerliches Gesetzbuch zu. Da § 37 Abs. 2 Satz 1 AO eine Sondervorschrift für den Fall enthält, dass eine Steuer ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist, ist für einen zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch nur dann Raum, wenn es nicht um eine Steuerzahlung ging (Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., Tz. 20). Dies war hier aber gerade der Fall.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.



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