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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 29.01.2008
Aktenzeichen: 5 K 2543/04 B
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 17
EStG § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 4
EStG § 2a Abs. 2 S. 1
EStG § 2a Abs. 2 S. 2
EStG § 3c Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

5 K 2543/04 B

Einkommensteuer 2002

In dem Rechtsstreit ...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 5. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 29. Januar 2008

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ..., die Richterin am Finanzgericht ..., die Richterin am Finanzgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Einkommensteuer 2002 wird unter Änderung des Bescheides vom 08.09.2004 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 11.11.2004 dahingehend geändert festgesetzt, dass ein Verlust in Höhe von 144 638,00 EUR aus der Veräußerung der Anteile an der X-Inc. bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb des Klägers berücksichtigt wird.

Die Berechnung der Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 Finanzgerichtsordnung -FGO- dem Beklagten übertragen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung eines Veräußerungsverlusts nach § 17 Einkommensteuergesetz -EStG- in Höhe von 144 638,00 EUR.

Der Kläger hatte im April 2000 stimmberechtigte 103 448 Anteile (= 9,68%, preferred stock) der in den USA ansässigen "X-Inc." mit Sitz in M zu einem Kaufpreis von 300 000 USD (Kurs USD 1,00 = DM 2,044) erworben. Zusätzlich hatte er vorab am 15.02.2000 nichtstimmberechtigte Vorzugsaktien (common stock) für 4 000 USD (Kurs USD 1,00 = DM 2,038) erworben, wofür er einschließlich Provisionen 8 027,22 DM (= 4 104,26 EUR) aufzuwenden hatte. Zweck des Unternehmens sollte nach dem Geschäftsplan die Entwicklung und der Vertrieb der Internet-Software AT sein. Der Kläger veräußerte im Dezember 2002 seine Anteile an der X-Inc. an die Y-GmbH & Co. KG mit Sitz in L zu einem Kaufpreis von 28 820,08 EUR.

Aus der Veräußerung seiner Anteile machte der Kläger im Rahmen der Einkommensteuererklärung für 2002 - nach richtiger Berechnung - einen Veräußerungsverlust in Höhe von 289 277,60 EUR geltend, der sich wie folgt ermittelt:

 Anschaffungskosten Anteile  
preferred stock 300 000,00 USD= 613 200,00 DM 
zzgl. Provision917,75 DM 
 614 117,75 DM313 993,42 EUR
common stock 4 104,26 EUR
Anschaffungskosten gesamt 318 097,68 EUR
abzüglich Veräußerungserlös ./. 28 820,08 EUR
Veräußerungsverlust 289 277,60 EUR

Nachdem der Beklagte mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Einkommensteuerbescheid 2002 vom 08.03.2004 bzw. 18.03.2004 den Veräußerungsverlust unter Berücksichtigung des Halbeinkünfteverfahrens zunächst in Höhe von 144 588,00 EUR (bei richtiger Berechnung: 144 638,00 EUR) angesetzt hatte, erging im Anschluss an eine Außenprüfung mit Datum vom 08.09.2004 ein geänderter Einkommensteuerbescheid 2002, in dem der Verlust nicht mehr berücksichtigt wurde. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

Im Einspruchsverfahren wiesen die Kläger darauf hin, dass es sich um Verluste gemäß § 2 a Abs. 2 Satz 2 EStG handle, die keiner Abzugsbeschränkung unterlägen. Die Gesellschaft sei in den USA gewerblich tätig gewesen. Zweck der Gesellschaft sei die Herstellung und der Vertrieb einer Standardsoftware, die unter den Begriff der "Ware" im Sinne des § 2 a Abs. 2 Satz 1 EStG falle.

Der Beklagte folgte dem nicht, sondern wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 11.11.2004 als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen des § 2 a Abs. 2 Satz 1 EStG lägen nicht vor. Soweit die US-Gesellschaft Software entwickelt und verkauft habe, bedeute dies nicht, dass das jeweils entwickelte Programm mit dem damit verbundenen Urheberrecht veräußert worden sei, sondern die Käufer hätten - lediglich - jeweils das Recht erworben, das Programm zu nutzen. Entsprechend stelle Software nach ständiger Rechtsprechung ein selbständiges immaterielles Wirtschaftsgut dar. Unter dem Begriff "Waren" (Ausnahme der Verlustbeschränkung gemäß § 2 a Abs. 2 EStG) seien nur bewegliche Wirtschaftsgüter, also körperliche Gegenstände, zu verstehen, nicht jedoch immaterielle Wirtschaftsgüter und Rechte. Der Wortlaut von § 2 a Abs. 2 EStG entspreche weitgehend § 5 Auslandsinvestitionsgesetz -AIG-, woran sich der Gesetzgeber angelehnt habe, und sei in § 2 a Abs. 2 Satz 1 EStG ausdrücklich dahingehend konkretisiert, dass die Überlassung von Rechten keine Ausnahme der Verlustbeschränkung begründe. Der Vertrieb von Software lasse sich mithin nicht unter den Begriff "Ware" gemäß § 2 a Abs. 2 Satz 1 EStG subsumieren mit der Rechtsfolge, dass der vom Kläger geltend gemachte Verlust nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art und aus den Vereinigten Staaten ausgeglichen werden dürfe.

Mit der Klage machen die Kläger weiter geltend, dass die Ausnahmevorschrift des § 2 a Abs. 2 Satz 2 EStG anzuwenden sei, weil die X-Inc. die Herstellung und/oder die Lieferung von Waren zum Gegenstand gehabt habe. Bei der Software A handle es sich um eine "Ware" im Sinne des § 2 a Abs. 2 Satz 1 EStG. Es reiche auch aus, dass die begünstigten Tätigkeiten beabsichtigt und nach wirtschaftlichen Maßstäben ernsthaft betrieben worden seien. Die Kläger verweisen darauf, dass A als Plattform für die Entwicklung von Anwendungen und Anwendungsdiensten im Internet durch andere Softwarefirmen und Dienstleister - wie ein Betriebssystem - als notwendiger Standardbestandteil der jeweils genutzten Computer anzusehen sei. A-basierte Softwarelösungen ermöglichten die interaktive Veränderung und Visualisierung existierender und neu erzeugter 3D-Inhalte. Sie erlaubten Tausenden von Nutzern gleichzeitigen und - optional - kollaborativen Zugriff sowie Interaktion mit dreidimensionalen Originaldaten, z.B. den Konstruktionsdaten eines Flugzeuges. Es sei angestrebt gewesen, das Reality-Server-Programm als Standardsoftware auf dem sog. "OEM"-Vertriebsweg weltweit zu vertreiben, wobei ein anderes, in der Regel wesentlich größeres Softwareunternehmen als Kunde von X-Inc. die Software A in sein eigenes Produkt integriere bzw. in Ergänzung dessen als selbständigen Bestandteil an Endbenutzer weitere vertreibe.

Aufgrund der erwarteten großen Volumina sei der Einzelverkaufspreis der Software pro Computer bzw. pro Computerprozessor relativ niedrig mit 200 bis 300 USD kalkuliert worden. Zur Bewältigung dieser Aufgabe habe X-Inc. qualifiziertes Personal eingestellt und im Lauf der Geschäftsjahre 2000 - 2001 wesentliche Produktkomponenten erstellt. Als sich jedoch in der zweiten Jahreshälfte 2001 abgezeichnet habe, dass die von Anfang an geplante Einwerbung weiteren Eigenkapitals nicht gelingen werde, sei beschlossen worden, die operative Geschäftstätigkeit im Oktober 2001 einzustellen. Als größte Aktionärin von X-Inc. habe die damalige Y-GmbH & Co. KG mit Sitz in L den Gesellschaftern angeboten, ihre Anteile zu übernehmen.

Der in § 2 a Abs. 2 Satz 1 EStG verwendete Begriff "Ware" sei weder im EStG noch in anderen steuerrechtlichen Vorschriften definiert. Er sei sowohl im allgemeinen als auch im gesetzlichen Sprachgebrauch vieldeutig und keineswegs auf körperliche Gegenstände (Sachen) beschränkt. Nach Herrmann/Heuer/Raupach (Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Auflage, § 2 a EStG Anm. 166) zähle die Standardsoftware zu den Waren. Diese Auffassung vertrete auch der Bundesgerichtshof -BGH- mit Urteil vom 14.07.1993 (VIII ZR 147/92), wonach eine Standardsoftware als bewegliche Sache anzusehen sei. Die Finanzverwaltung selbst zähle Computerprogramme, deren Anschaffungskosten nicht mehr als 410,00 EUR betrügen (sog. "Trivialprogramme"), zu den abnutzbaren beweglichen und selbständig nutzbaren Wirtschaftsgütern und ordne sie damit implizit den "Waren" zu (vgl. Abschnitt 31 a Abs. 1 EStR). Standardsoftware, die in größerer Auflage auf dem Markt erscheine, habe den Charakter einer Ware (IHK, Gutachten im Zusammenhang mit einem Finanzgerichtsprozess beim Finanzgericht Berlin). Da beabsichtigt gewesen sei, die Software als Standardsoftware zu einem Preis von 200,00 bis 300,00 USD zu verkaufen, handle es sich auch um ein Trivialprogramm im Sinne der Regelung in den EStR.

Zwar sei der BFH mit Urteil vom 03.07.1987 (III R 7/86, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1987, 728) im Zusammenhang mit der Gewährung von Investitionszulage zu dem Ergebnis gelangt, dass in der Software kein bewegliches Wirtschaftsgut, sondern ein immaterielles Wirtschaftsgut vorliege. Für die Auslegung des Begriffs "Ware" im Sinne des § 2 a Abs. 2 Satz 1 EStG sei diese Entscheidung jedoch nicht ohne weiteres anwendbar, da der BFH auch ausführe, dass sich aus der Bezeichnung eines Wirtschaftsguts als "Ware" keine zwingenden Schlüsse auf seine investitionszulagenrechtliche Einordnung als materielles oder immaterielles Wirtschaftsgut ziehen lasse. Im Ergebnis bedeute dies, dass aus Sicht des BFH ein immaterielles Wirtschaftsgut, also eine Standardsoftware, durchaus als "Ware" angesehen werden könne. Den Begriff der "Ware" in § 2 a Abs. 2 Satz 1 EStG mit dem Begriff "bewegliches Wirtschaftsgut" gleichzusetzen, würde im Übrigen den Regelungsgehalt des § 2 a Abs. 2 Satz 1 EStG in unzulässiger Weise einengen.

Sinn und Zweck der Aktivitätsklausel des § 2 a Abs. 2 EStG sei die Förderung der internationalen wirtschaftlichen Verzahnung. Abs. 2 hebe für negative Einkünfte im Ausland die Beschränkung des Abs. 1 wieder auf, wenn gewisse "aktive" oder "produktive" Zwecke verfolgt würden, "die im Interesse einer Förderung der deutschen Volkswirtschaft" lägen (vgl. BT-Drucksache 9/2074, 64). Die Begründung dafür liege darin, dass Deutschland als Industriestandort und Exportland in hohem Maß darauf angewiesen sei, die internationale wirtschaftliche Verzahnung im gewerblichen Bereich zu fördern (BFH-Urteil vom 13.05.1993 IV R 69/92). Genau diese Forderung werde erfüllt durch die Gründung der X-Inc. in den USA.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuer 2002 unter Änderung des Bescheides vom 08.09.2004 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 11.11.2004 dahingehend geändert festzusetzen, dass ein Verlust in Höhe von 144 638,00 EUR aus der Veräußerung der Anteile an der X-Inc. bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb des Klägers berücksichtigt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er nimmt zur Begründung zunächst auf seine Einspruchsentscheidung vom 11.11.2004 Bezug und verweist erneut auf die Rechtsprechung des BFH. Mit Urteil vom 18.07.2001 (BStBl II 2003, 48 ) habe der BFH entschieden, dass der Begriff "Ware" durch die Definition in § 1 Abs. 2 Nr. 1 HGB (a.F.) geprägt sei und sich der Gesetzgeber in § 5 AIG an diese Begriffsbestimmung anlehne. Nach dieser Begriffsbestimmung seien Waren nur körperliche (materielle) Gegenstände. Entsprechend sei die Begriffsbestimmung für Waren auch auf § 2 a Abs. 2 Satz 1 EStG analog anzuwenden. Mit seinen Urteilen vom 03.07.1987 (III R 7/86 und II R 22/83) und vom 25.03.1988 (III R 99/86) habe der BFH nachhaltig entschieden - und seine Rechtsauffassung bisher auch nicht geändert -, dass Computerprogramme (ausdrücklich auch Standardsoftware) immaterielle Wirtschaftsgüter darstellten. Auf diese Rechtsauffassung werde auch in den Hinweisen zu § 5 EStG (H 31a "Immaterielle Wirtschaftsgüter" und "Keine immateriellen Wirtschaftsgüter") hingewiesen.

Nach diesen Grundsätzen stelle die Software - auch wenn es sich um Standard- und nicht Individual-Software handelt - keine Ware im Sinne des § 2 a Abs. 2 Satz 1 EStG dar, mit der Folge, dass der Verlust aus der Veräußerung der Anteile an der US-Firma X-Inc. zutreffend nicht berücksichtigt worden sei. Insofern sei Abschnitt 31a EStR für die Beurteilung, ob die Gesellschaft Waren im Sinne des § 2 a Abs. 2 Satz 1 EStG herstelle/ verkaufe, nicht einschlägig, denn dort werde lediglich erläutert, dass Trivialsoftware "abnutzbare bewegliche und selbständig nutzbare Wirtschaftsgüter" darstellen solle. Dies stehe der Einordnung als unkörperliche Wirtschaftsgüter jedoch nicht entgegen. Software sei danach - in welcher Art auch immer - ein immaterielles Wirtschaftsgut. Diese Einordnung sei auch denklogisch nicht zu beanstanden. Denn mit der Software werde nicht das Programm insgesamt, sondern lediglich das Recht auf Nutzung dieses Programms überlassen.

Der Beklagte verweist ferner darauf, dass die Formulierung des § 2 a Abs. 1 Satz 1 EStG "Herstellung oder Lieferung von Waren ... zum Gegenstand hat" unmissverständlich sei und nicht so verstanden werden könne, dass die Waren nicht hergestellt oder nicht geliefert werden bräuchten, sondern dass die Herstellung und Lieferung der Waren lediglich geplant gewesen sein müsse. Im Übrigen könne nach der US-amerikanischen Steuererklärung auch nicht erkannt werden, dass die Firma X-Inc. bei einem Verlust in Höhe von fast drei Millionen USD in 2000 und 2001 wirtschaftlich ernsthaft betrieben worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten zu den Ausführungen der Beteiligten und zum Sachverhalt wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze und den Akteninhalt Bezug genommen.

Dem Gericht hat bei seiner Entscheidung je ein Band der vom Beklagten geführten Einkommensteuerakten und Betriebsprüfungsberichte zur Steuernummer ... vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Der Beklagte hat den geltend gemachten Verlust aus der Veräußerung der Anteile des Klägers an der X-Inc. in Höhe von 144 638,00 EUR zu Unrecht nicht berücksichtigt.

Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn bzw. der Verlust aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 vom Hundert beteiligt war (§ 17 Abs. 1 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung; vgl. § 52 Abs. 34a EStG).

Gemäß § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG dürfen negative Einkünfte in den Fällen des § 17 bei einem Anteil an einer Kapitalgesellschaft, die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland hat, also Verluste aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft, nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art und aus demselben Staat ausgeglichen werden. Diese Einschränkung gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die negativen Einkünfte aus einer gewerblichen Betriebsstätte im Ausland stammen, die ausschließlich oder fast ausschließlich die Herstellung oder Lieferung von Waren, außer Waffen, sowie die Bewirkung gewerblicher Leistungen zum Gegenstand hat, soweit diese nicht in der Überlassung von Rechten bestehen (§ 2 a Abs. 2 Satz 1 EStG), und der Steuerpflichtige nachweist, dass diese Voraussetzungen bei der Körperschaft entweder seit ihrer Gründung oder während der letzten fünf Jahre vor oder in dem Veranlagungszeitraum vorgelegen haben, in dem die negativen Einkünfte bezogen werden (§ 2 a Abs. 2 Satz 2 EStG). § 2 a Abs. 2 Satz 2 EStG erweitert damit die Aktivitätsklausel auf ausländische Beteiligungsverluste im Sinne von Abs. 1 Nr. 3 und 4.

Im Streitfall ist der Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei der von der US-amerikanischen Gesellschaft X-Inc. geplanten Software AT, die inzwischen von der Erwerberin Y-GmbH & Co. KG auch produziert wird, um "Ware" im Sinne des § 2 a Abs. 2 EStG handelt.

Der Begriff "Ware" ist im Einkommensteuergesetz nicht bestimmt. Nach herrschender Meinung handelt es sich dabei - in Anlehnung an die Definition in § 1 Abs. 2 Nr. 1 des Handelsgesetzbuchs in der bis zum Inkrafttreten des Handelsrechtsreformgesetzes vom 23.06.1998 geltenden Fassung (HGB a.F.) - nur um bewegliche Sachen, also körperliche Gegenstände im Sinne des § 90 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB- (Probst in Herrmann/Heuer/Raupach -HHR-, EStG § 2 a Anm. 166, und in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht -F/W/B-, EStG § 2 a Anm. 166; Blümich/Wied, EStG § 2 a Rz. 98; so insbesondere auch BFH mit Urteil vom 18.07.2001 I R 70/00, BFHE 196, 248, BStBl II 2003, 48 zu § 5 AIG). Dass diese Definition auch für die Auslegung des - insoweit mit § 5 AIG wortgleichen - § 2 a Abs. 2 EStG maßgebend ist, kann aus der Gesetzesbegründung zu § 2 a EStG abgeleitet werden. Danach sind von dem Ausgleichs- und Abzugsverbot nach Abs. 2 ausgenommen "Verluste aus denselben gewerblichen Betätigungen in Auslandsbetriebsstätten inländischer Unternehmer, für die im Interesse einer Förderung der deutschen Volkswirtschaft nach den §§ 2, 5 AIG ausnahmsweise der Verlustausgleich oder -abzug zugelassen ist" (BT-Drucksache 9/2074, 64).

Bewegliche Sachen, die als Teile des Umlaufsvermögens bestimmungsgemäß Gegenstände des Handelsverkehrs sind, genügen damit jedenfalls dem Begriff der Waren. In welchem Zustand sie sich befinden (flüssig, fest, gasförmig, roh, fertig), ist unerheblich, soweit sie in diesem Zustand Objekt des Wirtschaftsverkehrs sind (Mössner in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG § 2 a Rdnr. C 9). Strom und ähnliche Energien zählen daher auch zu den Waren. Allerdings folgt aus der Begriffsbestimmung als bewegliche Sachen, dass sowohl der Handel mit Grundstücken als auch derjenige mit Rechten vom Anwendungsbereich des § 2 a Abs. 2 EStG ausgenommen sind (vgl. BFH-Urteil vom 18.07.2001 I R 70/00, BFHE 196, 248, BStBl II 48).

Streitig ist allerdings, ob auch immaterielle Wirtschaftsgüter dem Begriff der Ware unterfallen (siehe hierzu auch Herzig/Briesemeister, DB 1999, 299 Fn. 17). Während zum Teil unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 03.07.1987 (III R 7/86, BStBl II 1987, 728) die Auffassung vertreten wird, dass sämtliche immateriellen Wirtschaftsgüter wie Spielfilme oder Software keine Waren seien (so wohl Blümich/Wied, EStG § 2 a Rz. 98), wird überwiegend darauf abgestellt, ob die Produktion oder Lieferung einer Ware oder aber die Übertragung von Rechten bzw. die Einräumung einer Nutzungslizenz im Vordergrund steht (vgl. Schmidt/Heinicke, 26. Auflage 2007, EStG § 2 a Rz. 16, und Probst in HHR und F/W/B, EStG § 2 a Anm. 166 Stichwort "Immaterielle Wirtschaftsgüter", jeweils mit weiteren Literaturhinweisen). Maßgebend für die Einordnung einer Software als "Ware" soll danach sein, ob es sich - im Gegensatz zu einer Individualsoftware - um eine Standardsoftware bzw. sog. Trivialprogramme handelt (so Probst in HHR, EStG § 2 a Anm. 166, und in F/W/B, EStG § 2 a Anm. 166 unter Bezugnahme auf das Urteil des BGH vom 14.07.1993 VIII R147/92, Der Betrieb -DB- 1993, 1871, und R 31 a Abs. 1 Satz 2 und 3 EStR 2001).

Der BFH hat mit Urteilen vom 03.07.1987 (III R 7/86, BFHE 150, 259, BStBl II 1987, 728, und III R 147/86, BFHE 150, 490, BStBl II 1987, 787), die im Zusammenhang mit der Gewährung von Investitionszulage ergangen sind, allerdings ausdrücklich entschieden, dass Computerprogramme und zwar sowohl Individualprogramme als auch Standardprogramme als geistig-schöpferische Werke immaterielle Wirtschaftsgüter und damit keine abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgüter seien. Zur Begründung hat er ausgeführt, bei der Wertung eines Computerprogramms stehe sein geistiger Gehalt im Vordergrund. Dem Programminhalt komme dabei die überragende wirtschaftliche Bedeutung zu, während der Datenträger demgegenüber zurücktrete. Dabei ist der BFH davon ausgegangen, dass auch - soweit Softwareverträge zivilrechtlich als Kaufverträge (oder kaufrechtsähnliche Austauschverträge) zu qualifizieren seien - Gegenstand des Vertrags keine Sache (im Sinne von § 90 BGB) sei, sondern - mindestens weitaus primär - ein immaterielles Gut, nämlich das Programm als Werk mit geistigem Inhalt. Dem Umstand, dass Anwender- Standardprogramme möglicherweise in bestimmten Wirtschaftskreisen als "Waren" bezeichnet und angesehen würde, hat der BFH demgegenüber keine Bedeutung zugemessen. Offen gelassen hat der BFH in seiner Entscheidung vom 03.07.1987 (III R 7/86, BFHE 150, 259, BStBl II 1987, 728) allerdings ausdrücklich, wie für Trivialprogramme zu entscheiden sein würde, bei denen ein Vergleich mit Büchern oder Schallplatten möglich sein könnte. Diese Rechtsprechung hat der BFH mit Urteil vom 28.07.1994 (III R 47/92, BFHE 175, 184, BStBl II 1994, 873) auch auf Systemprogramme erstreckt und dabei nochmals deutlich gemacht, dass für Trivialprogramme im Sinne des R 31 a EStR möglicherweise etwas anderes gelten könnte.

Demgegenüber hat der BGH bereits mit Urteil vom 04.11.1987 (VIII ZR 314/86, BGHZ 102, 135, BB 1988, 20) festgestellt, dass es sich bei der Überlassung vorgefertigter - wenn auch ggf. komplexer - Standardsoftware gegen einmaliges Entgelt um eine körperliche Sache handle und dies damit begründet, dass bei der Vermarktung von Standardprogrammen durch Verkauf von Programmkopien Kaufgegenstand ein Datenträger mit dem darin verkörperten Programm sei. Standardsoftware ist danach als bewegliche Sache anzusehen. Gleiches hat nach Auffassung des BGH zu gelten, wenn eine Standardsoftware den speziellen Wünschen des Käufers/Bestellers angepasst und diesem in kauf- oder werkvertraglichen Formen endgültig überlassen werde. Entscheidend sei allein, dass es sich auch in diesem Fall um ein auf einem Datenträger verkörpertes Programm und damit um eine körperliche Sache (§ 90 BGB) handle (BGH-Urteil vom 14.07.1993 VIII ZR 147/92, NJW 1993, 2436, DB 1993, 1871). Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH ist der für die Umsatzsteuer zuständige 5. Senat des BFH mit Urteil vom 13.03.1997 (V R 13/96, BFHE 182, 423, BStBl II 1997, 372) schließlich zu der Einschätzung gelangt, dass sich der Verkauf von Standardsoftware durch einen Händler - soweit es um die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG 1993 gehe - umsatzsteuerrechtlich nicht erheblich vom Verkauf eines Buches durch einen Buchhändler oder vom Verkauf einer Schallplatte durch einen Musikalienhändler unterscheide.

Der Senat schließt sich in der Frage der Einordnung von Software der Rechtsprechung des BGH und der wohl überwiegenden Meinung in der Literatur an, wonach der Begriff der "Ware" danach abzugrenzen ist, ob es sich um eine individuell auf den Kunden zugeschnittene Software (dann immaterielles Wirtschaftsgut) oder aber um eine Standardsoftware bzw. um ein Trivialprogramm (dann zu behandeln wie eine bewegliche Sache) handelt. Dies entspricht - jedenfalls für das Trivialprogramm - auch der Wertung in R 31 a EStR 2001 bzw. nachfolgend R 5.5 EStR 2005, wo es ausdrücklich heißt: "Trivialprogramme sind abnutzbare bewegliche und selbständig nutzbare Wirtschaftsgüter. Computerprogramme, deren Anschaffungskosten nicht mehr als 800 DM (ab VZ 2002 410 EUR) betragen, sind stets als Trivialprogramme zu behandeln." Zwar hat der BFH in seinen Urteilen vom 03.07.1987 (III R 7/86, BFHE 150, 259, BStBl II 1987, 728, und III R 147/86, BFHE 150, 490, BStBl II 1987, 787) ausdrücklich zwischen Standardprogrammen und Trivialprogrammen unterschieden und nur für Letztere offen gelassen, ob sie als bewegliche Sache angesehen werden könnten. Angesichts der neueren Rechtsprechung des BGH, die auch der Entwicklung auf dem Gebiet der Informationstechnik und Herstellung von Software Rechnung trägt, erscheint jedoch zweifelhaft, ob diese Unterscheidung so noch Bestand haben kann. Entscheidend ist nach Auffassung des Senats vielmehr, ob es sich um eine vorgefertigte Software handelt, die - standardmäßig - für eine Vielzahl von Nutzern gedacht ist und deren Lieferung sich - wie beim Erwerb von Schallplatten oder Büchern - im Ergebnis als Überlassung eines Datenträgers mit dem darin verkörperten Programm darstellt, der als Instrument zur Datenverarbeitung dienen soll.

Hiervon ausgehend ist der Senat zu der Auffassung gelangt, dass im Streitfall die Voraussetzungen für den uneingeschränkten Verlustabzug nach § 2 a Abs. 2 EStG vorliegen.

Der Senat konnte sich angesichts der von den Klägern vorgelegten Unterlagen und der ergänzenden Erläuterungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung davon überzeugen, dass mit "AT" tatsächlich eine Standardsoftware entwickelt und hergestellt werden sollte, die für eine Vielzahl potentieller Nutzer weltweit gedacht war. Ausgehend von den Ausführungen im Business Plan Summary vom 23.05.2000 sollte es sich bei "AT" um eine "skalierbare Internet-Infrastruktursoftware für Schaffung und Bereitstellung von Anwendungen und Anwendungsdiensten im Internet, welche interaktive, photorealistische Bilder auf Basis komplexer 3D-Szenedaten erfordern" handeln (siehe Anlage 6 des Schriftsatzes der Kläger vom 03.11.2006; Übersetzung durch die Kläger, Bl. 78 Streitakte). Dabei wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es das Ziel sei, das Produkt als Standardplattform für die Entwicklung und Verbreitung von Anwendungen zu etablieren, die servergestützte 3D-Graphiken und Visualisierung erfordern ("standard platform to develop and deploy applications that require server-based 3D graphics and visualisation"). Zwar sollte die erste Version von "AT" Ende 2000 nur an einen kleinen Teil des potentiellen Marktes verkauft werden, das Unternehmen wollte jedoch bereits ab 2002 die Gewinnzone erreicht und innerhalb von fünf Jahren 50 Mio. USD erlöst haben. In den nachfolgenden Jahren sollte dies auf 200 Mio. USD gesteigert werden, was darauf hindeutet, dass tatsächlich hohe Stückzahlen zu geringen Preisen geplant waren.

Dies wird durch die Erläuterungen des Prozessbevollmächtigten der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung gestützt. Danach sei die Software im weiteren Sinn mit einer Google-Suche vergleichbar, ermögliche im Unterschied dazu aber eine interaktive Ansicht von dreidimensionalen Darstellungen im Internet. Als weltweiter Einsatzbereich kämen neben der Automobilentwicklung die Medizintechnik (simulierte Operationen), CAD-Programme und interaktive Spiele in Betracht. Zwar soll die Software "AT" nicht unmittelbar auf den Rechnern der Endnutzer installiert werden, sondern auf den Servern der einzelnen Anbieter laufen. Einer Beurteilung als Standardsoftware, die standardmäßig für eine Vielzahl von Nutzern vorgesehen ist, steht dies angesichts des geplanten weltweiten Einsatzes der Software auf einer Vielzahl von Servern - der nachvollziehbar und glaubwürdig dargelegt wurde - und der daraus folgenden Marktdurchdringung jedoch nicht entgegen. Im Ergebnis wird dies auch dadurch bestätigt, dass die Erwerberin der Anteile die Software inzwischen zur Marktreife weiterentwickeln konnte und nach wie vor ein weltweiter Einsatz mit hohen Stückzahlen beabsichtigt ist.

Es handelt sich damit um den klassischen Fall der Vermarktung eines Standardprogramms gegen einmaliges Entgelt im Sinne der Rechtsprechung des BGH, wobei Kaufgegenstand jeweils der Datenträger mit dem darin verkörperten Programm sein sollte.

Soweit der Beklagte darauf hingewiesen hat, dass eine Berücksichtigung der Verluste bereits daran scheitere, dass eine Herstellung oder Lieferung von Waren nicht erfolgt sei, kann dem nicht gefolgt werden. Der Gesetzeswortlaut des § 2 a Abs. 2 Satz 1 EStG verlangt lediglich, dass die negativen Einkünfte aus einer gewerblichen Betriebsstätte im Ausland stammen, die ausschließlich oder fast ausschließlich die Herstellung oder Lieferung von Waren zum Gegenstand hat. "Zum Gegenstand haben" bedeutet, dass die in § 2 a Abs. 2 Satz 1 EStG aufgezeigten Tätigkeiten wirtschaftlich der Betriebsstätte zuzuordnen sein müssen und dabei nicht nur beabsichtigt sein, sondern tatsächlich und nach wirtschaftlichen Maßstäben ernsthaft betrieben werden müssen (so Probst in K/W/B, EStG § 2 a Anm. 165). Im Streitfall bestehen aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tätigkeit nicht ernsthaft betrieben worden wäre. Die Entwicklung der Software ist dabei notwendiges Durchgangsstadium auf dem Weg zur Herstellung und Lieferung und dem voran geht der Aufbau der Betriebsstätte. Die Kläger haben hierzu ausgeführt, dass bereits im Jahr 2000 Geschäftsräume in M angemietet worden und 20 Mitarbeiter (vorwiegend Wissenschaftler) eingestellt worden seien. Sie haben außerdem darauf hingewiesen, dass ausweislich des Anlagenverzeichnisses zur Steuererklärung 2001 Anlagevermögen mit Anschaffungskosten in Höhe von 697 476,00 USD erworben worden ist, wobei ersichtlich ist, dass jedenfalls auch Mobiliar und Computer angeschafft wurden. Danach ist davon auszugehen, dass hinreichend Vorbereitungshandlungen für die spätere Tätigkeit erfolgt sind.

Der Kläger kann somit seinen Veräußerungsverlust unter Beachtung des Halbeinkünfteverfahrens (§ 3 c Abs. 2 EStG) zur Hälfte in Abzug bringen. Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung in Form eines zu niedrigen Kaufpreises liegen nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.

Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.



Ende der Entscheidung

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