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Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 15.09.2009
Aktenzeichen: 6 K 1140/05
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 6 Abs. 1 |
In dem Rechtsstreit
...
hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 6. Senat - ohne mündliche Verhandlung
am 15. September 2009
durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht .....,
den Richter am Finanzgericht .....,
den Richter am Finanzgericht ..... sowie
die ehrenamtlichen Richter ..... und .....
für Recht erkannt:
Tenor:
Die geänderten Bescheide über Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 1996 bis 1998 vom 20. Februar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Juni 2005 werden dahin gehend geändert, dass die AfA-Bemessungsgrundlage des Lkw ... um 42.874 DM erhöht wird (Buchwert des Lkw ... zum 1. Januar 1996 somit: 113.873 DM).
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Tatbestand:
Streitig ist die bilanzielle Korrektur eines zunächst falsch erfassten Mietkaufvertrags.
Die Klägerin schloss am erstem Dezember 1993 einen Mietkaufvertrag mit der B...- Leasing GmbH über den Erwerb eines Lkw ... mit einer Laufzeit von 48 Monaten. Es wurden eine Anzahlung in Höhe von 14.817,20 DM sowie monatliche Raten in Höhe von 3.403 DM vereinbart. Die Klägerin behandelte den Mietkauf als Miete und aktivierte das Fahrzeug nicht. Stattdessen erfasste sie die Anzahlung im Jahr 1993 über einen Rechnungsabgrenzungsposten, den sie in den folgenden vier Jahren über das Konto ... "Kfz Leasing" erfolgswirksam auflöste. Die monatlichen Raten erfasste die Klägerin auf dem Konto ... " Mietkauf Fahrzeuge" als Aufwand.
Der Beklagte führte für die Jahre 1996 bis 1998 eine Außenprüfung bei der Klägerin durch; die Bescheide für die Vorjahre sind bestandskräftig. Der Außenprüfer war der Auffassung, dass der Mietkaufvertrag einen Kaufvertrag darstelle mit der Folge, dass die Klägerin wirtschaftliche Eigentümerin des Lkw geworden sei. Das Fahrzeug sei mit seinen Anschaffungskosten in Höhe von 148.172 DM zu aktivieren. Der Ratenkredit stelle zugleich eine zu passivierende Verbindlichkeit in Höhe von 163.344 DM dar. Die bereits gezahlten Mietkaufzahlungen in Höhe von insgesamt 77.173 DM hätten das bislang noch nicht gebuchte Darlehen gemindert und seien gewinnneutral durch eine Minderung des Restbuchwerts des Lkw zu erfassen, der somit zum 1. Januar 1996 70.999 DM betrage (Anschaffungskosten 148.172 DM ./. Mietaufwand 77.173 DM). Darauf sei eine lineare AfA mit einer Restlaufzeit von 83 Monaten vorzunehmen. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf den Abschlussbericht der Außenprüfung vom 3. Februar 2004 (Anlage 5).
Der Beklagte folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ am 20. Februar 2004 geänderte Bescheide für die Streitjahre.
Die Einsprüche der Klägerin vom 17. März 2004, mit denen sie die Erhöhung des Abschreibungsvolumens um 42.874 DM begehrte, blieben ohne Erfolg. Gegen die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 27. Juni 2005 richtet sich die am 15. Juli 2005 bei Gericht eingegangene Klage.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Klägerin den Mietkauf des Lkw zu Unrecht als Miete angesehen hat, da die Klägerin wirtschaftliche Eigentümerin des Lkw geworden ist. Unstreitig ist außerdem, dass die Nutzungsdauer des Lkw neun Jahre beträgt.
Die Klägerin ist aber der Auffassung, dass der Lkw zum 1. Januar 1996 mit den um die fiktive AfA geminderten fortgeführten Anschaffungskosten anzusetzen ist; denn dies sei der Wert, der sich ergäbe, wäre das Wirtschaftsgut von Anfang an richtig bilanziert worden. Bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von neun Jahren betrage die Abschreibung in den Kalenderjahren 1993 bis 1995 25/108 der Anschaffungskosten und belaufe sich auf 37.811 DM. Der Bilanzansatz zum 1. Januar 1996 betrage somit 113.873 DM (Anschaffungskosten 148.172 DM ./. fiktive AfA 34.299 DM).
Das Darlehen sei mit dem Rückzahlungsbetrag zum 1. Januar 1996 zu passivieren. Die vor diesem Zeitpunkt als Aufwand gebuchten Raten könnten das Ergebnis nicht beeinflussen, da die Veranlagungen der Jahre 1993 bis 1995 nicht mehr geändert werden könnten. Eine Vermischung der Darlehenszahlungen mit den fiktiven Abschreibungen des Lkw scheide wegen des Grundsatzes der Einzelbewertung und aufgrund des Saldierungsverbots aus (§§ 246 Abs. 2, 252 Abs. 1 Nr. 3 Handelsgesetzbuch -HGB-).
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat mit Schreiben vom 8. Juni 2009 die Klage hinsichtlich der Bescheide über die gesonderte Feststellung gem. § 47 KStG zum 31. Dezember 1996, 31. Dezember 1997 und zum 31. Dezember 1998 zurückgenommen. Der Berichterstatter hat daraufhin das Verfahren insoweit abgetrennt und eingestellt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die geänderten Bescheide über Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 1996 bis 1998 vom 20. Februar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Juni 2005 dahin gehend zu ändern, dass die AfA-Bemessungsgrundlage des Lkw ... um 42.874 DM erhöht wird (Buchwert des Lkw ... zum 1. Januar 1996: 113.873 DM).
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass sich die Bemessungsgrundlage der AfA ab dem 1. Januar 1996 aus den Anschaffungskosten in Höhe von 148.172 DM abzüglich der bisher geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 77.173 DM ergebe. Nach dem Sinn und Zweck der § 7 ff. EStG gelte der Grundsatz, dass die Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen nicht höher sein könne als die Aufwendungen, die für das Wirtschaftsgut tatsächlich erwachsen seien. Unbeachtlich sei dabei, ob die bisher gewinnmindernd geltend gemachten Aufwendungen als Mietaufwendungen oder als Abschreibungen bezeichnet worden seien.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet nach § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung -FGO- ohne mündliche Verhandlung.
Die Klage ist begründet, denn die von der Klägerin angegriffenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen sie in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zu Unrecht nicht die fortgeführten Anschaffungskosten des Lkw angesetzt, sondern die Anschaffungskosten um die bisher als Aufwand behandelten Mietzahlungen gemindert.
1. Der Lkw gehörte zum (notwendigen) Betriebsvermögen der Klägerin und war daher zwingend zu aktivieren (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Körperschaftsteuergesetz -KStG- in der im Streitjahr geltenden Fassung in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Einkommensteuergesetz - EStG-). Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG sind Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, mit den Anschaffungskosten, vermindert um die AfA (§ 7 EStG), anzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn ein Wirtschaftsgut zunächst zu Unrecht nicht passiviert worden ist, denn die nachträgliche Aufnahme eines solchen Wirtschaftsguts in die Bilanz ist eine berichtigende Einbuchung und keine Einlage. Demgemäß bestimmt sich der Bilanzansatz für eine Fehler berichtigende Einbuchung bei unterlassener Aktivierung eines Wirtschaftsguts nach dem Wert, mit dem das bisher zu Unrecht nicht bilanzierte Wirtschaftsgut bei von Anfang an richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde. Das erfordert für die Ermittlung des Einbuchungswerts eine "Schattenrechnung", d.h. die Absetzung der bisher unberücksichtigt gebliebenen AfA-Beträge von den Anschaffungskosten (vgl. Bundesfinanzhof -BFH-, Urteile vom 26. November 2008 - X R 23/05, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2009, 814; vom 24. Oktober 2001 - X R 153/97, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2002, 75, mit weiteren Nachweisen).
2. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat die Klägerin zu Recht die fortgeführten Anschaffungskosten des Lkw angesetzt, wobei sie eine Minderung um die fiktive AfA für die in der Vergangenheit liegenden Nutzungszeiten vorgenommen hat. Für die vom Beklagten vertretene Minderung der ursprünglichen Anschaffungskosten um die als Mietaufwand unmittelbar gewinnmindernd erfassten Zahlungen in Höhe von 77.173 DM fehlt es hingegen an einer Rechtsgrundlage. Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass die Saldierung des Buchwerts des einzubuchenden Wirtschaftsguts mit Aufwandsbuchungen vergangener Jahre mit dem Prinzip der Einzelbewertung nicht vereinbar ist (vgl. §§ 246 Abs. 2, 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB). Zwischen dem Wirtschaftsgut einerseits und den für die Finanzierung dieses Wirtschaftsguts gezahlten Schuldzinsen besteht zwar ein wirtschaftlicher, aber kein bilanzieller Zusammenhang.
Zwar ist dem Beklagten einzuräumen, dass eine AfA-Bemessungsgrundlage des Lkw von 113.873 DM dazu führt, dass die Klägerin Aufwand in Höhe von 42.874 DM gewinn- und damit steuermindernd geltend machen kann, den sie tatsächlich nicht erbringen musste, sodass der steuerliche Gewinn zu niedrig ausfällt. Die Auffassung des Beklagten, dies sei durch eine entsprechende Minderung der AfA-Bemessungsgrundlage zum 1. Januar 1996 zu korrigieren, widerspricht aber dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung. Danach entsteht die Einkommensteuer dem Grunde wie der Höhe nach als Jahressteuer (§ 2 Abs. 7 EStG) kraft Gesetzes jeweils mit Ablauf eines jeden Veranlagungszeitraums (§ 38 der Abgabenordnung -AO- i.V.m. § 36 Abs. 1 Satz 1 EStG). Eine Korrektur der - unstreitig falschen - Aufwandsbuchungen in Höhe der Mietkaufraten wäre aber mangels Bilanzenzusammenhangs (es wurden weder der Lkw noch das Darlehen als Wirtschaftsgut erfasst) nur in den Jahren möglich, in denen der Aufwand angefallen ist. Diese Jahre sind aber bestandskräftig geworden. Diese Bestandskraft würde übergangen, könnte der Beklagte den Fehler der Vorjahre noch im Streitjahr korrigieren. Im Ergebnis muss der Gedanke der richtigen Erfassung des Totalgewinns gegenüber dem Prinzip der abschnittsweisen Besteuerung zurück treten.
3. Etwas anderes könnte dann gelten, wenn die Klägerin planmäßig auf die Aktivierung des Lkw verzichtet hätte und stattdessen die Mietkaufraten unmittelbar Gewinn mindernd geltend gemacht hätte, um dadurch einen gesetzlich nicht vorgesehenen steuerlichen Vorteil zu erlangen. Dann stünde dem Begehren der Klägerin, nunmehr die fortgeführten Anschaffungskosten anzusetzen, unter Umständen die Regelung des § 42 AO a.F. entgegen, da es sich um einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten handeln würde. Der Senat hat aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bewusst eine falsche Bilanzierung gewählt hätte, um steuerliche Vorteile zu erlangen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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