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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 16.06.2009
Aktenzeichen: 6 K 1309/04
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 57
FGO § 58 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

6 K 1309/04

Körperschaftsteuer 1995 bis 1998; Umsatzsteuer 1996 bis 1998

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 6. Senat -

auf Grund mündlicher Verhandlung vom 16. Juni 2009

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ... ,

den Richter ... ,

den Richter am Finanzgericht ... sowie

die ehrenamtlichen Richter ... und ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand:

Die Klägerin wurde am 24. August 1993 gegründet. Gesellschafter waren Frau G... und Frau D.... Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war die Wirtschaftsberatung und Buchführung.

Ende 1997 beendete die Klägerin ihre Tätigkeit; die alleinige Geschäftsführerin G... legte ihr Amt als Geschäftsführerin am 28. September 1998 nieder, ohne dass ein neuer Geschäftsführer bestellt wurde. Anschließend beantragte die Klägerin am 16. November 1998 ihre Löschung im Handelsregister; der Beklagte widersprach der Löschung, so dass die Klägerin zunächst nicht gelöscht wurde.

Der Beklagte erließ für die Streitjahre am 25. Februar 2002, 28. Februar 2002 und 04. März 2002 Schätzungsbescheide, gegen die die Klägerin fristgerecht Einspruch einlegte. Mit Einspruchsentscheidung vom 21. Mai 2004 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Sowohl die Bescheide als auch die Einspruchsentscheidungen gab der Beklagte der "... Steuerberatungsgesellschaft mbH", der Prozessbevollmächtigten, für die "D...gesellschaft" bekannt.

Am 16. Juni 2004 hat die ... Steuerberatungsgesellschaft mbH, die Prozessbevollmächtigte, für die "D... & Partner GmbH" Klage erhoben und geltend gemacht, dass sie die Klage nur vorsorglich erhebe, weil der Beklagte ihr, der ... Steuerberatungsgesellschaft, Steuerbescheide für die D... & Partner GmbH, die Klägerin, zusende, obwohl eine Zustellungsvollmacht nicht mehr bestehe. Bei der Klägerin handle es sich um eine frühere Mandantin.

Nach Setzung einer Ausschlussfrist gemäß § 62 Abs. 3 Satz 3, 2. Halbsatz Finanzgerichtsordnung - FGO - zur Vorlage einer Vollmacht, die der Berichterstatter damit begründet hat, dass das Mandatsverhältnis nicht mehr bestehe, hat die Prozessbevollmächtigte eine Vollmacht der Gesellschafter der Klägerin vorlegt. Sie hat hierzu ausgeführt, dass die Vollmacht nicht von einem vertretungsberechtigten Organ der Klägerin unterschrieben sei, weil die Klägerin keinen Geschäftsführer mehr habe.

Am 26. August 2004, gut vier Monate nach Klageerhebung, ist die Gesellschafterin G... zur Notgeschäftsführerin bestellt worden. In dem Beschluss über die Bestellung wird ausgeführt, dass diese erforderlich sei, damit das Klageverfahren seinen Fortgang nehmen könne.

Am 15. Oktober 2004 ist die Klägerin im Handelsregister gelöscht worden. Nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat die Prozessbevollmächtigte auf dem Empfangsbekenntnis mitgeteilt, dass sie nicht mehr beauftragt sei.

Die Klägerin beantragt,

die Schätzungsbescheide über Umsatzsteuer für 1996 bis 1998 und Körperschaftsteuer für 1995 bis 1998 vom 25. Februar 2002, 28. Februar 2002 und 04. März 2002 sowie die Einspruchsentscheidungen vom 21. Mai 2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält die Bekanntgabe der Bescheide für wirksam, da die Klägerin im Zeitpunkt der Bekanntgabe noch nicht gelöscht gewesen sei und eine wirksame Vollmacht vorgelegen habe.

Mit Beschluss vom 31. August 2006 hat die frühere Berichterstatterin die Klage, soweit sie gegen verschiedene Feststellungsbescheide gerichtet war, abgetrennt und das Verfahren nach Klagerücknahme insoweit eingestellt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unzulässig.

1. Der Senat kann über die Klage entscheiden, obwohl die Klägerin bereits am 15. Oktober 2004 im Handelsregister gelöscht worden ist. Dies hat nicht zum Verlust ihrer Beteiligtenfähigkeit im Sinne von § 57 FGO geführt (BFH, Urteil vom 27. April 2000 I R 65/98, BStBl. II 2000, 500; Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 58 Rz. 22; a. A. hingegen Tipke in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 57 FGO Rz. 7).

Auf Grund der Löschung hat zwar die am 26. August 2004 bestellte Notgeschäftsführerin ihre Vertretungsbefugnis verloren (BFH in BStBl. II 2000, 500). Dies führte aber nicht zu einer Unterbrechung des Verfahrens nach § 155 FGO in Verbindung mit §§ 241, 246 Zivilprozessordnung - ZPO - (s. BFH in BStBl. II 2000, 500; Drüen, a.a.O., § 58 FGO Rz. 22). Denn bereits vor der Löschung war die ... Steuerberatungsgesellschaft mbH als Prozessbevollmächtigter bestellt worden, wie sich aus dem Bestellungsbeschluss vom 26. August 2004 ergibt, mit dem die durch die ... Steuerberatungsgesellschaft mbH initiierte Klage fortgeführt und damit gebilligt werden sollte. Diese Vollmacht wirkte nach der Löschung fort.

Eine Unterbrechung war auch nicht auf Grund der Mitteilung der Prozessbevollmächtigten im Empfangsbekenntnis erforderlich, wonach sie nicht mehr beauftragt sei. Denn auf Grund der Löschung der Klägerin und des damit verbundenen Wegfalls der Vertretungsbefugnis durch die Notgeschäftsführerin konnte das Mandatsverhältnis nicht mehr wirksam beendet werden. Im Übrigen ist für eine wirksame Niederlegung des Mandats die Mitteilung durch den Vollmachtgeber oder durch einen neuen Vollmachtgeber erforderlich (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. August 1992 - 6 K 7/91, EFG 1993 S. 166). Aus diesem Grund wird die Prozessbevollmächtigte auch weiterhin als Vertreterin der Klägerin im Rubrum dieses Urteils geführt und das Urteil der Prozessbevollmächtigten zugestellt.

2. Die Unzulässigkeit der Klage folgt daraus, dass die Klägerin bei Erhebung der Klage und bis zum Ablauf der Klagefrist nicht prozessfähig im Sinne von § 58 Abs. 2 FGO gewesen ist. Die Klageerhebung war damit unwirksam.

Bei Klageerhebung war für die Klägerin kein Geschäftsführer bestellt, so dass die Klägerin nicht wirksam handeln konnte; ebenso wenig konnte die Prozessbevollmächtigte für die Klägerin nicht wirksam handeln, da jene nicht gesetzliche Vertreterin im Sinne von § 58 Abs. 2 Satz 1 FGO war (s. BFH, Beschluss vom 14. Dezember 2004 III B 115/03, BFH/NV 2005, 713).

Die spätere Erlangung der Prozessfähigkeit am 26. August 2004 durch Bestellung einer Notgeschäftsführerin und die nachträgliche Genehmigung der seitens der Prozessbevollmächtigten erhobenen Klage durch die Klägerin führt nicht zur Zulässigkeit der Klage, da die Prozessfähigkeit nicht innerhalb der Klagefrist, die am 24. Juni 2004 endete, erfolgt ist (s. BFH, Urteil vom 16. August 1979 I R 95/76, BStBl. II 1980, 47).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Kosten sind nicht der Prozessbevollmächtigten aufzuerlegen, da ihre Klageerhebung zwar ursprünglich ohne Vertretungsmacht erfolgt ist, im weiteren Verlauf des Verfahrens aber durch die Klägerin genehmigt worden ist.

Ende der Entscheidung

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