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Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 13.04.2007
Aktenzeichen: 6 K 2012/06 B
Rechtsgebiete: AO 1977


Vorschriften:

AO 1977 § 97
AO 1977 § 104 Abs. 2
AO 1977 § 119
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

6 K 2012/06 B

Herausgabe von Unterlagen zur Umsatzsteuersonderprüfung

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg -6. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 13. April 2007

durch

den Richter am Finanzgericht ... als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Kläger zur Herausgabe von für die Besteuerung seines ehemaligen Mandanten M... bedeutsamen und ihm anvertrauten schriftlichen Unterlagen an den Beklagten verpflichtet ist.

Der Kläger, von Beruf Rechtsanwalt und vereidigter Buchprüfer, war steuerlicher Berater von Herrn M... sowie Frau P...-M... . Letztere sind inzwischen geschiedene Eheleute, unter deren Namen in den Streitjahren 2002 bis 2004 jeweils getrennt ein Einzelhandel mit Tabakwaren (Herr M...; StNr.: .../.../...12) und ein Einzelhandel mit Zeitungen/ Lotterieannahmestelle (Frau P...-M..., StNr.: .../.../...45) steuerlich angemeldet waren. Der Kläger hatte für beide Einzelunternehmen u.a. die Finanzbuchhaltung für den Zeitraum 1. Dezember 2002 bis 30. Juni 2004 erstellt (für das Einzelunternehmen der Frau P...-... bereits ab 1. Januar 2002).

Bei beiden Unternehmen ordnete die Zentrale Umsatzsteuer-Sonderprüfungsstelle des Beklagten auf Ersuchen des Wohnsitz-Finanzamtes der Eheleute (Finanzamt W...) mit Bescheiden vom 23. Februar 2005 die Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Zeitraum 1. Januar 2002 bis 31. Mai 2004 an. Die Eheleute machten daraufhin gegenüber dem Beklagten geltend, dass sie nicht im Besitz der entsprechenden Buchführungsunterlagen seien, weil diese vom Kläger wegen offener Honorarforderungen zurückgehalten würden.

In der Umsatzsteuer-Sonderprüfungsakte betr. Herrn M... befindet sich folgender Vermerk über zwei Telefonate der Sonderprüferin (Frau W...) vom 4. März 2005 mit dem Kläger einerseits sowie mit Herrn M... andererseits mit folgendem Inhalt:

"Herr S... beharrt auf sein Zurückbehaltungsrecht und ist nicht bereit, die Buchführung zur Verfügung zu stellen. Herr M... wurde hierüber informiert. Er wird versuchen, Herrn S... zu überzeugen, dass die Unterlagen nur für die Prüfung herauszugeben sind. Er meldet sich am Montag, um das Ergebnis mitzuteilen."

Mit Bescheiden vom 18. März 2005 (mit Rechtsbehelfsbelehrung) forderte der Beklagte den Kläger auf, die Buchführungsunterlagen für die Jahre 2002 bis 2004 betr. die beiden o. g. Unternehmen (Kontoblätter, Journale, Abschlussbuchungen) innerhalb von vier Wochen nach Erhalt der Bescheide an die Umsatzsteuer-Sonderprüferin herauszugeben.

Nachdem der Kläger gegen diese Bescheide fristgerecht Einspruch eingelegt hatte, präzisierte der Beklagte sein Herausgabeverlangen mit Schreiben vom 3. Mai 2005 dahingehend, dass er die Herausgabe der Buchführungsunterlagen (Buchführungskonten, Journale und Primanoten sowie Unterlagen über die Abschlussbuchungen) für die Jahre 2002 bis 2004 begehrte. Dies war eine Reaktion des Beklagten auf ein Schreiben des Klägers an den Beklagten vom 21. April 2005, mit dem der Kläger mitteilte, dass Herr M... "bereits sämtliche Buchhaltungsbelege, insbesondere die Lieferantenrechnungen, zurückerhalten" habe. Der Beklagte antwortete hierauf, dass dies nicht bestritten werde, sein Herausgabeverlangen sich aber auf die o. g. Buchführungsunterlagen beziehe. Weiter heißt es in dem Schreiben vom 3. Mai 2005:

".... Nach Ihren eigenen telefonisch gemachten Angaben machen Sie für diese Unterlagen ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber Ihrem ehemaligen Mandanten geltend. Es ist also davon auszugehen, dass die Unterlagen bei Ihnen vorhanden sind, so dass eine erneute Erstellung nicht notwendig ist. Ihre Begründung ist somit nicht ausreichend. ..."

Daraufhin antwortete der Kläger mit Schreiben vom 18. Mai 2005 Folgendes:

"... Hinsichtlich der diesseitigen Einspruchsbegründung ist klarzustellen, dass sich das geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht natürlich auch auf die für die Erstellung von benötigten Unterlagen erforderliche Arbeitsleistung bezieht. Entgegen Ihrer Auffassung ist nicht davon auszugehen, dass sich ein Zurückbehaltungsrecht lediglich auf die Herausgabe vorhandener Gegenstände bzw. Unterlagen beziehen kann. Ein Zurückbehaltungsrecht kann sich ebenso auf zu erbringende Arbeits- bzw. Dienstleistungen beziehen. Vor diesem Hintergrund betrachte ich auch die diesseitige Begründung als ausreichend."

Ein Vorstoß von Herrn M... bei der Wirtschaftsprüferkammer wegen Beanstandung eines eventuellen Fehlverhaltens des Klägers wurde von dieser mit Schreiben vom 24. März 2005 und vom 25. April 2005 sinngemäß dahingehend beantwortet, dass sie nach Einholung einer Gegenäußerung des Klägers ihrerseits keinen unmittelbaren Handlungsbedarf sehe. Der Beklagte erhielt von Herrn M... Abschriften der vorgenannten Schreiben der Wirtschaftsprüferkammer.

Mit weiterem Schreiben vom 30.Mai 2005 forderte der Beklagte den Kläger auf, im Einzelnen anzugeben, welche Unterlagen er an seinen ehemaligen Mandanten zurückgegeben und welche Unterlagen sich noch in seinem Besitz befänden. Außerdem sollte er angeben, für welche Zeiträume keine ausgedruckten Buchführungskonten, Journale und Primanoten vorlägen und ob die Möglichkeit bestehe, die Daten der Buchführung auf einem Datenträger zur Verfügung zu stellen (Hinweis auf § 147 Abs. 6 Satz 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -).

Hierauf antwortete der Kläger nach mehreren Erinnerungen seitens des Beklagten mit Schreiben vom 29. September 2005 Folgendes:

"Ihre Anfrage hinsichtlich der Buchführungsunterlagen 2002 bis 2004 darf ich wie folgt beantworten: Die Finanzbuchhaltung wurde für die Zeiträume vom 30.11. bis 31.12.2002, 1.1. bis 31.12.2003 sowie 1.1. bis 30.6.2004 erstellt. Für diesen Zeitraum wurden sämtliche Buchungen vollständig durchgeführt. Die Buchungsdaten sind in elektronischer Form gespeichert. Ausdrücke müssten neu erstellt werden. Sämtliche vorhandenen Ausdrucke und Originalbelege wurden bereits an Herrn M... zurückgegeben. Für das Jahr 2002 wurde ein Jahresabschluss erstellt, der dem Mandanten ebenfalls in Papierform ausgehändigt worden ist."

Daraufhin wandte sich die Umsatzsteuer-Sonderprüferin in getrennten Schreiben vom 6. Oktober 2005 erneut an Herrn M... und Frau P...-M... zwecks Stellungnahme zu dem Vortrag des Klägers, er habe sämtliche vorhandenen schriftlichen Unterlagen an seine ehemaligen Mandanten übergeben.

Frau P...-M... antwortete mit Schreiben vom 10. Oktober 2005 wie folgt:

" .... muss ich Ihnen leider mitteilen, dass sämtliche Geschäftsunterlagen von Herrn M... bei Herrn S... abgeholt worden sind. Ebenso sind alle vorherigen und weiteren Unterlagen bei Herrn M..., da er den Laden weitergeführt hat. Auf Grund einer streitigen Trennung habe ich auch keinerlei Zugang zu irgendwelchen Papieren ......"

Mit Schreiben vom 25. Oktober 2005 wandte sich die Umsatzsteuer-Sonderprüferin anschließend erneut an den Kläger:

"Sehr geehrter Herr S...,

Herr M... hat mir heute alle ihm vorliegenden Unterlagen an Amtsstelle zur Prüfung überlassen.

Hierbei wurde festgestellt, dass sich in den Ordnern ausschließlich Eingangs- und Ausgangsrechnungen sowie Bankauszüge befinden. Ausdrucke der Buchführung (Konten und Summen- und Saldenlisten sowie Journale oder Primanoten) befinden sich nicht darin.

Herr M... hat versichert, dass er keine weiteren Unterlagen von Ihnen erhalten hat. Da sich die Aussagen in diesem Punkt widersprechen, bitte ich um Mitteilung, ob bei Ihnen Schriftstücke vorliegen, aus denen hervorgeht, welche Unterlagen an Herrn M... herausgegeben wurden. Zusätzlich bitte ich um Mitteilung, für welche Zeiträume die Buchführungskonten in Schriftform vorgelegen haben und welche bislang nicht ausgedruckt wurden.

Abschließend bitte ich noch um Mitteilung, mit welchem Programm die Buchführung erstellt wurde. Für eine kurzfristige Beantwortung der Fragen .. wäre ich dankbar."

Daraufhin beantragte der Kläger zunächst Fristverlängerung für seine Stellungnahme, lehnte sodann in einem zweiten Schreiben weitere Auskünfte im Hinblick auf das Mandatsgeheimnis ab und bat um einen rechtsmittelfähigen Bescheid.

Mit Einspruchsentscheidung vom 12. Dezember 2005 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass die von ihm angeforderten Unterlagen (inzwischen) ausreichend genau bezeichnet seien. Ersatzweise sei auch eine Überlassung der Daten auf einem Datenträger gemäß § 147 Abs. 6 AO 1977 möglich.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage macht der Kläger betr. das auf die Unterlagen des Unternehmens von Herrn M... gerichtete Herausgabeverlangen im Wesentlichen geltend, dass das Begehren des Beklagten in dem angefochtenen Bescheid vom 18. März 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. Dezember 2005 nicht ausreichend bestimmt sei (Verstoß gegen § 119 Abs. 1 AO 1977). Die Verwaltungsakte hätten keinen vollstreckungsfähigen Inhalt, weil nicht bezeichnet worden sei, welche Kontoblätter, Journale und Abschlussbuchungen er herausgeben solle. Auch die vom Beklagten herangezogene Ermächtigungsgrundlage (§ 104 Abs. 2 AO 1977) sei unzutreffend. Sie setze voraus, dass der steuerliche Berater als Zeuge in einem Verwaltungsverfahren in Anspruch genommen werde, was im Streitfall nicht gegeben sei. Schließlich sei er, der Kläger, auch nicht im Besitz der streitgegenständlichen Unterlagen, jedenfalls nicht "in gedruckter Form". Die Erstellung von bei ihm nicht gegenständlich vorhandenen Unterlagen belaste ihn mit einem wirtschaftlichen Aufwand ohne adäquate Gegenleistung, obwohl dieser Aufwand unmittelbar von den Steuerpflichtigen, die im Besitz sämtlicher Originalunterlagen seien, zu fordern wäre. Das Vorgehen des Beklagten gegenüber ihm verstoße deshalb gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip und sei insbesondere auch von der Ermächtigungsgrundlage des § 97 Abs. 1 AO 1977 nicht gedeckt. Danach sei er ggfs. nur verpflichtet, bereits physisch existente Dokumente an das Finanzamt herauszugeben.

Den steuerpflichtigen Eheleuten seien die monatlichen betriebswirtschaftlichen Auswertungen sowie die Summen- und Saldenlisten bis einschließlich Juni 2004 zurückgegeben worden. Ferner hätten sie inzwischen auch die Originalunterlagen der Buchhaltung zurückerhalten, da sie Anfang 2005 von einem Mitarbeiter des Herrn M... in den Kanzleiräumen abgeholt worden seien (Beweis: Zeugnis einer Sachbearbeiterin des Klägers, Frau Wk...).

In der Akte des Mandanten befänden sich keinerlei Unterlagen (Buchführungsunterlagen, Kontoblätter, Journale, Abschlussbuchungen; Beweis: Zeugnis der Sekretariatsmitarbeiterin, Frau Sp...). Es seien lediglich die Buchungen selbst in maschinenlesbarer Form bei ihm gespeichert.

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

den Bescheid vom 18. März 2005 betr. die Herausgabe von Unterlagen zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei Herrn M... für die Jahre 2002 bis 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2005 aufzuheben.

Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist im Wesentlichen auf seine Ausführungen in der angefochtenen Einspruchsentscheidung.

Dem erkennenden Gericht hat bei seiner Entscheidung ein Band Umsatzsteuer- Sonderprüfungsakten betr. Herrn M... vorgelegen, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Beteiligtenvorbringens Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 18. März 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. Dezember 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO -).

1. Der Beklagte kann gemäß § 97 i.V.m. § 104 Abs. 2 AO 1977 vom Kläger die Herausgabe der Ausdrucke der Konten der Finanzbuchführung betr. das Einzelunternehmen des Herrn M... für den streitgegenständlichen Zeitraum und der dazugehörigen Journale oder Primanoten sowie der Summen- und Saldenlisten verlangen.

a.) Der Kläger ist als sog. "andere Person" im Sinne von § 97 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 mit Auskunftsverweigerungsrecht als Rechtsanwalt und vereidigter Buchprüfer ( § 102 Abs. 1 Nr. 3 b AO 1077) in dem Umfang herausgabepflichtig wie es Herr M... als "Beteiligter" im Sinne dieser Vorschrift wäre, wenn sich die betreffenden Unterlagen in seinem Besitz befänden ( § 104 Abs. 2 AO 1977). Zweck der Bestimmung des § 104 Abs. 2 AO 1977 ist es, zu verhindern, dass der Steuerpflichtige an sich vorlagepflichtige Unterlagen dem Zugriff des Finanzamtes dadurch entziehen kann, dass er sie in die Obhut eines auskunftsverweigerungsberechtigten sog. Berufsträgers i. S. von § 102 AO 1977 gibt (vgl. BT-Drucks. VI/1981,138; Schuster, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 104 AO Rz. 16; Tipke, in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 104 Rz. 3 m.w.N.).

Für Herrn M... als Steuerpflichtigen ergäbe sich eine Herausgabepflicht hinsichtlich der vom Beklagten angeforderten schriftlichen Unterlagen aus § 97 Abs. 1 Satz 1 AO 1977.

Danach hat der Steuerpflichtige auf Verlangen des Finanzamts "Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden" zur Einsicht und zur Prüfung vorzulegen. Der Begriff "Urkunde" ist dabei der Oberbegriff. Bücher, Aufzeichnungen und Geschäftspapiere sind beispielhaft aufgeführte Unterarten. Damit kommt zum Ausdruck, dass nicht nur notarielle Urkunden und nicht nur nach § 147 Abs. 5 AO 1977 aufbewahrungspflichtige Unterlagen von § 97 AO 1977 erfasst sind. "Urkunden" in diesem Sinne sind vielmehr schriftlich oder auf Daten- und Bildträgern festgehaltene Gedankenerklärungen. Eine Gedankenerklärung liegt nur dann vor, wenn das Schriftstück eine eigene Aussage enthält (keine bloße Wiedergabe von Tatsachen, vgl. dazu Schuster, a.a.O., § 97 AO Rz. 4 und 5). In diesem Sinne stellen die die vom Beklagten geforderten Ausdrucke der Konten der Finanzbuchführung, die Journale, die Primanoten und die Summen- und Saldenlisten allesamt "Urkunden" im Sinne von § 97 Abs. 1 AO 1977 dar (vgl. dazu auch Sauer, in: Beermann/Gosch, Steuerliches Verfahrensrecht, § 200 AO Rz. 21, wonach auch alle internen Rechenwerke, elektronische Daten und EDV-Aufbereitungen unter den Urkundenbegriff im Sinne von § 97 AO fallen).

Das o. g. Herausgabeverlangen könnte der Beklagte gegenüber Herrn M... als Steuerpflichtigem auch auf § 200 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 stützen, weil im Rahmen dieser Vorschrift derselbe Urkundenbegriff wie in § 97 Abs. 1 AO 1977 verwendet wird (vgl. Tipke, in: Tipke/Kruse, a.a.O., § 200 Rz. 8). Eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ist dabei als "Außenprüfung" Im Sinne von § 200 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 anzusehen (vgl. Trzaskalik, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 147 AO Rz. 42).

b.) Dem Herausgabeverlangen des Beklagten bezüglich der streitgegenständlichen Unterlagen steht auch nicht die Subsidiaritätsregelung in § 97 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 entgegen, da diese im Rahmen einer Außenprüfung nicht gilt (vgl. § 200 Abs. 1 Satz 4 AO 1977).

c.) Im Streitfall bestehen keine substantiierten Anhaltspunkte dafür, dass sich die streitgegenständlichen Unterlagen nicht (mehr) im Besitz des Klägers befinden. Unstreitig befanden sie sich zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt im Besitz des Klägers, denn er hat ja die gesamte Finanzbuchhaltung für seinen Mandanten M... für die betreffenden Prüfungsjahre erstellt. Dass der Kläger inzwischen die Buchungsbelege (Original- Rechnungen etc.) an Herrn M... zurückgegeben hat, ist zwischen den Prozessbeteiligten ebenfalls unstreitig, berührt aber den hiesigen Rechtsstreit nicht, da diese nicht Gegenstand des Herausgabeverlangens des Beklagten sind. Die weiteren Einlassungen des Klägers zu diesem Punkt sprechen nach Überzeugung des erkennenden Gerichts dafür, dass er noch im Besitz der vom Beklagten herausverlangten schriftlichen Unterlagen ist (die er wegen ausstehender Honorarforderungen nicht herausgeben möchte). Dabei kann die zuletzt mit Schriftsatz vom 12. April 2007 geäußerte Tatsachenbehauptung mit Beweisantritt durch Zeugenvernehmung, dass sich in der Akte des Mandanten M... "keinerlei Unterlagen (Buchführungsunterlagen, Kontoblätter, Journale, Abschlussbuchungen) befinden", vom Gericht bei seiner Entscheidung als wahr unterstellt werden, denn üblicherweise werden die umfangreichen Unterlagen einer mehrjährigen Finanzbuchführung in der Kanzlei eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters nicht in der Mandantenakte, sondern an anderer Stelle (Archivraum o. ä. m.) aufbewahrt.

Selbst wenn man in dieser Frage anderer Ansicht wäre, wären die vom Kläger angefochtenen Steuerverwaltungsakte gleichwohl nicht rechtswidrig, weil sie dem Kläger alternativ die Möglichkeit einräumen, dem Beklagten die von ihm für die Durchführung der Umsatzsteuer- Sonderprüfung benötigten Daten durch Überlassung eines entsprechend mit den Daten ausgestatteten Datenträgers zuzuleiten. Die Ermächtigungsgrundlage für dieses Verlangen des Beklagten ergibt sich aus § 147 Abs. 6 Satz 2 AO 1977. Die damit zusammenhängenden Kosten hat der Kläger zu tragen ( § 147 Abs. 6 Satz 3 AO 1977). Angesichts der Wahlfreiheit des Klägers zwischen der Herausgabe der vom Beklagten verlangten schriftlichen Unterlagen oder der Überlassung einer entsprechend mit Daten versehenen CD-Rom bestehen auch keine Bedenken gegenüber den angefochtenen Steuerverwaltungsakten im Hinblick auf den insbesondere auch im Rahmen einer Außenprüfung von der Finanzverwaltung zu beachtenden verfassungsrechtlich verankerten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. dazu nur Sauer, in: Beermann/Gosch, Steuerliches Verfahrensrecht, Vor §§ 193 - 203 Rz. 12 m.w.N.).

c.) Die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen dem Steuerpflichtigen, bei dem die Außenprüfung durchgeführt werden soll, und seinem steuerlichen Berater, gegenüber dem das Finanzamt das Herausgabeverlangen äußert, sind abgabenrechtlich irrelevant (vgl. dazu Schuster, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 104 AO Rz. 16; Linssen, in: Beermann/Gosch, Steuerliches Verfahrensrecht, § 104 AO Rz. 4; Dumke, in: Schwarz, Abgabenordnung, § 104 Rz. 2).

d.) Der angefochtene Verwaltungsakt vom 18. März 2005 ist auch nicht mangels ausreichender Bestimmtheit im Sinne von § 119 Abs. 1 AO 1977 nichtig. Nur ganz schwerwiegende und offenkundige Mängel eines Verwaltungsaktes führen zu dessen Nichtigkeit.

Die Mindestvoraussetzungen für die hinreichende Bestimmtheit von Steuerverwaltungsakten hängen jeweils von den Besonderheiten des Sachverhaltes ab (vgl. dazu Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 119 AO Rz. 56 m. zahlr. Rechtsprechungsnachweisen).

In diesem Sinne ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte den Kläger im Einspruchsverfahren mehrfach wegen einer Konkretisierung der bei ihm vorhandenen Unterlagen der Finanzbuchführung (weitgehend erfolglos) angeschrieben hat und die ihm mögliche Präzisierung seines Herausgabeverlangens in gegenständlicher Hinsicht in der Einspruchsentscheidung vorgenommen hat. Dabei ist sich das erkennende Gericht darüber im Klaren, dass eine Heilung eines wegen mangelnder Bestimmtheit nichtigen Steuerverwaltungsakts durch Erlass einer fehlerfreien Einspruchsentscheidung nicht möglich wäre (Söhn, a.a.O., § 119 AO Rz. 150 m. Rechtsprechungsnachweisen). Im Streitfall hatte aber bereits der Ausgangsbescheid vom 18. März 2005 nach der Überzeugung des erkennenden Gerichts einen hinreichend bestimmten Regelungsgehalt (Herausgabe der Kontoblätter, Journale und Abschlussbuchungen betr. das Unternehmen von Herrn M... für die Jahre 2002 bis einschließlich 2004), sodass eine Nichtigkeit dieses Verwaltungsakts ausscheidet.

e.) Ermessensfehler im Sinne von § 5 AO 1977 hinsichtlich des Ob und des Wie der Inanspruchnahme des Klägers als Herausgabeschuldner sind nicht ersichtlich, da der Beklagte im Einspruchsverfahren alle anderen möglichen Erkenntnisquellen (Eheleute M... als Steuerpflichtige) zur Erlangung der steuerlich relevanten Informationen erfolglos ausgeschöpft hat. Angesichts der umfangreichen Korrespondenz mit dem Kläger und da es sich um einen Fall der sog. Ermessensvorprägung im Sinne der BFH-Rechtsprechung handelt (eine anders lautende Entscheidung kam im Streitfall für den Beklagten gar nicht in Betracht, wollte er sein Ziel - Durchführung der Umsatzsteuer-Sonderprüfung -verwirklichen, vgl. dazu allgemein nur beispielhaft: BFH-Urteil vom 29. September 1987 VII R 54784, BStBl II 1988, 176 sowie Gersch, in: Klein, AO, 9. Aufl., § 5 Rz. 13, jeweils m.w.N.) ist es auch unschädlich, dass der Beklagte die Erwägungen, die zur Inanspruchnahme des Klägers als Herausgabepflichtigen geführt haben, in der angefochtenen Einspruchsentscheidung nicht - wie sonst bei Ermessensentscheidungen notwendig -vollständig offen gelegt hat: Die diesbezüglichen Erwägungen des Beklagten waren dem Kläger aus der umfangreichen Vorkorrespondenz hinreichend detailliert bekannt oder zumindest auch ohne detaillierte Begründung seiner Inanspruchnahme in den angefochtenen Steuerverwaltungsakten für ihn ohne weiteres erkennbar (Gedanke des § 121 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977, vgl. dazu BFH-Urteil vom 28. April 1983 IV R 255/82, BStBl II 1983, 621 m.w.N. sowie Kruse, in: Tipke/Kruse, a.a.O., § 5 Rz. 70, jeweils m.w.N.).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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