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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 16.06.2009
Aktenzeichen: 6 K 9136/07
Rechtsgebiete: KStG, EStG


Vorschriften:

KStG § 8 Abs. 1
KStG § 8 Abs. 3
EStG § 6a Abs. 1
EStG § 6a Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 6. Senat -

auf Grund mündlicher Verhandlung vom 16. Juni 2009

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht .....,

den Richter .....,

den Richter am Finanzgericht ..... sowie

die ehrenamtlichen Richter ..... und .....

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die bilanziellen Folgen des Ausscheidens eines Gesellschafter- Geschäftsführer, dem die Klägerin eine Pensionszusage erteilt hatte, für die sie wiederum eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen hatte.

Die Klägerin ist eine am ... 1992 gegründete GmbH, deren Unternehmensgegenstand der A...anlagenbau ist. Gesellschafter der Klägerin waren der am ... 1947 geborene Herr A... mit einem Anteil von 7/20, Herr B... mit einem Anteil von 6/20 sowie Herr C... mit einem Anteil von 7/20. Herr A... und Herr B... waren zudem Geschäftsführer. Herr A... war insgesamt in drei Unternehmen als Geschäftsführer tätig.

Nach § 5 des mit Herrn A... am 15. Juli 1992 abgeschlossenen Geschäftsführervertrags sollte jener ein monatliches Bruttogehalt von DM ...,- erhalten. Nach § 5 Nr. 1 Buchst. f sollte Herr A... zudem eine Tantieme von 15% des ausgewiesenen Jahresgewinns bekommen. Weiterhin sollte er nach § 6 dieses Vertrags mit Erreichen seines 65. Lebensjahres ein Ruhegeld von 60% seines Gehalts, das er in den letzten 12 Monaten vor diesem Zeitpunkt bezogen hat, beziehen. Bei Dienstunfähigkeit sollte sich das Ruhegeld auf mindestens 30% des letzten Bruttogehalts belaufen. In § 7 des Vertrags war zudem eine Hinterbliebenenversorgung zu Gunsten seiner Witwe sowie der noch nicht volljährigen oder in der Ausbildung befindlichen Kinder vereinbart für den Fall, dass Herr A... während seiner Tätigkeit für die Klägerin oder nach Eintritt in den Ruhestand sterben sollte. Wegen der weiteren Einzelheiten der Regelungen wird auf den Geschäftsführervertrag Bezug genommen. In gleicher Weise vereinbarte die Klägerin auch ein Gehalt sowie Ruhegeld für Herrn B..., das in diesem Verfahren nicht streitig ist. Die Klägerin schloss zur Finanzierung der erteilten Pensionszusagen Rückdeckungsversicherungen bei der A... Versicherung ab.

Das Gehalt für Herrn A... wurde ausweislich eines Schreibens eines Sachverständigen der A... Versicherung, Dr. D..., vom 14. Februar 1996 ab Juni 1993 auf DM ...,- erhöht.

Am 29. Juli 1994 vereinbarten die Klägerin und Herr A..., dass dessen monatlicher Gehaltsanspruch ab dem 01. August 1994 um DM ...,- auf DM ...,- gemindert werde. Zum Ausgleich dieser Gehaltskürzung wollte die Klägerin Herrn A... eine Pensionszusage erteilen, deren näheren Einzelheiten in einer besonderen Vereinbarung geregelt werden sollten. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf die Vereinbarung vom 29. Juli 1994.

Erstmals im späteren Klageverfahren legte die Klägerin eine nicht unterschriebene besondere Vereinbarung vom 29. Juli 1994 vor; zu diesem Zeitpunkt war Herr A... 46 Jahre alt. Danach sollte Herr A... mit Erreichen des 65. Lebensjahrs ein Ruhegeld in Höhe von DM ...,- erhalten, das in dem Monat, der auf den Eintritt in den Ruhestand folgen würde, fällig werden sollte. Eine Hinterbliebenen- oder Invaliditätsversorgung war nicht geregelt.

Am 01. August 1994 hielten die drei Gesellschafter der Klägerin in einem Beschluss fest, dass Herr A... am 01. August 1994 eine Pensionszusage erhalten und die Klägerin eine Rückdeckungsversicherung unter der Nummer ... bei der A... Versicherung abgeschlossen habe. Die Gesellschafter beschlossen, die Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung an Herrn A... bzw. seine versorgungsberechtigten Angehörigen zu verpfänden. Ferner genehmigten sie ausdrücklich die Erteilung der Pensionszusage - ggf. mit Nachträgen -, soweit dies nicht bereits in der Vergangenheit erfolgt sei. Spätere Anpassungen der erwähnten Versorgung an veränderte Einkommensverhältnisse sollten keines Gesellschafterbeschlusses bedürfen, sondern der Geschäftsführung obliegen. Soweit Herr A... selbst tätig werden würde, sollte er vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - befreit sein. Der Senat verweist wegen der weiteren Einzelheiten auf den in der Vertragsakte befindlichen Gesellschafterbeschluss. Einen vergleichbaren Beschluss hatten die Gesellschafter auch hinsichtlich des Herrn B... bereits am 01. Juni 1994 getroffen; auf diesen Beschluss nimmt der Senat ebenfalls Bezug.

Am 11. Dezember 1995 beschlossen die drei Gesellschafter eine Änderung der Geschäftsführerverträge der Herren A... und B... "vom 15.07.1992"; eine Bezugnahme auf die Änderungen vom Juni 1993 (Gehaltserhöhung auf DM ...,-) und 29. Juli 1994 (Gehaltsminderung auf DM ...,-) fehlte somit. Nach dem Beschluss vom 11. Dezember 1995 sollten ab 01. Januar 1996 Herr A... ein monatliches Bruttogehalt von DM ...,- und Herr B... ein monatliches Bruttogehalt von DM ...,- erhalten. Zudem sollte die Tantieme auf jeweils 7,5% des ausgewiesenen Jahresgewinns vor Körperschaftsteuer geändert werden.

Die Klägerin passivierte nach eigenen Angaben eine Pensionsrückstellung bezüglich der Herrn A... erteilten Zusage ausschließlich auf der Grundlage der im Jahr 1992 im Anstellungsvertrag erteilten Zusagen; die Änderung im Jahr 1994 blieb unberücksichtigt. Die Pensionsrückstellung sowie die Rückdeckungsversicherung entwickelten sich, soweit sie Herrn A... betrafen, wie folgt (Beträge in DM):

 BilanzstichtagRückdeckungsversicherungPensionsrückstellung
31.12.92-,-...,-
31.12.93-,-...,-
31.12.94...,-...,-
31.12.95...,-...,-
31.12.96...,-...,-
31.12.97...,-...,-
31.12.98...,-...,-
31.12.99...,-...,-
31.12.00...,-...,-
31.12.01...,- (= EUR ...)...,- (= EUR ...)

Wegen der weiteren Einzelheiten der Beträge wird auf die handschriftliche Zusammenfassung der früheren Steuerberaterin auf Bl. 48 ff. der Streitakten verwiesen.

Nach einem Schreiben des Direktionsbeauftragten der A... Versicherung, Dr. D..., stellt sich der Sachverhalt für die Zeit ab 1992 wie folgt dar: 1994 sei für Herrn A... eine gehaltsunabhängige Pensionszusage gegen Gehaltsverzicht vereinbart und eine entsprechende Rückdeckungsversicherung abgeschlossen worden. Erst nach Abschluss der Rückdeckungsversicherung sei festgestellt worden, dass bereits seit 1992 eine Pensionszusage auf Grund des Geschäftsführervertrags existiere. Diese Pensionszusage sei in den Bilanzen für 1992 und 1993 nicht berücksichtigt worden; die Bilanzen seien dann rückwirkend berichtigt worden. Eine Rückdeckung der 1992 erteilten Pensionszusage sei bislang - Stichtag 14. Februar 1996 - nicht erfolgt. Herr Dr. D... schlug in seinem Schreiben vor, für "diese beiden unterschiedlichen Zusagen" eine geeignete Lösung zu finden.

In diversen Bescheinigungen der A... Versicherung vom 26. März 1999, 29. Januar 2001, 21. Februar 2002 wurde als Zeitpunkt der Herrn A... erteilten Pensionszusage der 15. Juli 1992 genannt. Der steuerliche Wert der Pensionsrückstellung nach § 6a EStG zum jeweiligen Stichtag betrug nach den Bescheinigungen

zum 31. Dezember 1998: DM ...,- bei Ansatz einer monatlichen Altersrente von DM ...,- und einer Witwenrente von 0%,

zum 31. Dezember 1999: Belege liegen nicht vor,

zum 31. Dezember 2000: DM ...,- bei Ansatz einer monatlichen Altersrente von "DM ...,- (= 60% des festen Monatsgehaltes von derzeit DM ...,-)" sowie einer Witwenrente von 60% und Anwendung der Richttafeln von 1982 bzw. DM ...,- bei Ansatz einer Witwenrente von 60% und Anwendung der Richttafeln von 1998,

zum 31. Dezember 2001: DM ...,- (= EUR ...,-) bei Ansatz einer monatlichen Altersrente von "DM ...,- bzw. EUR ...,- (= 60% des festen Monatsgehaltes von derzeit DM ...,- bzw. EUR ...,-)" sowie einer Witwenrente von 60% sowie Invaliditätsleistungen in Höhe der erreichten Anwartschaft, jedoch mindestens in Höhe von 50% der Altersrente, bzw. DM ...,- (= EUR ...,-) bei einer Witwenrente von 0% und einer Invaliditätsrente in Höhe von: "Anspruch bleibt erhalten der Altersrente". Nach einer alternativen Berechnung der A... Versicherungen vom 21. Februar 2002 (Bl. 15 der Streitakte) ergibt sich eine Pensionsrückstellung von DM ...,- (= EUR ...,-) bei Ansatz einer monatlichen Altersrente von DM ...,- ohne Hinterbliebenenversorgung, allerdings ebenfalls mit einer Invaliditätsrente in Höhe von: "Anspruch bleibt erhalten der Altersrente", und zwar auf der Grundlage einer "Zusage [vom] 15. 07. 1992".

Der Senat nimmt auf die in der Vertragsakte befindlichen Bescheinigungen und weiteren Berechnungen des Instituts Bezug.

Am 18. Juni 2002 schied Herr A... sowohl als Geschäftsführer als auch als Gesellschafter bei der Klägerin aus, ohne zu diesem Zeitpunkt bereits das 65. Lebensjahr vollendet zu haben. Herr A... und die Klägerin vereinbarten, dass seine Pensionsansprüche durch eine Abtretung der Rückdeckungsversicherung abgefunden werden sollten; Herr A... führte den Rückdeckungsversicherungsvertrag in der Folgezeit als Selbstzahler fort. Die Klägerin buchte die Differenz zwischen dem Wert der Rückdeckungsversicherung und der zum 31. Dezember 2001 passivierten Pensionsrückstellung in Höhe von EUR ... (Pensionsrückstellung EUR ... ./. EUR Rückdeckungsversicherung EUR ...) als Aufwand (sonstige Aufwendungen gemäß Konto 2301). Weiterhin verzichtete Herr B... auf seine Pensionsansprüche zum 31. Dezember 2002.

Die Klägerin erklärte für 2002 einen Steuerbilanzgewinn in Höhe von EUR ...,-, in dem der vorstehend beschriebene Aufwand bereits enthalten war. Mit Bescheiden vom 05. Mai 2004 setzte der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag auf EUR ...,- und die Körperschaftsteuer auf EUR ...,- fest; nur der Körperschaftsteuerbescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung - AO -. In der Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid erbat der Beklagte Unterlagen bezüglich der Wertermittlung und Auflösung der Pensionsrückstellung zum 31. Dezember 2002 sowie zum Konto 2301 "sonstige Aufwendungen". Nachdem die Klägerin die Unterlagen übersandt und den Vorgang erläutert hatte, gelangte der vom Beklagte beauftragte Fachprüfer für die betriebliche Altersversorgung des Finanzamts B... - im Folgenden: Fachprüfer genannt - zu der Auffassung, dass die Übertragung der Rückdeckungsversicherung an Herrn A... als verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von EUR ...,- (Wert der Rückdeckungsversicherung EUR ... ./. Pensionsrückstellung EUR ...) zu behandeln sei. Herr A... habe einen gesellschaftsrechtlich veranlassten Vorteil erhalten, da der Wert der Rückdeckungsversicherung höher gewesen sei als die ihm im Zeitpunkt seines Ausscheidens zustehende Anwartschaft aus der Pensionszusage.

Der Beklagte folgte der Wertung des Fachprüfers und erließ am 09. März 2005 geänderte Bescheide über Gewerbesteuermessbetrag und Körperschaftsteuer für 2002. Dabei setzte er im Körperschaftsteuerbescheid eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von EUR ...,- an und stützte die Änderung des Bescheids auf § 164 Abs. 2 AO; die festgesetzte Körperschaftsteuer betrug EUR ...,-. Wegen eines Verlustabzugs änderte der Beklagte den Bescheid am 22. März 2005 nach § 164 Abs. 2 AO und setzte die Körperschaftsteuer auf EUR ...,- herab.

Die Änderung des Gewerbesteuermessbescheids, die zu einer Festsetzung von EUR ...,- führte, begründete der Beklagte mit § 35b Abs. 1 Gewerbesteuergesetz - GewStG -.

Gegen die Bescheide vom 09. März 2005 erhob die Klägerin fristgerecht Einspruch. Ihren Einspruch begründete die Klägerin damit, dass das Nachholungsverbot in ihrem Fall nicht gelte. Die zweite Pensionszusage sei am 29. Juli 1994 erteilt worden. Sie reichte das Schreiben des Dr. D..., des Direktionsbeauftragten der A... Versicherung, vom 14. Februar 1996 ein, wonach für Herrn A... eine - der Höhe nach nicht bestimmte - Pensionszusage gegen Gehaltsverzicht 1994 erteilt worden sei, jedoch die Pensionsrückstellungen nicht gebildet worden seien. Die Pensionszusage vom 29. Juli 1994 reichte die Klägerin im Einspruchsverfahren trotz Aufforderung nicht ein.

Mit Einspruchsentscheidung vom 19. März 2007 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Es sei eine verdeckte Gewinnausschüttung gegeben, da der Wert der übertragenen Rückdeckungsversicherung die Pensionsanwartschaft des Herrn A... übersteige. Eine zweite Pensionszusage liege dem Beklagten nicht vor. Für die steuerliche Anerkennung sei aber die Schriftform der Pensionszusage erforderlich.

Gegen die Einspruchsentscheidung hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben. Sie hat nunmehr eine nicht unterschriebene Kopie der Pensionszusage vom 29. Juli 1994 eingereicht (Bl. 13 der Klageakte). Sie könne weder sagen, weshalb eine Bildung der entsprechenden Pensionsrückstellung aus dem Jahr 1992 unterblieben sei, noch erklären, weshalb eine Pensionsrückstellung für die Zusage aus dem Jahr 1994 nicht gebildet worden sei. Bei der Zusage aus dem Jahr 1994 handle es sich um eine zusätzliche Pensionszusage zu der bereits im Anstellungsvertrag erteilten Zusage, nicht um eine lediglich ändernde Zusage.

Das Gehalt des Herrn A... sei tatsächlich gekürzt und die Gehaltskürzung auch schriftlich vereinbart worden. Die Gehaltskürzung betrage jährlich DM ...,- (12 x DM ...,-) und sei daher hoch genug, um eine entsprechend hohe Pensionszusage zu finanzieren. Aus der Abfindung der Pensionszusage ergebe sich die Ernsthaftigkeit und tatsächliche Durchführung der Pensionszusage. Immerhin sei Herr A... im Unfrieden aus der Gesellschaft ausgeschieden.

Eine Abfindungsklausel in der Zusagevereinbarung sei nicht erforderlich, um den Pensionsanspruch abfinden zu können (so auch FG Köln, Urteil vom 17. März 2005 13 K 1531/03, EFG 2005, 1075). Jedenfalls sei ein Abfindungsverbot nicht vereinbart worden. Da die Pensionszusage zivilrechtlich wirksam sei, sei auch die Abfindung zivilrechtlich zu akzeptieren; anderenfalls hätte Herr A... einen Schadensersatzanspruch in Höhe der einbehaltenen Gehaltsanteile von EUR ...,- (95 Monate [August 1994 bis Juni 2002] x DM ...,-). Dies verdeutliche, dass die Klägerin mit der Abfindung ein gutes Geschäft gemacht habe.

Die Auffassung des Beklagten sei zudem aus weiteren Gründen fehlerhaft:

Hinsichtlich der am 15. Juli 1992 erteilten Pensionszusage hätte nicht der Wert der Pensionsrückstellung zum 31. Dezember 2001, sondern der Wert im Zeitpunkt des Ausscheidens des Herrn A... angesetzt werden dürfen. Es dürfte sich insoweit allerdings nur um eine geringe Differenz handeln, die vernachlässigt werden könne. In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerin und der Beklagte erklärt, dass sie sich einig seien, dass sich die Differenz zwischen dem Wert der Pensionsrückstellung und dem aktivierten Rückdeckungsversicherungsanspruch zwischen dem 31. Dezember 2001 und dem 18. Juni 2002 nicht verändert habe.

Der Abfindungswert einer Pensionszusage bestimme sich nicht nach der Höhe der Pensionsrückstellung, sondern gemäß § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Einkommensteuergesetz - EStG - nach dem Wert, den der Bundesfinanzhof - BFH - bei der Anerkennung einer Abfindungsklausel fordere. Allerdings könne dieser Wert, der noch von einem Versicherungsmathematiker zu berechnen sei, wegen des nachfolgenden Punktes vorerst außer Acht gelassen werden.

Die nunmehr eingereichte Pensionszusage vom 29. Juli 1994 sei steuerlich anzuerkennen, da alle wesentlichen Punkte geregelt seien. Jedenfalls sei die Pensionszusage zivilrechtlich anzuerkennen und könne daher abgefunden werden. Die auf diese Pensionszusage entfallende Abfindung von EUR ... liege deutlich unter dem Rückstellungswert von EUR ...,-; dies sei der Wert, der sich aus der Berechnung der A... Versicherung zum 31. Dezember 2001 ergebe. Wäre die Zusage bei Ausscheiden des Herrn A... aufrecht erhalten worden, hätte eine Pensionsrückstellung in Höhe von etwas mehr als EUR ...,- gemäß § 6a Abs. 4 Satz 5 EStG gebildet werden können.

Nach der Rechtsprechung des BFH entstehe bei Abfindung der Pensionszusage bei der GmbH ein Aufwand in Höhe des Teilwertes. Soweit dieser Betrag den gezahlten Abfindungsbetrag übersteige, liege ein Verzicht vor, so dass eine verdeckte Einlage anzunehmen sei. Um eine Berechnung eines Versicherungsmathematikers zu vermeiden, könne der Aufwand in Höhe der Rückstellungsbeträge für die beiden Pensionszusagen zum 31. Dezember 2001 berücksichtigt werden, mithin EUR ...,- (= EUR ...,- + EUR ...,-). Der Ertrag aus der Auflösung der Pensionsrückstellung betrage EUR ..., so dass sich ein Aufwand von EUR ... ergebe.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über Körperschaftsteuer 2002 und Gewerbesteuermessbetrag 2002 vom 09. März 2005 bzw. 22. März 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. März 2007 dahingehend zu ändern, dass der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung unterbleibt, sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf seine Ausführungen im Aussetzungsverfahren. Danach sei eine Rückstellungsbildung für die zweite Pensionszusage vom 29. Juli 1994 nach § 6 a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 EStG nicht zulässig. Eine Pensionszusage müsse eindeutige Angaben zur Art und Form, zu den Voraussetzungen und zur Höhe der in Aussicht gestellten Leistungen enthalten; daran fehle es im Streitfall. Unklar sei insbesondere, ob der Ruhegeldanspruch monatlich oder jährlich bestehe. Ein üblicher Leistungsvorbehalt fehle ebenfalls, und es sei nicht klar, ob das Ruhegeld auch im Fall der Invalidität gezahlt werden solle. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass nach der aktuellen Rechtsprechung des BFH die Pensionszusage tatsächlich nicht durchgeführt werde, wenn sie nicht passiviert werde (Urteil vom 13. Juni 2006 I R 58/05, BStBl. II 2006, 928). Daher sei auch aus diesem Grunde eine verdeckte Gewinnausschüttung anzusetzen.

Zudem sei die Vereinbarung vom 29. Juli 1994 erst im Klageverfahren vorgelegt worden. Dies spreche dafür, dass man sich im Rahmen der Gehaltskürzung nicht über die Höhe des Ruhegeldes habe einigen können. So stehe die Höhe des Ruhegeldes von DM ...,- in keiner Relation zu der Gehaltskürzung von DM ...,-. Eine Abfindungsvereinbarung liege ebenfalls nicht vor; es gebe lediglich ein Schreiben der Klägerin an die Versicherungsgesellschaft.

Soweit die Klägerin den Wertansatz für anerkannte Abfindungsklauseln gemäß § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG begehre, gelte dies nach dem BMF-Schreiben vom 18. Februar 2005 (IV B 2 - S 2176 - 10/05, BStBl. I 2005, 619, Tz. 2) nur für aktive Anwärter, nicht aber für ausgeschiedene Anwärter; bei diesen sei der Wert nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG zu berechnen. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte zudem ausgeführt, dass die Pensionsanwartschaft bei Abfindung noch nicht unverfallbar gewesen sei.

Der Senat hat mit Beschluss vom 23. Juli 2007 einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgewiesen (Aktenzeichen 6 V 9174/07).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide und die Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Zu Recht hat der Beklagte eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von EUR ...,- angenommen.

1. Die Herrn A... gewährte Abfindung in Gestalt der Abtretung der Anwartschaft aus der Rückdeckungsversicherung führt in Höhe von EUR ...,- zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.

a) Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetzes - KStG - ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß EStG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Urteil vom 14. März 2006 I R 38/05, BFH/NV 2006, 1515, mit weiteren Nachweisen).

Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat die Rechtsprechung die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann anzunehmen sein, wenn es für die Leistung der Kapitalgesellschaft an einer klar und eindeutig im Vorhinein getroffenen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (BFH, Urteil vom 13. Juni 2006 I R 58/05, BStBl. II 2006, 928, unter II. 2. Buchst. b, a.A. der Gründe).

b) Die Abfindung einer noch verfallbaren Anwartschaft aus einer Pensionszusage stellt eine verdeckte Gewinnausschüttung dar, weil sich ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer hierzu nicht bereit erklären würde (BFH, Urteil vom 14. März 2006 I R 38/05, BFH/NV 2006, 1515; Streck/Schwedhelm, KStG, 7. Aufl., § 8 Anh Rz. 938).

Bei Ausscheiden des Herrn A... am 18. Juni 2002 war die ihm im Anstellungsvertrag vom 15. Juli 1992 erteilte Pensionszusage noch verfallbar. Nach § 30f Halbsatz 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung in der am 18. Juni 2002 geltenden Fassung vom 26. Juni 2001 - BetrAVG - in Verbindung mit § 1b Abs. 1 Satz BetrAVG besteht bei Pensionszusagen, die vor dem 01. Januar 2001 erteilt worden sind, eine unverfallbare Anwartschaft, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls (Erreichen der Altersgrenze oder Eintritt der Invalidität oder Tod), jedoch nach Vollendung des 35. Lebensjahres beendet wird - diese Voraussetzungen lagen im Streitfall im Juni 2002 vor - und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens 10 Jahre bestanden hat oder aber bei mindestens zwölfjähriger Betriebszugehörigkeit mindestens drei Jahre bestanden hat.

Die zuletzt genannten Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben, da Herr A..., der ab Juli 1992 als Geschäftsführer tätig wurde, im Juni 2002 noch nicht zwölf Jahre zum Betrieb gehört hat; die im Anstellungsvertrag vom 15. Juli 1992 erteilte Pensionszusage bestand bei Beendigung der Tätigkeit im Juni 2002 auch noch nicht zehn Jahre, sondern unterschritt diese zeitliche Grenze geringfügig.

Die Unverfallbarkeit ist auch anzunehmen, wenn man - ungeachtet der nur in Höhe von 7/20 bestehenden Beteiligung des Herrn A... - den persönlichen Anwendungsbereich des § 1b BetrAVG in Verbindung mit § 30f BetrAVG auf der Grundlage des § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG auf Grund der Stellung als - gemeinsam mit Herrn B... beherrschender - Gesellschafter- Geschäftsführer von vornherein verneinen würde (s. hierzu Lange/Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 942). Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin und Herr A... vertraglich eine Unverfallbarkeit der Anwartschaft geregelt und zugleich das Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG ausgeschlossen hatten, sind nicht ersichtlich.

c) Die Abfindung der Pensionsansprüche des Herrn A... durch Abtretung der Anwartschaft aus der Rückdeckungsversicherung führte zu einer Vermögensminderung auf Seiten der Klägerin, da diese ihren Aktivposten bezüglich der Rückdeckungsversicherung gewinnmindernd auflösen musste (vgl. BFH in BFH/NV 2006, 1515, unter III. 2. Buchst. c der Gründe); hieraus ergab sich eine Vermögensminderung in Höhe von EUR .... Diese Vermögensminderung wurde nur in Höhe von EUR ... durch eine Gewinnerhöhung kompensiert; denn in dieser Höhe musste die Klägerin auf Grund des hier streitigen Sachverhalts die Pensionsrückstellung, die die Klägerin für die Pensionszusage vom 15. Juli 1992 gebildet hatte, auflösen. Per Saldo ergab sich damit eine Vermögensminderung von EUR ...,-.

aa) Die sich nach den vorstehenden Ausführungen ergebende Vermögensminderung von EUR ...,- entfällt nicht dadurch, dass noch eine weitere Pensionsrückstellung zu berücksichtigen ist, und zwar aus der Pensionszusage vom 29. Juli 1994 in Höhe von EUR ...,-; dieser Wert ergibt sich aus der Berechnung der A... Versicherung vom 21. Februar 2002, wobei in dieser Berechnung als Zusagezeitpunkt jedoch der 15. Juli 1992 genannt ist. Denn für diese behauptete Pensionszusage kann steuerrechtlich eine Pensionsrückstellung nicht gebildet werden.

(1) So fehlt es hinsichtlich dieser Pensionszusage bereits an der Schriftform im Sinne der im Jahr 1994 gültigen Fassung des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG. Danach bedarf es einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, aus der sich die Erteilung einer Pensionszusage und Angaben über die Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der zugesagten Pensionsleistungen ergeben. Eine schriftliche Annahme durch den Pensionsberechtigten ist hingegen nicht erforderlich (BFH, Urteil vom 27. April 2005 I R 75/04, BStBl. II 2005, 702, unter II. 2. Buchst. b der Gründe; zur Neufassung durch das StÄndG vom 26. Juni 2001, BStBl. I 2002, 4, s. BFH, Beschluss vom 08. Dezember 2004 I B 125/04, BFH/NV 2005, 1036). Jedoch muss sich aus dem Schriftstück ein Verpflichtungswille des Arbeitgebers ergeben, der durch eine Unterschrift oder eine vergleichbare Abzeichnung (z.B. ein notariell beglaubigtes Handzeichen, so Dommermuth in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 6a EStG Anm. 35) belegt wird.

Hieran fehlt es im Streitfall. Die erst im Klageverfahren vorgelegte Vereinbarung vom 29. Juli 1994 ("Besondere Vereinbarung zur Vereinbarung über die Gehaltskürzung", Bl. 13 der Streitakte) lässt einen Verpflichtungswillen nicht erkennen, weil eine Unterschrift oder vergleichbare Abzeichnung durch die Klägerin sowie die Bezeichnung der beteiligten Vertragspartner fehlen. Weiterhin wird auch auf die Vereinbarung über den Gehaltsverzicht vom 29. Juli 1994 ("Vereinbarung über die Gehaltskürzung im Zusammenhang mit der Erteilung einer Pensionszusage", Bl. 12 der Streitakte) nicht Bezug genommen. In dieser Vereinbarung wird zwar eine Pensionszusage schriftlich erteilt; die in § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG genannten Einzelheiten sind jedoch nicht genannt. Vielmehr wird auf eine besondere Vereinbarung verwiesen. Würde es sich hierbei um die erst im Klageverfahren eingereichte "Besondere Vereinbarung zur Vereinbarung über die Gehaltskürzung" (Bl. 13 der Streitakte) handeln, wäre nicht ersichtlich, warum nicht auf eine beigefügte Anlage verwiesen und in der Anlage wiederum Bezug auf die Vereinbarung über den Gehaltsverzicht Bezug genommen worden ist. Denn nach dem Datum der erst im Klageverfahren eingereichten Vereinbarung ("Besondere Vereinbarung zur Vereinbarung über die Gehaltskürzung", Bl. 13 der Streitakte) stammt diese vom selben Tag wie die "Vereinbarung über die Gehaltskürzung im Zusammenhang mit der Erteilung einer Pensionszusage" (Bl. 12 der Streitakte). Zudem erschließt sich dem Senat nicht, weshalb die nicht unterzeichnete Vereinbarung vom 29. Juli 1994 (Bl. 13 der Streitakte) erstmals im Klageverfahren in Kopie eingereicht wurde, obwohl die Vorlage dieser Vereinbarung bereits zuvor mehrfach angefordert worden und die Pensionszusage seit dem Jahr 2004 streitig war. Der Senat kann sich dies - mangels nachvollziehbaren Vortrags der Klägerin - nur so erklären, dass diese Vereinbarung nachträglich angefertigt worden ist, um die sich aus der "Vereinbarung über die Gehaltskürzung im Zusammenhang mit der Erteilung einer Pensionszusage" (Bl. 12 der Streitakte) ergebende Lücke für Zwecke des Klageerfolgs zu schließen.

(2) Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin die verspätete Einreichung der Vereinbarung vom 29. Juli 1994 als glücklichen Fund nach langem Suchen - und nicht als nachträgliche Erstellung eines Beweisstücks - wertete und die Schriftform als gewahrt sähe, so wäre gleichwohl die Nachholung der Pensionsrückstellung auf Grund der Zusage vom 29. Juli 1994 nach § 6a Abs. 4 Satz 1 EStG auf Grund des Nachholverbots nicht möglich.

[a] Nach § 6a Abs. 4 Satz 1 EStG darf eine Pensionsrückstellung in einem Wirtschaftsjahr höchstens um den Unterschied zwischen dem Teilwert der Pensionsverpflichtung am Schluss des Wirtschaftsjahres und am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres erhöht werden. Die im Gesetz bestimmten Ausnahmen von diesem Grundsatz (§ 6a Abs. 4 Sätze 2 bis 5 EStG) greifen im Streitfall nicht ein. Insbesondere liegt kein Fall des § 6a Abs. 4 Satz 5 EStG vor, wonach die Nachholung bei Beendigung des Dienstverhältnisses unter Aufrechterhaltung der Pensionsanwartschaft oder beim Eintritt des Versorgungsfalls zulässig ist; denn weder ist die Pensionsanwartschaft aufrechterhalten worden, noch ist der Versorgungsfall, nämlich das Erreichen der Altersgrenze, eingetreten.

[b] Der BFH hat in seiner aktuellen Rechtsprechung zutreffend betont, dass das Nachholverbot umfassend gilt, sofern die Ausnahmen der Sätze 2 bis 5 des § 6a Abs. 4 EStG nicht gegeben sind und die Unterlassung der Passivierung der Pensionsrückstellung nicht durch die Finanzbehörde veranlasst worden ist (BFH, Urteile vom 14. Januar 2009 I R 5/08, DStR 2009, 791; vom 13. Februar 2008 I R 44/07, BStBl. II 2008, 673). Dem Senat erschließt sich daher nicht, weshalb das von der Klägerin zitierte BFH-Urteil vom 10. Juli 2002 (I R 88/01, BStBl. II 2003, 936) eine Nachholung zulassen sollte. Der BFH hat in dieser Entscheidung lediglich offengelassen, ob im Fall einer Nachholung eine verdeckte Gewinnausschüttung in Betracht kommen könnte.

(3) Soweit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 EStG im Streitjahr die Differenz zwischen den Teilwerten zum 31. Dezember 2001 und zum 18. Juni 2002 nachgeholt werden könnte - hinsichtlich dieses Betrags liegen bislang keine Berechnungen vor -, wäre die Nachholung durch eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu kompensieren. Aus der in den Wirtschaftsjahren 1994 bis 2002 unterlassenen Bildung einer Pensionsrückstellung auf Grund der Vereinbarung vom 29. Mai 1994 ergibt sich, dass diese Pensionszusage tatsächlich nicht durchgeführt wurde (vgl. BFH, Urteil vom 13. Juni 2006 I R 58/05, BStBl. II 2006, 928, unter II. 2. der Gründe). Die tatsächliche Durchführung ist aber bei einem beherrschenden Gesellschafter erforderlich, um eine verdeckte Gewinnausschüttung zu vermeiden.

(a) Ein beherrschender Gesellschafter ist auch derjenige, der zwar nicht allein die Mehrheit der Anteile an der Kapitalgesellschaft hält, jedoch mit anderen gleichgerichtete Interessen verfolgenden Gesellschaftern zusammenwirkt, um eine ihren Gesellschafterinteressen entsprechende Willensbildung der Kapitalgesellschaft herbeizuführen (vgl. BFH, Urteil vom 18. Februar 1999 I R 51/98, BFH/NV 1999, 1384, unter II. 2. Buchst. c der Gründe). Im Streitfall war Herr A... damit als beherrschender Gesellschafter anzusehen, da er ebenso wie Herr B... eine der Höhe nach identische Pensionszusage erhielt und in diesem Punkt gleichgerichtete Interessen mit Herrn B... hatte. Beide zusammen hielten auch die Mehrheit der Anteile, nämlich 13/20.

(b) Die Pensionszusage vom 29. Juli 1994 sollte Herrn A... zusätzlich zu dem bereits am 15. Juli 1992 zugesagten Ruhegeld von 60% des letzten aktiven Gehalts ein weiteres Ruhegeld von DM ...,- einbringen. Die tatsächliche Durchführung einer Pensionszusage ergibt sich nicht erst aus der späteren Zahlung der Versorgungsleistungen, sondern bereits aus der Passivierung der entsprechenden Rückstellung im Sinne von § 6a EStG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 KStG (BFH in BStBl. II 2006, 928). Unterlässt die Kapitalgesellschaft die bilanzielle Umsetzung der Pensionszusage, so wird die Pensionszusage nicht durchgeführt. Etwas anderes ergibt sich nur dann, wenn die Passivierung eines Teilbetrags unterbleibt, weil ein Sachverständiger den Wert fehlerhaft ermittelt hat, oder wenn es sich um einen bloßen Buchungsfehler handelt, den der betroffene Gesellschafter- Geschäftsführer nicht bemerken kann, weil es sich nur um geringfügige Beträge - insbesondere im Fall von Erhöhungen der Pensionszusage - handelt (BFH in BStBl. II 2006, 928, unter II. 2. Buchst. b, bb, bbb der Gründe).

Derartige Ausnahmen liegen hier jedoch nicht vor, weil es sich bei der auf ein monatliches Ruhegeld von DM ...,- gerichteten Pensionszusage vom 29. Juli 1994 um eine deutliche Erhöhung der bisherigen Pensionszusage - 60% von DM ...,- (vorbehaltlich weiterer Gehaltserhöhungen) - handelte, die zu einer erheblichen Pensionsrückstellung hätte führen müssen. Einen derartigen "augenfälligen Bilanzierungsfehler" (so Weber-Grellet, Steuern und Bilanzen 2006, 872, 874) hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer bei sorgsamer Durchsicht der Bilanzen bemerken müssen. Die unterbliebene Passivierung ergibt sich auch nicht aus einer fehlerhaften Bewertung der Pensionsrückstellung durch Sachverständige der A... Versicherung. Eine auf Grund der Vereinbarung vom 29. Juli 1994 nachgeholte Pensionsrückstellung ist daher nicht geeignet, die sich aus der Auflösung der Pensionsrückstellung (für die Zusage vom 15. Juli 1992) und der Rückdeckungsversicherung ergebende Vermögensminderung zu kompensieren.

(4) Da eine Abfindung bereits dem Grunde nach gesellschaftsrechtlich veranlasst ist, kommt es für die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung auf die tatsächlich gezahlte Abfindung an, die sich nach der Höhe des aktivierten Rückdeckungsanspruchs bemisst. Nicht erheblich ist, dass im Fall einer zulässigen Abfindung möglicherweise eine Abfindung bis zur Höhe des Teilwerts der Pensionsrückstellung nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG gezahlt werden könnte, wie die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 02. Mai 2007 (Bl. 9 der Streitakte) unter Berufung auf die Kommentierung ihres Prozessbevollmächtigten (in Lange/Janssen, a.a.O., Rz. 1077) ausführt.

(5) Der ursprünglich erhobene Einwand der Klägerin, es sei - soweit es um die Zusage vom 15. Juli 1992 gehe - nicht der Wert der Pensionsrückstellung vom 31. Dezember 2001, sondern vom Tag des Ausscheidens des Herrn A... am 18. Juni 2002 zu Grunde zu legen, ist dem Grunde nach zwar zutreffend. Entsprechendes gilt aber auch für den Wert der abgetretenen Ansprüche aus dem Rückdeckungsversicherungsvertrag, der zum Juni 2002 ebenfalls gestiegen ist. In Übereinstimmung mit den Ausführungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung (s. Protokoll vom 16. Juni 2009) geht der Senat daher davon aus, dass die sich zum Juni 2002 ergebende Differenz aus dem Wert der Rückdeckungsversicherung und dem Wert der Pensionsrückstellung nicht von dem vom Beklagten angesetzten Wert abweicht .

d) Die sich nach den vorstehenden Ausführungen ergebende Vermögensminderung war - wie bereits unter Buchst. b ausgeführt - gesellschaftsrechtlich veranlasst. Denn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte noch nicht unverfallbare Pensionsansprüche eines Angestellten, die in der Bilanz des vorherigen Bilanzstichtags mit EUR ...,- passiviert waren, nicht durch eine Abtretung von Rückdeckungsversicherungsansprüchen im Wert von EUR ...,- abgefunden.

Dies gilt auch dann, wenn sich die Klägerin am 29. Juli 1994 zivilrechtlich wirksam zu einer weiteren Pensionszusage verpflichtet haben sollte. Denn in diesem Fall wäre zu berücksichtigen, dass die zu Grunde liegende Pensionszusage vom 29. Juli 1994 tatsächlich nicht durchgeführt wurde (s. Ausführungen unter II. 1. Buchst. c, bb, [3]); mithin kann auch die Abfindung, soweit sie auf diese Pensionszusage entfällt, nicht betrieblich veranlasst sein. Zudem war auch diese Pensionszusage noch nicht unverfallbar, da die in § 30f BetrAVG in Verbindung mit § 1b BetrAVG genannten Fristen noch nicht erfüllt waren.

Es kommt daher nicht darauf an, dass die Klägerin und Herr A... keine Abfindungsklausel vereinbart hatten (vgl. hierzu: Lange/Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 9. Aufl., der zwar in Rz. 1067 einen Verstoß gegen das Nachzahlungsverbot verneint, in Rz. 889 bei Fehlen einer Abfindungsklausel aber eine verdeckte Gewinnausschüttung bejaht; Rupp in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, KStG, § 8 Abs. 3 Rz. 690 ff., der ebenfalls einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot verneint; Gosch, KStG, § 8 Rz. 1075, der eine verdeckte Gewinnausschüttung jedenfalls dann bejaht, wenn der Pensionsanspruch durch eine Kapitalzahlung in Gestalt einer Auskehrung des Anspruchs aus der Rückdeckungsversicherung abgefunden wird; s. jedoch BFH, Urteile vom 14. März 2006 I R 38/05, BFH/NV 2006, 1515, wonach eine verdeckte Gewinnausschüttung jedenfalls dann zu bejahen ist, wenn ein Abfindungsverbot vereinbart war; vom 16. Dezember 1992 I R 2/92, BStBl. II 1993, 455, unter II. 4. der Gründe, zur Abfindung in Höhe des Mindestanspruchs nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG; vgl. auch BMF-Schreiben vom 18. Februar 2005 - IV B 2 - S 2176 - 10/05, BStBl. I 2005, 619, zur bilanziellen Zulässigkeit von Abfindungsklauseln).

2. Die Klage hätte auch dann keinen Erfolg, wenn die Pensionsrückstellung zum 31. Dezember 2002 die nach Darstellung der Klägerin zum 29. Juli 1994 vereinbarte Pensionszusage betreffen würde. Mangels Schriftform bezüglich dieser Zusage (s. oben unter 1. Buchst. b, a.A. [1]) hätte die Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz nämlich nicht gebildet werden dürfen. Nach den Grundsätzen der Bilanzberichtigung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 KStG hätte die Pensionsrückstellung in Höhe von EUR ...,- daher im ersten verfahrensrechtlich noch offenen Jahr, dem Streitjahr, gewinnwirksam aufgelöst werden müssen. Die sich danach ergebende Gewinnerhöhung übersteigt die vom Beklagten angenommene Einkommenserhöhung von EUR ...,-, so dass die Klage auch unter diesem Gesichtspunkt keinen Erfolg hätte.

3. Der Beklagte war verfahrensrechtlich berechtigt, die Bescheide zu ändern.

a) Für die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Körperschaftsteuerbescheide 05. Mai 2004 und 09. März 2005 ergibt sich dies aus § 164 Abs. 2 AO.

b) Hinsichtlich des nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Gewerbesteuermessbescheids vom 05. Mai 2004 dürfte die vom Beklagten angeführte Änderungsvorschrift des § 35b Abs. 1 GewStG zwar nicht einschlägig sein. Denn § 35b Abs. 1 GewStG lässt nur dann eine Änderung des Gewerbesteuermessbescheids zu, wenn sich in einem Körperschaftsteuerbescheid (oder Einkommensteuerbescheid) der Gewinn aus Gewerbebetrieb ändert. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb blieb aber mit EUR ...,- im Änderungsbescheid vom 09. März 2005 gegenüber dem Bescheid vom 05. Mai 2004 unverändert; der Beklagte nahm lediglich eine Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG in Gestalt verdeckter Gewinnausschüttungen vor, die eine Änderungsmöglichkeit nach § 35b Abs. 1 GewStG nicht auslöst.

Jedoch war die Änderung jedenfalls nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gerechtfertigt. Denn bei den von der Klägerin auf Grund der Anfrage im Körperschaftsteuerbescheid vom 05. Mai 2004 eingereichten Unterlagen handelte es sich um neue Tatsachen, die zu einer höheren Steuer führten, weil sich hieraus erstmalig ergab, dass und in welcher Weise die Klägerin Pensionsansprüche des Herrn A... abgefunden hatte.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Eine Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO war nicht zu treffen, da die Klägerin unterlegen ist.

Ende der Entscheidung

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