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Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 07.04.2008
Aktenzeichen: 6 V 6205/07
Rechtsgebiete: UStG, GewStG, BSHG


Vorschriften:

UStG § 4 Nr. 16 d
GewStG § 3 Nr. 20 c
BSHG § 68
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

6 V 6205/07

Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§ 69 FGO) - Gewerbesteuermessbeträge und Umsatzsteuer 1998 bis 2002

In dem Verfahren

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 6. Senat - am 7. April 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ....., den Richter am Finanzgericht ..... und den Richter .....

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Umsätze und die Gewinne der Antragstellerin in den Streitjahren 1998 bis 2002 nach § 4 Nr. 16 d des Umsatzsteuergesetzes - UStG - bzw. § 3 Nr. 20 c des Gewerbesteuergesetzes - GewStG - umsatz- und gewerbesteuerfrei sind.

Die 1978 von einer Kommanditgesellschaft in eine Aktiengesellschaft umgewandelte Antragstellerin betrieb in den o. g. Streitjahren die Verwaltung und Vermietung von Immobilien.

Es besteht seit dem 1. Januar 1977 eine körperschaftsteuerliche, gewerbesteuerliche und umsatzsteuerliche Organschaft zur Fa. R... GmbH als hundertprozentiger Organtochter, die ein Altenwohnheim betreibt. Aufgrund der gewerbesteuerlichen Organschaft war der Gewerbeertrag der Organtochter getrennt zu ermitteln und der Klägerin als Organträgerin zur Berechnung ihres Gewerbesteuermessbetrages zuzurechnen.

Im Frühjahr 2004 führte der Antragsgegner bei der Antragstellerin eine Betriebsprüfung für die Streitjahre durch. Dabei vertrat die Betriebsprüferin die Ansicht, dass bei der Organtochter die o. g. gesetzlichen Bestimmungen für die Umsatzsteuer- und Gewerbesteuerbefreiung von Altenwohnheimen nicht erfüllt seien. In den inzwischen bestandskräftig veranlagten Vorjahren bis einschließlich 1997 war hinsichtlich der Umsätze und Gewinne aus dem Betrieb des Altersheims durch die Organtochter keine diesbezügliche (allgemeine) Umsatzsteuer- oder Gewerbesteuerbefreiung bei der Veranlagung der Klägerin berücksichtigt worden.

Gegen die daraufhin vom Antragsgegner erlassenen, nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Umsatzsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide 1998 bis 2002 legte die Antragstellerin fristgerecht Einsprüche ein, die jedoch erfolglos blieben und vom Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung vom 1. Juni 2007 als unbegründet zurückgewiesen wurden.

Zur Begründung seiner Entscheidung führte der Antragsgegner im Wesentlichen aus, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die von der Antragstellerin begehrten Umsatzund Gewerbesteuerbefreiung mangels Nachweises der Erbringung von mindestens 40 v. H. der gesamten Umsätze des von der Organtochter betriebenen Altenwohnheims zugunsten von im Sinne von § 68 des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG - pflegebedürftigen Personen nicht vorlägen.

Hiergegen hat die Antragstellerin am 29. Juni 2007 Klage erhoben, die beim Senat unter dem Aktenzeichen 6 K 6109/07 anhängig ist. Einen außerdem gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der streitgegenständlichen Steuerverwaltungsakte für die Dauer der Anhängigkeit dieses Klageverfahrens lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 19. Oktober 2007 ab.

Im Rahmen ihres gerichtlichen Antrags auf Aussetzung der Vollziehung der mit der Klage angefochtenen Umsatzsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide 1998 bis 2002 macht die Antragstellerin im Wesentlichen geltend, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Umsatzsteuer- und Gewerbesteuerfreiheit der von der Organtochter in den Streitjahren 1998 bis 2002 erbrachten Pflegeleistungen erfüllt seien.

Unter § 68 Abs. 1 BSHG fielen Personen, die wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Krankheit oder Behinderung der Hilfe bedürften oder wegen ihrer Pflegebedürftigkeit einen Hilfsbedarf nach § 68 Abs. 4 BSHG hätten. Dem Begriff der Pflegebedürftigkeit liege dabei als Leitlinie der im Sozialgesetzbuch XI verwendete, gleichlautende Gesetzesbegriff zugrunde. Insgesamt kenne das BSHG vier Grade der Pflegebedürftigkeit, die sich aus dem Zusammenhang von § 68 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 69 a BSHG und aus der Verknüpfung dieser Vorschriften mit § 15 SGB XI ergäben:

Pflegebedürftige mit einem geringen Pflegegrad,

erheblich Pflegebedürftige (Pflegestufe 1),

Schwerpflegebedürftige (Pflegestufe 2) und

Schwerstpflegebedürftige (Pflegestufe 3).

Das BSHG beziehe auch Personen in den Begriff der Pflegebedürftigkeit mit ein, die einen geringen Pflegegrad aufweisen würden (Pflegestufe 0). Eine generelle untere Grenze für den Beginn der Pflegebedürftigkeit im Sinne einer wöchentlichen Mindeststundenzahl gebe es dabei nicht. Es genüge, dass der Pflegebedürftige nur für einzelne Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens einer Hilfe bedürfe (Hinweis auf W. Schellhorn, Kommentar zum BSHG, § 68 Tz. 20). Die Art oder die Schwere der Krankheit sei für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit nicht maßgeblich. Entscheidend sei vielmehr die Fähigkeit oder Unfähigkeit der betreffenden Person, die in § 68 Abs. 5 BSHG genannten Verrichtungen ohne fremde Hilfe durchzuführen. Auf die Dauer der Behinderung und der danach zu gewährenden Hilfe komme es für die Anwendung des § 68 BSHG ebenfalls nicht an.

§ 68 Abs. 1 Satz 2 BSHG stelle klar, dass Personen auch dann unter § 68 BSHG fielen, wenn sie im Einzelfall für einen Zeitraum von weniger als sechs Monaten der Pflege bedürften.

Während der Betriebsprüfung sei dem Antragsgegner eine Liste für alle Streitjahre ausgehändigt worden, aus der die Gesamtzahl der Bewohner des streitgegenständlichen Altersheim am letzten Tag des jeweiligen Jahres, die Zahl der Bewohner, denen gegenüber Pflegeleistungen erbracht worden seien, und die Zahl der Bewohner mit einer Pflegestufe im Sinne des BSHG ersichtlich seien. Danach habe der Anteil der im Sinne des BSHG pflegebedürftigen Bewohner an der Gesamtzahl der Bewohner des Altersheims stets über 40 v. H. gelegen. Bei den aufgeführten Bewohnern handele es sich um die Personen, die ihre Einstufung in einer Pflegestufe im Sinne des BSHG freiwillig der Heimleitung bekannt gegeben hätten. Es sei jedoch davon auszugehen, dass weitere Bewohner des Altersheims in eine solche Pflegestufe einzugruppieren seien. Rückfragen der Organtochter bei den zuständigen Krankenkassen würden von diesen aber unter Hinweis auf den notwendigen Datenschutz nicht beantwortet.

Die Betriebsprüferin habe sie, die Antragstellerin, aufgefordert, eine Auflistung der Umsätze 1997 bis 2002, getrennt nach Heimkostenersatz, Sonderleistungen ohne Pflege, Pflegeleistungen durch die Antragstellerin und Pflegeleistungen durch einen Pflegedienst nebst Hinweisen auf die jeweilige Pflegestufe vorzulegen. Die Umsätze des Altersheims seien jedoch in den Jahren 1997 bis einschließlich 2002 nicht nach Teilleistungen getrennt erfasst worden, weil dies gesetzlich auch nicht vorgeschrieben sei. Deshalb sei es ihr, der Antragstellerin, nicht möglich gewesen, entsprechende Unterlagen vorzulegen. Im Übrigen sei eine solche Aufgliederung auch steuerrechtlich nicht notwendig, da alle vom Altersheim erbrachten Leistungen gegenüber Personen, die in eine Pflegestufe einzuordnen seien, bei der Berechnung des 40 v. H.-Anteils einzubeziehen seien.

Die Pflegebedürftigkeit einer ausreichenden Zahl von Heimbewohnern sei jedoch durch die Vorlage von Rechnungskopien nachgewiesen worden, aus denen die ihnen gegenüber erbrachten Sonderpflegeleistungen ersichtlich seien. Die Betriebsprüferin habe jedoch unter Außerachtlassung der Bestimmung in § 68 Abs. 1 Satz 2 BSHG nur solche Sonderleistungen als unter § 68 BSHG fallende Leistungen anerkannt, die für die Dauer von mindestens sechs Monaten erbracht worden seien. Darüber hinaus habe die Betriebsprüferin einen weiteren Teil der vom Altersheim erbrachten Sonderleistungen als nicht unter § 68 BSHG fallende Leistungen angesehen (z.B. Begleitung zum täglichen Essen durch eine Pflegekraft). Die Kommentierung zu § 68 BSHG sei diesbezüglich jedoch eindeutig: Im Bereich der Mobilität fielen das Bewegen im Zusammenhang mit der Körperpflege oder der Ernährung unter die Pflegeleistungen im Sinne von § 68 Abs. 5 BSHG (Hinweis auf Schellhorn, a.a.O., § 68 Tz. 29).

Zum Nachweis der Einhaltung der gesetzlichen Kriterien für die Umsatzsteuer- und Gewerbesteuerbefreiung für das Streitjahr 1998 verweise sie auf den Erlass des Senators der Finanzen vom 23. Juni 1980 (StEK UStG 1980 § 4 Ziff. 16 Nr. 3), wonach bei Altenheimbewohnern, die das 75. Lebensjahr vollendet hätten, das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit im Sinne des BSHG zu vermuten sei. Im Jahr 1997 habe das Altersheim nur Umsätze gegenüber Personen erbracht, die zu diesem Zeitpunkt bereits 75 Jahre oder älter gewesen seien.

Zum Nachweis der Einhaltung der sog. 40 v. H.-Grenze für die Streitjahre ab 1999 verweise sie auf die anliegenden Aufstellungen, wonach folgende Heimbewohner mit folgenden anteiligen Pensionsumsätzen in den Streitjahren vom streitgegenständlichen Altersheim betreut worden seien (Zusammenstellung der Zahlen durch das Gericht unter Auswertung unterschiedlicher Zahlenangaben der Antragstellerin in ihren Schreiben vom 21. Juni 2004 [an die Betriebsprüferin], 12. September 2007 und 19. Februar 2008 [= zweimal an das FG]):

 Gesamtzahl d. BewohnerPflegebedüftigeAnteil an den Pensionseinnahmen
1998100 - 11159 - 6244,89 v. H.
199995 - 11661 - 6352,15 v. H.
200095 - 9851 - 5443,77 v. H.
200191 - 9518 - 4846,70 v. H.
200290 - 955046,22 v. H.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Vollziehung der Umsatz- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide 1998 bis 2002 vom 13. und 29. Oktober 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Juni 2007 ab Fälligkeit bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung einer Entscheidung im Verfahren 6 K 6109/07 auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er verweist im Wesentlichen auf die Ausführungen in seiner Einspruchsentscheidung vom 1. Juni 2007. Ergänzend führt er aus, dass die Antragstellerin bis heute keinerlei Unterlagen vorgelegt habe, anhand derer er die Einhaltung der 40 v. H.-Quote überprüfen könne (z.B. Unterlagen über den Nachweis der Pflegebedürftigkeit der einzelnen Heimbewohner). Auch mittels der von der Antragstellerin eingereichten Rechnungen über erbrachte Sonderleistungen sei eine solche Überprüfung mangels Kenntnis der individuellen Pflegestufe der einzelnen Heimbewohner nicht möglich. Die Antragstellerin trage die Feststellungslast hinsichtlich des Nachweises der Einhaltung der 40 v. H.-Quote als steuerbefreiendem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal. Schließlich weiche die als Nachweis eingereichte Aufstellung vom 19. Februar 2008 hinsichtlich der Zahlangaben erheblich von früheren Aufstellungen der Antragstellerin ab, so dass ihr keine Beweiskraft zugesprochen werden könne.

Dem Senat haben bei seiner Entscheidung fünf Bände Steuerakten (StNr: .../...) vorgelegen, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Beteiligtenvorbringens Bezug genommen wird.

II. Der Antrag ist unbegründet.

Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - kann das Finanzgericht die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind danach zu bejahen, wenn bei der summarischen Prüfung des Bescheids anhand des Tatbestands, der sich aus den Akten ergibt, neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Februar 1967 III B 9/66, Bundessteuerblatt - BStBl - III 1967,182, seitdem ständige Rechtsprechung des BFH).

1. Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Gewerbesteuermessbetrags- und Umsatzsteuerbescheide.

a.) Streitjahr 1998

Die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes in vollem Umfang eigeninitiativ darlegungspflichtige Antragstellerin hat hinsichtlich des Streitjahres 1998 nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine vollständige Umsatz- und Gewerbesteuerbefreiung ihrer Umsätze und Gewinne aus dem von der Organtochter betriebenen Altenheim im Sinne von § 4 Nr. 16 d UStG bzw. § 3 Nr. 20 c GewStG erfüllt sind.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH -, der sich der Senat anschließt, setzt die Anwendung der vorgenannten Steuerbefreiungsvorschriften zunächst voraus, dass die dort angesprochenen Pflegeeinrichtungen (Altenheime etc.) formell rechtmäßig betrieben werden (vgl. dazuUrteil vom 23. Oktober 2003 V R 24/00, BStBl II 2004,89). Der Betrieb eines Altenheims ist gemäß § 6 des Heimgesetzes i. d. Fassung vom 23. April 1990 (BGBl. I 1990, 764) erlaubnispflichtig, soweit er - wie im Streitfall gegeben - nicht durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder einen Verband der freien Wohlfahrtspflege getragen wird. Im Streitfall hat die durch einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe vertretene Antragstellerin keinerlei Ausführungen zur formellen Rechtmäßigkeit des Betriebs des Altenheims gemacht, die es dem Senat erlauben, zu prüfen, ob dieses Kriterium des vorgenannten BFH-Urteils eingehalten worden ist oder nicht. Auch nach Aktenlage einschließlich der Berücksichtigung der dem Senat vorliegenden Jahresabschlüsse der Antragstellerin kann diese Frage vom Gericht nicht beantwortet werden.

Des weiteren hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass im für das Streitjahr 1998 relevanten Vorjahr (1997) die Voraussetzungen der o. g. Steuerbefreiungsvorschriften hinsichtlich einer der beiden Tatbestandsvarianten (Erbringung von mindestens 40 v. H. der gesamten Leistungen an Personen, die entweder unter den Personenkreis des § 68 BSHG oder unter den Personenkreis des § 53 Nr. 2 AO 1977 fallen) erfüllt sind. Soweit sie sich diesbezüglich auf den Erlass des Senators der Finanzen vom 23. Juni 1980 beruft, ist zum einen zu sagen, dass die Finanzgerichte nach ständiger BFHRechtsprechung an den Inhalt von Verwaltungserlassen grundsätzlich nicht gebunden sind, es sei denn, sie stellen (ausnahmsweise) eine sog. Billigkeitsmaßnahme der Finanzverwaltung im Sinne von § 163 Abs. 1 AO 1977 dar (vgl. dazu BFH-Urteil vom 16. März 2004 VIII R 33/02, BStBl II 2004,927; Loose, in: Tipke/Kruse, Abgabenordnung- Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 163 AO Rz. 25, jeweils m.w.N.). Ob letzteres im Streitfall gegeben ist, kann im hiesigen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes dahingestellt bleiben; denn der Senat kann mangels Einreichung einer Liste der Heimbewohner aus dem Jahr 1997 mit den entsprechenden Daten ihrer Geburtstage seitens der Antragstellerin nicht prüfen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen dieses Erlasses (Erbringung von mindestens 40 v. H. der gesamten Leistungen des Altersheims an Personen, die im Streitjahr 1997 bereits das 75. Lebensjahr vollendet haben) überhaupt erfüllt sind oder nicht.

Schließlich ist die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 d UStG unter Berücksichtigung des zu § 4 Nr. 16 UStG insgesamt ergangenen BFH-Urteils vom 1. Dezember 1977 V R 37/75, BStBl II 1978, 173, sowie des Urteils des Europäischen Gerichtshofs - EuGH - vom 6. November 2003 C- 45/01, Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 2003, 584 inhaltlich auf diejenigen Umsätze beschränkt, die eng mit dem Betrieb eines Altenheims verbunden sind. Nicht unter die Umsatzsteuerfreiheit fallen daher z.B. Umsätze aufgrund der entgeltlichen Abgabe von Speisen und Getränke an Besucher des Altenheims und zahlreiche andere Umsätze (vgl. dazu die Beispiele in Abschnitt 100 Abs. 3 der Umsatzsteuer- Richtlinien 2005, sowie Heidner, in: Bunjes/Geist, UStG, 8. Aufl., § 4 Nr. 16 Rz. 21; Weymüller, in: Sölch/Ringleb/List, UStG, § 4 Nr. 16 Rz. 70). Im vorliegenden Fall fehlen aber jegliche Angaben der Antragstellerin, ob und ggfs. in welchem Umfang sowie in welchem der Streitjahre Umsätze des Altersheims unter Berücksichtigung der vorgenannten Rechtsprechung des BFH sowie des EuGH aus einer eventuellen grundsätzlichen Umsatzsteuerbefreiung herausfallen.

b.) Streitjahre 1999 bis 2002

Auch hinsichtlich dieser Streitjahre bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Gewerbesteuermessbetrags- und Umsatzsteuerbescheide. Diesbezüglich sei zunächst auch hier auf die fehlenden Darlegungen der Antragstellerin zur formellen Rechtmäßigkeit des Betriebs des Altersheims durch die Organtochter sowie zur Herausrechnung eventuell nicht unter die Umsatzsteuerbefreiung fallender Umsätze in den einzelnen Streitjahren verwiesen. Des weiteren weichen die Angaben der Antragstellerin zur Gesamtzahl der Heimbewohner in den einzelnen Streitjahren sowie zur Zahl der unter § 68 BSHG fallenden Personen in ihren verschiedenen, in diesem Besteuerungsverfahren insgesamt eingereichten Schriftsätzen stark voneinander ab, so dass es an einer ausreichenden Glaubhaftmachung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für die generelle Umsatz- und Gewerbesteuerbefreiung der Umsätze und Gewinne aus dem Betrieb des Altenheims durch die Organtochter fehlt (vgl. zu den Einzelheiten den Schriftsatz des Antragsgegners vom 11. März 2008 im Verfahren 6 K 6109/07). Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil der Senat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 68 BSHG in der Person der einzelnen Heimbewohner mangels Vorlage entsprechender einzelpersonenbezogener Darlegungen der Antragstellerin nicht überprüfen kann.

Schließlich genügt es in diesem Zusammenhang nicht, die Zahl der Personen, die nach der Behauptung der Antragstellerin unter § 68 BSHG fallen, mit der Gesamtzahl der Heimbewohner im jeweiligen Streitjahr ins Verhältnis zu setzen, sondern das UStG und auch das GewStG verlangen eine Ermittlung der Einhaltung der 40 v. H.- Grenze, bezogen auf die Gesamtumsätze des Altenheims im Verhältnis zu den Leistungen, die das Altenheim insgesamt im jeweiligen Veranlagungszeitraum gegenüber den unter § 68 BSHG fallenden Heimbewohnern erbracht hat. Eine solche Gegenüberstellung hat die Antragstellerin bislang für kein einziges Streitjahr vorgelegt.

Eine genauere Prüfung des Sachverhalts bleibt dem beim Senat anhängigen Hauptsacheverfahren 6 K 6109/07 vorbehalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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