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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 08.07.2009
Aktenzeichen: 7 K 3183/05 B
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 17 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 7. Senat,

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 8. Juli 2009

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,

die Richterin am Finanzgericht ...,

den Richter am Finanzgericht ..., sowie

die ehrenamtlichen Richter ... und ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob ein Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft bereits im Streitjahr realisiert war.

Die Klägerin gründete mit einem weiteren Mitgesellschafter am 03.04.1989 die X-GmbH. Am 11.09.1990 erwarb die Klägerin die Anteile ihres Mitgesellschafters zum Nennwert und verfügte von nun an alleine über das Stammkapital von 50.000 DM. Zudem war sie die Geschäftsführerin der X-GmbH.

Die X-GmbH ermittelte ihren Gewinn nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr zum 31.03. Der Jahresabschluss zum 31.03.1993 wies einen Gewinnvortrag von 83.384 DM nach einem Verlust von 6.422,74 DM auf. Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Klägerin waren nicht passiviert. Der Jahresabschluss auf den 31.03.1994 wies einen Kapitalfehlbetrag in Höhe von 65.112,09 DM nach einem Verlust von 112.073,35 DM auf. Außerdem war ein Sonderposten für Sonderabschreibungen in Höhe von 6.784 DM passiviert

Zum 31.03.1994 waren Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin in Höhe von 118.766,51 DM passiviert. Die Verbindlichkeiten verringerten sich zum 31.03.1995 auf einen Betrag von 99.104,66 DM. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf die Jahresabschlüsse in der Bilanzakte der X-GmbH Bezug.

Bereits unter dem 02.01.1994 hatte die Klägerin gegenüber der X-GmbH eine persönliche Patronatserklärung abgegeben. Danach erklärte sie, dass sie die X-GmbH in finanzieller Hinsicht stets so ausgestattet halten werde, dass die X-GmbH ihren Verpflichtungen gegenüber allen anderen Gläubigern fristgerecht nachkommen könne. Sie (die Klägerin) werde deshalb weiterhin ausreichende Darlehensmittel zur Verfügung stellen, die nur aus zukünftigen Gewinnen, aus einem Liquidationsüberschuss oder einem die sonstigen Schulden übersteigenden Vermögen zu begleichen seien und deshalb im Rang hinter alle anderen Verbindlichkeiten ihrer Gesellschaft zurückträten. Alle von ihr gewährten oder noch zu gewährenden Darlehen seien dazu bestimmt, in der Krise dem Unternehmen erhalten zu bleiben. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf Bl. 13 der Gerichtsakte - GA - Bezug.

Am 21.12.2001 beschloss die Klägerin im Rahmen einer Gesellschafterversammlung, die X-GmbH mit Ablauf des 30.12.2001 aufzulösen.

Im Rumpfwirtschaftsjahr vom 01.04.2001 - 30.12.2001 erzielte die X-GmbH Umsätze in Höhe von 223.691,54 DM.

In ihrer Liquidationseröffnungsbilanz auf den 31.12.2001, die am 13.08.2002 aufgestellt und am 09.09.2002 festgestellt und genehmigt wurde, passivierte die X-GmbH Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin in Höhe von 380.638,97 EUR = 744.465,11 DM. Ferner bestanden folgende Verbindlichkeiten:

 Gegenüber Kreditinstituten4.193,57 EUR
Aus Lieferungen und Leistungen4.888,11 EUR
Aus Steuern2.062,91 EUR
Im Rahmen der sozialen Sicherheit2.601,23 EUR
Aus Lohn und Gehalt4.576,76 EUR
Aus erhaltenen Anzahlungen4.407,69 EUR
Summe21.730,27 EUR = 44.456,54 DM

Ferner passivierte die X-GmbH eine Rückstellung für Abschluss und Prüfung in Höhe von 10.225,84 EUR = 20.000 DM. Zusammen mit den vorgenannten Verbindlichkeiten ergibt sich eine Summe von 31.956,11 EUR = 62.500,72 DM.

Diesen Passivposten standen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von 19.294,47 EUR = 37.736,70 DM gegenüber. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf Bl. 9 f. GA Bezug.

Die X-GmbH stellte ihre Liquidationsschlussbilanz auf den 31.12.2004 auf. Danach bestanden Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin in Höhe von 406.376,49 EUR. Im Liquidationszeitraum erwirtschaftete die X-GmbH einen Fehlbetrag von 19.004,96 EUR. Dabei erzielte sie Umsatzerlöse in Höhe von 90.710,37 EUR, denen Materialaufwand in Höhe von 47.352,39 EUR und Personalaufwand in Höhe von 25.278,31 EUR gegenüberstanden. Ferner fielen sonstige ordentliche betriebliche Aufwendungen in Höhe von 34.856,55 EUR an. Forderungen in Höhe von 4.441,71 EUR wurden abgeschrieben. Aus der Verwertung eines Kraftfahrzeugs erzielte die X-GmbH einen Umsatz von 2.900 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf die Liquidationsschlussbilanz (Bl. 56-73 GA) Bezug.

Mit ihrer Einkommensteuererklärung 2001 machte die Klägerin einen Verlust aus § 17 Einkommensteuergesetz - EStG - in Höhe von 814.465 DM geltend.

Der Beklagte folgte dem zunächst dem Grunde nach und setzte mit Einkommensteuerbescheid 2001 vom 28.05.2004 die Einkommensteuer auf 0 EUR unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest und stellte mit Bescheid vom gleichen Tag einen verbleibenden Verlustvortrag auf den 31.12.2001 für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf 740.212 DM gegenüber dem Ehemann der Klägerin fest.

Nach weitergehender Prüfung nahm der Beklagte jedoch von dieser Auffassung Abstand, setzte unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung mit Bescheid vom 03.08.2004 die Einkommensteuer 2001 ausgehend von einem zu versteuernden Einkommen von 8.914 DM erneut auf 0 EUR fest und hob mit Bescheid vom gleichen Tag die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags gegenüber dem Ehemann der Klägerin auf.

Sodann beantragte die Klägerin am 21.01.2005, dass für sie ein verbleibender Verlustvortrag in Höhe von 740.212 DM bezüglich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb erlassen werde.

Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 09.03.2005 ab, worauf die Klägerin am 05.04.2005 Einspruch einlegte. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 14.06.2005 zurück.

Darauf hat die Klägerin am 14.07.2005 Klage erhoben.

Sie macht geltend, der Liquidationsverlust sei bereits zum Jahresende 2001 realisiert gewesen. Denn zu diesem Zeitpunkt habe im Wesentlichen festgestanden, in welcher Höhe der Verlust entstehen werde. Aufgrund des enormen Verlustvortrags und der fehlenden stillen Reserven habe festgestanden, dass sie keine Ausschüttungen aus dem Liquidationserlös habe erwarten können. Andererseits sei absehbar gewesen, dass die weitere Abwicklung der X-GmbH Aufwendungen in Höhe von ca. 20.000 DM verursachen würde, für die sie auf Grund ihrer Patronatserklärung habe einstehen müssen. Diese Patronatserklärung führe auch dazu, dass sämtliche von ihr gewährten Darlehen als Eigenkapital ersetzend zu würdigen und mit dem Nennwert zu bewerten seien.

Gegenüber der ursprünglich erklärten und einen geschätzten Liquidationsaufwand einbeziehenden Verlustermittlung von 416.429,40 EUR = 814.465,11 DM weiche der endgültige und nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung - AO - im Streitverfahren zugrunde zu legende Verlust von 437.230,14 EUR = 855.147,83 DM nur um 20.800,74 EUR oder knapp 5 vom Hundert von dem ursprünglich geschätzten Veräußerungsverlust ab.

Dass Ende 2001 die Sperrfrist gemäß § 73 GmbH-Gesetz noch nicht abgelaufen gewesen sei, stehe der Realisierung des Liquidationsverlustes nicht entgegen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 09.03.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.06.2005 zu verpflichten, einen verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer auf den 31.12.2001 in Höhe von 855.147,83 DM festzustellen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die Klage für unbegründet, da Ende 2001 noch nicht festgestanden habe, in welcher Höhe noch nachträgliche Anschaffungskosten anfallen würden sowie welche im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende Aufgabekosten die Klägerin noch zu tragen gehabt habe. Die Differenz zwischen dem endgültigen Verlust und dem zunächst geltend gemachten Verlust von 40.682,83 DM sei ungeachtet der Tatsache, dass es sich lediglich um eine Abweichung von knapp 5 vom Hundert handele, nicht mehr unwesentlich. Zudem sei die X-GmbH bei Liquidationsbeginn nicht vermögenslos gewesen, da sie noch über ein Aktivvermögen in Höhe von 20.934 EUR verfügt habe. Einwendungen gegen die Höhe des geltend gemachten Verlustes werden nach der Einlassung des Terminvertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht mehr erhoben.

Dem Gericht haben ein Band der vom Beklagten für die Klägerin unter der Steuernummer ... geführten Einkommensteuerakten sowie je ein Band Vertrags- und Bilanzakten, die vom Finanzamt M unter der Steuernummer ... für die X-GmbH geführt werden, vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin wird durch die Ablehnung des begehrten Verwaltungsakts nicht im Sinne des § 101 Finanzgerichtsordnung - FGO - in Ihren Rechten verletzt. Der Beklagte geht zu Recht davon aus, dass der Auflösungsverlust gemäß § 17 Abs. 4 EStG, den die Klägerin aufgrund der Liquidation der X-GmbH erlitten hat, nicht bereits im Veranlagungszeitraum 2001 realisiert wurde.

Der Klägerin ist allerdings insoweit zu folgen, dass ihr dem Grunde nach ein Aufgabeverlust gemäß § 17 Abs. 4 EStG in Höhe von 855.147,83 DM = 437.230,14 EUR entstanden ist.

Denn die von der Klägerin an die X-GmbH gewährten Darlehen stellen sich als Eigenkapital ersetzend dar. Weil diese erst nach dem 31.03.1993 gewährt wurden, spricht viel dafür, dass diese bereits in der Krise hingegeben wurden. Denn bereits im Wirtschaftsjahr 1992/1993 hatte die X-GmbH einen Verlust erwirtschaftet, der sich im Folgejahr erheblich vergrößerte und zu einem negativen Eigenkapital führte. Würde man dies für das Eintreten der Krise noch nicht ausreichen lassen, würde es sich jedenfalls um krisenbestimmte Darlehen handeln. Denn auf Grund der Patronatserklärung vom 02.01.1994 hatte die Klägerin sich verpflichtet, die bereits gewährten und noch zu gewährenden Darlehen nur aus zukünftigen Gewinnen aus einem Liquidationsüberschuss oder einem die sonstigen Schulden übersteigenden Vermögen zu begleichen und im Rang hinter allen anderen Verbindlichkeiten zurückzutreten. Dann hatte sie ausdrücklich hervorgehoben, dass die Darlehen auch in der Krise des Unternehmens erhalten bleiben würden. Dies ist als ausreichend für eine Krisenbestimmung anzusehen (BFH, Urteil vom 13.07.1999 VIII R 31/98, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 189, 390, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 1999, 724; vom 22.07.2008 IX R 79/06, BFHE 222,464, BStBl. II 2009, 227). Unbeachtlich ist, dass in § 13 des Gesellschaftsvertrags abweichendes geregelt ist, weil diese Regelung hinter der späteren und spezielleren Regelung durch die Patronatserklärung zurücktritt.

Dass die Patronatserklärung tatsächlich am 02.01.1994 abgegeben wurde, ist zwischen den Beteiligten nicht mehr im Streit. Auch das Gericht sieht keinen Anlass daran zu zweifeln.

Die Klägerin geht (unausgesprochen) auch zu Recht davon aus, dass der Auflösungsverlust im Veranlagungszeitraum 2001 ohne die Kürzung nach § 3 c Abs. 2 EStG 2001 zu berücksichtigen wäre. Dies ergibt sich aus der Übergangsregelung gemäß § 52 Abs. 4 a EStG 2001 in Verbindung mit § 52 Abs. 8 a EStG 2001( BFH, Urteil vom 27.03.2007 VIII R 25/05, BFHE 217, 467, BStBl. II 2008, 298).

Entgegen der Auffassung der Klägerin war der Auflösungsverlust im Sinne des § 17 EStG im Streitjahr 2001 noch nicht realisiert.

Zwar wurde die X-GmbH mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zivilrechtlich aufgelöst, jedoch setzt die Realisierung eines Verlustes im Sinne des § 17 Abs. 4 EStG weiter gehend voraus, dass mit Zuteilungen und Rückzahlungen gemäß § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht mehr zu rechnen ist und feststeht, ob und in welcher Höhe noch nachträgliche Anschaffungskosten oder sonstige im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende wesentliche Aufwendungen anfallen werden. Bei einer Auflösung mit anschließender Liquidation können diese Erkenntnisse normalerweise erst im Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation gewonnen werden. Ausnahmsweise kann jedoch der Zeitpunkt, in dem der Veräußerungsverlust realisiert ist, schon vor Abschluss der Liquidation liegen, wenn mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlustes nicht mehr zu rechnen ist (BFH, Urteile vom 12.12.2000 VIII R 36/97, BFH/NV 2001, 761; vom 27.11.2001 VIII R 36/00, BFHE 197, 394, BStBl. II 2002, 731; vom 01.03.2005 VIII R 46/03, BFH/NV 2005, 2171; Beschluss vom 04.10.2007 VIII S 3/07 (PKH), BFH/NV 2008, 209; Urteil vom 22.07.2008 IX R 79/06, BFHE 222, 464, BStBl. II 2009, 227; vom 28.10.2008 IX R 100/07, BFH/NV 2009, 561).

Dabei kommt es nicht darauf an, inwieweit der später tatsächlich erzielte Auflösungsverlust von dem ursprünglich prognostizierten abweicht. Vielmehr ist nach dem Kenntnisstand zum 31.12.2001 zu prüfen, ob aus der damaligen Sicht die Höhe des Auflösungsverlustes im Wesentlichen feststand.

Dabei ergibt sich für den Streitfall, dass nachträgliche Anschaffungskosten der Klägerin über den am 31.12.2001 passivierten Betrag von 380.638,97 EUR = 744.465,11 DM hinaus noch nicht entstanden waren. Die weiteren nachträglichen Anschaffungskosten in Höhe von 25.737,52 EUR (Differenz zwischen den Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin nach der berichtigten Liquidationsschlussbilanz auf den 31.12.2004 in Höhe von 406.376,49 EUR und dem entsprechenden Betrag nach der Liquidationseröffnungsbilanz auf den 31.12.2001; umgerechnet: 50.338,21 DM) entstanden erst, als die Klägerin zum Ausgleich der sonstigen betrieblichen Verbindlichkeiten der X-GmbH entsprechende Darlehen hingab.

Zwar war die Klägerin auf Grund der Patronatserklärung im Verhältnis zur X-GmbH zur Hingabe der Darlehen verpflichtet. Gleichwohl war die Höhe des Auflösungsverlustes am 31.12.2001 noch mit vielerlei Unsicherheiten behaftet. So blieb ungewiss, ob die X-GmbH die aktivierten Forderungen aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von 19.294,47 EUR würde realisieren können. Dass eine solche Realisierung nicht ohne weiteres als sicher unterstellt werden kann, zeigt der Umstand, dass im Laufe des Liquidationszeitraumes Forderungen in Höhe von 4.441,71 EUR, also 23 vom Hundert des ursprünglichen Forderungsbestandes, abgeschrieben werden mussten. Außerdem hatte die X-GmbH Anzahlungen in Höhe von 4.407,69 EUR erhalten, die sie hätte zurückzahlen müssen, wenn das angebahnte Geschäft nicht zur Ausführung gekommen wäre. Darüber hinaus war der Geschäftsverkehr der X-GmbH noch nicht vollständig zum Erliegen gekommen, da die X-GmbH abgesehen von den Erlösen aus der Veräußerung ihres Betriebsfahrzeugs noch reguläre Erlöse in Höhe von 90.777,80 EUR verzeichnen konnte. Welchen wirtschaftlichen Erfolg die X-GmbH aus den künftigen Geschäften erzielen würde, konnte sie selbst dann nicht zuverlässig abschätzen, wenn die Geschäfte am 31.12.2001 bereits angebahnt gewesen sein sollten. Insbesondere bestand auch hinsichtlich der künftigen Umsätze das Risiko des Forderungsausfalls. Schließlich bestanden für die X-GmbH Gewährleistungsrisiken aus den zum Teil noch im Liquidationszeitraum durchgeführten Lieferungen und Leistungen. Diese betrugen im Rumpfwirtschaftsjahr 2001 223.691,54 DM und im Liquidationszeitraum 90.710,37 EUR (= 177.414,09 DM), zusammen also 401.105,63 DM. Zwar mögen der X-GmbH Rückgriffsansprüche gegenüber ihren Lieferanten zugestanden haben, jedoch konnte sie nicht ausschließen, dass solche Rückgriffsansprüche im Einzelfall nicht durchsetzbar waren, etwa wegen eines Vermögensverfalls des Lieferanten. Überdies hat die X-GmbH nach der Einlassung ihres Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung nicht nur Warenlieferungen sondern auch Dienstleistungen erbracht, für die sie das volle Haftungsrisiko trug.

Alles in allem sind die mit der Abwicklung der X-GmbH verbundenen Aufwendungen mit so großen Unsicherheiten behaftet, dass sie nicht mehr als unwesentlich bezeichnet werden können. Es gibt zwar nach der Kenntnis des erkennenden Senats bisher keine Entscheidung dazu, wie hoch und nach welchen Maßstäben sich in diesem Zusammenhang die Wesentlichkeitsgrenze bemisst, ob sie etwa nach absoluten Beträgen oder nach einem gewissen Prozentsatz der bereits angefallenen Anschaffungskosten zu bemessen ist. Selbst bei der denkbar großzügigsten Anwendung einer Wesentlichkeitsgrenze wäre diese im Streitfall überschritten.

Im Allgemeinen bewegen sich im Steuerrecht solche Wesentlichkeitsgrenzen zwischen 5 und 10 vom Hundert der Vergleichsgröße, die hier mit den zum 31.12.2001 valutierenden Darlehen in Höhe von 744.465,11 DM zuzüglich 50.000 DM Stammkapital, zusammen 794.465,11 DM, anzusetzen ist. 10 vom Hundert davon wären rund 79.446,51 DM. Allein die Summe der vor einem Ausfall nicht geschützten Forderungen aus früheren und künftigen Lieferungen und Leistungen in Höhe von (19.294,47 EUR + 90.710,37 EUR = 110.004,84 EUR =) 215.150,76 DM übersteigt diesen Betrag bei weitem. Hinzu kommen die Gewährleistungsrisiken aus einem relevanten Umsatz von 401.105,63 DM. Diese Risiken sind nicht allein mit den nach kaufmännischen Erfahrungen ermittelten Ausfall- und Gewährleistungsraten anzusetzen, weil hinsichtlich der Höhe des Auflösungsverlustes ein höheres Maß an Gewissheit erforderlich ist, um eine vorgezogene Realisierung zu bejahen (vgl. BFH, Beschluss vom 22.11.2005 VIII B 308/04, BFH/NV 2006, 539: "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit"; Beschluss vom 04.10.2007 VIII S 3/07 (PKH), BFH/NV 2008, 209: "mit Sicherheit"). Daher konnte die Klägerin am 31.12.2001 nicht mit der erforderlichen Gewissheit ausschließen, dass der endgültige Auflösungsverlust den Betrag von (794.465,11 DM + 79.446,51 DM =) 873.911,62 DM übersteigen würde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Insbesondere haben die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Rechtsfragen keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, weil das Gericht von der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgeht.

Ende der Entscheidung

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