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Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 21.01.2009
Aktenzeichen: 8 K 6250/06 B
Rechtsgebiete: AO, GewStG


Vorschriften:

AO § 67 Abs. 1
AO § 67 Abs. 2
GewStG § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 8. Senat -

ohne mündliche Verhandlung

am 21. Januar 2009

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht .....,

den Richter am Finanzgericht .....,

die Richterin am Finanzgericht ....., sowie

den ehrenamtlichen Richter ..... und

den ehrenamtlichen Richter .....

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, die in den Streitjahren 2001 bis 2003 die Voraussetzungen des § 67 AO erfüllte, betrieb ein Krankenhaus. Sie ist als amtlich anerkannter Verband der freien Wohlfahrtspflege nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz von der Körperschaftsteuer befreit. Darüber hinaus unterhielt die Klägerin einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (Zimmervermietung; Telefonanlage für Patienten, Chefarztabgabe für Privatambulanzen), der der Körperschaftsteuer unterliegt.

Im Rahmen des Veranlagungsverfahrens für die Streitjahre gelangte der Beklagte zu der Auffassung, dass die Gewinne aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb in Höhe von EUR ...,- (2001), EUR ...,- (2002) und EUR ...,- (2003) nicht nach § 3 Nr. 20 Gewerbesteuergesetz - GewStG - von der Gewerbesteuer befreit sind. Der Beklagte erließ daher entsprechende Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag.

Zur Begründung ihres Einspruchs trug die Klägerin vor, die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 20 GewStG erfasse sämtliche Erträge eines unter diese Vorschrift fallenden Steuerpflichtigen. Insbesondere gehe diese Vorschrift als lex specialis der Vorschrift des § 3 Nr. 6 GewStG, die die Steuerfreiheit für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausschließt, vor. Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte zur Begründung an, § 3 Nr. 20 GewStG erfasse nur den Zweckbetrieb des Krankenhauses. Soweit der Steuerpflichtige darüber hinaus einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb betreibe, werde dieser von der Befreiungsvorschrift nicht erfasst.

Zur Begründung ihrer Klage wiederholt die Klägerin ihren Vortrag aus dem Einspruchsverfahren.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 2001 und 2003 vom 17. Januar 2006 und den Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 2002 vom 16. Januar 2006 sowie die Einspruchsentscheidung vom 14. Juni 2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung seines Antrags im Wesentlichen auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt der Beklagte vor, nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - handele es sich bei der Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 20 GewStG nur um eine partielle Steuerbefreiung.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Der Senat durfte gemäß § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO - ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Steuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die Gewinne aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Klägerin zutreffend der Gewerbesteuer unterworfen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Gewinne aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nicht nach § 3 Nr. 20 GewStG von der Gewerbesteuer befreit. Nach dieser Vorschrift sind unter anderem Krankenhäuser von der Gewerbesteuer befreit, wenn diese im Erhebungszeitraum die in § 67 Abs. 1 oder 2 AO bezeichneten Voraussetzungen erfüllten. Zwar erfüllt die Klägerin mit ihrem Betrieb die Voraussetzungen des § 3 Nr. 20 GewStG. Jedoch werden von dieser Vorschrift nur die im Rahmen des Zweckbetriebs im Sinne von § 67 Abs. 1 oder 2 AO erzielten Gewinne befreit. Bei der Vorschrift des § 3 Nr. 20 GewStG handelt es sich dem Grunde nach um eine persönliche Steuerbefreiung (so auch Güroff in Glanegger/Güroff/Selder, GewStG, 6. Auflage 2006, § 3 Randnummer - Rn. - 176). Allerdings erfasst diese Steuerbefreiung nur diejenigen Gewinne, die von dem Steuerpflichtigen aus dem unter den Anwendungsbereich des § 67 Abs. 1 oder 2 AO fallenden Betrieb eines Krankenhauses erzielt werden (in diesem Sinne wohl auch BFH, Urteil vom 20. September 1966 - I R 34/66, Sammlung der amtlich veröffentlichten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - 87, 215, Bundessteuerblatt - BStBl. - III 1967, 89 [90]; sowie sinngemäß: Urteil vom 6. April 2005 - I R 85/04, BFHE 209, 345, BStBl. II 2005, 545 [546 f.]). Insoweit stellt sich die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 20 GewStG als persönlich-sachliche Steuerbefreiung dar. Denn aufgrund des Verweises in § 3 Nr. 20 Buchstabe b) GewStG hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass Steuerpflichtige nur insoweit von der Gewerbesteuer befreit sein sollen, als sie die Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 oder 2 AO erfüllen.

Diese Einschätzung wird auch durch den Sinn und Zweck der Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 20 GewStG, die bestehenden Versorgungsstrukturen bei der Behandlung kranker und pflegebedürftiger Personen zu verbessern und die Sozialversicherungsträger von Aufwendungen zu entlasten (vergleiche: BFH, Urteil vom 22. Oktober 2003 - I R 65/02, BFHE 204, 278, BStBl. II 2004, 300 [301]), bestätigt. Denn eine Befreiung auch für diejenigen Gewinne eines Steuerpflichtigen, die nicht im Zusammenhang mit dem begünstigten Zweckbetrieb stehen, stünde nicht in Einklang mit diesem Gesetzeszweck, sondern würde vorrangig die eigenwirtschaftlichen Interessen eines Krankenhauses außerhalb des Systems der Sozialversicherungsträger begünstigen.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann sich die Klägerin folglich nicht mit Erfolg darauf berufen, § 3 Nr. 20 GewStG stelle eine Spezialregelung zu § 3 Nr. 6 GewStG dar. Denn die Spezialregelung erfasst nach den vorstehenden Ausführungen die Gewinne aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nicht.

Soweit die Klägerin im Übrigen nach § 3 Nr. 6 GewStG von der Gewerbesteuer befreit ist, ist die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 6 Satz 2 GewStG für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgeschlossen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da der Sache im Hinblick auf zahlreiche noch anhängige Parallelverfahren eine grundsätzliche Bedeutung beikommt.

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.



Ende der Entscheidung

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