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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 17.12.2008
Aktenzeichen: 8 K 6331/06
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

8 K 6331/06

Gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.2004

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 8. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 17. Dezember 2008

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht .....,

den Richter am Finanzgericht .....,

die Richterin am Finanzgericht ..... sowie

die ehrenamtliche Richterin ..... und

die ehrenamtliche Richterin .....

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Nach seinem Schulabschluss und dem nachfolgenden Grundwehrdienst bei der Bundeswehr schloss der Kläger mit der A... Flight Training GmbH - AFT - im August 2003 einen Schulungsvertrag über die fliegerische Grundschulung zum Verkehrsflugzeugführer nach den Standards der A... AG ab. Nach dem Schulungsvertrag, auf dessen Inhalt im Übrigen Bezug genommen wird, war der Kläger verpflichtet, an allen amtlichen und internen Prüfungen zu den festgesetzten Terminen teilzunehmen; bei einer Erkrankung musste der Kläger eine ärztliche Bescheinigung vorlegen (§ 8 des Schulungsvertrages). Der Kläger musste auf eigene Rechnung eine Krankenversicherung abschließen (§ 9 Abs. 5 des Schulungsvertrages). Die Schulungskosten trug die A... AG mit Ausnahme eines Eigenanteils in Höhe von EUR ...,-, den der Kläger zu tragen hatte (§ 9 Abs. 1 des Schulungsvertrages).

Der Eigenanteil war zwölf Monate nach Beginn der Schulung fällig. Nach § 9 Abs. 4 des Schulungsvertrages war der Kläger verpflichtet, die entstandenen Schulungskosten - je nach Schulungsstand bis zur Höhe des Eigenanteils in Höhe von EUR ...,- - zu tragen, wenn das Schulungsverhältnis aus vom Kläger zu vertretenen Gründen vorzeitig endet. Ferner bestimmt § 14 des Schulungsvertrages, dass dem Kläger nach der erfolgreichen Schulung zum Erwerb der Verkehrspilotenlizenz (Airline Transport Pilot License - ATPL -) und dem Erwerb der Musterberechtigung für ein Flugzeugmuster bei der A... AG oder einer Gesellschaft, die unter den Konzerntarifvertrag für das Cockpitpersonal fällt, ein Arbeitsplatz als Pilot angeboten werde, sofern ein Personalbedarf bestehe und dem Arbeitsverhältnis keine anderen rechtlichen Gründe entgegenstünden.

Außerdem schloss der Kläger im August 2003 mit der A... AG einen Darlehensvertrag zum Schulungsvertrag mit der AFT ab. Nach diesem Vertrag, auf dessen Inhalt gleichermaßen Bezug genommen wird, gewährte die A... AG dem Kläger ein Darlehen in Höhe des Eigenanteils an den Schulungskosten. Dieses Darlehen sollte an den Kläger bei Fälligkeit des Eigenanteils durch Zahlung an die AFT ausgeschüttet werden (§ 2 des Darlehensvertrages).

Das Darlehen war für die Dauer der Schulung und bis zum Beginn eines Arbeitsverhältnisses im A...-Konzern zins- und tilgungsfrei. Nach dem Beginn eines Arbeitsverhältnisses im A...-Konzern war das Darlehen zu verzinsen und zu tilgen (§ 3 des Darlehensvertrages).

Anfang August 2004 stellte die AFT dem Kläger den Eigenanteil für die Schulung in Rechnung.

Auf der Grundlage des Darlehensvertrages mit der A... AG zahlte die A... AG den Eigenanteil für den Kläger an die AFT aus.

Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung den Eigenanteil an den Schulungskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.

Der Beklagte folgte der Steuererklärung im Hinblick auf § 12 Nr. 5 Einkommensteuergesetz - EStG - nicht und lehnte die gesonderte Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs zum 31.12.2004 ab. Zur Begründung seines Einspruchs trug der Kläger vor, zwischen ihm und der A... AG habe seit dem Beginn der Schulung ein Dienstverhältnis bestanden. Er, der Kläger, sei nach dem Schulungsvertrag zur Ausbildung verpflichtet gewesen und es habe eine Beschäftigungsgarantie für den A...-Konzern bestanden. Er, der Kläger, habe von der A... AG Arbeitslohn in Form der über den Eigenanteil hinausgehenden Ausbildungskosten erhalten. Daher seien die Aufwendungen für die Ausbildung, einschließlich weiterer Kosten in Höhe von EUR ...,- (Verpflegungsmehraufwendungen; Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Kontoführungsgebühren), als Werbungskosten zu berücksichtigen. Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger weiter vor, es habe ein Ausbildungsverhältnis mit der A... AG bestanden. Dieses Ausbildungsverhältnis sei als Dienstverhältnis zu qualifizieren. Zumindest habe aber ein faktisches Arbeitsverhältnis bestanden. Unschädlich sei auch, dass die A... AG keine laufende Ausbildungsvergütung an ihn, den Kläger, gezahlt habe. Die Vergütung sei in Form eines Sachbezugs gezahlt worden. Ferner verstoße das Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG gegen das objektive Nettoprinzip. Das Abzugsverbot schränke im Hinblick auf die hohen Ausbildungskosten die Berufsentscheidung der Pilotenanwärter ein.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung der ablehnenden Verfügung vom 10. Februar 2006 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 15. September 2006 zu verpflichten, einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31.12.2004 zu erlassen und bei der Veranlagung Aufwendungen für die Berufsausbildung in Höhe von insgesamt EUR ...,.. zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die A... AG sei nicht Arbeitgeber des Klägers gewesen. Insbesondere habe der Kläger keinen Arbeitslohn von der A... AG erhalten, zumal der Kläger einen geldwerten Vorteil auch nicht versteuert habe. Im Übrigen würden die Ausbildungskosten in der weitaus überwiegenden Zahl der Ausbildungsverhältnisse dem Auszubildenden nicht in Rechnung gestellt. Die Regelungen über den Verzicht auf Rückzahlung des Darlehens wiesen auf das Vorliegen eines eigenbetrieblichen Interesses der A... AG hin.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die ablehnende Verfügung und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 101 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Beklagte hat die geltend gemachten Aufwendungen ohne Rechtsverstoß als nach § 12 Nr. 5 EStG nicht abzugsfähige Ausgaben eingeordnet und dementsprechend zutreffend den Erlass eines Bescheids über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31.12.2004 abgelehnt.

Nach § 12 Nr. 5 EStG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium nicht abzugsfähig, es sei denn die Berufsausbildung oder das Erststudium finden im Rahmen eines Dienstverhältnisses statt. Ein Dienstverhältnis im Sinne von § 12 Nr. 5 EStG liegt vor, wenn eine Person als Arbeitnehmer in einem öffentlichen oder privaten Dienst angestellt oder beschäftigt ist (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Lohnsteuerdurchführungsverordnung; vergleiche auch Finanzgericht - FG - Rheinland- Pfalz, Urteil vom 20. Dezember 2006 - 1 K 2670/05, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2007, 838). Mithin liegt ein Dienstverhältnis nur vor, wenn der auszubildende Steuerpflichtige als Arbeitnehmer einem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet (siehe auch Loschelder in Herrmann/Heuer/Raupach, Jahresband 2005, § 12 EStG, Anmerkung J 04-10; Bundestags-Drucksache 15/3339, 11).

Zur Überzeugung des Senats war der Kläger in der Zeit seiner Ausbildung bei der AFT nicht Arbeitnehmer der A... AG. Tatsächlich haben der Kläger und die AFT in dem Schulungsvertrag nur die Durchführung einer Ausbildung zum Piloten vereinbart (§ 1 des Schulungsvertrags).

In diesem Schulungsvertrag wird auch ausdrücklich hervorgehoben, dass der Kläger erst nach der erfolgreichen Schulung in ein Beschäftigungsverhältnis innerhalb des A...-Konzerns eintreten könne (siehe § 14 sowie § 10 Abs. 2 und § 11 Abs. 1 des Schulungsvertrags und § 3 Abs. 1 und 2, § 5 Abs. 5 des Darlehensvertrags zum Schulungsvertrag).

Mit der A... AG wurde vielmehr lediglich ein Darlehensvertrag im Sinne des § 488 Bürgerliches Gesetzbuch geschlossen. Im Übrigen bestand für den Kläger nur die Möglichkeit sich im Rahmen des "Bewerbungstools" auf eine Stelle zu bewerben. Auch aus diesem Umstand ergibt sich, dass ein (faktisches) Arbeitsverhältnis mit dem Kläger während der Ausbildung nicht bestand.

Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, es bestehe ein Ausbildungsverhältnis mit der A... AG. Zum einen setzt § 12 Nr. 5 EStG nicht das Bestehen eines Ausbildungsverhältnisses, sondern eines Dienstverhältnisses voraus. Zum anderen hat der Kläger den Schulungsvertrag mit der AFT und nicht mit der A... AG abgeschlossen. Der Kläger war daher auch nur gegenüber der AFT zur Teilnahme an der Schulung verpflichtet.

Zudem haben weder die AFT noch die A... AG dem Kläger eine Ausbildungsvergütung im Sinne des § 17 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz - BBiG - gezahlt. Auch die Regelung in § 10 Abs. 4 des Schulungsvertrages belegt, dass der Kläger nicht in einem Dienstverhältnis mit der A... AG stand. Vielmehr muss der Kläger nach dieser Regelung bei einer vorzeitigen Beendigung des Schulungsverhältnisses die entstandenen Schulungskosten bis zur Höhe des Eigenanteils an die AFT - und nicht an die A... AG - zurückzahlen. Soweit im Übrigen die A... AG einen Teil der Schulungskosten der Absolventen der AFT übernimmt, beruht dies auf der Überlegung, mit der Übernahme eines Teils der Ausbildungskosten einen Anreiz für die Ausbildung bei der AFT zu schaffen. Insoweit spiegelt also die Übernahme eines Teils der Ausbildungskosten durch die A... AG das erhebliche betriebliche Interesse, den künftigen Nachwuchs beim fliegerischen Personal zu rekrutieren, wider.

Vor diesem Hintergrund ist es daher auch nachvollziehbar, dass die Schulungsteilnehmer zur Teilnahme an der Schulung verpflichtet sind. Außerdem ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass ein geordneter Schulungsablauf im Bereich der Pilotenausbildung nur in einem straff organisierten Rahmen erfolgen kann. Dementsprechend ist es sowohl im Interesse des Klägers als auch der AFT, dass eine entsprechende Verpflichtung vertraglich festgelegt wird.

Die Einschätzung des Senats wird auch durch den Umstand bestätigt, dass der Kläger mit der A... AG keinen Berufsausbildungsvertrag im Sinne des § 10 BBiG geschlossen hat.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang nunmehr vorträgt, es habe ein faktisches Arbeitsverhältnis mit der A... AG bestanden, widerspricht dieser Vortrag zum einen dem ausdrücklichen Wortlaut sowohl des Schulungsvertrags als auch des Darlehensvertrages.

In beiden Verträgen wird ausdrücklich davon ausgegangen, dass der Kläger erst nach dem erfolgreichen Abschluss der Schulung in ein Arbeitsverhältnis mit einer Gesellschaft des A...-Konzerns eintreten kann. Insbesondere bestimmt § 14 des Schulungsvertrages, dass die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis nur erfolge, wenn ein Personalbedarf besteht.

Zum anderen ist der Vortrag des Klägers auch widersprüchlich. Denn er ist selbst davon ausgegangen, dass ein Arbeitsverhältnis nicht besteht: Er hat nämlich weder auf den Abschluss eines Berufsausbildungsvertrags mit der A... AG noch auf die Zahlung einer Ausbildungsvergütung gedrungen. Ferner ist es nicht nachvollziehbar, dass der Kläger die vermeintlichen Lohnzahlungen in Form eines Sachbezugs nicht als Einnahmen erklärt hat, zumal eine Versteuerung dieser Sachbezüge durch den vermeintlichen Arbeitgeber nicht erfolgte.

Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf das Urteil des FG Hamburg vom 13. September 2002 - VI 189/00, nicht veröffentlicht, berufen. Denn in diesem Verfahren war die Frage streitig, ob die von der A... AG an die Schulungsteilnehmer aus Kulanz nachträglich erstatteten erhöhten Schulungskosten Arbeitslohn darstellen. Dem Kläger wurden jedoch keine Schulungskosten in diesem Sinne erstattet. Vielmehr musste der Kläger - abweichend von dem vom FG Hamburg entschiedenen Fall - von vornherein nur einen Teil der Schulungskosten selbst tragen.

Weiterhin kann der Kläger nicht mit seinem Hinweis, § 12 Nr. 5 EStG verstoße gegen das objektive Nettoprinzip, durchdringen. Vielmehr ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber in typisierender Weise Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung und das Erststudium als nichtabzugsfähig einordnet (ebenso FG Baden- Württemberg, Urteil vom 7. November 2006 - 1 K 115/06, EFG 2007, 116; Fischer in Kirchhof, EStG KompaktKommentar, 6. Auflage 2006, § 10 Randnummer 28a). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Kosten für die erstmalige Berufsausbildung regelmäßig nicht nur unerheblich sind.

Schließlich kann der Kläger nicht mit Erfolg auf das beim Bundesfinanzhof anhängige Verfahren VI R 79/06 verweisen. Denn dieses Verfahren betrifft die Abziehbarkeit von Aufwendungen für ein Erststudium.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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