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Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 09.04.2008
Aktenzeichen: 8 K 8238/07
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 6 |
Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Einkommensteuer 2005
In dem Rechtsstreit
...
hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 8. Senat -
aufgrund mündlicher Verhandlung vom 9. April 2008
durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,
den Richter am Finanzgericht ...,
die Richterin am Finanzgericht ... sowie
die ehrenamtlichen Richterinnen ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2005 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden. Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2005 beantragten sie unter anderem die Berücksichtigung von Steuerberatungskosten in Höhe von 14.534,80 EUR als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG. Diese Aufwendungen sind dem Kläger als Alleinerbe nach seiner im Jahre 2004 verstorbenen Mutter für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung durch seinen Steuerberater entstanden.
Bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2005 durch Bescheid vom 23. Januar 2007 berücksichtigte der Beklagte die geltend gemachten Steuerberatungskosten nicht als Sonderausgaben.
Auf den hiergegen erhobenen Einspruch hin setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2005 wegen anderer hier nicht streitiger Kosten mit Einspruchsentscheidung vom 20.09.2007 geändert auf .... EUR fest, berücksichtigte dabei jedoch die streitigen Steuerberatungskosten weiterhin nicht als Sonderausgaben. Zur Begründung führte er aus, die entsprechenden Aufwendungen seien als Nachlassverbindlichkeit einzustufen und daher von der Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer abzuziehen. Da der Kläger durch die betreffenden Aufwendungen somit nicht belastet sei, komme ein Abzug als Sonderausgaben nicht in Betracht.
Hiergegen richtet sich die Klage, zu deren Begründung die Kläger im Wesentlichen folgendes vorgetragen:
Die Berücksichtigung der Steuerberatungskosten als Nachlassverbindlichkeit i. S. des § 10 Abs. 5 Erbschaftsteuergesetz bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Nachlasses stünde einem Abzug als Sonderausgaben nicht entgegen. Sie verweisen insofern auf das Urteil des niedersächsischen Finanzgerichts vom 15.12.2005 (Aktenzeichen 10 K 191/00), nach welchem die Steuerberatungskosten, die dem Erben für die Anfertigung einer Erbschaftsteuererklärung entstehen, uneingeschränkt als Steuerberatungskosten anzuerkennen seien. Die doppelte Berücksichtigung der Steuerberatungskosten sowohl in der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit als auch in der Einkommensteuer als Sonderausgaben stelle keinen Widerspruch dar, weil es keinen allgemeinen Grundsatz gebe, nach dem eine Berücksichtigung bestimmter Aufwendungen sowohl in der Erbschaft- als auch in der Einkommensteuer ausgeschlossen sei. So würden sich bei einem Erblasser, der seine Einkünfte durch Überschussrechnung ermittele, entstandene aber noch nicht bezahlte betriebliche Aufwendungen Erbschaftsteuer mindernd und beim Rechtsnachfolger und Erben des Betriebs im Zeitpunkt des Abflusses nochmals als Betriebsausgaben Einkommensteuer mindernd auswirken. Andererseits würde aber auch eine doppelte Belastung durch Erbschaft- und Einkommensteuer vom Gesetzgeber billigend in Kauf genommen. Es würden z.B. Zinsforderungen des Erblassers durch Erbschaftssteuer und im Zeitpunkt des Zinszuflusses nochmals durch Einkommensteuer beim Erben erfasst.
Der Gesetzgeber nehme also sowohl eine doppelte Belastung als auch eine doppelte Entlastung in Kauf. Die Abzugsfähigkeit von Steuerberatungskosten sei daher im Bereich der Einkommensteuer und im Bereich der Erbschaftsteuer unabhängig voneinander zu beurteilen.
Darüber hinaus sei die von dem Beklagten seiner Entscheidung zu Grunde gelegte Beurteilung, wonach die Kosten für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung wie Nachlassverbindlichkeiten zu behandeln seien, keineswegs eindeutig. Die Frage sei höchstrichterlich noch nicht geklärt und es bestehe zurzeit insofern lediglich eine Verwaltungsauffassung (ablehnend dagegen Finanzgericht Berlin, Urteil vom 19.7.2005, Aktenzeichen 5 K 2001/04). Weitergehende Steuerberatungskosten wie zum Beispiel die Kosten für die Führung eines Einspruchs in Erbschaftsteuer-Angelegenheiten lasse die Finanzverwaltung dagegen nicht zum Abzug zu (vgl. H. 29 EStR).
Entgegen der Ansicht des Beklagten liege auch die erforderliche wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen vor.
Als Alleinerbe sei der Kläger Gesamtrechtsnachfolger seiner verstorbenen Mutter geworden. Das Vermögen seiner Mutter sei daher mit ihrem Tod in sein eigenes Vermögen übergegangen. Die ein halbes Jahr nach dem Tod seiner Mutter entstandenen Steuerberatungskosten habe er daher aus seinem eigenen Vermögen bezahlt. Mit der Abgabe der Erbschaftsteuererklärung sei er seinen eigenen steuerlichen Pflichten nachgekommen und habe die Aufwendungen hierfür aus seinem eigenen, ihm frei zur Verfügung stehenden Vermögen bezahlt. Dadurch sei bei ihm eine Vermögensminderung eingetreten, welche ihn ohne Zweifel wirtschaftlich belastet habe.
Der Zweck des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG bestehe darin, dem Grundsatz nach privat veranlasste Aufwendungen aufgrund von besonderen sozialpolitischen Erwägungen zum Abzug zuzulassen. Dieselben Erwägungen, die die Abzugsfähigkeit der Kosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärung rechtfertigen, lägen aber auch bei der Erbschaftsteuererklärung vor. Die Abzugsmöglichkeit des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG betreffe sämtliche Kosten, die dem Steuerpflichtigen durch die Steuerberatung entstünden, sofern es sich nicht um Betriebsausgaben oder Werbungskosten handele. Bei der Pflicht zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung handele es sich um eine eigene Pflicht des Erben, welche nicht die Steuer-Angelegenheiten des Erblassers, sondern die des Erben selbst beträfen. Da die betreffenden Steuerberatungskosten das Besteuerungsverfahren betreffen würden, stünden sie auch in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit der Erbschaftsteuer. Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG sei somit erfüllt.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 23.1.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. 9. 2007 dahingehend zu ändern, dass weitere Sonderausgaben von 14.534,80 EUR berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt die Ansicht, die streitigen Aufwendungen zur Erstellung der Erbschaftsteuererklärung könnten nicht als Sonderausgaben berücksichtigt werden, weil diese vom Nachlass abzuziehen seien. Verpflichtungen aufgrund von Erbschaften, für deren Bestreiten der Nachlass ausreiche, würden auf der reinen Vermögensebene liegen. Sie würden nicht das nach dem Einkommensteuergesetz zu versteuernde Einkommen berühren, sondern den nach § 1 Erbschaftsteuergesetz der Erbschaftsteuer unterliegenden Erwerb von Todes wegen und deshalb als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Abs. 5 Erbschaftsteuergesetz die Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer mindern. Eine nochmalige Berücksichtigung bei der Einkommensteuer als Sonderausgaben sei nicht möglich, weil der Steuerpflichtige durch die betreffenden Aufwendungen nicht belastet sei. Als Sonderausgaben dürften aber nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nur solche Ausgaben berücksichtigt werden, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet sei.
Da das ererbte Vermögen die Steuerberatungskosten bei weitem übersteige, sei der Kläger durch die Kosten für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung nicht belastet gewesen. Unerheblich sei, dass das ererbte Vermögen zum Zeitpunkt der Erstellung der Erbschaftsteuererklärung bereits zum eigenen Vermögen des Klägers gehört habe. Denn der Erbfall habe unter Berücksichtigung der damit zusammenhängenden Verpflichtung zur Erstellung der Erbschaftsteuer zu einer Vermögensmehrung bei dem Kläger geführt und seine eigene persönliche Leistungsfähigkeit gestärkt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Zu Recht hat der Beklagte die Berücksichtigung der streitigen Aufwendungen zur Erstellung der Erbschaftsteuererklärung als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG abgelehnt.
Die streitigen Aufwendungen zur Erstellung der Erbschaftsteuererklärung können nicht als Sonderausgaben berücksichtigt werde. Denn soweit der Kläger in der Lage war, die Kosten für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung aus dem Nachlass zu bestreiten, ist er durch die betreffenden Aufwendungen wirtschaftlich nicht belastet. Da die Verpflichtung zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung durch den Erbfall verursacht ist und mit ihr auch wirtschaftlich zusammenhängt, ist der Kläger zumindest im Hinblick auf die Abzugsfähigkeit der Kosten als Sonderausgaben so zu behandeln, als habe er ein Vermögen geerbt, das bereits um die Kosten für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung gemindert war.
Wie die Kläger mit Recht geltend machen, enthält das Einkommensteuergesetz keine ausdrückliche Regelung, wonach Aufwendungen, die als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen sind, nicht als Sonderausgaben berücksichtigt werden können. Es besteht auch kein allgemeiner Grundsatz, wonach bestimmte Kosten nur entweder in der Erbschaftsteuer oder in der Einkommensteuer steuermindernd berücksichtigt werden können. Vielmehr ist im Rahmen jeder der beiden Steuerarten getrennt und gesondert nach den hier jeweils geltenden Grundsätzen zu beurteilen, ob die betreffenden Kosten steuermindernd zu berücksichtigen sind.
Nach ständiger Rechtsprechung der Finanzgerichte können die im Gesetz genannten Aufwendungen nur dann als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn der Steuerpflichtige durch sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich belastet ist. Ein Abzug als Sonderausgaben scheidet daher beispielsweise aus, wenn der Steuerpflichtige in einem späteren Jahr eine Rückzahlung der betreffenden Kosten erhält oder wenn ihm die Kosten von einem Dritten erstattet werden. Wie der BFH mit Urteil vom 4.4.1989 (Az. X R 14/85, BStBl. II 1989, S. 779) entschieden hat, können daher Grabpflegekosten jedenfalls solange nicht als dauernde Last abgezogen werden, wie sie den Nachlass nicht übersteigen. Wiederkehrende Leistungen, die der Erbe auf Grund eines Vermächtnisses an einen Dritten zu zahlen hat, sind mit dem Wert des empfangenen Vermögens zu verrechnen und daher mangels wirtschaftlicher Belastung des Erben nicht als Sonderausgaben abziehbar (BFH, Urteil vom 27.2.1992, Az. X R 139/88, BStBl. II 1992, S. 612). Nach dem Urteil des BFH vom 22.9.1993 (Az. X R 107/91, BStBl. II 874) können aus diesem Grund Aufwendungen des Erben zur Erfüllung von Vermächtniszuwendungen an gemeinnützige Einrichtungen von diesem nicht als Spenden abgezogen werden.
Nach diesen Grundsätzen können die Kläger die von ihnen geltend gemachten Kosten für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung nicht als Sonderausgaben geltend machen, weil sie dadurch wirtschaftlich nicht belastet sind. Denn der Kläger konnte die Kosten für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung aus dem Nachlass seiner Mutter bestreiten.
Dem steht nicht entgegen, dass der Nachlass der Mutter des Klägers mit deren Tod in das Vermögen des Klägers übergegangen ist und er deshalb die Kosten für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung - zivilrechtlich betrachtet - aus eigenem Vermögen gezahlt hat. Denn für die Abzugsfähigkeit bestimmter Kosten als Sonderausgaben kommt es nicht darauf an, aus wessen Vermögen der Steuerpflichtige diese Kosten bestritten hat, sondern ob er dadurch wirtschaftlich belastet ist. So sind auch alle Kosten, die dem Steuerpflichtigen in einem späteren Jahr zurückgezahlt werden oder die er von einem Dritten erstattet erhält, zunächst aus eigenem Vermögen gezahlt. Für die Frage der wirtschaftlichen Belastung des Klägers durch die Erbschaftsteuererklärung ist vielmehr entscheidend, dass der vorangegangene Erbfall und die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung wirtschaftlich als eine Einheit zu betrachten sind. Da die Kosten für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung ihrem Inhalt nach mit dem Erbfall zusammenhängen und durch diesen verursacht sind, sind sie jedenfalls im Hinblick auf ihre Abzugsfähigkeit als Sonderausgaben so behandelt, als sei der Nachlass von vornherein durch diese Aufwendungen gemindert gewesen.
Ob diese Betrachtung auch im Rahmen der Erbschaftsteuer gilt, lässt der Senat ausdrücklich dahinstehen, da es darauf hier nicht ankommt.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 FGO zugelassen, obwohl die hier streitige Rechtsfrage ausgelaufenes Recht betrifft. Denn seit dem Jahr 2007 können Steuerberatungskosten nicht mehr als Sonderausgaben abgezogen werden. Der Senat misst der hier streitigen Rechtsfrage aber dennoch grundsätzliche Bedeutung bei, weil er davon ausgeht, dass sie noch in einer Vielzahl von Fällen Bedeutung haben dürfte. Außerdem ist die vorliegende Rechtsfrage auch für die Systematik des Steuerrechts von Bedeutung.
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die R e v i s i o n zu.
Ende der Entscheidung
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