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Gericht: Finanzgericht Berlin
Urteil verkündet am 10.03.2004
Aktenzeichen: 6 K 6394/99
Rechtsgebiete: EStG, GewStG


Vorschriften:

EStG § 15
EStG § 15 Abs. 2
GewStG § 2 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger durch die entgeltliche Übernahme von Bürgschaften die Merkmale eine Gewerbetreibenden erfüllt und dementsprechend zur Gewerbesteuer zu veranlagen ist.

Der Kläger ist an verschiedenen Gesellschaften der Unternehmensgruppe X u. Y beteiligt, die in den 90er Jahren schwerpunktmäßig Immobilienfonds mit Immobilien in P. und B. xxx initiiert hatten. Bei diesen Gesellschaften handelt es sich um geschlossene Immobilienfonds, jeweils in der Form einer GmbH & Co. OHG (sogen. Objektgesellschaft), welche ihrerseits Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen.

Initiatoren, Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der Objektgesellschaften sowie der Komplementär-GmbHen waren in der Regel der Kläger und seine drei Partner, die Herren X, Y und Z. Zur Sicherung der Finanzierung dieser Fonds verbürgten sich ab 1992 der Kläger - und seine Partner - bei den finanzierenden Kreditinstituten; er vereinnahmte hierfür von den Objektgesellschaften in den Streitjahren 816.500,- DM (1994), 1.218.500,- DM (1995) bzw. 963.000,- DM (1996). Diese Beträge wurden zunächst für 1994 und 1995 als Sondereinnahmen des Klägers bei dessen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, in 1996 als sonstige Einnahmen im Sinne des § 22 Einkommensteuergesetz EStG erklärt.

Anläßlich verschiedener Betriebsprüfungen bei den Fondsgesellschaften gelangte der Beklagte zu der Auffassung, dass der Kläger die Bürgschaften nicht auf gesellschaftsrechtlicher, sondern gesonderter schuldrechtlicher Grundlage übernommen hatte. Dementsprechend wurden diese Vergütungen nicht (mehr) im Rahmen der Feststellung der Einkünfte der Gesellschaften erfaßt, sondern im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheiden vom 24. Juli 1998, geändert am 10. Dezember 1998 (für 1994), und 23. Juni 1999 (für 1995 und 1996) wurde der Kläger daraufhin erstmalig zur Gewerbesteuer herangezogen.

Mit den hiergegen rechtzeitig erhobenen Einsprüchen trägt der Kläger zur Begründung vor, er - und seine Partner - hätten nur Bürgschaften für Objektgesellschaften ihrer Firmengruppe übernommen. Zu keiner Zeit habe er für andere, fremde Objekte oder zugunsten anderer Gesellschaften oder Personen Bürgschaften übernommen oder die Übernahme angeboten. Ein Büro oder eine Organisation sei nicht unterhalten worden. Weder er noch seine Partner hätten somit am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen mit der Folge, dass die Entgelte für die Bürgschaftsübernahmen - mangels Tatbestandsverwirklichung - keine gewerblichen Einkünfte, sondern - einkommensteuerrechtlich - sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 EStG darstellen würden. Weiterhin ist der Kläger der Auffassung, dass er - und auch seine Partner - zu keiner Zeit typische Bankgeschäfte, zu denen auch Bürgschaftsübernahmen gehören würden, getätigt hätten.

Mit zusammengefaßter Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 1999 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Der Kläger habe danach in den Streitjahren durch die entgeltlichen Bürgschaftsübernahmen sämtliche Merkmale eines Gewerbe- treibenden im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt; insbesondere sei er unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr tätig geworden.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden, rechtzeitig erhobenen Klage. Zunächst wiederholt er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren. Die Bürgschaftsübernahmen seien danach unselbständiger Bestandteil der zur Durchführung der Wohnungsbauprojekte erforderlichen Maßnahmen gewesen; ein eigenständiger Zweck sei damit nicht verfolgt worden. Die Bürgschaftstätigkeiten hätten sich darauf beschränkt, dass der Kläger und seine Partner persönlich mit sich selbst als mittelbare Vertreter ihrer eigenen Objektgesellschaften Bürgschaftsverpflichtungserklärungen abgeschlossen und den zwischenfinanzierenden Banken entsprechende Bürgschaftserklärungen erteilt haben; ein auf Angebot und Nachfrage beruhender "Bürgschaftsmarkt" sei damit - unabhängig von der Erwähnung in den Prospekten der Gesellschaften - weder beabsichtigt noch geschaffen worden.

Ferner hält der Kläger die angefochtenen Gewerbesteuerbescheide schon deshalb für rechtswidrig, weil der Beklagte im Wege der Schätzung den Gewinn aus der von ihm angenommenen gewerblichen Bürgschaftstätigkeit nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt habe, obwohl der Kläger (mangels Kenntnis von einer gewerblichen Tätigkeit) von seinem ihm zustehenden Wahlrecht keinen Gebrauch gemacht und dementsprechend der Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG hätte ermittelt und eine Gewerbesteuerrückstellung hätte gebildet werden müssen.

Nachdem seitens des Gerichts den früheren Klägervertretern empfohlen worden war, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des 6. Senats (hier Urteil vom 21. März 2001, 6 K 6211/99) die Erfolgsaussichten der Klage zu prüfen, haben die neuen Prozeßbevollmächtigten ergänzend vorgetragen, insbesondere darauf hingewiesen, dass es sich bei den übernommenen Bürgschaftsverpflichtungen rechtlich und wirtschaftlich um sogen. In-Sich-Geschäfte gehandelt habe, die eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht begründen würden. Bei der entgeltlichen Übernahme von Bürgschaftsverpflichtungen werde ein vom Kläger eingegangenes Verlustrisiko prämiert, das steuerlich als sonstige Leistung im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG zu behandeln sei. Die Gestellung von Bürgschaften gegen Entgelt sei am ehesten vergleichbar mit der Situation des sogenannten Stillhalters bei Wertpapieroptionsgeschäften; die Einnahmen des Stillhalters seien vom Bundesfinanzhof - BFH - (Urteil vom 28.11.1990, BStBl. II 1991, S. 300) als solche aus Vermögensverwaltung qualifiziert worden.

Erstmals wird mit Schriftsatz vom 03. Dezember 2001 der Sachverhalt, der dem Gericht bisher vorgetragen worden war, folgendermaßen ergänzt :

Der Kläger sei in den Streitjahren zusammen mit seinen Partnern xxx Gesellschafter der XY-xxxKG gewesen. Diese KG habe diverse Beteiligungen an anderen Unternehmen der Unternehmensgruppe gehalten und stelle die Spitze der Unternehmensgruppe dar. Die Gesellschafter der KG hätten über ihre Beteiligung an der KG die gesamte Unternehmensgruppe beherrscht und sie hätten alle Entscheidungen, die für die Unternehmensgruppe von Bedeutung gewesen seien, gemeinschaftlich getroffen. Die Absicherung von Zwischenkrediten der Immobilienfonds durch persönliche Bürgschaften der Initiatoren sei Teil eines Gesamtkonzepts gewesen, das der Kläger und seine drei Partner in diesem Geschäftsfeld gemeinschaftlich entwickelt hätten.

Die Bürgen für die Zwischenkredite seien identisch mit den Gesellschaftern der KG. Gegenüber den Immobilienfonds seien der Kläger und seine Partner als "eine Person" aufgetreten; dies sei auch erforderlich gewesen, denn die Banken hätten den Kläger allein nicht als Sicherungsgeber akzeptiert. In den Verträgen sei eine einheitliche Provision vereinbart worden; die Bürgschaftsverpflichtungsverträge würden keine Regelungen über die Aufteilung der Provision auf die einzelnen Bürgen enthalten. Die Aufteilung sei zwischen den Partnern ausschließlich intern erfolgt. Die Entscheidung, ob der Kläger und seine Partner persönliche Bürgschaften übernehmen und wie die Provision aufgeteilt wurde, sei von den Gesellschaftern der KG getroffen worden. Der Kläger habe entsprechend seiner Beteiligung an der KG vor 1994 einen Anteil von 10 % erhalten. Das gemeinschaftliche Handeln des Klägers und seiner Partner sei auch Dritten gegenüber erfolgt; so sei in sämtlichen Prospekten der Immobilienfonds vermerkt, dass die Zwischenfinanzierungsbürgschaften vom Kläger und seinen Partnern xxx gestellt würden. Aus der Sicht der Banken seien der Kläger und seine Partner daher nicht als Einzelpersonen, sondern in ihrer Gesamtheit, d.h. als die hinter der Unternehmensgruppe stehenden Gesellschafter aufgetreten. Auch gegenüber der Geschäftsführung der Immobilienfonds seien die Bürgen gemeinschaftlich aufgetreten; es sei für die Geschäftsführung ausgeschlossen gewesen, mit einem der Bürgen eine Einzelvereinbarung oder eine Abweichung von der bisherigen Regelung zu vereinbaren.

Somit stünden die Avalprovisionen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Beteiligung des Klägers an der KG; die Provisionen seien nicht auf die Tätigkeit eines Einzelnen zurückzuführen.

Dementsprechend gebe es keinen Einzelunternehmer in der Person des Klägers; die Einkünfte müssten nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung -AO- festgestellt werden und würden ggf. - sofern es sich um gewerbliche Einkünfte handeln sollte - als Sonderbetriebseinnahmen die gewerblichen Einkünfte des Klägers aus seiner Beteiligung an der KG erhöhen.

Hilfsweise und nur für den Fall, dass das Gericht zu dem Ergebnis kommt, es lägen gewerbliche Einkünfte des Klägers als Einzelunternehmer vor, die nicht im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der xxx XY-xxxKG zu erfassen seien, hat der Kläger entsprechende, von den angefochtenen Bescheiden abweichende Gewinnermittlungen für die Streitjahre eingereicht. Die Schätzungen des Beklagten seien falsch; der Kläger als Kaufmann im Sinne des § 1 Abs. 2 Handelsgesetzbuch - HGB - wäre bilanzierungspflichtig gemäß § 242 HGB.

Der Kläger hat beantragt,

die Bescheide über den Gewerbesteuermeßbetrag und die Gewerbesteuer für 1994 bis 1996 vom 10. Dezember 1998 und 23. Juni 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 1999 ersatzlos aufzuheben,

hilfsweise

für den Fall des Unterliegens die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung bzw. Fortbildung des Rechts zuzulassen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich zunächst zur Begründung auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung. Zu dem erst im Klageverfahren vorgetragenen neuen Sachverhalt wird ausgeführt: Entgegen der Auffassung des Klägers könne keine Mitunternehmerschaft zwischen ihm und den anderen Gesellschaftern der xxx XY-xxxKG, auch nicht nachträglich, konstruiert werden. Denn unabhängig davon, dass der Kläger und die übrigen Gesellschafter dies seinerzeit weder so gewollt noch vereinbart hätten, habe der Kläger - nach den im Klageverfahren vorgelegten Urkunden - selbstschuldnerisch als Privatperson allein für einen fest vereinbarten Teilbetrag des gesamten zu verbürgenden Betrages gehaftet; letztendlich seien der Kläger und seine Partner lediglich Gesamtschuldner gemäß § 769 iVm. § 421 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - , was für sich allein nicht die Annahme einer Mitunternehmerschaft rechtfertige.

Entgegen der Auffassung des Klägers hätten weder er noch die übrigen Bürgen die Bürgschaften im Rahmen der xxx XY-xxxKG übernommen und dafür Provisionen erhalten. Dies sei auch nicht realistisch, da die Provisionen in diesem Fall - automatisch - der Gewerbesteuer unterlegen hätten, was der Kläger zu vermeiden sucht. In einem solchen Fall wären dann die Bürgschaftseinnahmen bei der KG zu erfassen gewesen, was jedoch nicht geschehen sei.

Auch seien die Bürgschaften nicht von einer gesonderten Gesellschaft übernommen worden; auch in diesem Fall hätten die Provisionen der Gewerbesteuer unterlegen. Im übrigen hätte dann der Kläger zusammen mit den übrigen Bürgen eine entsprechende Gesellschaft anmelden und für die Streitjahre Feststellungserklärungen abgeben müssen.

Dass der Kläger als einzelner Bürge zu betrachten sei, und nicht etwa in Gesellschaft mit seinen Partnern xxx, ergebe sich auch aus den im Klageverfahren vorgelegten Prospekt; darin werden der Kläger und seine Partner xxx als (voraussichtliche) Bürgen genannt. Von einer bürgenden Gesellschaft oder sogar von der xxx XY-xxxKG als Bürge sei dort nicht die Rede.

Entgegen der Auffassung des Klägers spiele es keine Rolle, ob die Banken die Finanzierung der Immobilienfonds davon abhängig gemacht hätten, dass sie vier Bürgen für die Darlehenssumme erhalten. Den Banken sei jedenfalls klar gewesen, dass Bürgschaften von vier einzelnen Bürgen, und nicht etwa von einer Gesellschaft, übernommen worden seien.

Auch aus dem Umstand, dass die Geschäftsführung der Immobilienfonds mit allen vier Bürgen gleiche Vereinbarungen getroffen habe, lasse sich nicht eine Gesellschaft der Bürgen ableiten. Da die jeweiligen Bürgen bekanntlich die Geschäftsführung der Immobilienfonds gestellt hätten, könne eine gemeinsame Verwaltung lediglich als pragmatisch, nicht jedoch als Basis gesellschaftlichen Handelns betrachtet werden.

Die im Laufe des Klageverfahrens vorgelegten Gewinnermittlungen seien nicht nachvollziehbar; sofern der Kläger seine Provisionseinkünfte nicht vollständig erkläre, seien die Gewinne gemäß § 162 AO weiterhin zu schätzen.

Hierzu hat der Kläger vorgetragen :

Er gehe weiterhin davon aus, dass die erzielten Provisionseinkünfte nicht der Gewerbesteuer unterliegen.

Nur hilfsweise werde für den Fall ausgeführt, dass das Gericht die Einkünfte als gewerblich qualifiziere, dass ein Einzelunternehmen des Klägers zu keinem Zeitpunkt existiert habe. Hinsichtlich der Bürgschaftsübernahmen hätten der Kläger und seine Partner nur auf der Grundlage gemeinsamer Entscheidungen gehandelt. Die daraus erzielten Einkünfte hätten deshalb einheitlich und gesondert festgestellt werden müssen; dies setze entgegen der Auffassung des Beklagten nicht voraus, das zwischen dem Kläger und seinen Partnern zivilrechtlich eine Gesellschaft bestanden haben müsse.

Die Bescheide seien im übrigen selbst dann aufzuheben, sofern die Einkünfte des Klägers als gewerblich qualifiziert und kein gemeinschaftliches Handeln des Klägers mit seinen Partnern angenommen werde; auch in diesem Fall wären die Einkünfte des Klägers als Sonderbetriebseinnahmen im Rahmen der Feststellung des Gewinns der xxx XY-xxxKG zu erfassen, denn persönliche Erträge eines Mitunternehmers, die wirtschaftlich durch seinen Mitunternehmeranteil bedingt seien, würden als Sonderbetriebseinnahmen die gewerblichen Einkünfte aus der Mitunternehmerschaft erhöhen.

Hinsichtlich der vorgelegten Gewinnermittlungen erläutert der Kläger, es habe bei den mit den Banken abgeschlossenen Bürgschaftsverträgen keine festgelegten Laufzeiten gegeben. Die Bürgschaften seien erst dann beendet gewesen, wenn die Bauzwischenfinanzierungs- und Eigenkapitalvorfinanzierungsdarlehen abgelöst worden seien; dieser Zeitpunkt sei u.a. abhängig von der erfolgreichen Platzierung des Fonds gewesen. Daraus ergebe sich, dass zwischen den Zahlungszeitpunkten und der Dauer der Bürgschaftsverpflichtung kein direkter Zusammenhang bestanden habe. Im Rahmen der Bilanzierung sei man deshalb davon ausgegangen, dass sich die Bürgschaftsleistung auf 10 Jahre erstreckt und dass die Einkünfte entsprechend linear auf 10 Jahre zu verteilen seien.

Demgegenüber hält der Beklagte die Verteilung der Provisionen auf mehrere Jahre für abwegig; der Kläger habe sich nicht jährlich verbürgt, vielmehr habe dieser im Zeitpunkt der Unterschrift auf der Bürgschaftsurkunde die geschuldete Leistung - die Übernahme der Bürgschaft - erbracht.

Mit weiterem Schriftsatz vom 04. März 2004 haben die Klägervertreter (nur für den Fall der Annahme eines Einzelunternehmens) hinsichtlich der Gewinnermittlung ergänzend vorgetragen : Danach seien die grundlegenden Ausführungen des BFH in seinem Urteil vom 18. Dezember 2003 (I R 17/02, BStBl. II 2004, S. 126) zur bilanziellen Behandlung von Optionsprämien beim Stillhalter im vorliegenden Fall bei der Gewinnermittlung anwendbar; die Übernahme von Bürgschaften gegen Entgelt entspreche der Situation des Stillhalters bei Wertpapieroptionsgeschäften. Danach erbringe der Stillhalter mit seinem Stillhalten eine wirtschaftlich und rechtlich selbständige Leistung, die losgelöst sei von einem möglicherweise nachfolgenden Effektengeschäft. Das hierfür bezogene Entgelt diene seiner Entschädigung für die Bindung und die Risiken, die er durch die Begebung des Optionsrechtes eingehe; diese Verpflichtung sei nicht mit dem Abschluß des Optionsvertrages erfüllt. Die Verpflichtung des Stillhalters, die Ausübung der Option zu ermöglichen und zu dulden, entfalle erst mit der Ausübung oder dem Verfall der Option. Der Ausweis dieser Verpflichtung werde vom Gebot der vollständigen Bilanzierung gefordert.

Die Verbindlichkeit des Stillhalters sei weder zeitlich noch periodisch aufteilbar. Eine Realisierung des Gewinns trete erst ein, wenn der Vertrag wirtschaftlich erfüllt sei; dies sei im Zeitpunkt des Zuflusses der Prämien noch nicht der Fall.

Die zwingend zu bilanzierende Verpflichtung sei erst mit Ausübung oder Verfall der Option auszubuchen und führe erst in diesem Zeitpunkt zu einer Gewinnrealisierung.

Auf den vorliegenden Streitfall bezogen bedeute dies:

Die Hauptleistung des Klägers bestehe darin, dass er das Erfüllungsrisiko aus einem Kreditvertrag zwischen der Bank und einer Gesellschaft übernimmt; das hierfür bezogene Entgelt diene seiner Entschädigung für das eingegangene Risiko.

Die Verpflichtung des Klägers entfalle erst dann, wenn die Gesellschaft gegenüber der Bank ihren Verpflichtungen vollständig nachgekommen ist - mit Abschluß des Bürgschaftsverpflichtungsvertrages habe der Kläger daher seine Verpflichtung noch nicht erfüllt; erst mit vollständiger Rückzahlung des Kredits sei die Avalprovision zu 100 % als Ertrag realisiert.

Dementsprechend sei in Höhe der zu bilanzierenden Avalprovisionen eine Verbindlichkeit zu passivieren; diese Verbindlichkeit sei erst dann auszubuchen, wenn die Schuld vollständig getilgt ist. Ein Ertrag entstehe frühestens dann, wenn die Schuld unter den Betrag der Avalprovision aus dem jeweiligen Bürgschaftsverpflichtungsvertrag sinke.

Dementsprechend ergäbe sich für die Streitjahre folgende Gewerbesteuer:

 19940,- DM
199532.700,- DM
199676.000,- DM.

Darüber hinaus wird mit dem Schriftsatz vom 04. März 2004 erstmals folgender (neuer) Sachverhalt vorgetragen:

Der Kläger und seine Partner xxx seien die Gesellschafter der xxx XY-xxxKG. Diese XY-xxxKG sei zu 100 % Gesellschafterin der B.........-GmbH. Die B.........-GmbH sei wiederum zu 99 % Gesellschafterin der xxx C; an dieser xxx C halte der Kläger 0,5 %.

Die xxx C habe in den Jahren 1996 bis 2002 wirtschaftlich in Not geratenen Immobiliengesellschaften, denen gegenüber der Kläger Bürgschaftsverpflichtungen eingegangen sei, Liquiditätshilfedarlehen gewährt; die hierfür eingesetzten Mittel stammten vom Kläger und seinen Partner xxx - der Kläger habe allein 10 Mio. DM zugeführt. Damit habe sich der Kläger durch gemeinschaftliches Handeln mit den Mitgesellschaftern einen Teil der noch nicht zugeflossenen Avalprovisionen gesichert.

Diese Einlagen seien durch die Avalprovisionen veranlasst und daher als Betriebsausgaben abzusetzen. Ggf. müßte - so die Klägervertreter - bezogen auf die jeweilige Immobilienfondsgesellschaft noch ermittelt werden, inwieweit die Liquiditätshilfedarlehen in Zusammenhang mit den Avalprovisionen des Klägers stehen; in einigen Fällen dürften die zugeführten Mittel erst eine Ablösung der Zwischenfinanzierung bewirkt haben, für die sich der Kläger und seine Mitgesellschafter verbürgt haben.

Einen Tag vor der mündlichen Verhandlung haben sich die Prozeßbevollmächtigten zu 2) als weitere Klägervertreter gemeldet. Zusätzlich zu dem bisherigen Vortrag weisen die Prozeßbevollmächtigten zu 2) auf einen erst am 08. März 2004 eingetretenen Umstand hin, der nach ihrer Ansicht für den vorliegenden Rechtsstreit von entscheidender Bedeutung sei; der Kläger habe an diesem Tag hinsichtlich der erhaltenen Avalgebühren eine strafbefreiende Erklärung nach § 1 iVm. § 3 Strafbefreiungserklärungsgesetz - StraBEG - abgegeben. Ferner habe der Kläger die erklärten Beträge im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 StraBEG bereits an den Beklagten gezahlt.

Für den Fall, dass die vereinnahmten Avalgebühren tatsächlich als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren seien, sei die ursprünglich bestehende Gewerbesteuerschuld gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 StraBEG jedenfalls erloschen; die angegriffenen Gewerbesteuerbescheide seien rechtswidrig und deshalb aufzuheben.

Sollte die Rechtsauffassung des Beklagten zutreffend sein, hätte es der Kläger pflichtwidrig unterlassen, Gewerbesteuererklärungen abzugeben. Dies hätte wegen der nicht rechtzeitigen Festsetzung der Gewerbesteuer zu einer leichtfertigen Steuerverkürzung geführt. Die Leichtfertigkeit sei u.a. darin zu sehen, dass für alle Beteiligten sich schon allein aufgrund der Höhe der vereinnahmten Provisionen Zweifel an der Einordnung der Einkünfte hätten aufdrängen müssen.

Demgegenüber hält der Beklagte das Strafbefreiungserklärungsgesetz weder nach den Tatbestandsvoraussetzungen noch nach Sinn und Zweck auf den vorliegenden Rechtsstreit für anwendbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens im übrigen wird auf den Inhalt der Streitakte und die vom Beklagten für den Kläger geführten Steuerakten zur Steuer-Nr.: xxx (2 Bände), die dem Gericht vorgelegen haben, Bezug genommen.

Gründe

Aus Gründen der Verfahrensvereinfachung hat es der erkennende Senat - in Übereinstimmung mit den Beteiligten - für sinnvoll angesehen, durch Zwischenurteil über die materiellrechtliche Vorfrage der Gewerblichkeit des Handelns des Klägers zu entscheiden (vgl. § 99 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Kläger ist durch die angegriffenen Gewerbesteuerbescheide dem Grunde nach nicht in seinen Rechten verletzt, da der Beklagte ihn zutreffend wegen seiner entgeltlichen Bürgschaftsübernahmen als Gewerbetreibenden behandelt hat.

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz GewStG ist unter "Gewerbebetrieb" ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen. § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG definiert den Gewerbebetrieb als eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Außerdem setzt die Annahme eines Gewerbebetriebs als weiteres, von der Rechtsprechung entwickeltes, ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal voraus, dass die Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreiten muss.

Der Kläger hat, indem er in einer Vielzahl von Fällen allein und selbstschuldnerisch Bürgschaftsversprechen gegen Entgelt gegenüber Immobiliengesellschaften, an denen er selbst beteiligt war, abgegeben hat, in seiner Person sämtliche - geschriebenen und ungeschriebenen - Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt.

Entgegen der Ansicht des Klägers läßt sich hinsichtlich der Provisionen für die übernommenen Bürgschaften keine Mitunternehmerschaft zwischen ihm und den übrigen Gesellschaftern der xxx XY-xxxKG konstruieren; eine Feststellung der Einkünfte nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 AO findet daher nicht statt. Der Kläger haftete vielmehr nach den im Klageverfahren vorgelegten Bürgschaftsurkunden selbstschuldnerisch als natürliche Person allein mit seinem Privatvermögen für einen fest vereinbarten Teilbetrag des gesamten zu verbürgenden Betrages. Zwischen dem Kläger und den einzelnen Gesellschaften hat jeweils ein selbstschuldnerischer Leistungsaustausch stattgefunden. Der Umstand, dass sich andere - seine Partner xxx - ebenfalls für Kredite dieser Gesellschaften verbürgt haben, lässt keinen Schluß auf ein gemeinschaftliches Handeln zu. Dass der Kläger als einzelner Bürge zu betrachten ist (und nicht etwa in Gesellschaft mit seinen Partnern xxx) ergibt sich nach Ansicht des erkennenden Senats schon aus dem vom Kläger eingereichten Prospekt; dort werden der Kläger und die übrigen Herren jeweils als (voraussichtliche) Bürgen genannt; von einem gemeinsamen Handeln dieser Personen bzw. einer bürgenden Gesellschaft ist nicht die Rede. Vielmehr heißt es dort ausdrücklich: "Auf Anforderung des bauzwischenfinanzierenden Kreditinstitutes übernehmen die folgenden natürlichen Personen die persönliche Bürgschaft für den zu gewährenden Zwischenkredit: xxx ."Dass die Banken die Finanzierung der Immobilienfonds davon abhängig gemacht haben (sollen), dass sie im Ergebnis vier Bürgen für die Darlehenssumme erhalten, begründet ebenfalls weder die Annahme eines gemeinschaftlichen Handelns noch einer Gesellschaft. Entscheidend war nach dem Text der Kreditangebote für die finanzierenden Banken offenbar gewesen, dass sich die vier Bürgen jeweils einzeln, nicht in Form einer Gesellschaft, selbstschuldnerisch verbürgt haben.

Entgegen der Ansicht des Klägers kommt dem Gesichtspunkt, dass in den Bürgschaftsverpflichtungsverträgen mit den jeweiligen Fondsgesellschaften keine Absprachen über die quotale Aufteilung der Provisionen getroffen wurde, keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu; dies gilt gleichermaßen für den Umstand, dass in den Bürgschaftsverpflichtungsverträgen mit den jeweiligen Fondsgesellschaften der Kläger und seine Partner xxx jeweils unter der Bezeichnung "Bürge" - wie eine Partei - zusammengefaßt worden sind. Im Ergebnis haftet nach den dem Senat vorliegenden Bürgschaftsurkunden mit den finanzierenden Banken der Kläger entweder allein oder allenfalls zusammen mit Herrn Z als Gesamtschuldner gem. § 769 i.V.m. § 421 BGB, was für sich allein noch keine Annahme einer Mitunternehmerschaft rechtfertigt. Jedenfalls gibt es keine Bürgschaftsurkunde, die als Bürgen eine GbR, bestehend aus dem Kläger und den weiteren vorgenannten Personen, ausweist.

Der Kläger ist auch unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr tätig geworden. Die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfordert, dass der Steuerpflichtige als Anbieter von Gütern oder Leistungen, auch immaterieller Art, am allgemeinen Markt gegen Entgelt und für Dritte erkennbar, auftritt. Dazu braucht nicht immer eine besondere Werbung zu erfolgen. Für den Fall der Veräußerung von Grundstücken hat der BFH entschieden, dass es ausreichend ist, wenn sich der Verkäufer die Werbung anderer zu Nutze macht. Es soll genügen, wenn die Verkaufsabsicht nur einem kleinen Kreis von Personen unter Umständen auch nur einer einzigen Person - bekannt wird und der Verkäufer damit rechnet, die Verkaufsabsicht werde sich herumsprechen. Entscheidend soll sein, dass der Verkäufer sich insofern an den allgemeinen Markt wendet, als er an jeden, der die Kaufbedingungen erfüllt, verkaufen will (vgl. Urteil des Finanzgerichts Berlin vom 21. März 2001, 6 K 6211/99 unter Bezugnahme auf BFH, Urteil vom 12. Juli 1991, III R 47/88, BStBl. II 1992, 143, 146 mit weiteren Nachweisen). Nach diesen Grundsätzen steht es außer Zweifel, dass der Kläger mit seiner Tätigkeit am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen hat.

Der Kläger hat Bürgschaften für eine Vielzahl von Gesellschaften übernommen, an denen er selbst - neben seinen Partnern xxx - als (Gründungs-) Gesellschafter beteiligt war. Wenn es sich dabei auch um von ihm (mit) initiierte bzw. von ihm und seinen Partnern xxx beherrschte Immobilienfonds gehandelt hat, so stellen diese Gesellschaften bzw. ihre Gesellschafter dennoch selbständige Rechtspersönlichkeiten dar, bei denen es sich im Sinne der Marktteilnahme um fremde Dritte handelt. Denn die Übernahme der Bürgschaften ist - unabhängig von der Behandlung der dafür gezahlten Entgelte bei der Überschussverteilung der Immobiliengesellschaft - nicht Ausfluss der Gesellschafterstellung des Klägers - und damit auch keine Vorabvergütung -, sondern es handelt sich insoweit um eine Leistung, die üblicherweise am allgemeinen Markt von Banken angeboten wird, und deren Rechtsgrundlage eine entsprechende schuldrechtliche Vereinbarung ist. Demzufolge geht der Kläger fehl mit seiner Annahme, die Avalprovisionen würden in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der xxx XY-xxxKG stehen, seien mithin allein durch seine Gesellschafterstellung veranlasst und nicht auf sein Tätigwerden zurückzuführen mit der Folge, dass es sich dann um Sonderbetriebseinnahmen und damit um Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG des Klägers als Mitunternehmer der XY-xxxKG handelt. Auch schließt die Übernahme der selbstschuldnerischen Bürgschaften durch den Kläger, d.h. schuldrechtlicher Leistungsaustausch zwischen dem Kläger einerseits und verschiedenen Immobilienfonds andererseits, die Berücksichtigung der Provisionen als Sondereinnahmen der XY-xxx KG aus; die Zahlung der Provisionen erfolgte aufgrund eines eigenen Rechtsverhältnisses des Klägers mit den einzelnen Immobiliengesellschaften.

Über die zur Einwerbung von Gesellschaftern für diese Immobilienfonds herausgegebenen Prospekte ist es einer unüberschaubar großen Zahl von (potentiellen) Anlegern bekannt geworden, dass der Kläger (und seine Partner xxx) in großem Umfang geschäftsmäßig - Bürgschaften zur Absicherung von Krediten zu übernehmen bereit war(en).

In Anbetracht der wiederholten Abgabe von Bürgschaftsversprechen gegen Entgelt und in Kenntnis der wirtschaftlichen Hintergründe und Zusammenhänge hält das Gericht die Einlassung des Klägers, er wäre nicht bereit gewesen, mit jedermann (mit Ausnahme von Immobilienfonds seiner Unternehmensgruppe), der seine Bedingungen erfüllt hätte, entsprechende Bürgschaftsverträge abzuschließen, für nicht entscheidungserheblich.

Der erkennende Senat hat hierzu in seiner rechtskräftig gewordenen Entscheidung vom 21. März 2001 (6 K 6211/99, S. 7 ff. der Urteilsgründe) ausgeführt :

"Der Kläger hat sich ausschließlich für Kredite von eigenen Immobilienfonds gegenüber Banken verbürgt und hieraus hohe Erträge erzielt. Dem Senat ist aus einer Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle bekannt, dass im Unterschied zu privaten Bauherren bei so genannten Bauherrenmodellen regelmäßig Zwischenfinanzierungskredite und entsprechende Bürgschaftszusagen in Höhe von 100 % der Endfinanzierungsmittel vereinbart werden, obwohl ein entsprechend hoher Kreditbedarf und ein entsprechend hohes Ausfallrisiko der Kreditgeber gar nicht existieren; denn neben der persönlichen Haftung der Bauherren (= Gesellschafter) deren Bonität geprüft wurde ist der Kreditgeber regelmäßig dadurch abgesichert, dass die Zwischenfinanzierungsmittel schon während der Bauphase nach Baufortschritt durch hypothekarisch gesicherte Endfinanzierungsmittel abgelöst werden. Das Risiko des Untergangs oder einer Verschlechterung des Sicherungsobjekts (Gebäude) ist darüber hinaus durch entsprechende Versicherungen abgedeckt. Ein durch eine Bürgschaft abzudekkendes wirtschaftliches Risiko des Kreditgebers besteht daher regelmäßig nur in Höhe eines Bruchteils der tatsächlichen benötigten Kreditmittel; dies bestätigt sich auch im Vergleich zu Baumaßnahmen privater Bauherren, denen Kredite in der Regel bis zum Beleihungswert des Grundstücks ohne die Stellung weiterer Sicherheiten, z. B. in Form von Bürgschaften, von den Banken gewährt werden. Wenn die Beteiligten an Bauherrengesellschaften/Immobilienfonds jedoch bereit sind, höhere Gebühren als der private Bauherr zu akzeptieren, so liegt das vor allem daran, dass sie bestrebt sind, möglichst hohe sofort abziehbare Werbungskosten zu produzieren; es gehört zum System der Bauherrenmodelle und Abschreibungsgesellschaften im Immobilienbereich, den Gesamtaufwand des Anlegers für den Erwerb seines "Anteils" soweit wie möglich auf sofort abziehbare Gebührenanteile zu verlagern. Da die Finanzierungskosten zu den sofort abziehbaren Aufwendungen gehören, liegt es im Interesse der Initiatoren und der Anleger, dass die Banken die Vergabe von Baukrediten von der Stellung von Bürgen abhängig machen, obwohl nach der bereits dargestellten Modellkonzeption das Kreditausfallrisiko bei dieser Art von Gesellschaften eher geringer als beim einzelnen Bauherren ist, da sich die Rückzahlungsverpflichtung wenn auch mit quotaler Haftungsbeschränkung des einzelnen Anlegers auf viele Personen verteilt."

Unter Berücksichtigung der dargestellten wirtschaftlichen Hintergründe derartiger Bürgschaftsübernahmen ist festzustellen, dass die vom Kläger (und seinen Partnern xxx) abgeschlossenen Verträge äußerst lukrativ waren, denn sie versprachen hohe Gewinne bei minimalem Einsatz und Risiko. Die vom Kläger im Schriftsatz vom 03. Dezember 2001 aufgestellten Behauptungen zum "spürbaren wirtschaftlichen Risiko" der Bürgschaftsübernahmen und den Finanzierungsusancen der Kreditinstitute im Zusammenhang mit Immobilienfondsgesellschaften hält der Senat aus eigener Sachkenntnis nicht für geeignet, das Tatbestandsmerkmal der Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr entfallen zu lassen. Selbst die die mit den Branchengewohnheiten bestens vertrauten Prozeßbevollmächtigten des Klägers waren auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung nicht in der Lage, auch nur einen einzigen Fall namhaft zu machen, in dem bei vergleichbarer Konstellation der Bürge von den finanzierenden Banken in Anspruch genommen worden wäre.

Der Kläger ist auch nachhaltig tätig geworden; von Nachhaltigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG spricht man, wenn eine Betätigung auf Wiederholung angelegt ist, d.h., sie muss subjektiv von der Absicht getragen sein, sie zu wiederholen und daraus eine Erwerbsquelle zu machen und sich objektiv - in der Regel durch tatsächliche Wiederholung - als nachhaltig darstellen (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, EStG-Kommentar, 22. Aufl. 2003, § 15 Rz. 17 m.w.N.).

Der Kläger ist objektiv nachhaltig tätig geworden, indem er in einer Vielzahl von Fällen Bürgschaftszusagen gegenüber Immobiliengesellschaften gegen Entgelt abgegeben hat. Ob dies auch in Wiederholungsabsicht geschah, lässt sich, da es sich insoweit um eine innere Tatsache handelt, nur anhand der objektiven Gegebenheiten beurteilen. Im Streitfall sind keine Umstände erkennbar, die darauf hindeuteten, dass der Kläger ohne oder gegen seinen Willen dazu veranlasst worden wäre, die Bürgschaftszusagen abzugeben. Vor dem bereits dargestellten wirtschaftlichen Hintergrund lässt das tatsächliche Verhalten des Klägers nur den Schluss zu, dass seine Betätigung auch von dem inneren Willen getragen war, diese bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu wiederholen, womit die Wiederholungsabsicht hinreichend dokumentiert ist.

Der Senat ist auch zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger durch seine Betätigung den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschritten hat.

Zwar sieht die ständige Rechtsprechung laufende Bürgschaftsprovisionen beim Nichtgewerbetreibenden als Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG und einmalige Bürgschaftsprovisionen als Einkünfte als Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG an. Die vom Kläger entfaltete Tätigkeit ist jedoch von Art und Umfang her weder unter § 22 EStG noch § 20 EStG zu subsumieren, noch ist sie Ausfluss einer privaten Kapitalvermögensverwaltung i.S.v. § 20 EStG.

§ 22 Nr. 3 EStG scheidet aus, da der Kläger nicht nur gelegentlich Bürgschaftsprovisionen bezogen hat. § 22 Nr. 1 EStG könnte als Auffangtatbestand nur dann einschlägig sein, wenn die Betätigung des Klägers nicht unter eine der anderen Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 EStG fiele; dies ist jedoch wie bereits gesagt der Fall, weil der Kläger sämtliche positiven und negativen Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt.

Seine Betätigung ist deshalb kein Ausdruck privater Vermögensverwaltung i.S.v. § 20 EStG, weil sie vom Umfang her den Rahmen privater Geschäfte weit übersteigt. Der Kläger hat seine Bürgschaftsversprechen gegenüber einer Vielzahl von Vertragspartnern (= Immobilienfonds bzw. deren Gesellschafter) und in einer Vielzahl von Fällen abgegeben. Dieses Verhalten entspricht nicht mehr dem typischen Bild einer privaten Vermögensverwaltung. Die von der Rechtsprechung zum Umfang der privaten Kapitalvermögensverwaltung entwickelten Grundsätze sind auf den Fall der Übernahme von Bürgschaften nicht ohne weiteres übertragbar; entscheidend für die Annahme der Gewerblichkeit im Falle des Klägers ist nicht die absolute Höhe der einzelnen Bürgschaftsverpflichtungen, sondern die Anzahl der von ihm eingegangenen Verpflichtungen. Hinzu kommt beim Kläger, dass aus den weiter oben dargestellten Gründen die Eignung des Klägers als Bürge - wie auch in den bereits vom Senat entschiedenen vergleichbaren Fällen - sich nicht primär aus dem Umstand seiner hervorragenden Bonität herleitet was für Vermögensverwaltung sprechen könnte , sondern er diese Geschäftschance offenbar allein seiner Stellung innerhalb der Unternehmensgruppe X und Y verdankt. Denn da die Bürgschaftsversprechen weitgehend ohne nennenswertes Risiko für den Bürgen und allein der Konzeption des Abschreibungsmodells geschuldet sind, fehlt es an dem für die Annahme von privater Vermögensverwaltung im Sinne des § 20 EStG unerlässlichen Einsatz eigenen Vermögens. Darüber hinaus war der Kläger aufgrund seiner Bürgenstellung auch nicht verpflichtet, für die Laufzeit des Kredites sein gesamtes Vermögen zu dessen Absicherung vorzuhalten; im übrigen hätte dessen Privatvermögen wohl kaum ausgereicht, um im ungünstigsten Fall auch tatsächlich alle verbürgten Forderungen bedienen zu können.

Entgegen der Ansicht des Klägers sind die Entgelte aus der Übernahme von Bürgschaftsverpflichtungen auch anders zu behandeln als sogen. Stillhalteprämien bei Wertpapieroptionsgeschäften (vgl. BFH, Urteil vom 28. November 1990, X R 197/87, BStBl. II 1991, S. 300); der vom BFH zu § 22 Nr. 3 EStG entschiedene Einzelfall ist auf den vorliegenden Streitfall nicht übertragbar. Die rechtliche Position des Bürgen (vgl. §§ 765 ff. BGB) ist mit der eines Stillhalters bei Wertpapieroptionsgeschäften nicht vergleichbar.

So hat z.B. der Bürge - anders als der Stillhalter verbunden mit der gleichfalls unterschiedlichen bilanziellen Behandlung der Stillhalteverpflichtung bzw. Gewinnrealisierung - bereits mit Abschluß des Bürgschaftsvertrages seine Leistung erbracht, wohingegen der Schwebezustand des zwischen dem Stillhalter und dem jeweiligen Optionsberechtigten begründeten Schuldverhältnisses betreffend die Einräumung und Gewährung des Optionsrechts erst beendet ist, nachdem der Optionsberechtigte seine Gegenleistung in Form der Optionsprämie erbracht hat. Eine dem § 774 BGB (gesetzlicher Forderungsübergang im Falle der Befriedigung des Gläubigers durch Bürgen) vergleichbare Konstellation stellt sich im Fall des Stillhalters nicht und zeigt die Nichtvergleichbarkeit der Sachverhalte.

Der Kläger verkürzt unter vermeintlicher Berufung auf die Rechtsprechung des BFH (hier Urteil vom 25. Juli 2001, X R 55/97, BStBl. II 2001, S. 809) den Begriff der Gewerblichkeit. Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und der nicht steuerbaren Sphäre der Vermögensverwaltung ist maßgeblich auf das Gesamtbild der Verhältnisse und auf die Verkehrsanschauung abzustellen. In Konsequenz hieraus sind nach Ansicht des erkennenden Senats die wiederholten Übernahmen von Bürgschaften gegen Entgelt als unternehmerisch geprägte Rechtsvorgänge in steuerrechtlicher Hinsicht eindeutig dem "Bild des Gewerbebetriebs", nicht jedoch der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen.

Der Kläger hat somit durch die von ihm abgegebenen Bürgschafts- versprechen dem Grunde nach Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 EStG erzielt.

An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts durch die vom Kläger erst unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung abgegebenen "strafbefreiende Erklärung" nach § 1 iVm. § 3 StraBEG; durch Abgabe dieser Erklärung und Zahlung ist die Gewerbesteuerschuld nicht nach § 8 Abs. 1 StraBEG erloschen.

Für die Ansicht des Prozeßbevollmächtigten zu 2) spricht lediglich, dass im Ergebnis durch die Nichtabgabe von Gewerbesteuererklärungen die geschuldete Gewerbesteuer nicht rechtzeitig festgesetzt worden ist. Der Kläger übersieht dabei jedoch, dass er bzw. sein Vertreter gegenüber dem Beklagten weder unrichtige noch unvollständige Angaben über die bezogenen Avalprovisionen dem Grunde und der Höhe gemacht, sondern vielmehr diese Einnahmen zunächst als Sondereinnahmen bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (1994 und 1995), später als sonstige Einnahmen im Sinne des § 22 EStG vollständig erklärt hat (1996). Bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung war - und ist auch weiterhin streitig -, ob der Kläger in den Streitjahren durch die Übernahme von Bürgschaften auch gewerbesteuerpflichtig geworden ist.

Ist somit schon zweifelhaft wenn nicht sogar ausgeschlossen, dass überhaupt eine Tathandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 StraBEG - begangen durch den Kläger oder dessen frühere Berater - vorliegt, so hält der erkennende Senat darüber hinaus auch aus anderen Gründen das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des StraBEG nicht für gegeben. Aufgrund der Angaben in den Steuererklärungen, den nachfolgenden Außenprüfungen und dem sich anschließenden Rechtsbehelfsverfahren war dem Beklagten die Tatsache, dass und in welcher Höhe der Kläger Avalprovisionen bezogen hat, bekannt; damit wäre die "Tat" bekannt mit der Folge, dass Straf- und Bußgeldfreiheit ausgeschlossen und die Abgeltungswirkung bezüglich der Gewerbesteueransprüche nicht eintreten würde (§ 7 Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. b iVm. § 8 Abs. 1 StraBEG).

Angesichts des nach wie vor andauernden Streits über die Gewerbesteuerpflicht des Klägers hält der erkennende Senat die Argumentation der neu hinzugetretenen Klägervertreter für nicht nachvollziehbar, der Kläger bzw. dessen frühere Steuerberater hätten eine Steuerverkürzung iSd. §§ 378 bis 380 AO "leichtfertig" begangen, da sie den sich aufdrängenden Zweifeln hinsichtlich der Einordnung der Einkünfte nicht weiter nachgegangen seien, sondern sich darauf beschränkt hätten, "die Angaben zu den Avalgebühren in den Steuererklärungen ... von Beträgen" aufzulisten, ohne die Herkunft dieser Beträge zu erläutern.

Nicht nur der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung, sondern auch der Senat können hierin nicht einmal ansatzweise den vom neuen Klägervertreter angenommenen "gesteigerten Fahrlässigkeitsvorwurf" gegen den Kläger bzw. dessen frühere Berater erkennen.

Steht mithin zur Überzeugung des erkennenden Senats die Gewerblichkeit des Handelns des Klägers fest, so sind die erhaltenen Provisionen nicht - wie der Kläger meint - auf mehrere Jahre bzw. die Laufzeit der Kredite, für die er sich verbürgt hat, zu verteilen. Der Kläger hat seine Leistung - Übernahme der Bürgschaft - nicht (jährlich) wiederholt, sondern einmalig durch Unterzeichnung der Bürgschaftsurkunde erbracht. Die Übernahme der Bürgschaft - wie bereits zuvor erwähnt - begründet weder einen Schwebezustand noch ein Dauerschuldverhältnis in Bezug auf die verbürgte Forderung.

Daraus folgt gleichermaßen, dass entgegen der Ansicht des Klägers - in Analogie zur Rechtsprechung des BFH zur Bilanzierung von Optionsprämien - auch keine Verbindlichkeit zu passivieren ist, die erst dann auszubuchen wäre - und zur 100 %-igen Gewinnrealisierung führt -, wenn der Kredit vollständig zurückgezahlt ist; eine zunächst erfolgsneutrale Vereinnahmung der zugeflossenen Avalprovisionen erfolgt nicht, da vorliegend das Realisationsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB nicht einschlägig ist. Nur für den nach Ansicht des erkennenden Senats nahezu ausgeschlossenen Fall einer drohenden Inanspruchnahme durch die Banken wäre der Kläger berechtigt, nach insoweit allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen eine dementsprechende Rückstellung zu bilden. Hierfür gibt es im vorliegenden Fall jedoch keinerlei Anhaltspunkte.

Fehl geht der Kläger auch mit der Annahme, von ihm zugunsten der xxx C erbrachte Einlagen in Höhe von 10 Mio. DM - die als Liquiditätshilfedarlehen an die Immobiliengesellschaften weitergeleitet worden sind - als Betriebsausgaben von den erzielten Avalprovisionen abzusetzen; die Erbringung einer Einlage bei der xxx C - selbst wenn durch die wirtschaftliche Notlage der Immobiliengesellschaften, für die sich der Kläger verbürgt hat, veranlaßt - schließt die Berücksichtigung als Betriebsausgabe beim Kläger aus; insoweit besteht kein weiterer Ermittlungsbedarf. Im übrigen besteht nach Überzeugung des erkennenden Senats auch keinerlei Kausalzusammenhang zwischen den in den Streitjahren verdienten Bürgschaftsprovisionen und den erst ab dem Jahre 1996 hingegebenen Einlagen. Denn zum Zeitpunkt der Einlageerbringung dürften die Zwischen- bzw. Vorfinanzierungskredite, für die sich der Kläger verbürgt hatte, regelmäßig durch die Endfinanzierungsmittel abgelöst gewesen sein mit der Folge, dass eine Bürgschaftsinanspruchnahme schon aus Rechtsgründen nicht mehr in Betracht kommen konnte.

Das Gericht war gleichwohl an einer Entscheidung insgesamt gehindert, da nach Ansicht der Beteiligten noch Ermittlungsbedarf besteht hinsichtlich der Höhe der in den Streitjahren nach § 4 Abs. 1 EStG anzusetzenden, vereinbarten Entgelte, abweichend von den vom Beklagten in Ansatz gebrachten, bisher unstreitig vereinnahmten Entgelten nach § 4 Abs. 3 EStG; insbesondere sahen sich die Prozeßbevollmächtigten zu 1) nicht in der Lage, die von ihnen mit Schriftsatz vom 12. September 2003 selbst eingereichte Anlage - bezogen auf die Höhe der in den Streitjahren vereinbarten Entgelte - zu bestätigen und zur Grundlage einer Entscheidung des Gerichts zu machen. In diesem Zusammenhang konnte auch nicht geklärt werden, warum der Kläger in der Bilanz zum 31.12.1994 Gewerbesteuerrückstellungen für die bestandskräftig festgesetzten Jahre 1992 und 1993 angesetzt hatte. Demzufolge war der Senat nicht in der Lage - auch nicht im Wege einer groben Schätzung - die Höhe der noch zu bildenden Gewerbesteuerrückstellungen zu bestimmen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Die Revision war nicht zuzulassen, da - insbesondere angesichts der gefestigten Rechtsprechung zur Bilanzierung von Bürgschaftsverpflichtungen - keiner der Zulassungsgründe des § 115 FGO gegeben ist.

Anmerkung

Revision eingelegt (BFH III R 22/06)

Ende der Entscheidung

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