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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin
Urteil verkündet am 21.03.2006
Aktenzeichen: 7 K 4230/01
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Gegenstand des Geschäftsbetriebs der Klägerin sind der Grundstückshandel und die Vermietung eigenen Grundbesitzes. An ihrem Geschäftsbetrieb waren im Streitjahr die Herren

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als atypisch stille Gesellschafter beteiligt.

Von den sich aufgrund der Feststellungen einer Außenprüfung zunächst ergebenden Streitpunkten ist nunmehr allein noch die Frage geblieben, ob das Eigentum an dem Grundstück xxxxxxxxxxx in Berlin, das die Klägerin aufgrund eines von ihr erworbenen Erbbaurechts für ihren Gewerbebetrieb nutzte, Sonderbetriebsvermögen des Mitgesellschafters xxxxxxxxxxxx darstellte.

Das bereits seit 1980 bestehende Erbbaurecht erwarb am 14. Mai 1990 durch Kauf eine xxxx, deren gesellschaftsrechtliche Zusammensetzung mit der der Klägerin identisch ist. Mit einem weiteren Kaufvertrag vom 23. November 1991 erwarb die Klägerin dieses Erbbaurecht von der xxx xxxx für 9,5 Mio. DM.

Der Gesellschafter xxxxx xxxxxxx erwarb am 11. März 1991 das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück für 2 Mio. DM und veräußerte es am 22. Oktober 1993 für 4,5 Mio. DM an die Klägerin weiter (vgl. zu alledem Tz. 33 des Betriebsprüfungsberichts vom 10. Juni 1998; Auftrags-Nr. xxxxxxx für die Feststellungszeiträume 1990 bis 1993). Die Klägerin veräußerte das Grundstück - einschließlich des Erbbaurechts - im Jahre 1998 für 12 Mio. DM.

In einem Bewertungsgutachten aus dem Jahre 1998 kam der Gutachter xxxxxxx. xxxxxxxxxx zu einer Restnutzungsdauer des Gebäudes von 85 Jahren (Bl. 116 ff. Streitakte).

Der Mitgesellschafter xxxx xxxxx behandelte das Grundstück als Privatvermögen. Anlässlich einer Außenprüfung stellte sich der Prüfer auf den Standpunkt, dass es sich um Sonderbetriebsvermögen handele. In zivilrechtlicher wie in bilanzrechtlicher Sicht sei das Erbbaurecht im Wesentlichen ein befristetes Nutzungsrecht, dessen Inhalt zum einen die "verdinglichte" Befugnis des Erbbauberechtigten sei, das Grundstück fortwährend in bestimmter Weise zu nutzen. Das bestellte Erbbaurecht umfasse nicht nur das Recht, auf dem Grundstück ein Bauwerk zu errichten, sondern damit verbunden auch das Recht, den Grund und Boden, zu dessen Lasten es bestellt worden sei, zu nutzen. Dieses Nutzungsrecht erstrecke sich nicht nur auf den bebauten Grundstücksteil, sondern auf das Grundstück insgesamt. Es komme dabei nicht darauf an, wer das Erbbaurecht bestellt und zu wessen Gunsten er dieses bestellt habe. Maßgeblich sei vielmehr, dass der atypisch stille Gesellschafter die Nutzung des Grundstücks durch die Klägerin dulde und diese Duldung einer Nutzungsüberlassung entspreche.

Der Beklagte folgte dem Außenprüfer und legte den angefochtenen Feststellungs- und Festsetzungsbescheiden die Rechtsauffassung zugrunde, dass das Grundstück xxxxxxxxx xxxxx notwendiges Sonderbetriebsvermögen des Mitgesellschafters xxxxxxxxxxxxx sei.

Der Einspruch blieb erfolglos.

Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren, das Eigentum an dem mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstück als Privatvermögen des Herrn xxx xxxxx xxx xxxxx zu behandeln, weiter. Sie verweist darauf, dass zu dem Zeitpunkt, als Herr xxx xxxxx xxxx einen Kaufvertrag über den Erwerb des Eigentums an dem Grundstück abgeschlossen habe, dieses bereits seit rund elf Jahren durch Dritte mit dem streitbefangenen Erbbaurecht belastet gewesen sei. Weder sei der Erwerb des Eigentumsrechts an dem Grundstück durch Herrn xxx xxxxx xx xxxx noch später für die Klägerin selbst für die Nutzung des Grundstücks durch die Klägerin erforderlich oder nützlich gewesen, denn die Berechtigung hierzu habe sich bereits aus dem von ihr erworbenen Erbbaurecht ergeben.

Das Gericht hat den persönlich betroffenen Gesellschafter in der mündlichen Verhandlung zu dem Verfahren beigeladen.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, der Beigeladene habe das Eigentum an dem Grundstück in seinem Privatvermögen gehalten. Der Beigeladene habe sich am gewerblichen Grundstückshandel stets nur als Mitunternehmer beteiligt und sei auf diesem Gebiet nie als Einzelunternehmer tätig gewesen. Insbesondere sei auch zu berücksichtigen, dass er das Grundstückseigentum deutlich früher angeschafft habe als die Klägerin das Erbbaurecht. Der Erwerb des Grundstücks in das Privatvermögen sei auch eine attraktive Geldanlage gewesen, weil der Beigeladene einen jährlichen Erbbauzins von 160 000,00 DM erhalten habe (so auch Tz. 35 des Betriebsprüfungsberichts a. a. O.; demgegenüber enthält der Jahresabschluss der Klägerin als Erbbauzinsen für das Grundstück für den Veranlagungszeitraum 1992 80 000,00 DM und für 1993 40 000,00 DM).

Weiter müsse berücksichtigt werden, dass das Gebäude mit dem Ablauf des Erbbaurechts praktisch zeitgleich wirtschaftlich verbraucht sei; das am 18. Dezember 1980 bestellte Erbbaurecht laufe 2079 aus, die Gesamtnutzungsdauer des 1982 errichteten Gebäudes laufe 2081 ab.

Selbst wenn man jedoch - wegen der Mitunternehmerschaft des Beigeladenen an einem gewerblichen Grundstückshandel - der Rechtsauffassung sei, dass die Drei-Objekt-Grenze für den Beigeladenen nicht gelte, bilde das Eigentum an dem Grundstück kein Sonderbetriebsvermögen im Rahmen der atypisch stillen Gesellschaft, sondern sei Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens. In diesem Betriebsvermögen des Einzelunternehmens sei es auch verblieben, denn es fehle an einem Vorgang, den man als Einlage des Betriebsvermögens des Einzelunternehmens in das Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft ansehen könne.

Sofern man aber der Klägerin auch insoweit nicht folge, sei zu berücksichtigen, dass den als Sonderbetriebseinnahmen des Beigeladenen anzusehenden Zahlungen von Erbbauzins Sonderbetriebsausgaben gegenübergestanden hätten, die bisher im Rahmen der Gewinnfeststellung nicht erfasst seien, die zu beziffern sich der Prozessbevollmächtigte trotz der langen Prozessdauer zur Zeit aber außerstande sehe.

Der Beklagte hat daraufhin - mit der Zustimmung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, der zugleich von dem Beigeladenen gem. im Termin vorgelegter Prozessvollmacht bevollmächtigt worden ist - den angefochtenen Gewinnfeststellungs- sowie den Gewerbesteuermessbetrags- und Gewerbesteuerbescheid hinsichtlich noch zu berücksichtigender Sonderbetriebsausgaben des Beigeladenen für vorläufig erklärt.

Der Prozessbevollmächtigte hat die Klage wegen der Einheitswertfeststellungen auf den 1. Januar 1990, 1991 und 1994 zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt,

den Gewinnfeststellungsbescheid für 1993, den Gewerbesteuermessbetrags- und den Gewerbesteuerbescheid für 1993 sowie die Einheitswertbescheide auf den 01.01.1992 und 01.01.1993, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.6.2001 mit der Maßgabe zu ändern, dass es sich bei dem mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstück xxxxxxxxx xxxxxxx xxxx nicht um Sonderbetriebsvermögen des Herrn xxxx xxxxxx xxxxxx handelt, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält das von ihm während der Außenprüfung und im Einspruchsverfahren herangezogene Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 7. April 1994 IV R 11/92, Bundessteuerblatt -BStBl-II 1994, 796 wegen einer abweichenden Sachverhaltsgestaltung nicht für anwendbar. Andererseits hält er im Ergebnis unter Hinweis auf die Ausführungen von Wacker in Schmidt, Einkommensteuergesetz 24. Aufl., 2005 Tz. 514 zu § 15 Einkommensteuergesetz -EStG sowie auf das Urteil des BFH vom 1. März 1994 VIII R 35/92, BStBl II 1995, 241) an der Rechtsauffassung fest, dass es sich bei dem Eigentum an dem Grundstück um Sonderbetriebsvermögen I des Gesellschafters xxxx xxx xxxxx handelt.

Sollte das Gericht dieser Rechtsauffassung nicht folgen, sei zu prüfen, ob gewerbliche Einkünfte unter dem Gesichtspunkt eines gewerblichen Grundstückhandels anzunehmen seien. Diese Prüfung stelle er jedoch zur Zeit zurück.

Dem Gericht haben die atypisch stille Gesellschaft betreffend zwei Bände Gewinnfeststellungs-, zwei Bände Gewerbesteuer-, ein Band Einheitswert-, zwei Bände Bilanz-, ein Band Betriebsprüfungs- sowie ein Band Vertragsakten des Beklagten vorgelegen.

Gründe

Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, war das Verfahren gemäß § 72 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung -FGO einzustellen, im Übrigen ist die Klage unbegründet.

Die Klägerin - und der Beigeladene - werden in den angefochtenen Bescheiden in ihren Rechten nicht verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), denn das Eigentum an dem Grundstück xxxxxxxx xxxxx xxxxx stellte notwendiges Sonderbetriebsvermögen des Beigeladenen im Rahmen seiner atypisch stillen Beteiligung am Gewerbebetrieb der Klägerin dar.

Notwendiges Sonderbetriebsvermögen I ist gegeben, wenn das Wirtschaftsgut objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb der Personengesellschaft selbst bestimmt ist. Dazu gehören insbesondere solche Wirtschaftsgüter, die ein Gesellschafter der Personengesellschaft zur betrieblichen Nutzung überlässt und die von ihr für ihre eigengewerbliche Tätigkeit eingesetzt werden (BFH, Urteil vom 7. Dezember 2000 III R 35/98, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BF­H­E- 194, 294 = BS­t­Bl II 2001, 316 m. w. N.).

Gleichgültig ist, ob das Wirtschaftsgut entgeltlich oder unentgeltlich zur Nutzung überlassen wird, ob dies durch Gesellschaftsvertrag oder in einem besonderen Vertrag vereinbart ist und ob die Nutzungsüberlassung schuldrechtlich (Miete, Pacht, Leihe) oder dinglicher Art ist, z. B. Erbbaurecht, Nießbrauch (vgl. Schmidt/Wacker Einkommensteuergesetz Kommentar 24. Aufl. 2005 Tz. 514 zu § 15 EStG m. n. N.).

Das Gericht schließt sich dieser Rechtsauffassung an. Danach wurde das Grundstück mit der Anschaffung des Erbbaurechts durch die Klägerin notwendiges Sonderbetriebsvermögen des Beigeladenen. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Klägerin war das Eigentum an dem Grundstück nicht deshalb lediglich eine leere Hülle, weil sich die Nutzungsberechtigung an dem Grundstück schon aus dem der Klägerin zustehenden Erbbaurecht ergab; vielmehr vermittelte das Erbbaurecht, trotz seiner dinglichen Natur, lediglich eine befristete, wenn auch noch lange Zeit laufende Nutzungsberechtigung an dem Grundstück. Mit dem Erwerb des Erbbaurechts durch die Klägerin stellte der Beigeladene/Eigentümer der Klägerin/Erbbauberechtigten diese eben aus seinem Eigentum abgeleitete - zeitlich unbegrenzte - Nutzungsberechtigung zur Verfügung.

Da es nach Auffassung des Gerichts zwingend ist, das Grundstück als Sonderbetriebsvermögen des Beigeladenen anzusehen, kann die Klägerin aus der buchhalterisch falschen Behandlung auch keine Rechte herleiten, indem sie sich darauf beruft, dass eine nach außen hin dokumentierte Einlagehandlung des Beigeladenen nicht festzustellen sei.

Das Gericht braucht auch nicht letztlich zu entscheiden, ob das Grundstück, bevor es Sonderbetriebsvermögen des Beigeladenen im Rahmen der Mitunternehmerschaft wurde, bei diesem Privat- oder, wozu der Senat neigt, Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens war. Für Betriebsvermögen spräche, dass sich der Beigeladene, wenn auch im Übrigen nur als Mitunternehmer, an einem gewerblichen Grundstückshandel beteiligt hat. Ferner sprechen dafür fehlende Anhaltspunkte für eine - angesichts seiner Betätigung als gewerblicher Grundstückshändler notwendige - deutliche und nachweisbare Zuordnung zum Privatvermögen sowie die Tatsache, dass er das Grundstück erworben hat, als die xxxx GmbH, deren Gesellschafter aus Geschäftspartnern des Beigeladenen bestand, bereits Inhaberin des Erbbaurechts war.

Diese Frage kann jedoch dahinstehen. Die früheren Feststellungs-/Veranlagungszeiträume sind bereits bestandskräftig, sodass sie allenfalls wegen des Wertes der Einlage und damit des Veräußerungsgewinns von Bedeutung sein könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Aufgrund der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 5 a) EStG macht es im Ergebnis keinen Unterschied, ob der Beigeladene mit dem Erwerb des Grundstücks am 11. März 1991 Betriebsvermögen gebildet und dieses dann später mit dem Erwerb des Erbbaurechts durch die Klägerin am 23. November 1991 in die atypisch stille Gesellschaft als Sonderbetriebsvermögen eingelegt hat oder ob er erst mit dem Erwerb des Erbbaurechts durch die Klägerin zu diesem späteren Zeitpunkt das Grundstück aus seinem Privatvermögen als Sonderbetriebsvermögen in die Mitunternehmerschaft eingelegt hat. Dafür, dass der Teilwert des Grundstücks zum späteren der infrage kommenden Zeitpunkte, dem 23. November 1991, unter den Anschaffungskosten gelegen haben könnte, gibt es keine Anhaltspunkte. Es hat folglich auf den Wert der Einlage und damit die Höhe des Veräußerungsgewinns keinen Einfluss, ob das Grundstück vor der Einlage als Sonderbetriebsvermögen am 23. November 1991 Privat- oder Betriebsvermögen des Beigeladenen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Das Gericht hat die Revision zugelassen, weil es die hier zu entscheidenden Rechtsfragen noch nicht für abschließend höchstrichterlich geklärt, eine weitere Klärung aber für wünschenswert hält.

Ende der Entscheidung

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