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Gericht: Finanzgericht Berlin
Urteil verkündet am 31.10.2005
Aktenzeichen: 9 K 9350/02
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 11 Abs. 1 S. 1
EStG § 8 Abs. 1
EStG § 20
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Der Kläger gründete mit notariellem Vertrag vom 13. Oktober 1994 zusammen mit Frau xxxxxxxxxxxxxxxx die xxxxxxxxxxxxxxxxxGmbH und wurde deren Geschäftsführer. Mit notariellem Vertrag vom 27. Februar 1996 verkaufte er seinen Geschäftsanteil von 60 000,00 DM an die Gesellschaft bürgerlichen Rechts "xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxGbR mit beschränkter Haftung" für 60 000,00 DM. Frau xxxx veräußerte ihren Geschäftsanteil von insgesamt 40 000,00 DM in Höhe von 30 000,00 DM gleichfalls an diese GbR. Der Kaufpreis betrug 30 000,00 DM. Die GmbH, bei der der Kläger nach Auflösung der GbR Alleingesellschafter ist, besteht noch immer. Es wurde bislang auch kein Insolvenzantrag gestellt. Mit Vertrag vom 14. Oktober 1994 hatte Rechtsanwalt xxxxxxxxxxxxxxx als Sachverständiger im Konkursantragsverfahren über das Vermögen der xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxGmbH u. a. das gesamte Warenlager sowie die Büro- und Geschäftsausstattung dieser Gesellschaft an die neu gegründete xxxxxxxxxxxxxxxx GmbH für ca. 265 000,00 DM verkauft. Nach einem Kontoauszug der xxxxxxxx Bank xxx vom 17. Oktober 1994 verfügte die GmbH über ein Guthaben von 309 998,75 DM (Kontonummer: xxxxxxxxxxx), das auf eine Überweisung des Klägers von 310 000,00 DM (Wert 18. Oktober) zurückzuführen war. Der Kläger machte (im Klageverfahren) folgende Angaben zum Mittelzufluss:

 100 000,00 DMStammeinlagen
40 000,00 DMDarlehen Frau xxxx an xxxxxxxxxxxxxxxx GmbH
170 000,00 DMeigenes Darlehen gemäß Verträgen vom 20. September, 1. Oktober und 17. Oktober 1994

Der Kläger verwies dabei zugleich auf verschiedene ihm gewährte Darlehen. So legte er u. a. einen Darlehensvertrag vom 22. September 1994 vor. Danach erhielt der Kläger von der xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx W im xxxxxxxxx ein sechsmonatiges Darlehen über 100 000,00 DM unter folgenden Bedingungen:

" 2. Darlehen wird sofort ausgezahlt.

3. Das Darlehen wird mit 12 % p. a. verzinst.

4. Die Zinsen sind bei Rückzahlung zahlbar.

5. Das Darlehen ist auf das Konto-Nr. xxxxxxxxxx bei der xxxxxxxx BankBLZ xxxxxxxxxx einzuzahlen."

Nach dem eingereichten Kontoauszug zu Kontonummer xxxxxxxxxxx wurde ihm ein Betrag über 100 000,00 DM am 4. Oktober 1994 unter der Bezeichnung "Vergütung" gutgeschrieben. Ein weiterer zwischen ihm und der xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx W. am 22. März 1995 abgeschlossener Darlehensvertrag über 100 000,00 DM hat u. a. folgenden Wortlaut:

" 2. Das Darlehen wird sofort ausgezahlt.

3. Das Darlehen wird mit 12 % p. a. verzinst.

4. Die Zinsen sind bei Rückzahlung zahlbar.

5. Der Darlehensvertrag vom 22. September 1994 ist hiermit ungültig."

Schließlich legte der Kläger noch einen Vertrag vom 22. Mai 1995 (Nr. xxxx) vor, der ebenfalls ein Darlehen der xxxxxxx Wxxxxxx über 100 000,00 DM zum Gegenstand hat. Darin heißt es u. a.:

" 2. Das Darlehen wird mit 12 % p. a. verzinst.

3. Die Zinsen sind bei Rückzahlung zahlbar.

4. Der Darlehensvertrag Nr. xxxx ist hiermit ungültig.

5. Der Vertrag ist befristet bis zum 31. Dezember 1995. "

Der Kläger hatte nach seinen Angaben der GmbH am 10. Dezember 1994 ein weiteres Darlehen über 140 000,00 DM gewährt, das von seinem Konto am 15. Dezember 1994 abgebucht und aufgrund einer Überweisung seiner Mutter xxxxxxxxxxxxxxx ihm zuvor am 13. Dezember 1994 gutgeschrieben wurde.

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 1995 gab er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung an. Der Beklagte setzte die Einkommensteuer 1995 mit Bescheid vom 22. Dezember 1996 erklärungsgemäß auf 18 665,00 DM fest. Aufgrund seiner Beteiligung an der Nxxxxxx Wxxxxxxxxxxxxxxxx GbR wurden vom Finanzamt xxxxxxxxxxxx auf ihn entfallende gewerbliche Einkünfte in Höhe von 4 147,00 DM festgestellt, die der Beklagte in dem nach § 175 Abgabenordnung -AO- geänderten Bescheid vom 24. Oktober 1997 berücksichtigte und die Einkommensteuer 1995 berichtigt auf 20 283,00 DM festsetzte. Aufgrund einer Außenprüfung des Finanzamts Kxxxxxxxxxxxxx bei der xxxxxxxxxxxxxxxx GmbH betreffend die Jahre 1994 - 1996 erließ der Beklagte am 8. August 2000 einen nunmehr nach § 173 AO geänderten Bescheid. Dabei legte er Kapitaleinnahmen von 40 735,00 DM zugrunde, so dass sich eine Einkommensteuer von 35 797,00 DM ergab. Das Finanzamt xxx Kxxxxxxxxxxxxxx teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 11. Juli 2000 dabei folgenden Sachverhalt mit:

"Die Außenprüfung der o. g. Firma ergab, dass Herr xxxxxxx der GmbH folgende Darlehen gewährte:

- 120 000,00 DM lt. Vertrag vom 20.09.1994

- 10 000,00 DM lt. Vertrag vom 01.10.1994

- 40 000,00 DM lt. Vertrag vom 17.10.1994

- 140 000,00 DM lt. Vertrag vom 10.12.1994

Die Darlehen sind mit 12 % verzinst. Die Zinsen wurden zum 31. Dezember 1994 dem Darlehenskonto i. H. v. 5 886,67 DM gutgeschrieben.

1995 wurde ein weiteres Darlehen von 45 000,00 DM gewährt. Die Summe der Zinsen i. H. v. 40 735,81 DM wurden zum 31. Dezember 1995 dem Darlehenskonto gutgeschrieben.

Lt. Umbuchungsliste 1996 wurde auf die zuvor verbuchten Zinsen für 1996 i. H. v. 42 600,00 DM zuzüglich Zinsen für 1995 (Summe: 83 335,81 DM) und einen Darlehensbetrag von 300 000,00 DM verzichtet. Die Forderung lebt wieder auf, wenn die Überschuldung der Firma beseitigt ist.

Lt. der eingereichten Bilanzen für 1994 und 1995 muss von einer Leistungsfähigkeit der mbH ausgegangen werden, da keine Überschuldung vorliegt. Ein Zufluss der Zinsen muss unterstellt werden."

In einem weiteren Schreiben vom 14. Februar 2001 ergänzte das Finanzamt xxx Kxxxxxxxxxxxxxxx seine bisherigen Ausführungen. Außerdem war ein zwischen dem Kläger und der durch ihn vertretenen GmbH vereinbarter Forderungsverzicht vom 8. Februar 1998 in Kopie beigefügt, der folgenden Wortlaut hat:

"Die xxxxxxxxxxxxxxxxxGmbH schuldet Herrn xxxxxxxxxxxxxxxxxx zum 31.12.1996 438.335,81 DM aus Darlehensverbindlichkeiten. In dieser Darlehensverbindlichkeit sind die aufgelaufenen Zinsen enthalten.

Herr xxxxxxxxxxxxxxxxxx verzichtet nunmehr auf eine Teilforderung in Höhe von 138.335,81 DM (Darlehensstamm 55.000,00 DM und Zinsen in Höhe von 83.335,81 DM) mit der Maßgabe, dass beide Parteien einen sogenannten Besserungsschein vereinbaren. Die Forderung lebt wieder auf, wenn die Überschuldung beseitigt ist und die Gesellschaft in der Lage ist, eine Rücklage in entsprechender Höhe zu bilden. Die Forderung lebt ratierlich bereits wieder auf, sobald die Rücklage DM 20.000 übersteigt. Gesonderte Zinsen fallen nicht an."

Im Einspruchsverfahren machte der Kläger u. a. geltend, dass er aufgrund der verschiedenen Darlehensverträge gegenüber der xxxxxxxxxxxxxxxx GmbH zwar einen Zinsanspruch von 40 735,00 DM zum 31. Dezember 1995 gehabt habe und auch beherrschender Gesellschafter gewesen sei, dass aber die GmbH nicht leistungsfähig gewesen sei. Bei Leistungsunfähigkeit der GmbH könne ein Zufluss nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- aber nicht unterstellt werden (BFH-Urteil vom 14. Februar 1984 VIII R 221/80, Bundessteuerblatt -BS­t­Bl- II 1984, 480). Es sei nicht erforderlich, dass eine Konkurseröffnung beantragt worden sei oder hätte beantragt werden müssen. Eine Zahlungsunfähigkeit nach der alten Konkursordnung sei teilweise dann angenommen worden, wenn weniger als 50 % der Forderungen bedient worden seien. Die liquiden Mittel hätten zum 31. Dezember 1995 lediglich 426,32 DM, die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten dagegen 157 969,01 DM betragen. Die Kontokorrentlinie sei überschritten worden, eine Erweiterung der Kreditlinien sei von den Banken abgelehnt worden. Der Einspruch blieb erfolglos. Der Beklagte führte u. a. aus:

Einem Alleingesellschafter oder beherrschenden Gesellschafter würden Beträge, die ihm die GmbH schulde, bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit zufließen. Der beherrschende Gesellschafter habe es kraft seiner Stellung in der GmbH in der Hand, sich fällige Beträge auszahlen zu lassen. Diese Zuflussannahme sei davon abhängig, dass die GmbH zum Fälligkeitstermin der Forderung zahlungsfähig sei (BFH-Urteil vom 14. Februar 1984, VIII R 221/80, BStBl II 1984, 480). Sei der Schuldner zahlungsunfähig, so liege trotz Gutschrift der Zinsen auf dem Darlehenskonto (Novation) grundsätzlich kein Abfluss beim Schuldner und kein Zufluss beim Gläubiger vor. Als zahlungsunfähig in diesem Sinne sei das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende dauernde Unvermögen des Schuldners anzusehen, seine sofort zu erfüllenden Geldschulden im Wesentlichen zu berichtigen (BFH-Rechtsprechung, u. a. Urteil 6. April 2000, IV R 56/99, Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2000, 1191). Hätte sich die xxxxxxxxxxxxxxxx GmbH in einem solchen wirtschaftlichen Zustand bei Fälligkeit der Forderungen befunden, hätte gemäß § 64 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) innerhalb dreier Wochen Konkurs angemeldet werden müssen, anderenfalls hätte eine strafbare Konkursverschleppung vorgelegen. Schon die Tatsache, dass eine solche Anmeldung nicht erfolgt sei, sei ein Indiz dafür, dass die GmbH nicht anhaltend zahlungsunfähig gewesen sei. Mit der Illiquidität der Gesellschaft im Sinne der BFH-Rechtsprechung nicht zu verwechseln seien vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten. Auch könne von Illiquidität nicht gesprochen werden, wenn die GmbH der Forderung des Klägers nachrangige Forderungen anderer Gläubiger beglichen habe, so dass ihr zur Begleichung der Forderungen des Klägers keine Mittel mehr verblieben seien, oder wenn sie vorhandene Mittel für Zwecke verwendet habe, die ihr im Interesse einer erfolgreichen Betriebsführung vordringlich erschienen seien.

Im Streitfall habe zum 31. Dezember 1995, dem Fälligkeitszeitpunkt der Zinsforderung, sicherlich ein Zahlungsengpass vorgelegen. Deshalb habe die GmbH Forderungen, die ihr am dringlichsten erschienen seien, beglichen und der Kläger habe auf den sofortigen Ausgleich seiner Zinsforderungen verzichtet und sein Darlehenskonto um den Betrag aufgestockt. Nach der ständigen BFH-Rechtsprechung (z. B. Urteil vom 22. Mai 1973, VIII R 97/70, BStBl II 1973, 815) könne ein dem beherrschenden Gesellschafter von der Gesellschaft geschuldeter Betrag nur dann nicht als zugeflossen im Sinne von § 11 Einkommensteuergesetz -EStG- behandelt werden könne, wenn die Gesellschaft in dem maßgebenden Zeitpunkt konkursreif sei und die zur Begleichung ihrer Verbindlichkeit notwendigen Mittel infolge ihrer wirtschaftlichen Lage unter keinen Umständen flüssig machen könne. Im Streitfall sei mit der Gutschrift auf dem Darlehnskonto der Betrag als dem Kläger zugeflossen anzusehen. Die GmbH habe liquide Mittel zur Begleichung von anderweitigen Forderungen eingesetzt, die ihr am Wichtigsten erschienen seien. Anhaltspunkte dafür, dass sie konkursreif gewesen sei, könnten nicht festgestellt werden, weshalb die Zinsen bei den Einnahmen aus Kapitalvermögen des Veranlagungszeitraums zu erfassen seien.

Hiergegen richtet sich die Klage, zu deren Begründung der Kläger u. a. ergänzend vorträgt: Nach der BFH-Rechtsprechung scheide auch bei einem beherrschenden Gesellschafter eine Zurechnung von Kapitaleinnahmen bereits bei Fälligkeit der Forderung aus, wenn die Auszahlung infolge Illiquidität der GmbH unterbleibe. Illiquidität bedeute dabei, dass die Gesellschaft nicht nur vorübergehend außerstande sei, den Betrag zu zahlen. Zur Auslegung müsse auf den konkursrechtlichen Begriff der Zahlungsunfähigkeit abgestellt werden. Wesentlich sei danach die Liquiditätslage im betreffenden Zeitpunkt. Dabei sei auf das Deckungsverhältnis zwischen den fälligen Zahlungsverpflichtungen einerseits und den vorhandenen Geldmitteln und disponiblen Krediten andererseits abzustellen. Auf die Werte des Anlage- und des übrigen Umlaufvermögens komme es nicht an. Vorrangig seien zudem, die ernstlich eingeforderten Verbindlichkeiten zu erfüllen. Ein dauerndes Unvermögen sei bereits dann gegeben, wenn diese schlechte Liquiditätslage zwei bis drei Monate andauere. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall erfüllt, da die Barliquidität zum Stichtag nur 436,23 DM betragen habe (vgl. BFH-Urteile vom 22. Mai 1973, VIII R 97/70, BStBl II 1973, 815 sowie vom 14. Februar 1984, VIII R 221/80, BStBl II 1984, 480). Die Konkursantragspflicht gemäß § 64 GmbHG wegen Zahlungsunfähigkeit sei ihm nicht bewusst gewesen. Im Übrigen sei ein Konkursantrag allenfalls ein Indiz für die Zahlungsunfähigkeit.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 1995 vom 8. August 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. August 2002 zu ändern und die Einkommensteuer 1995 ohne Berücksichtigung von Kapitaleinkünften festzusetzen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte sieht sich aufgrund der Ermittlungen im Klageverfahren in seiner Rechtsauffassung bestätigt.

Das Gericht hat mit Beschlüssen vom 27. Februar 2004 und vom 23. Dezember 2004 die schriftliche Beantwortung verschiedener Beweisfragen zu einzelnen Kontenbewegungen durch die xxxxxxxx Bank xxx in xxxxxxx angeordnet (§ 82 Finanzgerichtsordnung -FGO-i. V. m. § 377 Abs. 3 Zivilprozessordnung -ZPO-).

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schriftsatz vom 28. Juli 2004 u. a. die Kontoauszüge des für die xxxxxxxxxxxxxxxxxGmbH bei der xxxxxxxx Bank xxx geführten Kontos (Nr.: xxxxxxxxxxx) des Zeitraums 14. Oktober 1994 bis 31. Dezember 1995 nebst Anlagen in Kopie übersandt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten verwiesen.

Dem Gericht haben zwei Band Einkommensteuerakten zur Steuernummer xxxxxxxxx vorgelegen und es hat zwei Band Registerakten (xxxxxxxxxxxxxxxx GmbH-HRB xxxxx) beigezogen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet, da die streitigen Zinsen als zugeflossen im Sinne des § 11 EStG gelten.

Nach § 11 EStG sind Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen regelmäßig zugeflossen sind. Eine Besonderheit gilt u. a. bei beherrschenden Gesellschaftern. Die Rechtsprechung fingiert den Zufluss ohne Zahlung/Gutschrift bei fälligen Forderungen, da der beherrschende Gesellschafter es kraft seiner Stellung in der GmbH in der Hand hat, sich fällige Beträge auszahlen zu lassen. Hierdurch soll verhindert werden, dass einerseits Verbindlichkeiten gewinnmindernd passiviert werden, andererseits Einnahmen beim Gläubiger nicht erfasst werden, obwohl er den Zeitpunkt des Zuflusses aufgrund seiner beherrschenden Stellung in der Gesellschaft bestimmen kann. Von dieser Auffassung ist der BFH auch in letzter Zeit nicht abgerückt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. Juli 1997, VIII B 68/96, BFH/NV 1998, 29 sowie vom 27. Mai 2004, VI B 69/02, BFH/NV 2004, 1405). Dieser Beurteilung schließen sich auch die Beteiligten an.

Ebenso unstreitig ist die Höhe der entstandenen Zinsen. Der Kläger macht allerdings geltend, dass diese Besonderheit des § 11 EStG nicht gelte, da die GmbH zum 31. Dezember 1995 nicht zahlungsfähig gewesen sei.

Der Kläger beruft sich hierbei auf die Zivilrechtsprechung, die im Streitfall-Veranlagungszeitraum 1995 - zur Konkursordnung ergangen ist. Nach früherem Recht setzte der Konkursgrund der Zahlungsunfähigkeit (§ 102 KO) voraus, dass der Schuldner dauernd unvermögend war, seine Zahlungsverpflichtungen im Wesentlichen zu erfüllen. Dabei wurden die verfügbaren Mittel zu den insgesamt fälligen Zahlungsverbindlichkeiten ins Verhältnis gesetzt. Es musste ermittelt werden, ob die Zahlung oder die Nichtzahlung Regel oder Ausnahme war. Im Schrifttum wurde Zahlungsunfähigkeit angenommen, wenn 10 % bis 25 % der fälligen Forderungen ungedeckt waren (so BGH-Urteil vom 24. Mai 2005, IX ZR 123/04, GmbHR 2005, 1117).

Nach § 17 Abs. 2 S. 1 InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Auf die Merkmale der "Dauer" und der "Wesentlichkeit" hat der Gesetzgeber der Insolvenzordnung bei der Umschreibung der Zahlungsunfähigkeit verzichtet. So wie nach der Konkursordnung der Begriff der dauernden Zahlungsunfähigkeit zeitlich begrenzt wurde, ist auch nach der Insolvenzordnung die bloße Zahlungsstokkung noch keine Zahlungsunfähigkeit. Inwieweit die Insolvenzordnung zu weiteren Unterschieden gegenüber der Konkursordnung führt, muss im Streitfall aus den o. g. Gründen nicht entschieden werden. Die von der Zivilrechtsprechung aufgestellten Grundsätze zur Zahlungsunfähigkeit im Rahmen der Konkursordnung hat der BFH in seinen Entscheidung zu § 11 EStG beachtet. Nach seinem Urteil vom 6. April 2000, IV R 56/99 (BFH/NV 2000, 1191) ist Zahlungsunfähigkeit das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende dauernde Unvermögen des Schuldners anzusehen, seine sofort zu erfüllenden Geldschulden noch im Wesentlichen zu berichtigen. Nach dem in dieser Entscheidung zitierten Urteil vom 22. Mai 1973, VIII R 97/70 (BStBl II 1973, 815) liegt eine derartige Illiquidität nicht bereits deshalb vor, weil der Gesellschaft keine eigenen Mittel zur Verfügung standen. Es genügt, wenn sich die Gesellschaft die zur Erfüllung der Forderung notwendigen Mittel durch Kreditaufnahme hätte verschaffen können.

Es darf bei der steuerrechtlichen Beurteilung auch nicht übersehen werden, dass die Besonderheit im Rahmen des § 11 EStG nur deshalb gilt, weil der Alleingesellschafter (oder beherrschende Gesellschafter) es kraft seiner Stellung in der Hand hat, sich fällige Beträge auszahlen zu lassen (vgl. BFH-Urteil vom 14. Februar 1984, VIII R 221/80, BStBl II 1984, 480). Wegen der weitgehenden Identität der Interessen der Gesellschaft und des beherrschenden Gesellschafters ist die Frage des Zuflusses streng zu beurteilen, da es sonst dem Gesellschafter überlassen bliebe, den Gewinn der Gesellschaft um die Vergütungen zu kürzen, ohne die Vergütungen als Einnahmen zu versteuern. Bei Beachtung dieser Grundsätze schließt sich der Senat der rechtlichen Würdigung des Beklagten an, nach der die GmbH zum 31. Dezember 1995 nicht als zahlungsunfähig angesehen werden kann. Hierbei sind nach Überzeugung des Gerichts folgende Punkte wesentlich:

1. Der Kläger stellte bis heute keinen Konkurs- bzw. Insolvenzantrag für die GmbH (vgl. § 64 GmbHG), obwohl der Prozessbevollmächtigte nach Aktenlage auch für die Erstellung der Bilanzen der GmbH zuständig war (vgl. hierzu, BFH-Urteil vom 22. Mai 1973, VIII R 97/70, BStBl II 1973, 815).

2. Der Kläger sowie Frau xxxx verkauften im Februar 1996 ihre Geschäftsanteile ohne Abschlag an die GbR "xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx GbR mit beschränkter Haftung.

3. Die xxxxxxxx Bank duldete die Kontoüberziehung, obwohl sie keinen Dispositionskredit eingeräumt hatte. Dabei schwankte der Sollsaldo erheblich und betrug am 3. Mai 1995 schon 96 546,12 DM, am 27. Dezember 1995 27 638,93 DM sowie am 31. Dezember 1995 68 701,22 DM. Es bleibt unklar, weshalb die streitigen Zinsen nicht hätten gezahlt werden können bzw. weshalb andere Forderungen zwischen dem 27. Dezember 1995 und 31. Dezember 1995 beglichen werden mussten.

4. Das für die Besteuerung der GmbH zuständige Finanzamt xxx Kxxxxxxxxxxxxxxx stellte im Rahmen der Betriebsprüfung keine Überschuldung zum 31. Dezember 1995 fest. Aufgrund dieser Indizien kann der Senat keine Zahlungsunfähigkeit im Sinne der Konkursordnung feststellen (vgl. auch BFH-Urteil vom 5. Oktober 2004, VIII R 9/03, BFH/NV 2005, 526).

Anhaltspunkte dafür, dass die festgestellten Zinseinnahmen um an andere Gläubiger geleistete Zinsen zu kürzen sind, liegen nicht vor. Ein derartiger Sachverhalt wurde auch nicht vorgetragen (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 1. November 2004; Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 28. Juli 2004).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-.

Den Streitwert hat das Gericht gemäß §§ 13, 25 Gerichtskostengesetz -GKG- a. F. festgesetzt.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 115 Abs. 2 FGO).

Anmerkung

Revision eingelegt (BFH VIII R 13/06)

Ende der Entscheidung

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