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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Brandenburg
Urteil verkündet am 08.03.2006
Aktenzeichen: 2 K 1862/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 11 Abs. 1
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 20 Abs. 3 Nr. 3 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Brandenburg

2 K 1862/04

Einkommensteuer 1996

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht des Landes Brandenburg -2. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 8. März 2006

durch

den Richter am Finanzgericht ....., als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die bis zum 9. August 2005 entstandenen Kosten des Verfahrens zu achtzig vom Hundert, der Beklagte zu zwanzig vom Hundert. Die Klägerin trägt die nach dem 9. August 2005 entstandenen Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist für die Klägerin wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin ist alleinige Gesellschafterin der A-GmbH. Im Streitjahr 1996 war der Lebensgefährte der Klägerin, Herr B, alleiniger Geschäftsführer der GmbH. Die Ehefrau von Herrn B, Frau C (vormals B), war bei der GmbH seit Mai 1996 als Bürovorsteherin angestellt. Die Klägerin, die zuvor als Angestellte für die GmbH tätig gewesen war (Jahresgehalt DM 55 000,-), wurde im Mai 1997 zur Geschäftsführerin der GmbH bestellt. Die Klägerin erhielt im Jahr 1996 ein Jahresgehalt in Höhe von DM 116 211,-. Das Jahresgehalt von Herrn B betrug DM 688 872,-(1995: DM 353 377,-), das von Frau C DM 76 536,-.

Im Rahmen einer bei der GmbH durchgeführten Außenprüfung beanstandete der Betriebsprüfer die Angemessenheit der Gehälter. Die Klägerin sei erst im Jahr 1997 zur Geschäftsführerin bestellt worden. Daher sei nur ein Gehalt in Höhe des bisherigen Jahresbetrags angemessen. Dementsprechend läge in Höhe von DM 61 211,-eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Auf der Grundlage des Vorjahresgehalts und unter Berücksichtigung von Fremdvergleichswerten, sei für Herrn B lediglich ein Gehalt in Höhe von DM 400 000,-angemessen. Das angemessene Gehalt für Frau C betrage DM 41 250,-. Herr B und Frau C seien nahe stehende Personen. Deshalb lägen in Höhe von DM 288 872,- und DM 35 286,-verdeckte Gewinnausschüttungen vor. Ferner habe die GmbH Notar- und Rechtsberatungskosten der Klägerin übernommen. In Höhe von DM 4 245,-sei eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen. Mithin lägen verdeckte Gewinnausschüttungen in Höhe von insgesamt DM 389 614,-vor; auf Textziffer 7.5 des BP-Berichts wird Bezug genommen.

Das für die Veranlagung der GmbH zuständige Finanzamt L übersandte dem Beklagten eine Kontrollmitteilung. Der Klägerin seien Kapitalerträge in Höhe von DM 65 456,-(verdeckte Gewinnausschüttung: DM 61 211,-+ DM 4 245,-) und in Höhe von DM 28 052,( anrechenbare Körperschaftsteuer) zugeflossen. Ferner bat das Finanzamt L, über die Zurechnung der verdeckten Gewinnausschüttungen für Herrn B und Frau C in eigener Zuständigkeit zu entscheiden. Der Beklagte änderte daraufhin den Einkommensteuerbescheid nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung. Dabei legte der Beklagte der Veranlagung lediglich einen Arbeitslohn in Höhe von DM 55 000,-zugrunde. Des Weiteren erhöhte der Beklagte die Einnahmen aus Kapitalvermögen um DM 389 614,-.

Gegen den Änderungsbescheid erhob die Klägerin Einspruch. Im Rahmen des Klageverfahrens der GmbH kamen die Beteiligten überein, die verdeckte Gewinnausschüttung für Herrn B um DM 40 000,-zu mindern; im übrigen verblieb es bei den Feststellungen der Außenprüfung. Der Beklagte änderte hierauf den angefochtenen Steuerbescheid und ging nunmehr von Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von DM 561 756,-aus.

Die Klägerin übersandte im August 2003 eine Steuerbescheinigung über eine Ausschüttung in Höhe von DM 304 614,- und eine anrechenbare Körperschaftsteuer in Höhe von DM 130 548,-. Daraufhin erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid, in dem er nunmehr von Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von DM 692 304,-(DM 561 756,-+ DM 130 548,-) ausging. Die Körperschaftsteuer rechnete der Beklagte auf die Einkommensteuer an.

Zur Begründung ihres Einspruchs führte die Klägerin an, die Körperschaftsteuer sei erst im Jahr der Zahlung durch die GmbH, also im Jahr 2002 zugeflossen. Zudem sei in der verdeckten Gewinnausschüttung für Herrn B eine Tantieme in Höhe von DM 200 216,-enthalten, die erst im Jahr 1997 gezahlt worden sei. Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, die verdeckten Gewinnausschüttungen seien ihr nicht im Sinne des § 11 in der im Streitjahr geltenden Fassung - EStG - zugeflossen. Empfänger der entsprechenden Leistungen seien vielmehr die der GmbH nahe stehenden Personen. Es widerspreche dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, wenn sie, die Klägerin, Einnahmen versteuern müsse, die ihr nicht zu geflossen seien. Zumindest seien aber die Einnahmen aus Kapitalvermögen um DM 200 216,-zu mindern, da die Tantieme erst im Jahr 1997 ausgezahlt worden sei. Im übrigen müsse die gesamte in der Steuerbescheinigung für 1996 ausgewiesene Körperschaftsteuer angerechnet werden.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über Einkommensteuer 1996 vom 30. November 2000, in der Fassung der Änderungsbescheide vom 2. Juni und 17. September 2003, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 2004, in der Fassung des Änderungsbescheids vom 9. August 2005, dahingehend zu ändern, dass im Hinblick auf die vom Beklagten angenommenen verdeckten Gewinnausschüttungen (Gehalt Herr B und Frau C [vormals B]) von dem Ansatz von Einkünften aus Kapitalvermögen abgesehen wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, Herrn B sei im Jahr 1996 ein Gehalt in Höhe von DM 488 872,-ausbezahlt worden. Von dem Gesamtgehalt in Höhe von DM 688 872,-sei ein Anteil in Höhe von DM 203 872,-(= 29,6%) als unangemessen einzuordnen. Dementsprechend sei auch die Tantieme in Höhe von 29,6% von DM 200 216,-= DM 59 264,unangemessen. Da die Tantieme aber erst im Jahr 1997 ausgezahlt worden sei, minderten sich die Einnahmen aus Kapitalvermögen nur um diesen Betrag. Die auf diesen Betrag entfallende Körperschaftsteuer in Höhe von DM 25 398,-sei ebenfalls nicht im Jahr 1996 zugeflossen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 8. Juli 2005 - 2 V 978/05 den Antrag der Klägerin, die Vollziehung des angefochtenen Bescheids auszusetzen, abgewiesen. Der Beklagte hat auf der Grundlage seiner Ausführungen im Klageverfahren am 9. August 2005 einen Teilabhilfebescheid erlassen.

Mit Beschluss vom 17. August 2005 hat der Senat die Entscheidung des Rechtsstreits dem Einzelrichter übertragen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Steuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Beklagte hat der Besteuerung der Klägerin zutreffend Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von DM 607 642,-zugrunde gelegt.

Der Klägerin sind im Streitjahr Einnahmen aus Kapitalvermögen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Höhe von DM 245 350,-(DM 304 614,-./. DM 59 264,-) zugeflossen. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch verdeckte Gewinnausschüttungen. Nach den unstreitigen Feststellungen des Beklagten lag hinsichtlich der Gehälter der Klägerin, von Herrn B und Frau C sowie hinsichtlich der Beratungskosten eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von insgesamt DM 304 614,-vor. Dementsprechend gehören diese verdeckte Gewinnausschüttungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG als sonstiger Bezug zu den Einkünften aus Kapitalvermögen der Klägerin.

Die Klägerin kann sich in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe hinsichtlich der verdeckten Gewinnausschüttungen für Herrn B und Frau C keine Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen erzielt. Denn nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG sind verdeckte Gewinnausschüttungen selbst dann dem Gesellschafter als Einkünfte aus Kapitalvermögen zuzurechnen, wenn die Gesellschaft die Leistung an eine nahe stehende Person erbracht hat (vergleiche auch: Bundesfinanzhof, Urteil vom 25. Mai 2004 - VIII R 4/01, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFHE -207, 103, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs BFH/ NV -2005, 105 [106]). Zwar hat die GmbH die entsprechenden Beträge unmittelbar an die der Klägerin nahe stehenden Personen gezahlt. Jedoch liegt in diesem Fall tatsächlich eine Leistung der Gesellschaft an den Gesellschafter und eine Leistung des Gesellschafters an die nahe stehende Person vor, die aber als abgekürzte Leistung unmittelbar an die nahe stehende Person erfolgt (siehe auch Gosch, Körperschaftsteuergesetz, 2005, § 8 Randnummer - Rn. - 232). Dementsprechend hat die Klägerin tatsächlich entsprechende Kapitalerträge vereinnahmt und diese Beträge sodann im Wege der Einkommensverwendung an die ihr nahe stehenden Personen weitergereicht. Aufgrund der unmittelbaren Zahlung der verdeckten Gewinnausschüttungen an die nahe stehenden Personen wurden der Klägerin lediglich eigene Leistungen erspart, die sie hätte erbringen müssen, wenn die GmbH die entsprechenden Beträge zunächst an sie unmittelbar verdeckt ausgeschüttet hätte (siehe hierzu auch Wrede in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG, Anmerkung 231). Folglich wurde auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin erhöht.

Diese verdeckten Gewinnausschüttungen sind der Klägerin im Jahr 1996 in Höhe von DM 245 350,-zugeflossen. Denn nach den unstreitigen Feststellungen des Beklagten war das Gesamtgehalt von Herrn B, bestehend aus dem laufenden Gehalt und der Tantieme, unangemessen. Folglich ist nicht nur ein bestimmter Teil des Gehalts, sondern ein Teil des Gesamtgehalts als unangemessen und damit als verdeckte Gewinnausschüttung einzuordnen. Mithin ist nicht der das im Jahr 1996 ausgezahlte angemessene Gehalt übersteigende Teil als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln, sondern der jeweilige Anteil des einzelnen Gehaltsbestandteils am Gesamtgehalt. Da aber 29,6% des Gesamtgehalts unangemessen sind, ist auch die Tantieme zu 29,6% unangemessen. Soweit daher das laufende Gehalt im Jahr 1996 vollständig ausgezahlt worden ist, sind die entsprechenden unangemessenen Gehaltsbestandteile bereits im Jahr 1996 zugeflossen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG). Somit hat der Beklagte ohne Rechtsverstoß den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung lediglich um den unangemessen Teil der Tantieme, der erst im Jahr 1997 zugeflossen ist, also um DM 59 264,-, gemindert. Im übrigen hat die Klägerin auch keine sachlichen Gesichtspunkte dargetan, die eine abweichende Verteilung der verdeckten Gewinnausschüttung rechtfertigten.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Körperschaftsteuer auf die verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von DM 245 350,-bereits im Jahr 1996 zugeflossen. Denn nach § 20 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 EStG gilt die anzurechnende Körperschaftsteuer - abweichend von § 11 Abs. 1 EStG - als zusammen mit den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG bezogen (siehe auch Schmidt-Heinicke, EStG, 16. Auflage 1997, § 20 Rn. 127). Soweit der Klägerin also Einnahmen aus Kapitalvermögen im Hinblick auf eine verdeckte Gewinnausschüttung im Jahr 1996 zugeflossen sind, gilt nach dieser Vorschrift zugleich die hierauf entfallende anzurechnende Körperschaftsteuer als zugeflossen. Mithin hat der Beklagte zutreffend die Einnahmen aus Kapitalvermögen nur um die Körperschaftsteuer auf die verdeckte Gewinnausschüttung für die Tantieme (DM 25 398,-) gemindert.

Schließlich kann die Klägerin nicht mit ihrem Vortrag durchdringen, die Körperschaftsteuer sei in vollem Umfang anzurechnen. Denn die Körperschaftsteuer ist erst im Jahr der Besteuerung der Einkünfte anzurechnen (so auch BFH, Urteil vom 26. November 1997 -I R 110/97, BFH/NV 1998, 581). Im übrigen verkennt die Klägerin auch, dass über die Anrechnung der Körperschaftsteuer nicht im Rahmen der Steuerfestsetzung, die Gegenstand dieses Verfahrens ist, zu entscheiden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs. 1 und 3 FGO, 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung. Dabei hat das Gericht berücksichtigt, dass der Beklagte am 9. August 2005 einen Teilabhilfebescheid erlassen hat.

Ende der Entscheidung

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