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Gericht: Finanzgericht Brandenburg
Urteil verkündet am 27.06.2006
Aktenzeichen: 6 K 1728/03
Rechtsgebiete: AO 1977, GewStG 1991, FGO


Vorschriften:

GewStG 1991 § 8 Nr. 2
AO 1977 § 164
AO 1977 § 351
FGO § 42
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat das Finanzgericht des Landes Brandenburg - 6. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27. Juni 2006 durch die Vorsitzende Richterin am Finanzgericht ..., die Richterin am Finanzgericht ..., den Richter am Arbeitsgericht ..., sowie die ehrenamtlichen Richter Frau ... und Frau ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1995 bis 1997 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1995 und 31.12.1996 vom 27. Mai 2002, in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. November 2002, sowie der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1997 vom 27. Mai 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2003 werden dahingehend geändert, dass hinsichtlich der Erbbauzinsen eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 2 GewStG unterbleibt.

Die Revision wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine GmbH, die mit Gesellschaftsvertrag vom 12. Juni 1990 im Wege der Bargründung errichtet wurde. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Herstellung, der Vertrieb und die Vermittlung zahntechnischer Leistungen und Materialien. Gesellschafter der Klägerin waren in den Streitjahren Herr Jürgen A... und Herr Jürgen B... Der stehende Betrieb wurde im Jahr 1991 von der Stadt L... erworben. Der Erwerb umfasste das gesamte Inventar und die Betriebsgebäude. Das bisherige Personal wurde übernommen. Die X...war vor dem Erwerb dem Bezirkskrankenhaus angegliedert.

Mit notariellem Vertrag vom 24. Juni 1993 wurde zugunsten der Klägerin ein Erbbaurecht für das betrieblich genutzte Grundstück Jägerallee 19 in L... bestellt in Höhe von jährlich DM 106.218. Für das Betriebsgebäude wurde ein gesonderter Kaufpreis gezahlt. Anschaffungszeitpunkt war Oktober 1993. Bis zu diesem Zeitpunkt stand die Klägerin in einem Mietverhältnis mit der Stadt L.... Dieses Mietverhältnis war - ausweislich des Berichts über die Betriebsprüfung vom 11. Oktober 1996, Tz 15 - von vornherein für die Zeit bis zum beabsichtigten Erwerb bzw. bis zur Erbbaurechtsbestellung befristet. Der Beklagte führte für die Jahre 1990 bis 1994 eine Außenprüfung bei der Klägerin durch. Dabei rechnete der Beklagte für 1994 unter anderem die Erbbauzinsen für das Grundstück Jägerallee 19 gemäß § 8 Nr. 2 Gewerbesteuergesetz - GewStG - dem Gewinn hinzu.

Die Klägerin gab in den Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre (1995 bis 1997) Erbbauzinsen als dauernde Lasten an, die der Beklagte bei der Ermittlung des Gewerbeertrags antragsgemäß berücksichtigte. Die Bescheide ergingen nach § 164 Abgabenordnung - AO - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Anschluss an eine weitere Betriebsprüfung wurden die Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag und die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes jeweils auf den 31. Dezember 1995, 31. Dezember 1996, 31. Dezember 1997 aufgrund der Prüfungsfeststellungen geändert. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben. Gegen die Änderungsbescheide legte die Klägerin Einspruch ein, dieser hatte teilweise Erfolg.

Die Klägerin hat fristgerecht Klage erhoben. Sie trägt neben anderen, nicht mehr streitbefangenen Sachverhalten im gerichtlichen Verfahren erstmals vor, der Erbbauzins der Jahre 1995 bis 1997 sei nicht als dauernde Last im Sinne des § 8 Nr. 2 GewStG zu werten. Es handele sich hier um Entgelt für die Nutzung eines Grundstücks. Es läge im Rahmen eines Austauschvertrages eine Nutzungsvergütung vor, die keine dauernde Last darstellen könne. Dies habe auch der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 24. Oktober 1990 entschieden (X R 43/89, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 1991, 175).

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1995 bis 1997 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1995 und 31.12.1996 vom 27. Mai 2002, in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. November 2002, sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1997 vom 27. Mai 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2003 dahingehend zu ändern, dass hinsichtlich der Erbbauzinsen eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 2 GewStG unterbleibt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Die Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin durfte erstmals im gerichtlichen Verfahren die Kürzung der Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 2 GewStG begehren.

Die Beschränkung des § 42 Finanzgerichtsordnung - FGO - gilt nicht. Danach können auf Grund der Abgabenordnung erlassene Änderungsbescheide nicht in weiterem Umfang angegriffen werden, als sie in dem außergerichtlichen Vorverfahren angefochten werden können. Gemäß § 351 AO können Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht, es sei denn, dass sich aus den Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten etwas anderes ergibt.

Die angegriffenen Bescheide waren unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen und mithin nicht bestandskräftig geworden. Sie können daher vollumfänglich geändert werden. Die Klage ist auch begründet.

Die angefochtenen Steuerbescheide sind nicht rechtmäßig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Der Beklagte hat die von der Klägerin entrichteten Erbbauzinsen zu Unrecht nach § 8 Nr. 2 GewStG dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet. Nach dieser Vorschrift sind Renten und dauernde Lasten, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs oder eines Anteils am Betrieb zusammenhängen, dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Nach der Rechtsprechung des Zehnten Senats des Bundesfinanzhofs - BFH -, der sich der erkennende Senat anschließt, begründet die Verpflichtung zu wiederkehrenden Erbbauzinsen keine dauernde Last. (Urteil des BFH vom 24. Oktober 1990 X R 43/89, a. a. O., 175; anders hingegen BFH Urteil vom 28. Oktober 1987 I R 126/83, BStBl. II 1988, 70) Dies folgt daraus, dass das Erbbaurechtsverhältnis nach seinem zivilrechtlichen und dadurch bedingten wirtschaftlichen Leistungsinhalt bilanzrechtlich ebenso wie ein schuldrechtliches Nutzungsverhältnis und als schwebendes Geschäft zu werten ist. Für die Gewinnermittlung ist davon auszugehen, dass mit den Erbbauzinsen laufende Leistungen des Grundstückseigentümers abgegolten werden. (BFH Urteil vom 24. Oktober 1990 X R 43/89, a. a. O., 175).

Zwar hat der Zehnte Senat ausdrücklich offengelassen, ob die Verpflichtung aus dem Erbbaurecht als Reallast zu den unter § 8 Nr. 2 GewStG aufgeführten dauernden Lasten gehört. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist jedoch der gleiche Begriff - dauernde Last - sowohl für die Gewinnermittlung im Einkommensteuerrecht als auch für die Ermittlung des Gewerbeertrages gleich auszulegen, insbesondere, da sowohl die Gewinnermittlung als auch die Ermittlung des Gewerbeertrages nach den gleichen Grundsätzen erfolgt.

Es kann daher dahingestellt sein, ob die Erbbauzinsen wirtschaftlich mit der Gründung des Betriebs zusammenhingen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 137 Satz 1 FGO. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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